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FORSCHUNG/147: Stents für die Galle (idw)


Universität Rostock - 22.08.2016

Warnemünder Forscher entwickeln Stents einer neuen Generation für die Galle

Fächerübergreifende Zusammenarbeit für neuartige Lösungen


Patienten mit schweren Gallenerkrankungen können auf baldige Verbesserungen bei der oft schwierigen Behandlung hoffen. Forscher der Universität Rostock entwickeln neue Stents, die nicht mehr verstopfen: Weg vom Gartenschlauchprinzip der Stents, hin zu intelligenten Konstruktionen mit neuartigen bakterienhemmenden Beschichtungen und Materialien.

"GastroFreeFlow" heißt das Forschungs-Projekt, das das Bundesbildungsministerium mit 1,5 Millionen Euro fördert und in dem neben Wissenschaftlern auch Industriepartner aus Mecklenburg Vorpommern sowie das Rostocker Klinikum Südstadt vereint sind. Die Projektleitung hat Privatdozentin Dr. Mareike Warkentin vom Lehrstuhl für Werkstoffe für die Medizintechnik der Universität Rostock.

Die promovierte Biologin und habilitierte Ingenieurin "brennt" nahezu, wenn sie über ihre aktuelle Forschung spricht. "Dieses Projekt ist vor allem durch die fächerübergreifende Zusammenarbeit so reizvoll für mich", sagt die 35-jährige Mutter einer kleinen Tochter. Sie taucht tief ein in eine neue Dimension der Wissenschaft, ist auf der Suche nach neuartigen Lösungen. Das Ziel klar vor Augen: Gallengang-Stents einer neuen Generation mit wesentlich besseren gewebeähnlichen Eigenschaften zu entwickeln, die dann in Mecklenburg-Vorpommern produziert werden.

Die aktuelle Situation: Bei blockierten Gallengängen hilft ein so genannter Stent. Dabei handelt es sich um ein medizinisches Implantat, das in den verstopften Gallengang eingesetzt wird und Patienten auch das Leben rettet. Professor Hans-Christof Schober, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Rostocker Klinikum Südstadt, benennt als klinischer Partner des Forschungsprojektes das Problem: "Ein großer Nachteil der Stents sei gegenwärtig, dass sie steif sind, den empfindlichen Gallengang reizen, schnell verstopfen und nach spätestens einem halben Jahr erneuert werden müssen". Auch, weil sich sehr schnell an der Oberfläche des winzigen Röhrchens Bakterien ansiedeln. Das Wechseln der Stents sei mit Risiken für Patienten verbunden.

Carolin Deutsch, die in Rostock Maschinenbau studierte gehört ebenfalls zu den Akteuren des Forschungsprojektes. Sie "brütet" beispielsweise über Simulationsrechnungen zum Fließverhalten der Galle. Gegenwärtig wird von ihr ein Modell der Gallenwege aufgebaut, um die neuentwickelten Konstruktionen in einem Langzeitversuch unter Bedingungen wie sie im menschlichen Körper herrschen, zu testen. Da mag der Satz: "Da kommt einem die Galle hoch", manchmal auch seine Bedeutung haben, wenn Ergebnisse nicht gleich wie gewünscht ausfallen. Aber über diese Phase sind die Rostocker Forscher bereits weit hinaus. Ein erstes Patent für "intelligente Stents" ist inzwischen erfolgreich angemeldet. Um Gallengang-Stents einer neuen Generation mit wesentlich besseren Eigenschaften wie eine gallenabweisende Beschichtung entwickeln zu können, schlägt Carolin Deutsch tagtäglich eine Brücke zwischen den Ingenieurswissenschaften und den Life Science-Wissenschaften. Das macht für sie die Forschung und das Promovieren in diesem Bereich gleichermaßen anspruchsvoll und spannend. Auch der Ausblick, durch eigene Forschung und Entwicklung dazu beizutragen, dass die Lebensqualität von etwa knapp drei Millionen schwerkranker Patienten in Deutschland zu steigern, sei an dem Gastro Free Flow-Projekt für die junge Doktorandin eine ganz besondere Herausforderung, lässt sie wissen.

Professor Schober setzt viel Vertrauen in die Zusammenarbeit mit dem Warnemünder Lehrstuhl Werkstoffe für die Medizintechnik unter Leitung von Professor. Detlef Behrend und dem Center for Life Science Automation unter Leitung von Professorin Kerstin Thurow. Hier wird mit Hochdruck eine neue Materialgruppe, so genannte Polyurethane (PUR), beforscht. Das Ziel: neue Stents mit differenten Beschichtungen und Formen und differenten Stentöffnungen. "Die Forschung ist von großer klinischer Relevanz", sagt Prof. Schober. Und er weiß, wie emsig im Labor der Uni Rostock physikalische Phänomene untersucht werden, Wissenschaftler Testreihen fahren, akribisch prüfen, ob der Stent rund , gewölbt oder glatt sein muss und welche chemischen Zusammensetzungen oder Beschichtungen ganz genau die Lebensdauer entscheidend verlängern.

Text: Wolfgang Thiel


Kontakt:
PD Dr. Dr. Mareike Warkentin
Universität Rostock
Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik
Lehrstuhl Werkstoffe für die Medizintechnik
Email: mareike.warkentin@uni-rostock.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution210

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Rostock, Ingrid Rieck, 22.08.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. August 2016

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