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BUNDESTAG/9918: Heute im Bundestag Nr. 611 - 15.06.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 611
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 15. Juni 2020, Redaktionsschluss: 17.06 Uhr

1. Schulische Berufsausbildung im Fokus
2. Experten begrüßen geplanten Ausbau erneuerbarer Energien
3. FDP thematisiert Situation der Autohändler
4. Drohnenflüge nahe staatlicher Institutionen
5. Düngemittelverbrauch in Deutschland
6. Finanzielle Lage der Sozialversicherungen
7. FDP fragt nach Hilfen für Künstler


1. Schulische Berufsausbildung im Fokus

Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt/Anhörung

Berlin: (hib/LBR) In ihrer 23. Sitzung hat die Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" in öffentlicher Anhörung - online - das Thema schulische Berufsausbildungen mit Blick auf die Sozial- und Pflegeberufe diskutiert. "Die schulische Ausbildung nimmt einen erheblichen Anteil in der beruflichen Ausbildung insgesamt ein und gewinnt an Bedeutung in Corona-Zeiten", sagte der Vorsitzende Stefan Kaufmann (CDU) einleitend.

Klaus Lorenz, Leiter der Abteilung Berufliche Schulen, Jugend, Weiterbildung im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg berichtete von konkreten Handlungserfordernissen im Hinblick auf die Ausbildung der Erzieher. Neben dem drastischen Mangel an Fachkräften spiele auch eine Rolle, dass die Ausbildung derzeit ohne Vergütung stattfinde und dass es wachsende Integrationserfordernisse in den Kindertagesstätten gebe. Lorenz berichtete, dass die vergütete praxisintegrierte Erzieherinnen- und Erzieherausbildung (PiA) in Baden-Württemberg, die quasi-dual funktioniere, einen enormen Zuspruch erfahre: "Wir haben gesehen, dass wir dadurch andere Klientel von Auszubildenden in die Berufe bekommen, zum Beispiel, dass sich mehr Männer angesprochen fühlten", sagte er.

Er hoffe, dass sich auch andere Bundesländer auf einen ähnlichen Pfad mit PiA begeben würden und berichtete weiter von einem Strategiepapier der Kultusministerkonferenz vom Dezember 2017 zur Beruflichen Schule 4.0. Die drei zentralen Säulen der Beruflichen Schule 4.0. seien, die Innovationskraft zu stärken, die Integrationsleistung der beruflichen Bildung zu erhöhen und die Qualität der beruflichen Schulen weiterzuentwickeln. Dabei beständen Qualifizierungs- und Integrationsaufgaben, etwa was das Thema Spracherwerb, aber auch die Ausbildungsvorbereitung und das Thema Inklusion betreffe. "Es gibt außerdem eine Art Ausfallbürgschaft, die darin besteht, verlässliche Angebote für jeden jungen Menschen zu schaffen und eine Pufferfunktion bei mangelndem quantitativen Ausgleich von Angebot und Nachfrage vorzuhalten, erklärte Lorenz.

Michael Wrase, Professor für Öffentliches Recht mit den Schwerpunkten Sozial- und Bildungsrecht an der Universität Hildesheim und am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) verwies darauf, dass es eine klare Geschlechterdimension bei den Neuzugängen im Schulberufssystem gebe. "Der Anteil von Frauen in den Sozial-, Erziehungs-und Gesundheitsfachberufen liegt bei 80 Prozent", sagte er. Wrase berichtete den Kommissionsmitgliedern weiter, dass die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes im Bereich der Erziehungs-und Sozialberufe bislang ungenutzt sei.

