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ENTWICKLUNG/893: Optimale Lösungen für große Knochendefekte gesucht (idw)


BioCon Valley Initiative - 19.11.2012

Optimale Lösungen für große Knochendefekte gesucht

Harry Glawe: Forschung und Entwicklung müssen weiter ausgebaut werden



Die DOT GmbH Rostock, Mitglied des BioCon Valley Mecklenburg-Vorpommern e.V., gehört zu den forschungsaktivsten Medizintechnikunternehmen des Landes. Nun wollen die Spezialisten im Verbund mit den Hochschulen des Landes ein weiteres Problem in Angriff nehmen. Dabei geht es um die Heilung größerer Knochendefekte durch gelockerte Implantate, nach Unfällen und Krankheiten, die sich nicht konventionell behandeln lassen. Wirtschaftsminister Harry Glawe hat sich heute über das neue Verbundforschungsvorhaben informiert und einen Zuwendungsbescheid übergeben.

Das Wirtschaftsministerium unterstützt das Verbundforschungsvorhaben aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) mit einem Zuschuss in Höhe von 367.000 Euro. Das Gesamtprojektvolumen mit einer Laufzeit von zwei Jahren beträgt rund 580.000 Euro.

"Wir brauchen im Land mutige und innovative Unternehmen wie DOT", betonte der Wirtschaftsminister bei seinem Arbeitsbesuch. "Die DOT GmbH kann auf eine einzigartige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Was vor 20 Jahren mit zwei Ingenieuren und zwei Physikern begann, hat sich zu dem heute führenden Unternehmen im Bereich der medizinischen Beschichtungstechnologie für Implantate und Instrumente entwickelt. Mit kontinuierlich durchgeführten Produkterneuerungen und einem ständig erweiterten Serviceangebot konnte die Produktion derart ausgebaut werden, dass heute fast 300 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt sind."

Verbesserte Behandlung von Patienten durch individuell angepasste Implantate

Ziel des Verbundvorhabens mit der Universitätsmedizin Rostock und dem Institut für Polymertechnologie e.V. (IPT) Wismar ist die Entwicklung einer Prozesskette zur Herstellung von Knochenersatz-Implantaten, die individuell für den Patienten bestimmt sind. Die Oberfläche der Implantate wird dabei so gestaltet und beschichtet, dass ein schnelles Einwachsen von Knochengewebe erfolgt und die Implantate den biomechanischen Anforderungen weitgehend gerecht werden. "Mit dem Zusammenspiel von 3D-Modellierung, generativer Fertigung und Beschichtungstechnologien bei patientenindividuellen Implantaten betreten wir Neuland und wollen neue Wachstumspotenziale erschließen", erklärte DOT-Geschäftsführer Prof. Hans-Georg Neumann.

Die DOT GmbH ist innerhalb des Verbundforschungsprojektes mit der Entwicklung von Beschichtungen befasst, die ein schnelles und entzündungsfreies Einwachsen des Knochens in die Implantatoberfläche und damit den dauerhaften Sitz des Implantates ermöglichen sollen. Das Institut für Polymertechnologie Wismar entwickelt und fertigt die patientenindividuellen Implantate, die biomechanisch knochenähnliche Eigenschaften aufweisen werden. Die Universitätsmedizin Rostock wird die Erfassung der Patientendaten für die Implantatgeometrie vornehmen, die operativen und biomechanischen Anforderungen formulieren und daraus 3D-Modelle für die individuell angepassten Implantate entwerfen, deren mechanische Eigenschaften bereits im Rechner geprüft werden können.

"Mit der Herstellung von patientenspezifischen Knochenersatzimplantaten kann ein zukunftsträchtiger Nischenmarkt besetzt werden. Bei erfolgreichem Abschluss des Verbundvorhabens können wir neue und attraktive Arbeitsplätze etablieren", so Neumann.

Forschung und Entwicklung müssen weiter forciert werden

Für die Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation in Mecklenburg-Vorpommern stehen in der EU-Förderperiode 2007 bis 2013 Mittel in Höhe von insgesamt 155 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zur Verfügung. Davon wurden bis Juni 2012 bereits 119,5 Millionen Euro bewilligt. Mit diesen Mitteln konnten bisher 655 Projekte gefördert werden, davon 276 Verbundforschungsprojekte mit einem Fördervolumen von 76, 3 Millionen Euro.

Schwerpunkte der Förderung von Forschung und Entwicklung im Land MV sind die Biotechnologie und Medizintechnik mit 39,3 % der bewilligten Zuschüsse. Es folgt die Informations- und Kommunikationstechnik mit 21,8 % Zuschussanteil. Ein weiterer wichtiger Bereich ist der Maschinenbau und die Metallverarbeitung mit 14,0 %. Im Kommen ist der Bereich der Energietechnologien und der Energieeffizienz mit derzeit 7,7 % Anteil an den bewilligten Zuschüssen.

"Langfristiges Ziel der Technologiepolitik in MV muss sein, Forschung und Entwicklung von Wissenschaft und Wirtschaft noch stärker zusammenzuführen. Wir wollen Impulse dafür setzen, dass exzellente Forschung im Ergebnis zu marktfähigen Produkten führt, welche zukunftsfähige Arbeitsplätze in unserem Land schaffen", so Glawe weiter.

