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NAHOST/1161: Der NATO neueste Ente - Assad mit Al Kaida im Bunde (SB)


Der NATO neueste Ente - Assad mit Al Kaida im Bunde

Überläufer Nawaf Fares liefert der NATO einen Interventionsgrund



Nachdem am 15. Juli das Rote Kreuz die Lage in Syrien offiziell zu einem Bürgerkrieg erklärt hat, stellt sich die Frage, wie lange sich die regierende Baath-Partei in Damaskus und Präsident Bashar Al Assad noch halten können. An diplomatischer, finanzieller und militärischer Unterstützung fehlt es den Aufständischen von der sunnitischen Moslembruderschaft und der Freien Syrischen Armee, deren Reihen laufend durch fanatisierte Islamisten aus Libyen, Tunesien und anderen Teilen der arabischen Welt aufgestockt werden, nicht. Die Gegner Assads wollen einen "Regimewechsel" herbeiführen. Weder sie noch ihre Förderer bei der NATO sowie Saudi-Arabien und Katar werden sich mit weniger zufrieden geben.

Auch wenn einzelne Soldaten zu den Oppositionellen übergelaufen sind, steht die reguläre syrische Armee noch relativ geschlossen da. In den vergangenen zwei Tagen ist es in der Hauptstadt Damaskus zu den heftigsten Kämpfen seit Ausbruch der Krise im März 2011 gekommen. Vereinzelten Berichten zufolge sind die Kämpfe deshalb so schwer ausgefallen, weil die syrischen Ordnungskräfte die Rebellen eingekesselt und ihnen den Rückzugsweg aus der Stadt abgeschnitten haben. Doch ähnlich wie die NATO-propagandisten die verheerende Niederlage, welche am 12. Juli die Aufständischen im Dorf Tremseh bei Hama erlitten, zum bisher blutigsten "Massaker" der Truppen Assads an der Zivilbevölkerung umdeklarierten, werden die aktuellen Kämpfe in Damaskus in den westlichen Medien als Zeichen eines bevorstehenden Kollaps des Baath-"Regimes" interpretiert.

Auf der Ebene des Informationskrieges tun die Verantwortlichen in Washington, London, Paris, Riad und Doha aber wirklich alles, um die Unvermeidlichkeit eines "Regimewechsels" in Damaskus zu suggerieren. Auf diese Weise soll nicht zuletzt die Moral der syrischen Streitkräfte unterminiert und deren Angehörigen eingetrichtert werden, daß es zwecklos sei, noch weiter zu kämpfen, oder gar für ein "Unrechtsregime" zu sterben. In diesem Zusammenhang wird deshalb permanent versucht, Assad und die bisher in Syrien herrschenden Strukturen zu delegitimieren und sie als besonders menschenfeindlich darzustellen. Bei diesem Bemühen erhält die NATO-PR-Abteilung seit kurzem tatkräftige Unterstützung von Nawaf Fares, dem ehemaligen syrischen Botschafter in Bagdad, der am 11. Juli zu den Assad-Gegnern übergelaufen ist. Ganz im modernen Stil gab Fares mittels einer Videobotschaft bei Facebook den Verrat im Internet bekannt. Vor der syrischen Fahne der Vor-Baath-Ära posierend, schloß er sich virtuell der "Revolution" an und rief alle syrischen Militärangehörigen dazu auf, ihre "Waffen auf die Kriminellen in diesem Regime" zu richten.

Es drängt sich der Verdacht auf, daß Fares' Überlaufen keine Kurzschlußhandlung, sondern von langer Hand geplant und gut vorbereitet worden war, denn der Diplomat a. D. hat in den Tagen unmittelbar darauf eine Reihe von Medienauftritten hingelegt, welche die Propagandamaschine der NATO mächtig angefeuert haben. Gleich am 12. Juli strahlte der arabische Nachrichtensender Al Jazeera das erste Interview mit Fares aus. Diese Tatsache läßt die Vermutung zu, daß Fares' Debriefing durch westliche Geheimdienste bereits vor der Flucht aus der Botschaft in Bagdad weitestgehend abgeschlossen und er in Katar bereits politisches Asyl erhalten hatte. Al Jazeera hat ihren Sitz in der katarischen Hauptstadt Doha.

Im Interview mit Al Jazeera bezeichnete Fares Assad als "Verbrecher", "Mörder" und "Diktator, der sein eigenes Volk tötet". Gleichzeitig vertrat er die Ansicht, daß nur Gewalt für eine Wende zum Besseren in Syrien sorgen könnte. Auch behauptete er, daß Assad für die Ermordung von "Tausenden" Irakern verantwortlich sei, weil er 2003, nach dem Sturz Saddam Husseins durch die Amerikaner, die Grenze Syriens zum Zweistromland für "Al Kaida ... geöffnet" hätte, damit diese dort Schiiten umbringen konnten. Auf die Frage, was er denn vom jüngsten Besuch des UN-Sondervermittlers Kofi Annan in Teheran halte, erklärte Fares, der selbst Sunnit ist, der schiitisch-dominierte Iran sei durch ihre Unterstützung für Assad "Teil des Problems" in Syrien und könne deshalb keineswegs zur Lösung beitragen.

