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DIABETES/1417: Individuelle Diabetestherapie durch Ausschluss von Glitazonen gefährdet (DDG)


Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) - Montag, 22. November 2010

Individuelle Diabetestherapie gefährdet

DDG spricht sich gegen G-BA-Ausschluss von Glitazonen aus


Berlin - Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) und diabetesDE kritisieren den vollständigen Verordnungsausschluss der Glitazone und Glinide durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Dieser tritt am 1. April 2011 in Kraft und hat zur Folge, dass Typ-2-Diabetiker mit Niereninsuffizienz, Metformin-Unverträglichkeit oder Gefäßerkrankungen künftig nur noch eine eingeschränkte medikamentöse Behandlung erhalten. Eine gesundheitliche Schädigung dieser Patienten ist nach Einschätzung der DDG nicht auszuschließen, da es bislang keine Alternativmedikation gibt.

Der G-BA begründet seine Entscheidung für den Verordnungsausschluss mit der unzureichend nachgewiesenen Wirksamkeit der Glitazone und Glinide. Kosten und Nutzen seien nach Ansicht des G-BA in einem Missverhältnis und für das Gesundheitssystem sowie die Patienten untragbar. "An dieser Stelle sollte der G-BA jedoch die individuelle Nutzenabwägung berücksichtigen", betont Professor Dr. med. Harald Klein, Vorsitzender des Pharmakotherapie-Ausschusses der DDG. "Pioglitazon ist für Patienten mit Niereninsuffizienz derzeit neben Repaglinid die einzige Therapiemöglichkeit in Tablettenform." Der Experte kritisiert, dass Diabetologen nun nicht mehr nach individuellem Bedarf des jeweiligen Patienten über die Versorgung entscheiden können. Eine leitliniengerechte Therapie sei für diese speziellen Fälle künftig nicht mehr möglich.

Nach der ersten Bekanntgabe des G-BA-Beschlusses im Juni 2010 hatte die DDG in einer Stellungnahme bereits darauf hingewiesen, dass bestimmte Patienten von dem der Glitazongruppe zugehörigen Antidiabetikum Pioglitazon profitieren und vielen Typ-2-Diabetikern bei Wegfall des Medikaments keine Alternativen zur Verfügung stünden. Pioglitazon spielt eine Rolle in der Behandlung von Diabetes-Patienten mit Metformin-Unverträglichkeit. Metformin ist das First line-Präparat zur Senkung des Blutzuckerspiegels, das jedoch bei einigen Patienten zu Verdauungsbeschwerden, Magendruck sowie Übelkeit führt und bei eingeschränkter Nierenfunktion nicht verabreicht werden darf. Pioglitazon zeigt über die Blutzuckersenkung hinaus positive Effekte auf das Blutkreislauf-System: Durch zusätzliche Beeinflussung der Blutfette und des Blutdrucks kann es vor vorzeitiger Gefäßverkalkung und somit vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützen. Dieser Effekt kommt insbesondere Typ-2-Diabetikern mit vorausgegangenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugute.

"Mit dem Erstattungsausschluss ist zu befürchten, dass die Firma Pioglitazone in Deutschland vom Markt nimmt", prognostiziert Klein. Damit würden die Therapiemöglichkeiten beschnitten und die Leitlinien der DDG sowie internationale Leitlinien zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern ignoriert.


Weitere Informationen:

Stellungnahme der Deutschen Diabetes Gesellschaft zum Verordnungsausschluss von Pioglitazon zu Lasten der GKV, November 2010 im Internet:
http://profi.diabetesde.org/stellungnahmen/pioglitazon_zu_lasten_der_gkv/


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Quelle:
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Pressestelle DDG, Beate Schweizer
Pf 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711/89 31-295, Fax: 0711/89 31-167
E-Mail: Schweizer@medizinkommunikation.org
Internet: www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2010