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REPRESSION/1713: Die türkisch-paragenozidale Kurdenfrage ... (SB)



Uns schockiert, dass es zur Begründung des Ausreiseverbots hieß, man wolle deutsch-türkische Beziehungen nicht gefährden. Selbst wenn Deutschland sich trotz des völkerrechtswidrigen Krieges der Türkei als deren wichtigster Partner in der EU geriert, hätten wir nicht gedacht, dass die Bundesregierung so weit gehen würde, um sich dem türkischen Despoten Recep Tayyip Erdogan anzudienen. Es ist skandalös, die Ausreise von Angehörigen deutscher Nichtregierungsorganisationen nach Erbil zu verhindern, die sich dort für den Frieden einsetzen wollen.
Sina Reisch (Mitglied des "Kurdischen Frauenbüros für Frieden" Ceni und Aktivistin von "Ende Gelände") berichtet aus Erbil [1]


Riesiges gelb-rot-grünes Flaggentuch von vielen Menschen getragen - Foto: © 2019 by Schattenblick

Die Farben kurdischen Widerstands
Foto: © 2019 by Schattenblick

Insofern auch Menschenrechte zu ihrer Durchsetzung eines staatlichen oder überstaatlich formierten Gewaltmonopols bedürfen, führt die daraus resultierende Verschränkung mit der Staatsräson zwangsläufig zu ihrer Instrumentalisierung als integrale Komponente der Kriegsmaschine. Wenngleich sie durchaus als angeblich universelle Rechte im Munde geführt werden, heißt das in der praktischen Umsetzung des moralisch-ethischen Postulats noch lange nicht, dass sich die Verdammten dieser Erde, um mit Frantz Fanon zu sprechen, wirkmächtig darauf berufen könnten. Das gilt insbesondere dort, wo ein Gesellschaftsentwurf wie der kurdische in Rojava aufgrund seines emanzipatorischen Potentials den Vernichtungsfuror des Erdogan-Regimes auf den Plan ruft, das sich dabei der Rückendeckung deutscher Regierungspolitik sicher sein kann.

Die kurdische Selbstverwaltung steht für ein antipatriarchales, antistaatliches und basisdemokratisches Projekt, das wehrhaft ist und ezidischen, arabischen und christlichen Flüchtlingen Zuflucht gewährt. Für despotische Regime und erzreaktionäre islamistische Gruppierungen in dieser Weltregion ein verhasstes Feindbild, sind die Autonomiegebiete auch aus Perspektive der Großmächte und der EU allenfalls für gewisse Fristen wie im Kampf gegen den IS ein in Anspruch genommener Partner. Sie verkörpern jedoch in gesellschaftlicher Theorie und Praxis eine zukunftsweisende Entwicklungsoption, die auch nach dem Willen der westlichen Mächte von der Bildfläche verschwinden soll. Die unmittelbarste Bedrohung stellen die Angriffe türkischer Streitkräfte und der mit ihnen verbündeten islamistischen Milizen dar. Erdogan will die Kurdinnen und Kurden im eigenen Land wie auch in Syrien und im Irak militärisch unterwerfen, im Zuge einer ethnischen Säuberung vertreiben und an ihrer Stelle syrische Flüchtlinge und arabische Milizionäre ansiedeln. Er ist bestrebt, den kurdischen Widerstand zu brechen, die sozialen Zusammenhänge zu zerstören und die kurdische Kultur zu vernichten. Nach dem Angriff der hochgerüsteten Armee verrichten die mordenden, folternden, vergewaltigenden, raubenden und plündernden islamistischen Banden ihr Werk, die eine Zwangsherrschaft der Scharia errichten. Dann folgt die Administration, um in den okkupierten Gebiete Verwaltung, Amtssprache und Schulunterricht zu türkisieren, was den dauerhaften Charakter des expansionistischen Übergriffs unterstreicht.

Indem sich Recep Tayyip Erdogan dabei in Unterjochung jeglicher Kritik und Gegnerschaft des allseits etablierten Terrorbegriffs bedient, beruft er sich auf eine Maxime legalistischer Repression, die sich im Prinzip mit der aller anderen Staaten deckt. Emanzipatorischer und noch dazu bewaffneter Widerstand wird überall als staatsfeindlich verfolgt, weshalb Erdogan fest darauf bauen kann, dass seine Drangsalierung der kurdischen Bewegung auch von anderen Regierungen gebilligt und in ihrer Zielsetzung geteilt wird, selbst wenn dabei auf der Oberfläche bisweilen gewisse Unwuchten auftreten sollten. So wird die kurdische Arbeiterpartei (PKK) auch in Deutschland unter dem Feindstrafrecht als Terrororganisation eingestuft und verfolgt, obgleich sie hierzulande schon vor Jahrzehnten jegliche militanten Aktivitäten eingestellt hat. Erdogans permanenter Vorwurf, Deutschland stelle der kurdischen Arbeiterpartei nicht konsequent nach, rennt offene Türen ein. Die PKK ist hierzulande seit 1993 verboten, im März 2017 wurde das Verbot noch einmal verschärft. Seither steht auch das öffentliche Zeigen von Symbolen und Porträts des seit 1999 inhaftierten Abdullah Öcalan unter Strafe. Zudem gehen Bund und Länder strafrechtlich in aller Schärfe gegen mutmaßliche Unterstützer der PKK vor.

In deutschen Gefängnissen sitzen diverse politische Gefangene der kurdischen und türkischen radikalen Linken teils sogar in Isolationshaft. Die beiderseitigen Geheimdienste tauschen ihre Erkenntnisse über die kurdische Bewegung aus, und deutsche Gerichte haben kein Problem damit, Aussagen zu verwerten, die in der Türkei durch Folter erzwungen oder von offenkundig fabrizierten Kronzeugen geliefert worden sind. Zudem ist bekannt, dass der einflussreiche türkische Geheimdienst MIT in der Bundesrepublik in erheblichem Maße spioniert und auch jenseits der kurdischen Gemeinde Menschen bedroht, die mit ihr sympathisieren.

Der lange Arm Ankaras reicht weit über das eigene Land hinaus, werden doch immer häufiger Oppositionelle aus dem Ausland entführt. Mehr als hundert solcher Fälle haben die Vereinten Nationen bisher gezählt, die zuständigen UN-Sonderberichterstatter beklagen eine systematische Praxis staatlich betriebener extraterritorialer Entführungen und gewaltsamer Rückführungen türkischer Staatsbürger aus anderen Ländern. Die Opfer werden demnach im Gastland ausgespäht und dann entführt, worauf sie wochenlang verschwunden bleiben, bevor sie deportiert werden. In dieser Zeit sind sie Nötigung, Folter und Erniedrigung ausgesetzt, um ihre Zustimmung zur Verbringung in die Türkei zu erzwingen oder ihnen Geständnisse abzupressen, mit denen sie in der Türkei vor Gericht gestellt werden. Dabei wird ihnen der Zugang zu medizinischer Versorgung und anwaltlichem Beistand verweigert, und ihre Familien werden nicht informiert. Die Opfer berichten von anhaltender Folter durch Geheimdienstagenten, vorwiegend durch Schlafentzug, Prügel, Waterboarding und Elektroschocks.