Ähnlich äußerte sich Fares am 13. Juli während eines Auftritts beim US-Nachrichtensender Cable News Network (CNN). Das zweistündige Gespräch, das nachher zurechtgeschnitten wurde, fand in einem Luxushotel in Doha statt. Aufgrund seines vermeintlichen Wissens um die Brutalität des syrischen "Regimes" forderte der Ex-Botschafter, der vor der Entsendung nach Bagdad verschiedene wichtige Regierungsposten innehatte, eine "Militärintervention". Nur mit ausländischen Truppen ließe sich der mächtige, alewitische Klan stürzen und in Syrien die "heilige Revolution" vollenden, so Fares. Er bekräftigte seine vorangegangene Behauptung, die Regierung in Damaskus hätte 2003 aus Sorge um die Stabilität Syriens damit begonnen, sunnitische Extremisten aus dem In- und Ausland in den Irak ziehen zu lassen, um dort US-Soldaten und Angehörige der schiitischen Mehrheit zu töten.

In einem Interview mit der britischen Generalität nahestehenden, konservativen Zeitung Sunday Telegraph, das am 15. Juli erschien, belastete Fares das Assad-"Regime" noch schwerer, ohne jedoch konkrete Beweise für seine Behauptungen zu präsentieren. Er gab an, als Gouverneur im Osten Syriens "Dschihadi-Einheiten" für den Kampf gegen die US-Streitkräfte im Irak selbst ausgebildet und sie über die Grenze in den Irak geschickt zu haben. Inzwischen würde die Regierung Syriens "Al Kaida" gegen die eigene Bevölkerung einsetzen, meinte er zu wissen. Die schweren Lastwagenbombenanschläge, die in den vergangenen Monaten vor allem in Damaskus viele Menschenleben forderten, seien auf Veranlassung von Syriens eigener Regierung erfolgt, erzählte Fares.

Als es vor neun Jahren den USA darum ging, in den Irak einzumarschieren und die Verhältnisse dort im eigenen Sinne neu zu ordnen, fabulierte der damalige Außenminister George W. Bushs, Ex-General Colin Powell, vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen von einem "finsteren Nexus" zwischen Bagdad und den Anhängern Osama Bin Ladens. Und das ungeachtet der Tatsache, daß sich die einzige Al-Kaida-Zelle damals im Irak, nämlich diejenige um den einbeinigen Jordanier Musab Al Zarkawi, in den Bergen Kurdistans außerhalb des Wirkungsbereichs Saddam Husseins befand. Die Region stand seinerzeit unter dem Schutz der angloamerikanischen Flugverbotszone.

In einem ähnlich krassen Widerspruch steht Fares Behauptung, es gäbe eine Allianz zwischen Al Kaida und Damaskus zu der Tatsache, daß Osama Bin Ladens Nachfolger, der ägyptische Arzt Aiman Al Zawahiri, in einer am 11. Februar im Internet veröffentlichten Videobotschaft mit dem Titel "Vorwärts Syrische Löwen" alle "gläubigen Moslems" dazu aufrief, sich nach Syrien zu begeben, um dort die Regierung zu stürzen. Die sunnitischen Fundamentalisten stehen den Alewiten, die sie für keine richtigen Moslems, sondern Ketzer halten, extrem feindlich gegenüber. Folglich könnte der von der NATO angestrebte "Regimewechsel" in Damaskus zu einem von der sunnitischen Mehrheit in Syrien angerichteten Blutbad an Alewiten, Christen und anderen Minderheiten führen. Jedenfalls hat nach dem Aufruf Al Zawahiris die Anzahl der ausländischen Kämpfer auf Seiten der Rebellen deutlich zugenommen - ebenso die Anzahl der Selbstmordanschläge und der Übergriffe auf alle Zivilisten, die sich der Opposition nicht angeschlossen haben.

In einem weiteren Interview, das Fares der BBC gegeben hat und das vom staatlichen britischen Rundfunk am 17. Juli ausgestrahlt wurde, entwarf der abtrünnige Diplomat das Schreckenszenario, der "einsame Wolf" Assad könnte, einmal "in die Ecke gedrängt", die chemischen Waffen seiner Streitkräfte gegen die eigene Bevölkerung einsetzen. Hierbei verwies Fares auf bis heute unbestätigte, lediglich ihm bekannte Berichte über die Verwendung chemischer Waffen bei der Aufstandsbekämpfung in der Stadt Homs, der Hochburg der sunnitischen Moslembruderschaft. Massenvernichtungswaffen und Terrorismus, jene unsägliche Doppelbegründung für den angloamerikanischen Einmarsch 2003 in den Irak, liegen nun also auch im Fall Syriens vor. Es ist davon auszugehen, daß die Steilvorlage von Fares, mit der sich der syrische Renegat der NATO anbiedert, nicht weniger erstunken und erlogen ist als der Handlungszang, auf den sich damals George Bush jun. und sein britischer Handlanger, Premierminister Tony Blair, beriefen.

17. Juli 2012