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BUNDESTAG/9917: Heute im Bundestag Nr. 610 - 15.06.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 610
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 15. Juni 2020, Redaktionsschluss: 16.27 Uhr

1. Erneuerung der Kanalisation Ländersache
2. Kritik am Kohleausstiegsgesetz
3. Autobahnbrücke auf der A1 bei Leverkusen
4. Verwendung der Lkw-Maut für Radwege
5. Reformen bei der DB Netz AG thematisiert
6. Einsatz von Pflanzenschutzmitteln


1. Erneuerung der Kanalisation Ländersache

Petitionen/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Das Wasserhaushaltsgesetz untersagt grundsätzlich die Einleitung ungeklärter Abwässer in Flüsse und Bäche. Das machte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Florian Pronold (SPD), am Montag während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses deutlich. In Fällen extremen Starkregens könne es aber vorkommen, dass die vorhandene Kanalisation mit all ihren Rückhaltebecken und anderen Vorrichtungen nicht ausreicht, um die Wassermengen aufzufangen und zu klären und so Wasser aus den Mischkanalsystemen eingeleitet werde, räumte er ein. Dies habe vielfach mit den in die Jahre gekommenen Kanalisationssystemen zu tun, für deren Wartung und Instandsetzung jedoch die Länder zuständig seien, sagte Pronold. Festzustellen sei aber auch, "dass sich die Qualität unserer Oberflächengewässer in den letzten Jahren konsequent verbessert hat", fügte er hinzu.

Grundlage der Sitzung war eine öffentliche Petition des Landwirts Christian Lohmeyer, der gefordert hatte, die Einleitung von ungeklärtem Abwasser aus Haushalten in die Flüsse und Bäche zu stoppen. Die maroden und oft völlig veralteten Kanalisationen unter den meisten deutschen Städten müssten saniert werden, schreibt er in der Petition. Es brauche eine Bewertung des momentanen Umfangs der Einleitung sowie der in den Abwässern enthaltenen Substanzen. Einleitungspunkte müssten zudem umgehend kenntlich gemacht werden, sodass diese auch bei normalen Wasserständen erkannt werden.

Während der Sitzung widersprach Lohmeyer der Einschätzung des Umwelt-Staatssekretärs, wonach es zu einer ungeklärten Einleitung des Hausabwassers nur bei Fällen extremen Starkregens kommen könne. Das Beispiel Wilhelmshaven zeige, dass schon bei Niederschlägen ab zehn Liter pro Quadratmeter in der Stunde die Abwässer konsequent in die Nordsee eingeleitet würden. In Berlin fänden die Einleitungen in die Spree bis zu 60 Mal pro Jahr statt. Dies zeige, dass die Einleitung von ungeklärten Abwässern in Flüsse, Bäche und Meere "gängige Praxis in Deutschland zu sein scheint". Lohmeyer sprach sich für eine Kennzeichnung der Einleitungsstellen aus, damit unter anderen Wassersportler, Badende und Angler sich daran im Interesse des Gesundheitsschutzes orientieren können.

Einig waren sich Petent und Regierungsvertreter in der Einschätzung, dass es eine massive Entsiegelung von Flächen geben müsse, damit das Regenwasser, statt die Abwasserkanäle zu fluten, in den Boden versickern könne. Lohmeyer forderte zudem, die Kanalisation, die oft aus dem 19. Jahrhundert stamme, zu erneuern. Staatssekretär Pronold sagte dazu: "Wir setzen darauf, dass die Länder in Zusammenarbeit mit den Kommunen Stück für Stück ihre Kanalisation verbessern und auf die vermehrt kommenden Starkregenereignisse einstellen." Dies sei eine Herkulesaufgabe für die nächsten 20 bis 30 Jahre. Er wolle nicht ausschließen, dass der Bund die Länder dabei unterstützen wird, sagte der Ministeriumsvertreter.

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2. Kritik am Kohleausstiegsgesetz

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/FLA) Die von der Bundesregierung vorgesehenen Maßnahmen zum Kohleausstieg stoßen bei manchen Experten aus unterschiedlichen Sichtweisen auf Kritik. Dies zeigte sich bei einem Fachgespräch zum Thema "Ökologische Aspekte des Kohleausstiegs" im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter Leitung von Michael Thews (SPD). Angesprochen wurde insbesondere der Entwurf der Bundesregierung zum Kohleausstiegsgesetz (19/17342).

Professor Martin Socher (Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft) legte dar, dass der Braunkohlebergbau umfassend in den Wasserhaushalt der betroffenen Regionen eingreife. Im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier überlagerten sich die Maßnahmen zur Sanierung des Wasserhaushalts mit dem weiteren Eingriff durch den aktiven Bergbau insbesondere in den Grundwasserhaushalt. Für die Entwicklung der Regionen sei ein aktives Wassermanagement notwendig. Ohne dies sei der Strukturwandel insgesamt gefährdet. Die bereits laufenden Maßnahmen der Wasserhaushaltssanierung müssten umfassend in die Gesamtstrategie zu Braunkohleausstieg, Energiewende und Strukturstärkung eingebunden werden.