Ankara bestreitet die Entführungen nicht, ganz im Gegenteil werden die Aktionen in der Türkei öffentlich verkündet und von den Regierungsmedien gefeiert. Die Opfer werden in Handschellen vorgeführt, bevor sie im Kerker verschwinden. Was Verschleppungen angeht, ist die Türkei nicht nur weltweit führend, sondern brüstet sich sogar offen damit. Obgleich diese Entführungen gut dokumentiert sind, spielen sie keine Rolle in den bilateralen Beziehungen selbst zu den wichtigsten Verbündeten wie den USA, Frankreich oder Deutschland. Dass das Thema nie auf den Tisch kommt, bestärkt Ankara darin, diese Praxis auszuweiten. Standen zunächst vor allem Anhänger der Gülen-Bewegung im Fadenkreuz der türkischen Agenten, so werden inzwischen auch kurdische und linke Aktivisten im Ausland ergriffen und in die Türkei verschleppt. [2]


Transparent 'Von Hamburg bis nach Afrin. Gegen jede Kriminalisierung von Widerstand' - Foto: © 2018 by Schattenblick

Internationalismus gegen repressive Kollaboration
Foto: © 2018 by Schattenblick


Kriegsherr an inneren und äußeren Fronten

Der türkische Machthaber verschränkt eine Gemengelage innen- und außenpolitischer Ziele zu einem Eroberungs- und Vernichtungszug, der ihm in zunehmendem Maße die Möglichkeit eines Rückwegs abgeschnitten hat. Er wird daher in bedrängter Lage wie immer die Flucht nach vorn antreten und die nächstgrößere Grausamkeit exekutieren, da er nur um den Preis seines Untergangs zulassen kann, den Würgegriff um oppositionelle Bestrebungen zu lockern und womöglich für seine Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sein nationalistischer, rassistischer und repressiver Entwurf hausiert mit der imperialistischen Vision, die Türkei von einem Schwellenland in den Rang der führenden Regionalmacht zu katapultieren, die offensiv und eigenständig zwischen den Großmächten navigiert.

Mit seinen Übergriffen in die Nachbarländer verfolgt Erdogan neoosmanische Expansionspläne, auf deren Landkarte die Türkei weit über ihr gegenwärtiges Staatsgebiet hinausreicht. Dieser Lesart zufolge endet sie nicht an den aktuellen Landesgrenzen, sondern schließt Gebiete in Syrien, im Nordirak, in der Ägäis, auf dem Balkan wie auch im Mittelmeer, wenn nicht gar in Libyen ein, die dem osmanischen Reich oder der türkischen Republik geraubt worden seien. Das sind keine bloßen Hirngespinste eines revanchistischen Geistes, sondern längst in Angriff genommene "Korrekturen" des beanspruchten Territoriums, wie die Präsenz in Syrien und im Irak, die Offensive zur See oder die Intervention im libyschen Konflikt wie auch in Bergkarabach zeigen.

Kurz nach dem gesteuerten Putschversuch im Juli 2016 hatte Erdogan in einer Rede unterstrichen: "Wir haben unsere derzeitigen Grenzen nicht freiwillig akzeptiert. Unsere Gründungsväter wurden außerhalb dieser Grenzen geboren." Damit spielte er auf den Widerstand gegen den Vertrag von Lausanne an, der unter anderem die heutigen Grenzen der Türkei festlegte. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg war von dem untergegangenen Osmanischen Reich nicht mehr viel übriggeblieben, was Erdogan in revanchistischer Manier nicht hinnehmen will. Die Rückkehr zu alter Größe spricht als nationalistisches Wunschbild erhebliche Teile der Bevölkerung an, wie im Internet kursierende Karten belegen, die das Land in den vermeintlichen Grenzen von 1920 zeigen. Dies wird von offizieller Seite gefördert, da selbst staatlich kontrollierte Sender gelegentlich solche Schaubilder zeigen, auf denen auch nördliche Teile Syriens und des Iraks, darunter die Städte Aleppo und Mossul, zur Türkei gehören. Mit Blick auf diese beiden Nachbarländer erklärte der damalige Premierminister Binali Yildirim, es sei "seltsam, in dieser Region Pläne ohne die Türkei zu machen". Ankara verfolge "keine expansionistische Politik", sondern sei dort, "um Probleme zu lösen, die uns schmerzen".

Ein zentrales Moment in den strategischen Plänen des Regimes ist die Verfolgung, Vertreibung und kulturelle Vernichtung kurdischer Lebenszusammenhänge, die in vielfacher Hinsicht einen Gegenentwurf zu dem auf die aggressive Spitze getriebenen Türkentum Erdogans darstellen, mit dem dieser die Widersprüche der Klassengesellschaft mittels einer völkisch-religiösen, protofaschistischen und kriegstreibenden Agenda zugunsten konsolidierter Herrschaft entscheiden und festschreiben will.

Der Expansionismus ist natürlich auch ökonomischen Erwägungen geschuldet, da die Energieversorgung der Türkei in hohem Maße von Importen abhängt. Daher stehen die beanspruchten Vorkommen von Erdöl und Erdgas im Mittelmeer wie auch das Vorhaben, zur regionalen Drehscheibe der Weiterleitung russischer Lieferungen zu werden, im Zeichen angestrebter Unabhängigkeit des türkischen Energiesektors. Darunter fällt auch der Bau eines Kernkraftwerks und damit perspektivisch die Verfügung über Atomwaffen, die Erdogan, vorerst noch als Drohgebärde, durchaus ins Gespräch gebracht hat.

Wie jede Kriegführung stellt auch die türkische zudem einen Versuch dar, sowohl die Krise des einheimischen Kapitals als auch wachsenden Widerstand einer unter sozialem Druck stehenden Bevölkerung offensiv aus dem Feld zu schlagen. Erdogan verdankte die beträchtliche Zustimmung der Wählerschaft im Zuge seines Aufstiegs zur Macht des Präsidialsystems in hohem Maße der größtenteils unzutreffenden Propaganda, er habe den Lebensstandard insbesondere der einfachen Leute beträchtlich angehoben. Was als wachsender Wohlstand tatsächlich eintrat, war eine Folge rasanten Wirtschaftswachstums, das aus befristeten Quellen des Schwellenlandes gespeist war, das sich als Rohstofflieferant oder Werkbank der höherentwickelten Industriestaaten verdingte wie auch das Strohfeuer ungezügelter Bauwirtschaft anheizte. Erdogan setzte sich als guter Sultan in Szene, der paternalistisch Geschenke an sein Volk verteilt. Dass es sich dabei nicht so sehr um Sozialleistungen oder Infrastruktur an der Basis, als vielmehr monströse Großprojekte über, auf und unter dem Bosporus, gigantische Flughafen- und Kanalentwicklungen, triumphale Moscheen und nicht zuletzt einen überdimensionierten Präsidentenpalast handelte, nahmen viele Menschen unter der trügerischen Annahme in Kauf, der Herrscher gebe ihnen auf imposante Weise ihre Würde und Ehre zurück.

