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STUDIE/474: Psychotherapeutische Versorgung - Hausarzt ist erste Anlaufstelle bei psychischen Problemen (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2014

Psychotherapeutische Versorgung
Hausarzt ist erste Anlaufstelle bei psychischen Problemen

Von Anne Mey



WIdO-Studie: Große Zufriedenheit mit psychotherapeutischer Versorgung. Therapie zeigt bei Patienten auch in Alltagssituationen Erfolge.


Wem sprichwörtlich etwas auf der Seele liegt, der wendet sich in den meisten Fällen zuerst an den Hausarzt. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Rund 85 Prozent der Befragten nannten den Allgemeinmediziner als erste Anlaufstelle bei psychischen Problemen. Andere Fachärzte wie Gynäkologen (11,3 Prozent), Orthopäden (4,3 Prozent) und Urologen (3,8 Prozent) folgen.

Das Vertrauen scheint sich auch im Ergebnis zu bestätigen, denn immerhin 90 Prozent der Patienten waren mit dem Gespräch anschließend auch zufrieden. Der Arzt habe ein offenes Ohr gehabt und fachlich gut beraten, Probleme konnten ausreichend geschildert und Sorgen oder Ängste genommen werden. Zwei Fünftel der Patienten (41,4 Prozent), die das Gespräch gesucht haben, wurden aufgrund der angesprochenen persönlichen Probleme mit dem Rat versehen, eine weitergehende spezialisierte Behandlung aufzusuchen. Damit waren vor allem Psychologen (43,4 Prozent) oder Psychiater/Neurologen (13,1 Prozent) gemeint. Insgesamt haben 13,4 Prozent der Bevölkerung irgendwann in ihrem Leben schon einmal eine ambulante Psychotherapie in Anspruch genommen. In den seltensten Fällen entschieden sich die Patienten aus freien Stücken dafür. Drei Viertel der Befragten benötigten einen Impulsgeber. Neben Familienmitgliedern und Freunden oder Bekannten ermutigte vor allem der Hausarzt (33,5 Prozent) zum Schritt in die ambulante Psychotherapie. Der behandelnde Arzt ist in den meisten Fällen auch derjenige, der den Kontakt zu einem Spezialisten herstellt. Ein Viertel suchte sich seinen Therapeuten selbst anhand von Internet- und Telefonrecherche. Rund 20 Prozent verlassen sich bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten auf den Rat von Freunden und Familie.

Das erste Vorgespräch findet bei zwei Dritteln der Therapiesuchenden in der gesetzlichen Krankenversicherung innerhalb eines Monats statt. Im Durchschnitt ergibt sich eine Wartezeit von 4,5 Wochen für einen ersten Probetermin bei einem Psychotherapeuten. Bei privat Versicherten ist die durchschnittliche Wartezeit mit exakt zwei Wochen deutlich kürzer. Nicht erfasst wurden die Patienten, die während der langen Suche nach einem Termin abgesprungen sind. Wer eine Behandlung begonnen hat, nimmt im Durchschnitt 32 Sitzungen in Anspruch, die mindestens ein Mal die Woche (57,7 Prozent) stattfinden. Das Gros der befragten Psychotherapiepatienten (91,8 Prozent) ist beziehungsweise war in einzeltherapeutischer Behandlung. Drei Prozent nehmen an einer Gruppentherapie teil, 3,3 Prozent machen eine Mischform aus diesen beiden Ansätzen. Bemerkenswert ist, dass bei der Frage nach dem Therapieverfahren fast jeder vierte Patient mit "weiß nicht" antwortet (22,7 Prozent).

Die WIdO-Studie zeigt außerdem, dass die Patienten ihre Erfahrungen nach Abschluss der Therapie überwiegend als positiv einschätzen: 78,9 Prozent gaben an, dass sie mit der Behandlung sehr zufrieden oder zufrieden waren. Ein noch größerer Teil (87,2 Prozent) gibt an, dass durch die Behandlung eine Besserung des ursprünglichen Problems erzielt werden konnte. Und die Therapie scheint auch Einfluss auf das alltägliche Leben zu nehmen: In der subjektiven Wahrnehmung der Patienten ist der Umgang mit täglichem Stress durch die Behandlung "viel besser" beziehungsweise "etwas besser" geworden (71,6 Prozent). Auch der Einfluss der Behandlung auf das körperliche Wohlbefinden, die Beziehungsfähigkeit, Produktivität und Arbeitsfähigkeit ergibt in der subjektiven Beurteilung durch die Befragten jeweils hohe Besserungsraten und damit einen stabileren Alltag.

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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201407/h14074a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
67. Jahrgang, Juli 2014, Seite 54
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz-Joseph Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Juli 2014