Professor Kai Niebert forderte namens des Deutschen Naturschutzrings (DNR), den vorgesehenen Ausstiegspfad aus der Braunkohle und das Ausschreibungsvolumen der Steinkohle substanziell nachzubessern. Ein klimawissenschaftlich belastbarer Pfad müsse mit einem 65-Prozent-Klimaziel für die EU kompatibel sein, mindestens mit einem europäischen 55-Prozent-Ziel bis 2030. Völlig inakzeptabel sei, wie geplant, ein Pfad, der von dem von der Kohlekommission empfohlenen Niveau eklatant abweiche. Überdies blieben die Entschädigungszahlungen an die Braunkohlebetreiber intransparent und entbehrten jeglicher sachlicher Begründung.

Björn Peters von Peters Coll., einem Forschungs- und Beratungsinstitut, meldete erhebliche Zweifel daran an, dass das geplante Gesetz zum Kohleausstieg grundgesetzkonform ist. Es sei nicht aufgrund einer Güterabwägung zustande gekommen. Auch wenn es viele gute umweltpolitische Gründe für den Kohleausstieg gebe, stehe der Nutzen des Kohleausstieggesetzes für die Umwelt in keinem ausreichend positiven Verhältnis zum Schaden an verschiedenen Schutzgütern des Grundgesetzes. Insbesondere sei es nicht ausreichend geeignet, erforderlich und angemessen, um einer Klimaerwärmung entgegenzuwirken.

Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) verwies darauf, dass der Zweck des Kohleausstieggesetzes, nämlich die Reduzierung von Emissionen, in den nationalen und europäischen klima- und energiepolitischen Rahmen eingebettet sei. Auf europäischer Ebene ergäben sich besondere Implikationen aufgrund der überlappenden Regulierung durch den europäischen Emissionshandel (EU-ETS). Werde dabei die EU-weite Zusätzlichkeit der Emissionsreduktionen durch den Kohleausstieg nicht garantiert, bleibe der Kohleausstieg klimapolitisch letztendlich wirkungslos.

Peter Ahmels von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) kritisierte, dass das geplante Gesetz zur Beendigung der Kohleverstromung hinter den ohnehin schon schwachen Ambitionen des Klimaschutzgesetzes und auch hinter den Empfehlungen der Kohlekommission zurückbleibe. So verwies er auf die geplante spätere Abschaltung von Braunkohle-Kraftwerken. Er sah die historische Chance vertan, in dem Gesetzentwurf eine eigenständige Förderung der Erneuerbare-Energien-Fernwärme aufzunehmen.

René Schuster (Umweltgruppe Cottbus) sprach an, dass jede Fortsetzung der Braunkohlegewinnung den Eingriff in die Grundwasserressourcen vergrößere und die zusätzliche Freisetzung von Eisen und Sulfat aus dem Untergrund verursache. Beides wirke weit über den Zeitraum des Kohleabbaus hinaus. Er lenkte zudem den Blick auf häufigere Niedrigwassersituationen der betroffenen Flüsse. Schnellstmöglich müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, die Flüsse darauf anzupassen. Bei der Sanierung von Landschaft und Wasserhaushalt müssten die langfristigen Interessen der Allgemeinheit Priorität haben.

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3. Autobahnbrücke auf der A1 bei Leverkusen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Wann das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erstmalig vom Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalen über mögliche Probleme hinsichtlich der Stahlqualität für den Bau der Brücke der Bundesautobahn A 1 in Leverkusen informiert wurde, möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wissen. In einer Kleinen Anfrage (19/19743) erkundigen sich die Abgeordneten außerdem nach dem Zeitpunkt, zu dem das BMVI erstmalig über Verzögerungen wegen Kampfmittelräumungen informiert wurde.

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4. Verwendung der Lkw-Maut für Radwege

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Die Verwendung der Beiträge aus der Lkw-Maut durch die Kommunen thematisiert die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/19469). Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, ob nach Auffassung der Bundesregierung der Bau von Radwegen an Bundesstraßen mit Mitteln der Lkw-Maut durch die Kommunen dem Sinn und Zweck des Gesetzes über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen (BFStrMG) entspricht.

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5. Reformen bei der DB Netz AG thematisiert

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) "Entwicklungen und geplante Reformen bei der DB Netz AG" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/19765). Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem wissen, welche Fehlentwicklungen sie gemeinsam mit der DB Netz AG bei der Organisation der 28 Regionalnetze in den sieben Regionalbereichen in den Jahren 2018 und 2019 identifiziert hat. Gefragt wird auch, welche Kosten durch die Abschaffung dieser Organisationsform zum 1. Juni 2020 im Jahr 2020 und im Jahr 2021 entstehen.

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6. Einsatz von Pflanzenschutzmitteln

Ernährung und Landwirtschaft/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/FNO) In einer Kleinen Anfrage (19/19833) erkundigt sich die FDP-Fraktion nach der Nutzung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland und Europa. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, welche Maßnahmen sie ergreifen will, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent zu senken. Dies ist eines der Ziele der EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch". Des Weiteren wollen die Abgeordneten erfahren, wie sich die Bundesregierung in die Erarbeitung der Strategie eingebracht hat.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 610 - 15. Juni 2020 - 16.27 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2020

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