Die systemischen Schwächen der nationalen Ökonomie wie auch die internationalen Krisen der Kapitalverwertung ließen die Türkei nicht ungeschoren. In immer schnellerer Taktfolge häuften sich Hiobsbotschaften, das Land stehe am Abgrund einer Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Talfahrt bekamen zuerst und vor allem die ärmeren Bevölkerungsteile zu spüren, was die Regierung mit verbilligt ausgegebenen Grundnahrungsmitteln zu kaschieren versuchte und allenfalls notdürftig kompensieren konnte. So schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Erdogans Rückhalt schwände und er mit legalistischen Mitteln aus dem Amt entfernt werden könnte.

Innenpolitisch steht der Präsident unter Druck, einen erneuten Zusammenschluss der Opposition verhindern. Zu diesem Zweck ist der Krieg gegen die kurdische Bewegung eine Trumpfkarte, die er immer wieder zieht, um die kemalistische CHP von der prokurdischen HDP zu spalten. Die mit der Gründung der Türkei als laizistische parlamentarische Demokratie durch Mustafa Kemal Atatürk im Jahr 1923 festgeschriebene Staatsdoktrin, wonach es in diesem Land nur eine Identität, Sprache und Flagge gebe, nämlich die türkische, gilt auch säkularen Nationalisten im Zweifelsfall mehr als ein Zweckbündnis mit der kurdischen Opposition zum Sturz Erdogans. So erweist sich "die kurdische Frage" oftmals als effizientes Mittel, um einen Keil ins Lager der Regierungsgegner zu treiben. Dessen Erfolg bei den letzten Kommunalwahlen wäre ohne die kurdischen Stimmen nicht möglich gewesen. Auch bei nationalen Urnengängen hat die Opposition ohne Unterstützung der HDP keine Aussicht auf eine Mehrheit.

Die Opposition witterte Morgenluft und gewann die Kommunalwahlen in den größeren Städten, insbesondere aber in Ankara und Istanbul. Möglich gemacht hatte diese vermeintliche Wende die Popularität des kemalistischen Kandidaten, vor allem aber die Bereitschaft der pro-kurdischen HDP, zugunsten der CHP auf eigene Kandidaturen zu verzichten und so die oppositionellen Stimmen zusammenzufassen. Die weit verbreitete Hoffnung, damit sei Erdogans Ende eingeläutet, erwies sich als trügerisch, da sie der Gewaltbereitschaft des Präsidenten und seinen Machtmitteln nicht Rechnung trug, aber auch den Zusammenhalt der Opposition überschätzte. Als Erdogan zum Feldzug gegen Afrin rief, um die kurdischen Errungenschaften zu zerschlagen und den Keil tiefer zwischen die nordsyrischen Autonomiegebiete zu treiben, waren die Kemalisten Feuer und Flamme. Auch bei der Militäroffensive in Nordostsyrien gegen die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) im Herbst 2019 und bei den folgenden Interventionen in Syrien und im Irak unterstützten die CHP und die kleine nationalistisch-säkulare IYI-Partei den Angriffskrieg im Parlament.

Der Krieg eint das Volk, oder besser gesagt jene Teile der Bevölkerung, die dieses Konzept für sich reklamieren, weil sie ihr Heil in der Unterwerfung jeglicher Minderheiten und benachbarter Völkerschaften sehen. So gelang es Erdogan mittels der Kriegszüge, seine Schwäche an der Heimatfront wettzumachen. Wenngleich er auch dabei repressiv zu Werke ging und jede Kritik an diesen Feldzügen unter das Terrorverdikt stellte, war es doch vor allem die Bereitschaft der Kemalisten, nach ihrem Wahlsieg mit Hilfe der HDP der kurdischen Bevölkerung umgehend in den Rücken zu fallen, die das Regime wieder in die Offensive brachte. Wer fragt heute noch, ob die armen Leute in Istanbul und anderswo genug zu essen haben oder was Polizei und Armee im Südosten der Türkei und in den Nachbarländern treiben? Selbst das Schicksal Rojavas scheint inzwischen den westlichen Leitmedien keine Zeile mehr wert zu sein, die gebannt das vermeintliche Schachspiel der Mächte verfolgen, wie es einst Brzezinski als Herrschaftsdiskurs in die Welt gesetzt hat. Während alle zu Geostrategen werden, die mitwetten dürfen, was Erdogan, Putin, Assad und Biden an Zügen ausbrüten, fällt zwangsläufig unter den Tisch, die Kriege und Konflikte als Auseinandersetzungen in Klassengesellschaften und zwischen denselben aufzufassen und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen.


Karikatur Erdogan beißt Friedenstaube den Kopf ab - Foto: © 2018 by Schattenblick

Foto: © 2018 by Schattenblick


Deutsch-türkische Waffenbrüderschaft ungebrochen

In einer Verschmelzung von aggressivem Instinkt und machtpolitischem Kalkül positioniert sich der türkische Staatspräsident in halsbrecherischer Manier inmitten des Hauens und Stechens rivalisierender Groß- und Regionalmächte, heizt Konflikte an und reizt die Karte des Krieges aus. Dabei bedient er sich der eskalierenden Verwerfungen im Konglomerat internationaler Beziehungen, deren Grenzverläufe zunehmend verschwimmen und in einen Flächenbrand unablässiger Waffengänge unter Beteiligung regulärer Streitkräfte, militärischer Dienstleister sowie einer Vielzahl irregulärer Milizen übergehen. Wie eine Konstante in diesen Turbulenzen liegt die ungebrochene deutsch-türkische Waffenbrüderschaft so nah wie eh und je. Was immer germanische und osmanische Großmannssucht einander in theatralischen Zornesausbrüchen vor den Latz knallen mögen, könnte die Einigkeit doch nicht größer sein, wenn es ans Eingemachte massiver Aufrüstung geht.

Wie passt es zusammen, dass die EU Sanktionen gegen die Türkei verhängen will, weil sich diese vor Zypern unter Einsatz ihrer Kriegsmarine ein Stück vom Kuchen der immensen Erdgasvorkommen unter den Nagel zu reißen hofft, aber die Bundesrepublik zugleich in großem Umfang Komponenten für den Bau von U-Booten an Ankara liefert? Dass hier die Freund-Feind-Kennung versagt hätte oder eine Hand nicht wüsste, was die andere tut, kann naiverweise nur argwöhnen, wer den geübten Spagat der Berliner Regierung mit Politikversagen verwechselt. Auch von Doppelmoral kann keine Rede sein, reicht doch die eine Maxime zur Erklärung vollkommen aus, dass Waffengewalt und Wirtschaftsmacht unschlagbare Argumente sind. Das predigen die hiesigen Eliten durch alle Wechselfälle deutscher Geschichte, das glaubt das Volk geschichtsvergessen immer wieder gern, solange ihm Fleischtöpfe in Aussicht stehen, deren Inhalt anderen von den Knochen geschnitten wird.

Dass Erdogan den Führer gibt und seine sukzessive Machtübernahme die Frage zeitgenössisch beantwortet, wie das damals hierzulande geschehen konnte, hindert deutsche Politik und Wirtschaft nicht im geringsten daran, mit ihm beste Geschäfte zu machen und seine Kriege nach innen und außen mit Spitzenerzeugnissen aus hiesigen Rüstungsschmieden ins Rollen zu bringen. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der Türkei und nach den Niederlanden der zweitgrößte ausländische Investor am Bosporus. Die Zahl deutscher Unternehmen bzw. türkischer Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in der Türkei ist inzwischen auf weit über 7.000 gestiegen. Zugleich erhält die türkische Regierung Kriegswaffen für Hunderte Millionen Euro aus Deutschland und ist damit wichtigstes Empfängerland unter den NATO-Partnern. Wen wundert's, dass die Bundesrepublik bei Beratungen der EU über Strafmaßnahmen gegen Ankara stets kräftig auf die Bremse tritt.

