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BUNDESTAG/9921: Heute im Bundestag Nr. 614 - 16.06.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 614
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 16. Juni 2020, Redaktionsschluss: 09.57 Uhr

1. Verbesserung der Luftsicherheit
2. Anträge zum Pflanzenschutz
3. Methanausstoß in der Tierhaltung
4. FDP fordert Biotech-Gründungsfreiheit
5. Forschungsinitiative Cyber Valley


1. Verbesserung der Luftsicherheit

Inneres und Heimat/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Ein Gesetzesvorstoß des Bundesrates zur Verbesserung der Sicherheit im Luftverkehr findet unter Experten überwiegend Zuspruch. Allerdings äußerten Vertreter der Luftfahrtbranche am Montag vor dem Ausschuss für Inneres und Heimat grundsätzliche Einwände. Der Bundesrat hatte auf Initiative Niedersachsens im September 2018 einen Entwurf zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes (321/18) verabschiedet und dem Bundestag zur Einbringung zugeleitet. Demnach sollen Fluggesellschaften verpflichtet werden, die Ausweise ihrer Passagiere beim Einstieg zu prüfen und mit den Daten auf der Bordkarte abzugleichen. Dies ist in Deutschland bisher nicht vorgeschrieben. Anlass der niedersächsischen Initiative war der Fall des irakischen Asylbewerbers Ali B., der im Juni 2018 nach dem Mord an einer jungen Frau mit seiner Familie unter falschem Namen von Düsseldorf über Istanbul nach Erbil flog.

Der Professor für Luftrecht an der Technischen Universität Berlin Elmar Giemulla wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass es innerhalb des Schengen-Raums heute relativ problemlos möglich sei, ein Flugzeug unter falschem Namen zu besteigen, weil dabei lediglich die Bordkarten vorzuweisen seien. Passagiere mit außereuropäischen Reisezielen würden zwar von der Grenzpolizei kontrolliert, die aber nur die Ausweise, nicht die bei der Buchung zur Person des Reisenden gemachten Angaben überprüfe. Mit Europarecht sei die vom Bundesrat angeregte Neuregelung ohne weiteres vereinbar, meinte Giemulla.

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Sven Huber nannte die geltende Rechtslage "aus polizeilicher Sicht unbefriedigend". Ein Identitätsnachweis als Voraussetzung für den Zugang zum Sicherheitsbereich eines Flughafens sei derzeit nicht in allen Fällen gewährleistet. Die unterschiedlichen Sicherheitsstandards bei Flügen innerhalb und außerhalb des Schengen-Raums widersprächen der Intention des Luftsicherheitsgesetzes. Auch illegaler Migration werde damit Vorschub geleistet.

Ebenfalls zustimmend äußerte sich der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Ulrich Kelber, nach dessen Worten ein Abgleich der Personalausweise mit den Bordkarten der Reisenden durch die Luftfahrtunternehmen "zulässig" wäre. Kelber hob das Interesse der Fluggesellschaften selber hervor, über die Identität ihrer Passagiere zweifelsfrei Bescheid zu wissen als Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung des Beförderungsvertrages. Unzulässig wäre nach seinen Worten allein eine anlasslose Langzeitspeicherung von Fluggastdaten.

Gunter Ceuppens von Nationalen Krisenzentrum Belgiens in Brüssel sprach sich für eine europaweit einheitliche Regelung aus. In diesem Sinne habe sich im Frühjahr 2018 auch eine Expertenrunde aus allen EU-Staaten geäußert. Bisher ist der Abgleich von Passagierdaten mit Personaldokumenten nur in Belgien, Frankreich, Luxemburg und Ungarn Pflicht. Auch wenn hundertprozentige Sicherheit nie zu gewährleisten sei, habe eine solche Regelung doch ihren unbestreitbaren Mehrwert. Uta Schöneberg, Referatsleiterin in niedersächsischen Innenministerium nannte es "erstaunlich", dass die "Zuordnung von Fluggastdaten zu den tatsächlich reisenden Personen" noch immer nicht gewährleistet sei. Kriminelle profitierten von diesem Zustand. Eine Neuregelung käme den Ermittlungsinteressen der Sicherheitsbehörden zugute.

