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NAHOST/1386: Huthi-Rebellen stehen kurz vor der Einnahme Adens (SB)


Huthi-Rebellen stehen kurz vor der Einnahme Adens

Ägypten und Saudi-Arabien planen angeblich eine große Jemen-Invasion


In der Nacht vom 27. auf den 28. März, der dritten in Folge, haben Kampfjets einer von Saudi-Arabien angeführten, multinationalen Koalition, die hauptsächlich aus sunnitisch-arabischen Staaten besteht, schwere Angriffe auf die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen durchgeführt. Hauptziele waren die von den Huthis und den mit ihnen verbündeten Teilen der jemenitischen Armee, die Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh gegenüber loyal sind, besetzten Militäreinrichtungen. Hierzu gehörte der Stützpunkt Al Dulaimi nahe der Hauptstadt Sanaa und ein Waffenlager im nördlichen Gouvernement Saada, der Hochburg der Huthis. Auch auf einen Militärkonvoi aus Huthi-Rebellen und salehtreuen Soldaten, der auf dem Weg von der Hauptstadt nach Aden war, wurden Bomben abgeworfen.

Die Saudis behaupten, inzwischen 80 Prozent der gegnerischen Luftabwehr im Jemen ausgeschaltet zu haben. Selbst wenn die Angabe stimmen sollte, hat dieser Erfolg keine grundlegende Veränderung der militärischen Lage bewirkt. Ziel der Luftangriffe war es, den Vormarsch der Huthi-Rebellen und ihrer Verbündeten auf Aden zu stoppen. Dies ist nicht gelungen. Am 27. März hat das Huthi-Lager, das den Westen und Norden des Jemens fast komplett kontrolliert, weitere Teile des Ostens und des Südens erobert. Durch die Einnahme von Schakra, das 100 Kilometer östlich von Aden liegt, haben die Huthis erstmals eine Hafenstadt an der Südküste und damit am Arabischen Meer besetzt.

Auch wenn die Huthis Aden praktisch umzingelt und den Flughafen dort erobert haben, liefern sich in der Stadt selbst Spezialstreitkräfte, die dem Saleh-Klan gegenüber treu sind, und die Anhänger von Präsident Abd Rabbuh Mansur Hadi weiterhin heftige Kämpfe. Hadi, der am 25. März Aden Richtung Oman verließ, ist nach einem kurzen Aufenthalt in der saudischen Hauptstadt Riad am 27. März in Scharm El-Scheich eingetroffen, wo an diesem Wochenende das Gipfeltreffen der Arabischen Liga stattfindet. Bei der Ankunft im ägyptischen Badeort am Roten Meer wurde Hadi von Ägyptens Präsidenten, General a. D. Abdel Fatah Al Sisi, empfangen.

Die Kämpfe um Aden sind von großer Bedeutung, weil die zweitgrößte Stadt des Jemens mit ihrem tiefen und gut geschützen Hafen zum Bollwerk gegen die Huthis und die Saleh-Anhänger ausgebaut werden sollte. Wie die Nachrichtenagentur Associated Press bereits am 26. März unter Verweis auf Quellen im Verteidigungsministerium in Kairo meldete, dienen die laufenden Luftangriffe der Vorbereitung auf eine großangelegte Landinvasion. Die 150.000 saudischen Soldaten, die an der Grenze stehen, sollen demnächst in Saada im Norden Jemens einmarschieren, während gleichzeitig ägyptische und saudische Marineinfanteristen vom Roten Meer und Arabischen Meer aus Brückenköpfe auf beiden Seiten der Meeresenge Bab Al-Mandab schaffen. Medienberichten zufolge haben bereits ägyptische und saudische Truppentransporter mit den für die amphibische Landoperation erforderlichen Truppenteilen vor den entsprechenden Küstenabschnitten des Jemens Position bezogen.

Der Huthi-Chef Abdulmalik Al Huthi hat die ausländischen Freunde von Präsident Hadi vor einer Bodenoffensive gewarnt und gedroht, für sie würde der Jemen zum "Friedhof der Invasoren" werden. Die Worte Al Huthis dürfen nicht ohne weiteres als Kriegsrhetorik abgetan werden. Die zerklüftete Landschaft des Jemens mit ihren Wüsten und Bergen stellt für jede Interventionsarmee eine gigantische logistische Herausforderung dar. Die jemenistischen Stammeskrieger gelten traditionell als die kriegslustigsten in ganz Arabien. Als die ägyptische Armee in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts in den Bürgerkrieg im Jemen eingriff, hat sie mehr als 20.000 Soldaten verloren. Als die Saudis 2009 die jemenistischen Streitkräfte um den damaligen Präsidenten Saleh im Kampf gegen die Huthis unterstützen sollten, hatten sie innerhalb weniger Monate 130 tote Soldaten zu beklagen.

In der Nacht zum 28. März haben Huthi-Kämpfer nördlich von Sanaa einen sudanesischen Kampfjet, der an der von Saudi-Arabien geführten Operation Entscheidender Sturm teilnahm, abgeschossen und den Piloten, der offenbar unversehrt war, gefangengenommen. Bilder des Vorfalls sind auf der Website Liveleak zu sehen. Wenige Stunden zuvor, am 27. März, mußten die US-Streitkräfte vom Roten Meer aus zwei saudische Piloten bergen, deren Kampfjet vom Typ F-15 über dem Jemen abgestürzt war. Gegenüber der saudischen Nachrichtenagentur SPA behauptete ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Riad, Motorprobleme hätten eine Landung des Flugzeugs erforderlich gemacht. Doch möglicherweise war es die Luftabwehr der Huthis und ihrer Verbündeten, die auch den Ausfall dieser Maschine bewirkte.

28. März 2015


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