Dass in deutschen und türkischen Gefängnissen politische Gefangene derselben Provenienz sitzen, weil man sich beiderseits einig ist, die radikale türkische und kurdische Linke mit dem Terrorverdikt zu überziehen, sagt mehr als tausend doppelzüngige Klagen in Sonntagsreden und Journaille, man möge dem Sultan mit seinen neoosmanischen Träumen gehörig die Leviten lesen. Verknüpft mit der Warnung, man dürfe den Gesprächsfaden aber keinesfalls abreißen lassen, weil man andernfalls alle Einflussmöglichkeiten preisgebe und die türkische Opposition im Stich lasse, zieht dies die Würgeschlinge um den Hals der Opfer des Regimes mit vereinten Kräften zu. Erdogan weiß, dass er sich auch für die Deutschen die Hände blutig und schmutzig macht, wenn er die kurdische Bevölkerung diesseits und jenseits der Grenze massakriert und geflohene Menschen einkassiert. Dieses Blatt reizt er gnadenlos aus, zumal er die Abgründe von Kumpanei und Verrat intensiver studiert und durchwandert hat, als die auf der überlegenen westeuropäischen Produktivität reitende Politikerkaste, der er wahlweise die osmanische Ohrfeige androht oder türkischen Honig um den Bart schmiert.

Das irrlichternde Gebaren des Machtmenschen in seinem pompösen Präsidentenpalast, der erwiesenermaßen zu jeder Greueltat an seinen Gegnern fähig ist, ändert nichts an der prinzipiellen Überlegenheit des hochentwickelten Industriestaats Bundesrepublik im Verhältnis zum Schwellenland Türkei, das am Rande des ökonomischen Zusammenbruchs steht. Selbstverständlich könnte die Bundesregierung gerade in dieser Situation enormen Druck auf die türkische Führung ausüben und ihr die Unterstützung auf allen Ebenen entziehen. Das wird jedoch aus freien Stücken keinesfalls geschehen, haben doch deutsche Regierungen noch nie Probleme damit gehabt, mit Diktaturen und anderen repressiven Regimen zusammenzuarbeiten, sofern das geopolitisch opportun war. Wer sonst könnte die Interessen der Bundesrepublik nachhaltiger durchsetzen, als Machthaber, die fest im Sattel sitzen, hochdotierte Waffengeschäfte tätigen und für sonstige deutsche Wirtschafts- wie auch Sicherheitsinteressen aufgeschlossen sind, solange nur genug Geld in ihre Taschen fließt und Berlin sie als Staatschefs anerkennt!

Während die EU also im Streit um die ergiebigen Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer ansatzweise ihre Muskeln spielen lässt, behandelt sie den Krieg des Erdogan-Regimes gegen die kurdische Bevölkerung in der Türkei, in Syrien und dem Irak ebenso als innere Angelegenheit des NATO-Partners wie die Massenverhaftungen, Folter in den überfüllten Gefängnissen, Gleichschaltung von Justiz und Presse wie auch viele weitere repressive Maßnahmen des autokratisch geführten Staates mehr. Und solange die Bundesregierung keinen umfassenden Rüstungsexportstopp gegen die Türkei verhängt, der sowohl die Genehmigungen als auch die Ausfuhr bereits genehmigter Waffengüter umfasst, bleiben alle Lippenbekenntnisse zu Menschen- und Bürgerrechten Makulatur. Und mehr noch: Sie flankieren als gezielt eingesetztes Feigenblatt die ideologische Reinwaschung eines Konglomerats deutscher Teilhaberschaft an der Ausbeutung und Unterdrückung in der Türkei Erdogans.


Transparent 'Die Revolution ist weiblich! Unser Aufstand ist eure Niederlage' - Foto: © 2019 by Schattenblick

Die Ketten des Patriarchats sprengen
Foto: © 2019 by Schattenblick


Des Gotteskriegers Vision

Wie die Lebensgeschichte Recep Tayyip Erdogans zeigt, trug seine religiös begründete reaktionär-repressive Weltsicht maßgeblich zu seinem Aufstieg an die Spitze des Staates bei, wo er sein protofaschistisches Regime je nach Bedarf als weltmännischer Präsident, paternalistischer Landesvater, neoosmanischer Despot, Oligarch, Kriegsherr, Kerkermeister und Folterknecht wie auch Geißel jeglicher Opposition exekutiert. Dass zu diesen Facetten des Machtmenschen spezifisch türkischer Provenienz auch die Persona des genuin frommen Muslimen gehört, dem alle aus seiner Sicht abweichenden Lebensweisen Teufelswerk sind, wird angesichts dieser Fülle seiner Übergriffe und Greueltaten mitunter fast übersehen. Hier geht es wohlgemerkt nicht um Glaubensfragen und "den Islam" an sich, wohl aber um einen berüchtigten Autokraten, der sich von Gott zu seinen Untaten berufen wähnt.

Der von Kindheit an tief gläubige Erdogan besuchte nach der Grundschule eine Imam-Hatip-Schule, also ein religiös orientiertes Fachgymnasium. Die Schulausbildung schloss er mit einem Fachabitur für Imame ab, worauf ein Studium an der Istanbul Iktisadi ve Ticari Ilimler Akademisi folgte. 1972 hatte Necmettin Erbakan die Nationale Heilspartei (MSP) gegründet, die dem Spektrum der religiös-konservativen Rechten zugeordnet wird und bis Ende der 1970er Jahre an drei Koalitionsregierungen beteiligt war. 1984 rückte Erdogan in den Vorstand der inzwischen gegründeten Nachfolgepartei auf, der Wohlfahrtspartei (RP), und wurde stellvertretender Vorsitzender.

Die Wohlfahrtspartei nominierte Erdogan 1994 gegen den Willen Erbakans als Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters von Istanbul, und er gewann überraschend die Wahl. Er verfolgte zunächst eine konservative Politik, die der Ausrichtung seiner Wählerschaft entsprach. So wird seit seiner Amtszeit in städtischen Lokalen kein Alkohol mehr ausgeschenkt, wobei dies jedoch in der privaten Gastronomie weiterhin möglich ist. In einer vielzitierten Aussage erklärte er, dass es nicht möglich sei, laizistisch und gleichzeitig ein Moslem zu sein. In einem Interview mit der Zeitung Milliyet bezeichnete er sich als Anhänger der Scharia und in einem Gespräch über die Demokratieverbundenheit der Wohlfahrtspartei erklärte er, dass Demokratie nicht der Zweck, sondern das Mittel sei. Weitere religiöse Vorhaben betrafen die Einführung gesonderter Badezonen für Frauen oder getrennter Schulbusse für Jungen und Mädchen. 1994 äußerte er sich noch gegen einen Beitritt zur EU, die eine "Vereinigung der Christen" sei, in der die "Türken nichts zu suchen" hätten. 1998 verbot das türkische Verfassungsgericht die Wohlfahrtspartei. Ihr wurden Sympathien zum Dschihad und zur Einführung der Scharia vorgeworfen, was dem staatlichen Grundsatz des Laizismus widersprach.