Dagegen erklärte Lufthansa-Sicherheitschef Jürgen Faust den Vorschlag des Bundesrates für "nicht geeignet, die Luftsicherheit zu erhöhen". Er äußerte Zweifel an der Umsetzbarkeit einer Neuregelung und warnte vor weiteren Verspätungen im Flugverkehr als unvermeidlicher Folge. Ähnlich äußerte sich Sebastian Zurfähr, Leiter des Bereichs Luftsicherheit im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Identitätskontrollen seien ein hoheitliche Aufgabe, Fluggesellschaften als "Hilfspolizisten" nicht geeignet. Gegen den Vorstoß des Bundesrates bestünden daher auch "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken".

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2. Anträge zum Pflanzenschutz

Ernährung und Landwirtschaft/Anhörung

Berlin: (hib/MWO) Die Praxis der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist Thema einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am Montag unter Leitung von Alois Gerig (CDU) gewesen. Dazu lagen Anträge der FDP-Fraktion (19/18603), der Fraktion Die Linke (19/17767) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/14090) vor, zu denen die eingeladenen zwei Verbands- und vier Einzelsachverständigen differenziert Stellung nahmen.

Die FDP will einen rechtssicheren und transparenten Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmitteln. Sie fordert von der Bundesregierung in ihrem Antrag, den "Zulassungsprozess von Pflanzenschutzmitteln rechtssicher und transparent ausgestalten" und auf europäischer Ebene eine Harmonisierung der Wirkstoffgenehmigungen in den Mitgliedstaaten anzustreben.

Die Linke verlangt in ihrem Antrag, den Pflanzenschutz konsequent auf den Schutz von biologischer Vielfalt und Imkerei auszurichten. Sie will erreichen, dass im Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittel- Wirkstoffe Versuche und Studien zur Bewertung von Wirkstoffen, die vom Antragsteller vorzulegen sind, nicht von diesem selbst in Auftrag gegeben und bezahlt werden.

Die Grünen wollen mit ihrem Antrag gravierende Mängel bei Pestizidzulassungsverfahren beheben und Umwelt und Natur dadurch wirksamer schützen. Sie fordern die Bundesregierung unter anderem auf, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Bienenleitlinien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) schnell und umfassend angewendet werden.

Die Abgeordneten interessierten sich in den beiden Fragerunden der zweistündigen Anhörung vor allem für die konkreten Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Biodiversität, die Durchsetzung von Transparenz und Unabhängigkeit bei den Zulassungsverfahren, Möglichkeiten des Monitoring nach erfolgter Zulassung und alternative Schutzmethoden ohne Chemikalien.

Der Verbandssachverständige Peter Clausing vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) forderte in seiner Stellungnahme eine bessere Gefahren- und Risikobewertung der Wirkstoffe und Präparate von Pestiziden. Zur Beseitigung von Interessenkonflikten sprach er sich für die Entkopplung von Industrie und Studienbeauftragung beziehungsweise -durchführung unter prinzipieller Beibehaltung der finanziellen Verantwortung der Unternehmen aus. Ebenso forderte Clausing mehr Transparenz bei der Zulassung, da so Fehleinschätzungen verhindert werden könnten. Es gebe die reale Gefahr einer Verschleierung kritischer Aussagen in den Studienberichten und Dossiers der Industrie und teils fragwürdige Bewertungen seitens der Behörden. Schließlich forderte Clausing ein Produktions- und Exportverbot von Wirkstoffen, die in der EU aus Gesundheits- um Umweltschutzgründen verboten sind.

