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NAHOST/1396: Saudische Elitesoldaten in Aden gelandet (SB)


Saudische Elitesoldaten in Aden gelandet

Riads Bodenoffensive hat im Jemen begonnen - mit Hilfe von Al Kaida und IS


Einem Bericht der Nachrichtenagentur Associated Press vom 1. Mai zufolge ist das Weiße Haus "zutiefst besorgt über die steigende Anzahl der zivilen Todesopfer" infolge der seit dem 26. März anhaltenden Luftangriffe einer von Saudi-Arabien angeführten Koalitionsstreitmacht im Jemen. Die Sorge der Regierung von US-Präsident Barack Obama ist mehr als begründet, denn der Versuch der Saudis und ihrer Verbündeten im Golf-Kooperationsrat (GCC), die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen in die Knie zu zwingen und eine Rückkehr des eigenen Günstlings, des sich im Exil in Riad befindlichen, sunnitischen Ex-Präsidenten des Jemen, Abd Rabbuh Mansur Hadi, an die Macht zu ermöglichen, hat mindestens 1.200 Menschen das Leben gekostet und Tausende Schwerverletzte verursacht. Mehr als 300.000 Menschen sind zu Binnenflüchtlingen geworden. Hilfsorganisationen sprechen angesichts eines akuten Mangels an Trinkwasser, Lebensmitteln und Treibstoff von einer humanitären Katastrophe. Die Kriegshandlungen der vergangenen Wochen haben die Infrastruktur des Jemen dermaßen schwer beschädigt, daß das ohnehin ärmste Land der arabischen Welt in seiner Entwicklung bereits "um 100 Jahre zurückgeworfen" wurde. Dies teilte der frühere jemenitische Minister für Menschenrechte im Kabinett Hadis, Izzedine Al Asbahi, am 27. April mit.

In Washington sorgt man sich vermutlich mehr um das Ansehen der USA als um das Schicksal der jemenitischen Zivilbevölkerung. Schließlich beteiligen sich die im Nahen Osten stationierten US-Streitkräfte an der Anti-Huthi-Aggression Saudi-Arabiens mit Satellitenaufklärung, Lufttankflugzeugen und Kriegsschiffen, die den Handel über die jemenitischen Seehäfen - bezeichnenderweise mit Ausnahme von Al Mukalla, der von Al Kaida kontrollierten Hauptstadt des östlichen Gouvernements Hadramaut - mit einer Blockade zum Erliegen gebracht haben. Bei den Luftangriffen werden fast gänzlich US-Kampfjets eingesetzt, die US-Bomben und -Raketen abwerfen bzw. abfeuern. Auch die weltweit geächtete Streumunition, die laut einem am 3. Mai veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in den letzten Wochen von der Luftwaffe Saudi-Arabiens und dessen Verbündeten wiederholt eingesetzt wurde, stammt aus US-Produktion.

Es gibt Vermutungen, wonach die Saudis ursprünglich gehofft haben, nach einer kurzen Luftoffensive würden sich die Truppenteile der jemenitischen Armee um Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh von den Huthis abwenden, wodurch letztere dann zum Einlenken bereit wären. Das ist aber nicht passiert. Bis heute kämpfen Huthi-Rebellen Seite an Seite mit Salehs Soldaten gegen die Hadi-Anhänger, sunnitische Stammesmilizionäre und andere Kräfte, die mit Waffengewalt eine erneute Unabhängigkeit des Südjemens durchsetzen wollen. Darum sieht sich Saudi-Arabien nun in der unangenehmen Position, vielleicht doch noch Bodentruppen in den Jemen entsenden zu müssen, um seine Interessen durchzusetzen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die saudische Armee einer solchen Herausforderung überhaupt gewachsen ist. Nicht ohne Grund haben Ägypten und Pakistan, deren Armeen über weitaus größere Kampferfahrung verfügen, die Einladung Riads zur Teilnahme an einer gemeinsamen Jemen-Invasion ausgeschlagen und es bisher dabei belassen, Operation Entscheidender Sturm, die am 25. April in Operation Hoffnung Wiederherstellen umbenannt wurde, mit Kriegsschiffen zu unterstützen.

An der Grenze Nordjemens zu Saudi-Arabien ist es in den letzten Tagen wiederholt zu Artillerieduellen mit Todesopfern auf beiden Seiten gekommen. In der Nähe des Hauptsiedlungsgebiet der Huthis, des Gouvernements Sa'da, hat Riad 150.000 Soldaten samt schwerem Kriegsgerät zusammengezogen. Der befürchtete Einmarsch ist jedoch bisher ausgeblieben. Dafür meldete die Nachrichtenagentur Associated Press am 3. Mai die Landung von rund 50 ausländischen Spezialstreitkräften in Aden. In der Hauptstadt des früheren Südjemens lieferten sich bereits vor dem eigentlichen Beginn der ausländischen Militärintervention Huthis und Hadi-Anhänger schwere Kämpfe. Während das Verteidigungsministerium in Riad bisher bestreitet, bereits Bodentruppen in den Jemen entsandt zu haben, meldete die Los Angeles Times am 4. Mai unter Berufung auf den jemenitischen Politikanalytiker Ali Bukhaity, bei den in Aden gelandeten arabischen Elitesoldaten handele sich um die Vertreter "von mindestens drei Nationalitäten". Damit sei ein "neues Kapitel" im Jemen-Krieg aufgeschlagen worden, so Bukhaity.

Unbestätigten Berichten zufolge haben die Behörden in Riad mindestens 300 Stammeskrieger, die man zuvor im Schnellverfahren in Saudi-Arabien militärisch ausgebildet hatte, nach Jemen zurückgeschickt. Nach eigenen Angaben sind die Huthis bei Kämpfen im zentraljemenitischen Gouvernement Marib an die heimgekehrten sunnitischen Milizionäre geraten und haben dabei nicht geringe Verluste erlitten. Interessanterweise hat am 24. April die "Terrormiliz" Islamischer Staat (IS), die seit mehr als einem Jahr weite Teile Ostsyriens und Norwestiraks kontrolliert und wiederholt mit Greueltaten von sich reden macht, durch eine blutrünstige Videobotschaft im Internet ihre Präsenz im Jemen formal bekanntgegeben. Vor laufender Kamera wurden 15 gefangengenommene jemenitsche Soldaten getötet - vier davon durch Enthauptung, die restlichen elf durch Genickschuß. Der Vorfall soll sich im Gouvernement Schwabwa ereignet haben, das neben Hadramaut als Tummelplatz von Al Kaida gilt. Es deutet alles darauf hin, daß Saudi-Arabien im Jemen genauso wie zuvor im Irak und in Syrien seine Drecksarbeit hauptsächlich von salafistischen Dschihadisten erledigen läßt.

4. Mai 2015


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