Erdogan wechselte daraufhin in die Nachfolgepartei Tugendpartei, in die fast alle Abgeordneten der bisherigen Wohlfahrtspartei eintraten. Zwischen dieser Partei und der türkischen Armee herrschte tiefes gegenseitiges Misstrauen, sah sich die Armee doch als Hüterin der laizistischen Ordnung und Wahrerin der Prinzipien von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk, also einer strikten Trennung von Religion und Staat. Erdogan hingegen verbittet sich jegliche Einmischung in politische Angelegenheiten und stellt klar, dass der Generalstab der Befehlsgewalt des Regierungschefs unterstehe.

Am 21. April 1998 wurde Erdogan vom Staatssicherheitsgericht Nr. 3 in Diyarbakir wegen Aufstachelung der Bevölkerung zu Hass und Feindschaft unter Hinweis auf Unterschiede der Religion und Rasse zu zehn Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe verurteilt. Im März 1999 trat er die Strafe an und wurde nach vier Monaten wieder aus der Haft entlassen. Als die Tugendpartei am 22. Juni 2001 aus den gleichen Gründen wie ihre Vorgängerin verboten wurde, sammelte Erdogan demokratische Reformkräfte unter den Religiösen und gründete wenig später die Gerechtigkeits- und Aufschwungpartei (AKP), die sich von den politischen Überzeugungen Erbakans deutlich absetzte.

Dass Erdogan von seinen reaktionären Auffassungen nicht abgerückt war, zeigte seine Ankündigung im Mai 2012, das seit etwa 30 Jahren in der Türkei geltende liberale Abtreibungsrecht zu verschärfen, wobei er Schwangerschaftsabbrüche als "Mord" bezeichnete. Im November 2014 sprach er sich gegen eine völlige Gleichberechtigung von Mann und Frau aus. Frauen könnten aufgrund ihrer "zierlichen Statur" nicht dieselbe Arbeit verrichten wie Männer und während der Schwangerschaft oder der Zeit des Stillens nicht unter gleichen Bedingungen wie diese arbeiten. Der Islam habe für Frauen die Rolle der Mutter vorgesehen. Im Mai 2016 verkündete er im Fernsehen: "Wir wollen viel mehr Nachkommen haben. Andere reden über Verhütung. Keine muslimische Familie sollte so etwas tun." Niemand könne Gottes Werk beeinflussen. Wenig später sprach er sich dagegen aus, dass Frauen arbeiten gehen, wenn sie dafür Mutterschaft und Hausfrauentum ablehnten.

Dies sind nur einige Schlaglichter aus seiner sehr konservativen, um nicht zu sagen repressiven Auslegung der Glaubenslehre, die er nie abgelegt, sondern opportunistisch-machtbewusst nach außen hin verschleiert hat. Im größeren politischen Kontext steht Erdogan der Muslimbruderschaft nahe, zu deren Schutzpatron er sich aufzuschwingen versuchte, bis ihm die Machtübernahme der Militärs in Ägypten einen Strich durch die Rechnung machte. Bekanntlich hat die türkische Regierung den IS unterstützt, wie sie sich nach wie vor islamistischer Milizen derselben Couleur bei ihrer Kriegsführung bedient.

Die türkische Religionsbehörde Diyanet ist unter der AKP-Regierung zu einer der einflussreichsten Institutionen des Landes avanciert. Ihr Etat übersteigt den vieler Ministerien, knapp 130.000 Menschen arbeiten für sie. Dazu zählen auch die rund 1000 in Deutschland in den Moscheen der Ditib tätigen Imame, die an die Weisungen der Religionsbehörde gebunden sind. Der Theologieprofessor Ali Erbas gilt als enger Vertrauter Erdogans und wurde von diesem 2017 zum Präsidenten der Religionsbehörde berufen. Erbas, dessen Behörde dem Staatspräsidenten direkt untersteht und der als Vorsitzender für religiöse Angelegenheiten diesbezüglich als höchste Instanz im Staat gilt, ist wiederholt durch homophobe Äußerungen aufgefallen: So bezeichnete er den CSD als "Ketzerei" und erklärte, es sei die Pflicht aller, "Kinder und junge Menschen vor solch abartigen Konzepten zu schützen". Der Islam verdamme Homosexualität, die zu Krankheiten führe und "Generationen verrotten" lasse. Zudem kritisiert er sexuelle Beziehungen zwischen Unverheirateten: Hunderttausende Menschen würden außereheliche Beziehungen pflegen und sich mit dem HI-Virus infizieren. Es sei "wissenschaftlich erwiesen", dass "dieser und ähnliche Viren" durch Schmutz verbreitet würden; daher erkläre der Islam die Reinlichkeit zu einem wichtigen Glaubensgebot.

Solche aggressiven Bezichtigungen riefen empörte Reaktionen seitens LGBTIQ+-Vereinigungen, Menschenrechtsgruppen und Kreisen der sozialdemokratischen CHP sowie der prokurdisch-linken HDP auf den Plan, die Erbas Volksverhetzung vorwarfen. Er habe ein Hassverbrechen begangen und das Tor für Diskriminierung geöffnet, so der Grundtenor. Die Anwaltskammer Ankara erklärte, Erbas falle bekanntermaßen dadurch auf, Frauenhass religiös zu legitimieren und Kindesmissbrauch zu bagatellisieren. "Es sollte niemanden verwundern, wenn Ali Erbas bei seiner nächsten Rede das Volk dazu auffordern würde, auf öffentlichen Plätzen Frauen als Hexen zu verbrennen."

Bald ermittelte sogar die Staatsanwaltschaft, aber nicht gegen den Präsidenten der Religionsbehörde, sondern gegen die Anwaltskammer Ankara wegen des Verdachts der "Herabwürdigung religiöser Werte". Schließlich mischte sich auch Erdogan in die Debatte ein und erklärte: "Die Bewertung wurde unter Berücksichtigung des Islams und des Korans vorgenommen." Die Aussage des Diyanet-Chefs sei "von vorne bis hinten korrekt", aber nur für Muslime bindend. Für alle anderen handle es sich lediglich um eine Meinungsäußerung. An die Adresse der Anwaltskammer Ankara drohte er: "Das ist kein Thema, das in die Kompetenz der Anwaltskammer fällt. Jeder soll seinen Platz kennen, jeder soll seine Grenzen kennen. Ein Angriff auf den Präsidenten der Religionsbehörde ist ein Angriff auf den Staat." Bezeichnenderweise fehlen die schlimmsten Tiraden von Erbas in der Wiedergabe seiner Predigten auf der deutschen Webseite der Diyanet, während sie in anderen Sprachversionen enthalten sind. Aus den Augen, aus dem Sinn, scheint die Bundesregierung das Täuschungsmanöver zu goutieren, hat sie es doch bislang abgelehnt, die Äußerungen des Präsidenten der türkischen Religionsbehörde zu kritisieren.