Friedel Cramer, Präsident des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), betonte in seiner Stellungnahme, seine Behörde setze sich dafür ein, die Zulassungsanforderungen in der EU so weit wie möglich zu harmonisieren. Sie werde dabei vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft intensiv unterstützt. Nur durch eine vertrauensvolle und konsensorientierte Zusammenarbeit der Zulassungsbehörden der Mitgliedstaaten könnten eine einheitliche Zulassungspraxis erreicht werden. Die Bundesregierung und das BVL setzten sich bei der Überarbeitung der Bienenleitlinien durch die EFSA insbesondere dafür in, dass diese möglichst zeitnah in der Genehmigungs- und Zulassungspraxis angewendet werden kann und ein möglichst hohes Schutzniveau für Bienen gewährleistet. Das BVL unterstütze auch das Ziel der EU, die Vorschriften für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln zu harmonisieren. Ein Produktionsverbot für beim Pflanzenschutz verwendete gefährlicher Chemikalien in der EU halte das BVL nicht für praktikabel, da die Herstellung dann verlagert würde. Cramer betonte, die Unabhängigkeit der für die Risikobewertung und die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland zuständigen Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sei durch die für den öffentlichen Dienst geltenden Gesetze sichergestellt.

Der Ökotoxikologe Rolf Altenburger vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) beschäftigte sich als Einzelsachverständiger in seiner Stellungnahme mit dem Einfluss von Pflanzenschutzmitteln auf die Biodiversität. Während unerwünschte Auswirkungen auf unterschiedliche biologische Systeme oft dokumentiert worden seien, seien unerwünschte Effekte auf die Biodiversität zwar unbestritten, die Beiträge aber schwer zu quantifizieren. In seiner Stellungnahme umriss Altenburger eine Reihe von Handlungsoptionen im Bereich der Pflanzenschutzmittelzulassung in Bezug auf die Anträge der Fraktionen. Dazu zählten klare politische und regulatorische Mandate für Zielstellungen wie Biodiversitätsschutz und eine realistischere Belastungsbewertung, die Entwicklung einer Nachmarktkontrolle zunächst in Form einer begrenzten Zulassung mit begleitendem Landschaftsmonitoring.

Carsten Brühl vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau erläuterte, dass ein Pestizidwirkstoff als "sicher" gelte und in den Verkehr gebracht werden könne, sobald dessen Risiko im Genehmigungsprozess als "akzeptabel" angesehen werde. Daraus resultiere die paradoxe Situation, dass Landwirte von der Öffentlichkeit für den Rückgang der Biodiversität verantwortlich gemacht werden, obwohl sie vermeintlich "sichere" Pestizide anwenden. Viele der aus den wissenschaftlichen Analysen des aktuellen europäischen Systems der Umweltrisikobewertung (URB) abgeleiteten Vorschläge würden in dem Antrag der Grünen aufgegriffen, erklärte Brühl. Neben Verbesserungsvorschlägen für die bestehende URB sollten allerdings auch die strukturellen Mängel des Systems betrachtet werden. Da die derzeitige URB für die Einschätzung der Auswirkungen von Pestiziden grundlegend unzureichend sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die derzeitige Praxis des Pestizideinsatzes in der europäischen Landwirtschaft nicht sicher für die terrestrische Umwelt ist.

Holger B. Deising vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften und Pflanzenschutz der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg betonte in seiner Stellungnahme, ein umweltverträglicher Pflanzenschutz sei in Deutschland heute gängige Praxis. Alle heute zugelassenen Pflanzenschutzmittel würden intensiv auf ihre Wirkung auf den Naturhaushalt untersucht. Schädliche Wirkstoffe erhielten keine Zulassung. Der Vorwurf, heutige Pflanzenschutzverfahren wären nicht umweltverträglich, sei haltlos und ein Affront gegenüber Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich mit großem Engagement für eine immer bessere Umweltverträglichkeit von Pflanzenschutzmitteln engagierten. Deising unterstützte den Antrag der FDP, der im Sinne des nachhaltigen Pflanzenschutzes und der Nahrungssicherung absolut sinnvoll sei. Er warnte vor einer Reduzierung der zur Verfügung stehenden Wirkstoffe. Kritisch sah er die Anträge von Linken und Grünen. Alternative Pflanzenschutzstrategien seien keineswegs verbraucherfreundlich, erklärte Deising.

