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MELDUNG/021: Hilfe für ertaubten Jungen aus dem Kosovo (idw)


Universitätsklinikum Heidelberg - 18.05.2011

Hilfe für ertaubten Jungen aus dem Kosovo

Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Klinik Heidelberg und Firma MED-EL spendeten Cochlea-Implantat, Operation und Nachsorge


Ein ungewöhnliches Geschenk hat ein ertaubter Junge aus dem Kosovo im April 2011 am Universitätsklinikum Heidelberg erhalten: Professor Dr. Peter K. Plinkert, Ärztlicher Direktor der Universitäts-HNO-Klinik Heidelberg, setzte dem Achtjährigen ein von der Firma MED-EL gespendetes Cochlea-Implantat ein - damit hat der Schüler nun die Chance, wieder hören zu lernen. Operation und technische Einstellungen der elektrischen Hörprothese führte das Team der HNO-Klinik kostenlos durch.

Im Kosovo keine Versorgung mit Cochlea-Implantaten möglich

Im September 2010 verschlechterte sich das Gehör von Lum Ilazi dramatisch: Seit seinem dritten Lebensjahr beidseitig auf Hörgeräte angewiesen, ertaubte er nun fast vollständig. In der Schule konnte er dem Unterricht nicht mehr folgen, kapselte sich ab. "Es ging ihm sehr schlecht", sagt Lums Vater, Arsim Ilazi. Helfen konnte nur noch ein Cochlea-Implantat (CI), das Geräusche in elektrische Signale übersetzt und direkt an den Hörnerv überträgt. Doch im Kosovo werden keine CI implantiert - es fehlt an Experten und technischer Ausrüstung.

"Unser erster Plan war, den Eingriff in Istanbul vornehmen zu lassen und die Kosten allein zu stemmen", erklärt Ilazi, der als Informationstechniker bei einem Medienunternehmen in Pristina arbeitet. Doch die erforderlichen 40.000 Euro konnten er und seine Frau trotz Unterstützung von Familie und Freunden nicht aufbringen. Ilazi wand sich daher an verschiedene internationale Hilfsorganisationen - ohne Erfolg. Hilfe kam schließlich über Umwege: Die Schwester seiner Frau stellte den Kontakt zu Dr. Nexhat Miftari, einem Bekannten, der am Heidelberger Nierenzentrum arbeitet, her. Der sprach seine Kollegen in der HNO-Klinik an.

"Das Engagement der Familie Ilazi hat mich sehr beeindruckt und unser ganzes Team war sofort bereit, zu helfen", sagt Professor Plinkert. Das Familienunternehmen MED-EL, das bereits die Trainings-CDs für CI-Träger der HNO-Klinik finanziell unterstützte, war schnell gewonnen. "Der Eingriff ist sehr gut verlaufen und ich gehe davon aus, dass Lum das Hören mit dem CI schnell erlernt", so der Experte. Das Hören mit dem Cochlea Implantat unterscheidet sich stark vom natürlichen Gehör: Das Gehirn muss erst lernen, die fremden Signale einzuordnen und zu verstehen.

"Er kann es kaum abwarten, das CI auszuprobieren"

Lum Ilazi hat dazu beste Voraussetzungen: Sein Hörnerv funktioniert, er konnte bis vor kurzem noch hören, und wegen seiner angeborenen Schwerhörigkeit ist er es gewohnt, sein Sprachverständnis zu trainieren. "Er gibt sich sehr viel Mühe und arbeitet sehr konzentriert", so der Vater. "Außerdem braucht er das CI, wenn er sich unterhalten will. Er kann es gar nicht abwarten, das Gerät auszuprobieren."

Anfang Juni wird das CI zum ersten Mal eingeschaltet; Lum und sein Vater kommen dazu noch einmal nach Heidelberg. "Sechs Wochen nach der Implantation können wir die ersten Einstellungen am Sprachprozessor vornehmen. Die weitere Anpassung folgt im Laufe der nächsten drei Monate", erklärt Professor Dr. Sebastian Hoth, Leiter des Funktionsbereiches Audiologie der Universitäts-HNO-Klinik. Zur Nachsorge hält sich der Achtjährige, ebenfalls kostenlos, im Kinderneurologischen Zentrum der SRH Kliniken in Neckargemünd auf. Für die anschließende Rehabilitation zuhause hat die Familie in Pristina eine Sprachtherapeutin gefunden, die Erfahrung mit CI-Patienten hat.

Unterstützung erfuhr die Familie nicht nur von Seiten des Universitätsklinikums und der Firma MED-EL: "Auch unsere Kollegen haben für Lum gespendet. Der Chef meiner Frau - sie arbeitet bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Pristina - kommt hier aus der Region. Seine Eltern haben uns angeboten, während der Behandlung bei ihnen zu wohnen, obwohl sie uns gar nicht kennen. Für all die Hilfsbereitschaft und Unterstützung sind wir sehr dankbar", sagt Ilazi.


Ansprechpartner:

Prof. Dr. Dr. h. c. Peter K. Plinkert
Geschäftsführender Direktor
Universitäts-HNO-Klinik Heidelberg
E-Mail: peter.plinkert@med.uni-heidelberg.de

Dipl.-Päd. Sascha Roder M.A.
CI-Rehabilitation
Universitäts-HNO-Klinik Heidelberg
E-Mail: sascha.roder@med.uni-heidelberg.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution665


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 18.05.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2011