Welche Verhältnisse der türkischen Gesellschaft kraft dieses Regimes zugedacht sind, zeigt der Kurs Erdogans seit 2014 in aller Deutlichkeit. Hatte er bis dahin Kreide gefressen, um westliche Werte zu demonstrieren, setzt er seither die Ablehnung und Verfolgung ethnischer Minderheiten, das Primat eines fundamentalistischen Islams und den Kampf gegen emanzipatorische Bestrebungen wie insbesondere die Frauenbewegung auf seine Agenda. 2002 wurde in der Türkei ein Gesetz verabschiedet, wonach der Ehemann nicht mehr das Oberhaupt der Familie sei. Seit 2004 steht in der Verfassung: "Frauen und Männer sind gleichberechtigt; der Staat ist verpflichtet, die Gleichheit zu verwirklichen." Die türkische emanzipatorische Frauenbewegung kämpft dafür, dass das nicht nur auf dem Papier steht.

Dagegen baut die AKP die konservative Frauenorganisation Kadem auf, deren Mitbegründerin und Vizepräsidentin Erdogans Tochter Sümeyye ist. Um die Gleichstellung von Frauen geht es dabei nicht, denn wie Erdogan 2014 auf einem Kadem-Kongress unter Beifall klarstellte, könne man Frauen und Männer nicht gleichstellen, da das gegen die Natur sei. Kadem vertritt die Auffassung, dass die beiden Geschlechter von der Schöpfung her unterschiedlich seien und daher auch nicht gleichgestellt sein könnten, sondern einander ergänzen müssten.

Für heftige Kontroversen sorgte ein Gesetzentwurf der AKP, wonach der Missbrauch von Kindern nicht mehr unter Strafe stehen soll, wenn Opfer und Täter heiraten. Sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Minderjährigen könnten rückwirkend für straffrei erklärt werden, wenn der Altersunterschied zwischen den beiden nicht mehr als fünfzehn Jahre beträgt, das Opfer den Täter nicht angezeigt hat und einer Ehe zustimmt. Verteidigt wird das Vorhaben damit, dass Tausende Männer im Gefängnis säßen, weil sie mit einer Minderjährigen verheiratet seien, da auch in der Türkei das gesetzliche Heiratsalter bei achtzehn Jahren liegt. Schon seit langem plant die Regierung ein weiteres Gesetz, das einem Vergewaltiger Strafmilderung zusichert, wenn dieser sein Opfer heirate, weil dadurch die "Ehre der Frau" wiederhergestellt sei. Das Gesetz scheiterte trotz mehrmaliger Versuche am Protest der Frauenorganisationen, steht aber immer wieder auf der Agenda.

Die Türkei ratifizierte 2012 die Istanbul-Konvention, ein umfassendes Abkommen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen, dessen Umsetzung jedoch ausgeblieben ist. Anfang 2020 kündigte Erdogan den Ausstieg aus der Konvention an, da sie Familien untergrabe und Männer zu Sündenböcken mache, und die Türkei hat sich nun als erstes Land wieder aus dem Abkommen zurückgezogen. Dabei steigt die Zahl von Frauenmorden und häuslicher Gewalt dort dramatisch an. Inzwischen werden binnen eines Jahres mehr als 300 Frauen von ihrem Partner oder einem Familienmitglied ermordet, dreimal so viele wie in Deutschland.

Frauen, die gegen Gewalt, Missbrauch und sexuelle Belästigung protestieren, bezeichnete Erdogan als "unislamisch". Gewalt gegen Frauen wird durch die Regierungspolitik der AKP befeuert und legitimiert, Repressionen gegen die Frauenbewegung nehmen zu: Frauenorganisationen werden verboten, neue Frauenhäuser oder Krisenzentren für Vergewaltigungsfälle bei der Polizei sind nicht in Sicht, Berichterstattung über Gewalt gegen Frauen ist unerwünscht. Das Religionsministerium Diyanet rät Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, "Ruhe zu bewahren", den Mann zu besänftigen und, statt die Polizei zu rufen, lieber "abends etwas Schönes zu machen". Das sind die Zustände patriarchaler Ausbeutung, Unterwerfung und Gewalt, die das Erdogan-Regime allen Frauen im Land als gottgewollte Ordnung aufzwingen will.


Mit Mikrofon am Stehpult - Foto: © 2015 by Schattenblick

Selahattin Demirtas am 27.09.2015 in Hamburg
Foto: © 2015 by Schattenblick


Repressionswelle gegen die HDP

Erdogan hat die parlamentarische Demokratie de facto beseitigt, eine Gewaltenteilung existiert nicht mehr, die Exekutive diktiert Gesetzgebung und Rechtsprechung, die Medien sind nahezu gleichgeschaltet. Unablässige Wellen von Säuberungen haben Streitkräfte und Polizei auf Regierungskurs gebracht, der mächtige Geheimdienst und die Religionsbehörde gehen Erdogan zur Hand. Sein Präsidialregime lässt sich mit demokratischen Verfahren wie Wahlen oder Gerichtsurteilen nicht mehr abschaffen. Wo immer es eng zu werden droht, geht das Regime mit massivsten Mitteln wie der Inhaftierung oppositioneller Politikerinnen und einem Parteiverbot zu Werke.

Die Regierung erweckt vordergründig den Eindruck, es fänden demokratische Wahlen statt, um einen Sieg der AKP und MHP vordergründig zu legitimieren. In der Türkei haben jedoch seit Jahren keine Urnengänge mehr stattgefunden, die nicht von der Regierung massiv manipuliert worden wären. Stets wurde die Opposition durch Propaganda, Verbote, Inhaftierungen und offene Gewalt unter Druck gesetzt. Dass sie dennoch wie bei den letzten Kommunalwahlen in allen großen Städten gewann, war zweifellos ein Alarmsignal für das Regime, die Fortschreibung der Regierungsmacht zu sichern, bevor der Widerstand gegen die reaktionäre Umgestaltung der Gesellschaft nicht mehr einzudämmen ist.

Bei der Parlamentswahl 2018 hatte die Demokratische Partei der Völker (HDP) knapp sechs Millionen Stimmen erhalten, was ihre Verankerung in der Gesellschaft unterstreicht. Erdogan beschuldigt die Oppositionspartei unablässig, der politische Arm der kriminalisierten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein, was die HDP zurückweist. Die Regierung geht seit Jahren höchst repressiv gegen sie vor und hat zahlreiche ihrer Repräsentantinnen und Anhänger ins Gefängnis geworfen. So wurden die früheren Parteivorsitzenden Figen Yüksekdag und Selahattin Demirtas bereits 2016 inhaftiert, die zum Zeitpunkt ihrer Festnahme gewählte Abgeordnete der türkischen Nationalversammlung waren. Ihnen wird derzeit in Ankara unter dem Vorwurf der Prozess gemacht, sie seien im Winter 2014/2015 an Protesten gegen die Belagerung der syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobanê durch den IS und gegen das damalige Agieren der türkischen Armee beteiligt gewesen. Letztere hatte Kurdinnen und Kurden daran gehindert, ihren Angehörigen jenseits der Grenze beizustehen. Bei den Protesten kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden, türkischen Einsatzkräften und IS-Sympathisanten sowie nach Angaben der HDP zu 43 Toten, die überwiegend aus ihren Reihen stammten. Die Staatsanwaltschaft spricht von 37 Toten und lastet diese der HDP an. Angeklagt sind Yüksekdag und Demirtas sowie 106 weitere HDP-Mitglieder, wobei seit Monaten von der Regierungskoalition aus AKP und MHP organisierte Proteste und Hetze die Stimmung gezielt aufgeheizt haben. So drang eine Gruppe von Regierungsanhängern mit Türkei-Fahnen in das Gerichtsgebäude in Ankara ein, in dem der "Kobanê-Prozess" stattfindet. [3]