Hubert Heilmann, Leiter des Instituts für Pflanzenproduktion und Betriebswirtschaft an der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern, bewertete den Pflanzenschutz aus Sicht der praktischen Forschung. Ziel müsse ein integrierter Pflanzenschutz sein. Jedoch gebe es in der Praxis kaum Innovationen hinsichtlich neuer Wirkstoffgruppen. Immer weniger zur Verfügung stehende Mittel bedeuteten ein eingeschränktes Resistenzmanagement. Die Resistenzen gingen zurück, und die Applikationsmengen und die Häufigkeit der Applikation würden erhöht. Dies wiederum bedeute eine höhere Umweltbelastung und eine sinkende Rentabilität. Nötig seien daher mehr Forschung und Entwicklung sowie beschleunigte Zulassungsverfahren, betonte Heilmann.

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3. Methanausstoß in der Tierhaltung

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/FNO) Die Bundesregierung will an ihrem im Klimaschutzgesetz und Klimaschutzprogramm vorgezeichneten Weg festhalten, bei dem jeder Sektor verbindliche Treibhausgasbudgets einhalten soll. "In der Landwirtschaft müssen ausgehend vom Basisjahr 2020 die Treibhausgasemissionen bis 2030 um Zwölf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gemindert werden. Dazu gehört auch eine Verringerung des Methanausstoßes aus landwirtschaftlichen Quellen." Die Tierhaltung sei für 61 Prozent der deutschen Methanemissionen verantwortlich, schreibt sie in einer Antwort (19/19700) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/19282).

Seit 1990 sei der Methanausstoß in der Landwirtschaft um etwa 25 Prozent gesenkt worden. Dennoch emittiere die Rinder- und Milchviehhaltung 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, die gesamte Landwirtschaft verursache 34 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Dies entspreche einem Anteil von 3,6 bzw. 4,12 Prozent an den Gesamtemissionen Deutschlands. Zur Methanreduktion sieht die Bundesregierung eine bessere Reststoffnutzung vor, etwa durch Biogasanlagen. Eine Reduktion der Viehbestände sei allerdings nicht geplant. Auch die CH4-Sequenzierung, bei der Methan im Weideboden gespeichert werden soll, habe hierzulande kein großes Potenzial.

Der Anteil von Methan an den gesamten Treibhausgasemissionen liege in Deutschland seit 2010 zwischen 6,1 und 6,3 Prozent, weltweit seien es 18 Prozent.

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4. FDP fordert Biotech-Gründungsfreiheit

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) In einem Antrag (19/19882) fordert die FDP-Fraktion die Bundesregierung auf, sich für eine dreijährige Biotech-Gründungsfreiheit einzusetzen, um die Biotechnologie zu fördern. Nach Ansicht der Abgeordneten ist politisches Handeln angesichts ausbleibender Börsengänge an deutschen Handelsplätzen, einem im internationalen Vergleich wenig dynamischen Investitionsumfeld und einem zu kleinem Markt für Venture-Capital (VC) mehr als überfällig.

Die FDP-Fraktion tritt dafür ein, alle bürokratischen Prozesse zur Firmengründung auf ihre Potenziale für Vereinfachung zu überprüfen; Gründerinnen und Gründer sollten nicht mit Dopplungen von Arbeitsschritten im Zulassungsprozess belastet werden. Die Abgeordneten unterstreichen, dass sich gerade in der Corona-Krise die Relevanz der Förderung von Biotechnologie gezeigt habe, sie erinnern an die Berichte über technologische Durchbrüche bei der Entwicklung von Schnelltests oder Impfstoffkandidaten in deutschen Firmen wie der Mainzer Firma BioNTech. Meldungen darüber, dass US-Präsident Donald Trump sich einen Impfstoff der Firma Curevac, in die der Bund laut Medienberichten nun 300 Millionen Euro investieren will, exklusiv für die USA hätte sichern wollen, hätten in Deutschland berechtigterweise Empörung ausgelöst. Gleichwohl zeige sich international aber ein anderes Bild: Nur wenige deutsche Firmen hätten bislang an Impfstoffen mitgeforscht. Ziel müsse sein, den Forschungs- und Innovationsstandort Europa mit dem "Innovationsmotor Deutschland" so wettbewerbsfähig zu machen, dass mehr Firmen auf internationalem Niveau mitspielen können, die Gründung schnell und leicht erfolgen kann und eine Abwanderung in andere Länder unattraktiv ist.