In der Wirtschaft im Land besteht noch ein Defizit an Forschung und Entwicklung. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern in Relation zum Bundesinlandprodukt sind zwar seit 2007 von 1,4 % auf 1,82 % in 2010 gestiegen, liegen jedoch noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 2,82 %. "Wertschöpfung im Land gelingt nur mit wettbewerbsfähigen Produkten, welche in Deutschland, Europa oder gar weltweit absetzbar sind. Dies gelingt wiederum nur, wenn Forschung und Entwicklung gezielt in wirtschaftsnahen Bereichen betrieben wird", unterstrich Harry Glawe.

Die DOT GmbH wurde 1992 als Dünnschicht- und Oberflächentechnologie GmbH in Rostock gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung und Anwendung von Technologien für die Oberflächenmodifizierung und Herstellung von Biomaterialien, insbesondere von Implantaten und medizinischen Instrumenten. Hauptgeschäftsfelder sind die Hartstoffbeschichtung zum Verschleißschutz orthopädischer Implantate, makroporöse Titanbeschichtungen zur Verbesserung der Osteointegration, bioaktive Beschichtungen von Implantaten und die Beschichtung temporärer Titanimplantate zur Vermeidung einer knöchernen Integration. Weiterhin werden resorbierbare Knochenregenerationsmaterialien mit osteoinduktiven Eigenschaften hergestellt. Seit Juli 2007 gehört das Unternehmen mehrheitlich zur Eifeler Holding GmbH & Co. KG, einem weltweit führenden Unternehmen im Bereich der funktionellen Werkzeugbeschichtung.


Hintergrund

Verbundprojekt zur patientenspezifischen Implantatversorgung

Verschlissene Gelenke müssen heute nicht mehr eine Lebenseinschränkung und dauerhafter Schmerz bedeuten. Ihre Funktion kann weitgehend durch künstliche Gelenke, sogenannte Endoprothesen, wieder hergestellt werden. Durch ihren Einsatz kann die Lebensqualität und die Selbstständigkeit des Betroffenen deutlich verbessert werden. Allerdings besitzen die Endoprothesen für z. B. Hüfte, Knie und Schulter derzeit noch keine "lebenslange" Haltbarkeit und lockern aus, so dass besonders jüngere, aktive Menschen sich nach Jahren auf einen notwendigen Austausch der Endoprothese einstellen müssen. Trotz aller medizinischen Fortschritte ist diese Wechseloperation nicht immer einfach.

Insbesondere die durch die Lockerung entstandenen Knochendefekte in der Umgebung des Implantats können mit Standardimplantaten nicht immer befriedigend versorgt werden.

Hier setzt das Forschungsvorhaben der Forschergruppen aus Rostock und Wismar, aus Hochschule und Industrie an.

Über ein selektives Laser-Schmelzverfahren hergestellte Titan-Implantate sollen dabei eine optimale Versorgung für den einzelnen Patienten ermöglichen. Dazu werden die individuellen Patienten-Daten präoperativ mittels Computertomographie erhoben, der Patient wird sozusagen vermessen und mit Hilfe der Daten wird sein individuelles Implantat hergestellt.

Dieser Herstellungsprozess erfordert ein zu bündelndes Know-how in Bereichen wie OP-Technik, Biomechanik und Herstellungstechnologien von Implantat und Oberflächen. Um sichere, langzeitstabile individuelle Implantate herstellen zu können, muss eine stabile Prozesskette etabliert werden, die im Bedarfsfall das kurzfristige Bereitstellen des Implantats garantiert. Hier arbeiten die Forscher um Prof. Dr.-Ing. Harald Hansmann (IPT Wismar), Prof. Rainer Bader und Prof. Wolfram Mittelmeier (Orthopädische Klinik, Universitätsmedizin Rostock) und Prof. Hans-Georg Neumann (DOT GmbH) sehr eng interdisziplinär zusammen und bündeln ihre Kompetenzen.

Das Forschungsvorhaben soll mittelfristig in eine Unternehmensgründung münden, aus der heraus die Versorgung mit patientenindividuellen Implantaten erfolgen wird. Neben endoprothetischen Implantaten ist zukünftig die Herstellung von Knochen-Implantaten insbesondere für Tumorpatienten geplant.


Weitere Informationen
www.dot-coating.de
www.med.uni-rostock.de
www.ipt-wismar.de

DOT GmbH - Ein Unternehmen der Eifeler-Gruppe
Dr. Cornelia Prinz, Forschung und Entwicklung
Charles-Darwin-Ring 1 a, 18059 Rostock I Deutschland
E prinz@dot-coating.de
www.dot-coating.de

BioCon Valley GmbH
Dr. Heinrich Cuypers
Walther-Rathenau-Straße 49 a
17489 Greifswald
E hc@bcv.org
www.bcv.org

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image187784
Jan Wieding von der Orthopädischen Universitätsklinik Rostock zeigt einen ersten Prototyp von dem geplanten neuen Implantat.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution756

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
BioCon Valley Initiative, Dr. Heinrich Cuypers, 19.11.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2012