Überdies hatte die Staatsanwaltschaft im März 2021 wegen "terroristischer Aktivitäten" einen Verbotsantrag gegen die HDP eingereicht, um ihre Auflösung zu erwirken. Dieser Antrag musste auf Beschluss des Verfassungsgerichts "nachgebessert" werden, worauf Anfang Juni eine Neufassung vorgelegt wurde. Diese überarbeitete Klage ist inzwischen vom Verfassungsgericht für ein Verbotsverfahren zugelassen worden. Auf diesem Wege versucht das Regime, der kurdischen Bewegung einen weiteren schweren Schlag zu versetzen und die parlamentarische Opposition entscheidend zu schwächen. [4]

Darüber hinaus provoziert die regierungsamtliche Hetzkampagne gegen die HDP Mordanschläge wie jenen auf die HDP-Zentrale in Izmir am 17. Juni, bei dem ein bewaffneter Angreifer die 38jährige Kurdin Deniz Poyraz tötete. Die HDP-Aktivistin war zuerst als Geisel genommen und dann erschossen worden, der Attentäter hatte zudem Feuer in dem Gebäude gelegt. Da davon auszugehen ist, dass die Parteibüros rund um die Uhr von den Sicherheitsbehörden überwacht werden, ist der Angreifer gewissermaßen unter polizeilicher Aufsicht ungehindert eingedrungen. Zum Zeitpunkt des Anschlags sollte ursprünglich eine Vorstandssitzung mit 40 Personen stattfinden, die jedoch kurzfristig abgesagt worden war. Dass der Attentäter ein Massaker verüben wollte, zeigte sich am Tatort, da die Räumlichkeiten offensichtlich unter Dauerbeschuss genommen worden waren, der alle Anwesenden töten sollte.

Nach den bislang bekannten Passagen aus den Protokollen der polizeilichen Vernehmung des Täters habe dieser "schon seit seiner Kindheit vorgehabt, PKK-Mitglieder zu töten". Er soll den Anschlag monatelang geplant und sich für einen Englischkurs in einer Sprachschule über der HDP-Zentrale eingeschrieben haben, um das Gebäude besser auskundschaften zu können. Er habe einen Waffenschein beantragt und bekommen, sich die Tatwaffe besorgt und mit dem Ziel angegriffen, mehrere Personen vorzufinden. [5]

Videoaufnahmen zeigen, dass die Polizisten den am Tatort festgenommenen Onur Gencer, den sie freundlich als "lieben Bruder" ansprachen, höflich aus dem HDP-Gebäude geleiten. Gencer erweist sich auf seiner Facebook-Seite als Anhänger der faschistischen Grauen Wölfe und ist vor einer türkischen Fahne zu sehen, die Finger der rechten Hand zum sogenannten Wolfsgruß gespreizt. Weitere Bilder zeigen den 27jährigen mit einem Sturmgewehr in einer mit Sandsäcken befestigten Stellung bei der nordsyrischen Stadt Manbidsch. Dort war er im türkischen Besatzungsgebiet offenbar von der Söldneragentur Sadat militärisch ausgebildet worden. Die 2012 gegründete Agentur wurde von Erdogan zum Aufbau paramilitärischer Verbände in der Türkei und von Söldnertruppen für den Einsatz in Syrien, Libyen und im Kaukasus engagiert. [6]


Mit Mikrofon neben einem Transporter - Foto: © 2019 by Schattenblick

Cansu Özdemir 2019 auf Rojava-Demo in Hamburg
Foto: © 2019 by Schattenblick


Neue Stufe offener Kollaboration

Als vor wenigen Tagen eine deutsche Delegation von Düsseldorf nach Erbil fliegen wollte, um die Auswirkungen der Angriffe der türkischen Armee auf die Grenzregion im Nordirak zu dokumentieren, verweigerte ihnen die Bundespolizei am Flughafen die Ausreise in den Irak. Die Mitglieder der Delegation, darunter auch die Fraktionschefin der Linkspartei in der Hamburger Bürgerschaft, Cansu Özdemir, wurden mehrere Stunden in einem Raum ohne Fenster eingesperrt und einzeln auf der Flughafenwache verhört. Die Bundespolizei unterstellte den Teilnehmenden, sie wollten an Aktionen der PKK gegen die türkische Armee teilnehmen und junge Menschen für die PKK gewinnen. Eine Teilnahme deutscher oder europäischer Staatsbürger berühre erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland und belaste die Beziehungen mit dem NATO-Partner Türkei. [7]

Die Delegationsteilnehmer wollten mit kurdischen Zivilisten reden, deren Dörfer bei den türkischen Angriffen zerstört wurden. Geplant waren auch Gespräche mit verschiedenen Bürgermeistern und Organisationen, um einen innerkurdischen Krieg zwischen der konservativen Barsani-Regierung und der kurdischen Arbeiterpartei PKK zu verhindern und einen Dialog für einen Frieden zwischen den beteiligten Akteuren zu ermöglichen. Die Delegationsmitglieder wiesen darauf hin, dass im Nordirak ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg der Türkei auf nordirakisches Territorium stattfinde, wie dies der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages bereits im vergangenen Jahr hinsichtlich grenzüberschreitender Militäroperationen der Türkei gegen die PKK bewertet hat. Dass offenbar eine Absprache zwischen der türkischen Regierung und deutschen Sicherheitsbehörden stattgefunden hat und auf Anweisung der Bundesregierung selbst deutsche Parlamentarierinnen an der Reise in das Konfliktgebiet gehindert werden, zeugt von einer neuen Stufe offener Kollaboration mit dem Erdogan-Regime.

Nachdem die ersten Gruppen, die sich auf die Reise zur geplanten Friedenskonferenz gemacht hatten, in Erbil noch durchgekommen waren, wurden auf Betreiben der Regierungspartei PDK weitere rund 40 Menschen aus elf Ländern unter miserablen Bedingungen im Transitbereich des Flughafens Erbil festgehalten und schließlich abgewiesen. Der Berliner Abgeordnete Hakan Tas, der ebenfalls der Friedensdelegation angehörte, wurde in Erbil fünfzehn Stunden lang im Flughafen festgehalten. Er wurde zweimal von Sicherheitsbehörden verhört, durfte sich nicht waschen und wurde nicht mit Lebensmitteln versorgt, bis er schließlich doch noch einreisen konnte. Etwa 80 Aktivistinnen und Aktivisten einer europäischen Friedensdelegation wurden in einem Hotel festgehalten und hielten dort eine Pressekonferenz ab.