Es solle eine gesellschaftspolitische Debatte hinsichtlich des Nutzens von Biotechnologie angeregt werden, um den Nutzen für die Gesellschaft sowie den Wirtschafts- und Forschungsstandort Deutschlands in der Bevölkerung zu verankern. Moderne Biotechnologie könnte durch die Nutzung molekularbiologischer Verfahren innovative Technologien hervorbringen, die Herstellung von Medikamenten könnte beschleunigt oder es könnten ganz neue Verfahren und Wirkstoffe ermöglicht werden. Viele bekannte Krankheiten könnten so besser geheilt werden, auf neue Krankheitsbilder könnte besser reagiert werden, damit sie sich gar nicht erst pandemisch entwickeln. Dafür brauche Deutschland ein breit aufgestelltes Portfolio an forschenden und entwickelnden Hochschulen und Unternehmen die, unterstützt durch mutige Investments, auch in Nischen neue Technologien entwickeln können.

Die FDP-Fraktion fordert daher, eine aussagekräftige Stärken- und Schwächenanalyse des Forschungsstandortes Deutschland hinsichtlich der Biotechnologie-Forschung und tritt dafür ein, die vorhandenen Förderprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit Bezug zur Biotechnologie anzupassen. Denn laut Bundesregierung solle Deutschland es "mittelfristig und nachhaltig im globalen Wettbewerb konkurrierender Biotechnologien in die Spitzengruppe bringen" - wie es 2018 formuliert worden sei. Die derzeitige Entwicklung steht nach Ansicht der FDP-Fraktion jedoch in starkem Widerspruch zu diesem Anspruch. "Im Vergleich zu den USA wirkt er nach Ansicht von Experten gar vermessen."

Um die Expertise zu erhöhen, soll nach dem Willen der FDP-Fraktion das Beratungsgremium in der im März angekündigten Nationalen Bioökonomiestrategie mit Fachleuten besetzt werden, die über eine Reputation in der freien Wirtschaft verfügen. Strategien für die stärke Translation von forschungsbasierten Innovationen in marktfähige Produkte sollen stärker in den Fokus rücken.

Ferner soll durch Gesetzesänderungen auf nationaler Ebene sichergestellt werden, dass Bio-Innovationen patentierbar sind. Damit aus dem Patentverfahren keine Verzögerung bei der Gründung entsteht, soll das Anmeldeverfahren bei Patentanmeldungen beschleunigt werden. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen in der Europäischen Union herzustellen, sollen EU-weit einheitliche Regelungen zur Neuheitsschonfrist von bereits publizierten, aber im Grundsatz patentierbaren Erfindungen hergestellt werden.

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5. Forschungsinitiative Cyber Valley

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) In einer Kleinen Anfrage (19/19854) zum Engagement ausländischer Geheimdienste beim "Cyber Valley", das zwischen Tübingen und Stuttgart entstehen soll, möchte die Fraktion Die Linke gerne wissen, welche Institutionen des Bundes an der Forschungsinitiative "Cyber Valley" beteiligt sind und welche Bundesmittel für welche Projekte bei Planung, Aufbau und Durchführung der Cyber-Valley-Initiative, bislang investiert oder geplant sind.

Mit dem "Cyber Valley" soll "eine der größten Forschungskooperationen Europas auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) mit Partnern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft" entstehen. Diese KI-Initiative werde mit Finanzierung des Landes Baden-Württemberg, des Bundes und internationaler Akteure entwickelt und ist laut Linksfraktion seit Beginn umstritten. Ein Kritikpunkt sei, dass KI immer auch militärisch genutzt werden könne. Kritiker betonten zudem das Engagement US-amerikanischer Geheimdienste in Forschungsvorhaben des "Cyber Valley" und argumentierten, dass damit mutmaßlich gezielt militärische oder zumindest sicherheitspolitische Ziele verfolgt würden. Dies verstoße überdies gegen eine Zivilklausel der mit dem "Cyber Valley" zusammen arbeitenden Universität Tübingen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 614 - 16. Juni 2020 - 09.57 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2020

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