Aus seiner Sicht gebe es drei strukturelle Unterschiede zwischen der dualen und der vollzeitschulischen Berufsausbildung: Dies seien der höhere Unterrichts- und auch Theorieanteil im Vergleich zum Praxisanteil, das Fehlen von Schutzelementen zugunsten der Auszubildenden und die Zunahme von privaten Schulträgern. "Zwischen den Bundesländern gibt es bei den privaten beruflichen Schulen teils große Unterschiede. Es wäre wichtig, diese Entwicklung genauer zu beobachten", plädierte Wrase. Weiter sprach er sich dafür aus, die Berufsausbildung in den Sozial-und Erziehungsberufen ähnlich wie bei der Pflegekraftausbildung aufzuwerten und eine Teilakademisierung zu erreichen. Geprüft werden könne auch die Regelungskompetenz des Bundes für ein Erzieher- bzw. Sozialfachberufegesetz, sagte Wrase.

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2. Experten begrüßen geplanten Ausbau erneuerbarer Energien

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/JR) Einig zeigten sich die Sachverständigen über die Notwendigkeit, erneuerbare Energien in Deutschland auszubauen - unterschiedlicher Meinung aber zeigten sich zu den Rollen der Bundesländer und der Kommunen dabei: Bei der 77. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie nahmen eine Expertin und acht Experten Stellung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude (19/16716, 19/17037) und zu einem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/17137). Im Fokus standen dabei die geplanten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zu Wohnhäusern und das geplante Ende des 52-Gigawattdeckels für Solaranlagen.

"Man kann stolz darauf sein, Anfang der Nullerjahre das Tor aufgestoßen zu haben", bilanzierte Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) den Aufbau einer Solarindustrie in Deutschland. "Früher war dies eine Weltraumtechnologie." Fehler seien seitdem gemacht worden, jetzt erhalte man eine zweite Chance. "Nun sollten nicht nur die Klimaziele abgesichert werden, sondern auch eine Stromlücke sollte vermieden werden."

Eine ähnliche Warnung verlautbarte Harald Schwarz von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus - Senftenberg (BTU) und forderte mehr Augenmerk auf die Speicherung regenerativer Energien. "Deren gesicherter Anteil ist immer noch gleich Null. Daher dürfen wir nicht nur auf die Erzeugung schauen. Es fehlen uns schlicht 15 Jahre, in denen nichts passierte." Um die Speichergrößenordnung zu erreichen, die man brauche, seien 20 Jahre vonnöten. In der Zwischenzeit rechne er mit noch mehr Eingriffen in die Stabilität des Stromnetzes, "denn wir werden mehr fluktuierende Leistung einspeisen".

Andreas Kießling von der Bayernwerk AG betonte den gestiegenen Bedarf an Photovoltaik. "Sie ist eine der kostengünstigsten Energiequellen." Eine Herausforderung sei, die Hochspannungsnetze auszubauen. Kießling riet zu einem Blick auf den systemischen Zusammenhang, regional erzeugte Energie auch regional zu nutzen, "anstatt rauf und runter zu spannen". Dies sei bisher regional schwer herstellbar.

Auch Sebastian Boley vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) berichtete von einem unternehmerischen Bedarf an grünem Strom. "Unternehmen wollen ihren produzierten Strom selbst verbrauchen." Derzeit werde von mittelständischen Unternehmen, die in Solarkraft investierten, mit einer Amortisationszeit von acht Jahren kalkuliert. "Das zu verkürzen, wäre besser."

Mehr Differenzen zeigten die Sachverständigen bei der Windkraft. Heiko Messerschmidt von der IG Metall Küste verglich die historische Entwicklung der Windbranche mit dem Schiffbau, verwies aber auch darauf, dass zwischen 2016 und 2017 rund 26.000 Arbeitsplätze weggefallen seien. "Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend sich fortgesetzt hat." Mittlerweile herrsche die Sorge vor, dass die Wertschöpfungskette in Deutschland erhalten bleibe.