Die Türkei hat ihre Angriffe auf den Grenzbereich im Nordirak intensiviert und zahlreiche Militärbasen errichtet. Wie in Nordsyrien ist ihr Ziel die Vertreibung der kurdischen Bevölkerung aus der Grenzregion und die Ausbeutung der dort vorhandenen natürlichen Ressourcen. Seit dem 23. April werden fast täglich Dörfer bombardiert und von türkischen Truppen eingenommen. Mehr als 1.500 Menschen aus 22 Dörfern wurden aus ihrer Heimat vertrieben und Tausende Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche durch das türkische Militär verbrannt. Es gibt zudem Berichte über Giftgaseinsätze. Auch werden Wälder abgeholzt, und die Barsani-Familie verkauft das Holz an ein Unternehmen, das es in die Türkei transportiert. Durch dieses Bündnis der PDK mit Ankara wird die autonome Region, die ohnehin schon rund 90 Prozent der Waren aus der Türkei bezieht, noch tiefer in die Abhängigkeit getrieben und die Spaltung der kurdischen Bevölkerungsgruppen vertieft. Die Regionalregierung der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) unter Führung des feudalistisch strukturierten Barsani-Clans hat mehrere Peschmerga genannte Kampfeinheiten der KDP in Regionen verlegt, die von der PKK kontrolliert werden, und schürt so die Gefahr eines kurdischen Bürgerkriegs.


Transparent 'List Turkey as a terrorist country' - Foto: © 2018 by Schattenblick

Blutzoll unter Schirmherrschaft
Foto: © 2018 by Schattenblick


Türsteher von Gnaden der EU und NATO

Erdogan exerziert seine Schlüsselfunktion als Türsteher von EU und NATO, deren Klaviatur er stets aufs Neue virtuos bedient. Wer hält euch die Flüchtlinge, Islamisten und Russen vom Leib?, changiert er zwischen den Fronten und reizt die Spannungen exzessiv aus, worauf er mittels Signalen kehrtwendender Deeskalation bekommt, was er dringend braucht, ohne den Eindruck des subordinierten Bittstellers zu erwecken. So drängte Ankara seit Monaten auf eine Aufbesserung des Flüchtlingsabkommens mit der EU, das in seiner Gesamtheit überdacht und umfänglich alimentiert werden müsse, sollen die Schleusen geschlossen bleiben. Heiko Maas nahm die Steilvorlage auf und forderte seinerseits ein "Update der Migrationszusammenarbeit mit der Türkei". Bei allen Schwierigkeiten, die man mit der türkischen Regierung habe, sei doch anzuerkennen, dass das Land eine nicht unerhebliche Migrationslast übernommen habe. Im Rahmen eines neuen Abkommens müsse der Türkei auch weiteres Geld von der EU zur Verfügung gestellt werden. [8] Und dieses Begehren fand umgehend Gehör, als auf dem jüngsten EU-Gipfel zwar heftige Kontroversen über die Russland-Politik tobten, aber eine Verlängerung des "Flüchtlingspakts" mit der Türkei ohne Widerspruch durchgewinkt wurde, wofür eine Ausgleichszahlung von rund 3,5 Milliarden Euro bis 2024 im Gespräch ist.

Den zweiten brachialen Hebel setzt die Türkei mit ihrer Frontstellung an der Flanke der NATO an. Auch in diesem Fall ist deutsche Schützenhilfe zur Stelle, hat doch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer beim Besuch ihres Amtskollegen Hulusi Akar in Ankara betont, dass die Türkei ein wichtiger Verbündeter sei und bleibe. Die NATO müsse sich "von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer" gegen Moskau formieren, und an einer stabilen Südostflanke sollte auch die Türkei Interesse haben. Die Bundeswehr beteilige sich auf verschiedene Weise an Überwachung und Schutz dieser Region und wolle dabei künftig noch enger mit dem Bündnispartner zusammenarbeiten. Hocherfreut zeigte sich die Ministerin darüber, dass die Türkei überdies den Schutz des Flughafens in Kabul gewährleisten will, wofür sie mit Unterstützung der Partner rechnen könne. Türkische Truppen sichern derzeit den internationalen Flughafen der afghanischen Hauptstadt, dessen Infrastruktur aus Sicht der westlichen Mächte nach deren Abgang akut gefährdet wäre. Was, wenn der Krieg nach dem Abzug der letzten NATO-Truppen Kabul erreicht, wenn die Taliban womöglich den Flughafen einnehmen und das verbliebene westliche Botschaftspersonal in der Falle sitzt? Erdogan hat signalisiert, dass die Türkei dort "viel mehr Verantwortung" übernehmen könne, und bei seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Rande des NATO-Gipfels Nägel mit Köpfen gemacht: Dafür sei "diplomatische, logistische und finanzielle Unterstützung" unabdingbar. Biden betonte, dass er auf die Türkei als wichtigen Partner nicht verzichten wolle, und Deutschland wird sich wohl finanziell an der verbleibenden Präsenz beteiligen. [9]

So erweisen sich im sicherheitspolitischen Schulterschluss die Verwerfungen zwischen Berlin und Ankara als bloßer Theaterdonner fürs Publikum, der die grundlegenden hegemonialen Interessen Deutschlands nicht berührt, in deren Kontext die Einbindung der Türkei eine maßgebliche Rolle spielt. Plötzlich herrscht Tauwetter, das den bösen Schnee von gestern auf der Promenade der Wiederannäherung fast über Nacht abschmelzen läßt. Recep Tayyip Erdogan hat sich das Blut von den Händen gewaschen, um auf den Gipfeln den salonfähigen Staatsmann zu geben, sein Außenminister Mevlüt Cavusoglu herzt den deutschen Amtskollegen Heiko Maas als einen "lieben Freund". Die türkische Führung löst mit ihrer strategischen Charmeoffensive nicht nur in der Bundesrepublik erleichtertes Aufatmen aus, als sei der losgerissene Kettenhund von allein nach Hause zurückgekehrt. Dass auch die Bundesregierung dabei über Leichen geht, müssen die Kurdinnen und Kurden mehr denn je befürchten.


Fußnoten:

[1] www.jungewelt.de/artikel/404483.deutsche-türkeipolitik-die-ausreise-zu-verhindern-ist-skandalös.html

[2] www.deutschlandfunk.de/der-lange-arm-ankaras-tuerkei-entfuehrt-systematische.795.de.html

[3] www.heise.de/tp/features/Izmir-Mord-unter-staatlicher-Aufsicht-6109862.html

[4] www.jungewelt.de/artikel/404757.repression-in-der-türkei-verbotsverfahren-gegen-hdp.html

[5] www.heise.de/tp/features/HDP-Beim-Anschlag-in-Izmir-sollten-rund-40-Menschen-sterben-6111501.html

[6] www.jungewelt.de/artikel/404414.terror-in-der-türkei-faschistischer-anschlag.html

[7] www.heise.de/tp/features/Deutsche-Friedensmission-im-Nordirak-unerwuenscht-6069788.html

[8] www.zeit.de/politik/ausland/2021-06/heiko-maas-eu-tuerkei-fluechtlingsabkommen-migration

[9] www.jungewelt.de/artikel/404393.nato-erdogans-zweiter-türsteherjob.html


5. Juli 2021

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 164 vom 10. Juli 2021


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