Herbert Barthel von BUND Naturschutz Bayern e.V. kritisierte hierbei die geplanten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen. "2014 wurde diese in Bayern eingeführt", sagte er, "damit wurde ihre Privilegierung außer Kraft gesetzt". Stattdessen sei der Ausbau zusammengebrochen. Es habe sich keiner mehr getraut zu bauen. "Wir sind für den Ausbau, aber mit ökologischen Leitplanken, also nicht gegen den Artenschutz. Da gibt es Probleme, aber die sind lösbar." Auf die Frage, warum die Kommunen wenig Gebrauch von der Kommunalen Bauleitplanung machten, antwortete Barthel, die Kommunen stünden zwischen zwei Mühlsteinen. Die Staatsregierung würde nicht unterstützen, und Bürger würden die Abstandsregeln als Verbot und damit Windräder als Gefahr ansehen.

Simone Peter vom Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) kritisierte hierbei pauschale Abstandsregeln als "keine geeigneten Instrumente". Die Bundesländer sollten möglichst darauf verzichten, solche Abstände einzuführen.

Timm Fuchs von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände dagegen lobte, dass die kommunalen Einwirkungsmöglichkeiten auf Windenergie erhöht würden. "Dies fördert die Akzeptanz für den Ausbau." Eine Mitnahme der Länder in die Pflicht sei eine gute Regelung, denn diese seien unterschiedlich besiedelt. "So kann es besser zu individuellen Lösungen kommen." Er sehe indes die Länder ebenfalls in der Pflicht, den Bürgermeistern bei geplanten Windinvestionsvorhaben Antworten in die Hand zu geben, "dass sie aktiv mitgestalten können".

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3. FDP thematisiert Situation der Autohändler

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Wie die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Corona-Krise und ihrer Auswirkungen die aktuelle Situation der Automobilhändler beurteilt, möchte die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/19559) erfahren. Die Abgeordneten erkundigen sich unter anderem danach, ob es innerhalb der Bundesregierung Überlegungen zur Einführung einer Umstiegsprämie gibt, die unabhängig von der jeweiligen Antriebsart auch gebrauchte Fahrzeuge miteinschließt.

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4. Drohnenflüge nahe staatlicher Institutionen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Nach Regelungen für Drohnenflüge in der Nähe staatlicher Institutionen erkundigt sich die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/19789). Die Bundesregierung soll unter anderem darüber Auskunft geben, welche Institutionen der Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie derer Behörden in Luftsperrgebieten und welche in Flugbeschränkungsgebieten liegen. Gefragt wird auch, wie viele Anträge auf Erteilung einer allgemeinen Genehmigung zum Durchflug für ein Gebiet mit Flugbeschränkungen mittels Drohnen (UAS, Unmanned Aircraft Systems) im Jahr 2019 beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung gestellt und wie viele davon mit welcher Begründung abgelehnt wurden.

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5. Düngemittelverbrauch in Deutschland

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/FNO) Die FDP-Fraktion interessiert sich in einer Kleinen Anfrage (19/19832) für den Düngemitteleinsatz in Deutschland. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, wie sie Nährstoffverluste um 50 Prozent und den Düngemitteleinsatz um 20 Prozent verringern will. Beides sind Ziele der EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch". Die Fraktion erkundigt sich auch nach den Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion und Arbeitsweise.

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6. Finanzielle Lage der Sozialversicherungen

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Für die finanzielle Lage der Sozialversicherungen interessiert sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (19/19853). Sie möchte von der Bundesregierung unter anderem erfahren, wie hoch die Rücklagen der Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung Ende 2019 waren.

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7. FDP fragt nach Hilfen für Künstler

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die FDP-Fraktion hat eine Kleine Anfrage (19/19823) zum Verwaltungsaufwand durch ALG-II-Anträge (Arbeitslosengeld II) von Künstlern und Kreativen in Corona-Zeiten gestellt. Die Bundesregierung soll unter anderem beantworten, ob sie plant, bei Soforthilfen die Möglichkeit einzuräumen, Privatentnahmen als Betriebskosten geltend machen zu können.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 611 - 15. Juni 2020 - 17.06 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2020

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