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DIABETES/1348: Operation hat günstige Wirkung auf Typ-2-Diabetes (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Dienstag, 25. Mai 2010

Operation kann Altersdiabetes heilen


fzm - Bei extrem übergewichtigen Menschen kann Typ-2-Diabetes heute durch eine Operation gelindert oder sogar geheilt werden. Ein Magenband oder ein Magenbypass führen nämlich nicht nur zu einer deutlichen Gewichtsabnahme. Auch der Blutzucker normalisiert sich, häufig schon, bevor die Diabetiker abgespeckt haben. In der Fachzeitschrift 'DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift' (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2010) sprechen sich Experten dafür aus, die Operation auch bei mäßig übergewichtigen Diabetikern durchzuführen.

In einer gemeinsamen Leitlinie haben die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) und andere Fachgesellschaften 2007 festgelegt, dass Operationen bei Diabetikern ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 35 ratsam sind. Der BMI berechnet sich aus der Körpermasse geteilt durch das Quadrat der Körpergröße. Voraussetzung für die Operation ist, dass die Patienten sich mindestens sechs bis zwölf Monate bemüht haben, ihr Körpergewicht zu senken, erläutert Dr. Goran Marjanovic von der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie an der Universitätsklinik Freiburg. Bei extremem Übergewicht seien die Diätversuche der Patienten jedoch meist vergeblich. Selbst bei einer optimalen Betreuung mit Kostanpassung, Bewegungstherapie, psychologischer Betreuung und Verhaltenstherapie breche fast jeder zweite schon im ersten Jahr die Diät ab, berichtet der Experte. Auch Medikamente böten kaum eine Unterstützung. Die Wirkung sei begrenzt und mit Sibutramin und Rimonabant mussten in den letzten Jahren gleich zwei Appetitzügler aufgrund von Risiken und Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen werden.

Mit einer Operation erzielen viele Diabetespatienten eine deutliche und anhaltende Gewichtsabnahme. Dr. Marjanovic unterscheidet zwei Arten von Eingriffen. Bei den "restriktiven" Operationen, etwa einem Magenband, werde das Magenvolumen verkleinert und die Möglichkeit der Nahrungsaufnahme verringert. Diese Verfahren seien hauptsächlich für Patienten mit wenig Tendenz zu süßer und fettreicher Nahrung geeignet. Im Erfolgsfall verlören die Patienten bis zu 40 Prozent ihres überschüssigen Gewichts. Bei etwa zehn bis 15 Prozent bleibe das Magenband jedoch erfolglos. Dies sind nach den Erfahrungen von Dr. Marjanovic Diabetiker, deren Übergewicht aus zu viel süßen Speisen resultiere. Ihnen empfiehlt der Freiburger Chirurg die zweite "malabsorptive" Variante. Hierbei wird der Speisebrei (über einen verkleinerten Magen) direkt in den unteren Dünndarm geleitet. Die Strecke, in der die Nahrung aus dem Darm aufgenommen wird (Absorption) wird dadurch auf ein Minimum verkürzt. Dr. Marjanovic: Diese Patienten verlieren innerhalb eines Jahres zwischen 60 und 70 Prozent des überschüssigen Gewichtes. Etwa 15 Prozent erreichen sogar ihr Idealgewicht. Anders als das Magenband könne ein Magenbypass aber nicht wieder rückgängig gemacht werden,

Nach beiden Operationsformen bessert sich der Blutzucker häufig innerhalb von wenigen Tagen, auch wenn noch kein Gewichtsverlust erreicht worden ist. Und der Diabetes verschwindet häufig auf Dauer. Dr. Marjanovic zitiert eine Untersuchung, nach der 14 Jahre nach der Operation 91 Prozent der Operierten einen normalen Blutzucker hatten. Mit dem Diabetes sei der Patient auch von den Spätkomplikationen der Erkrankung befreit. Studien haben laut Dr. Marjanovic gezeigt, dass die Diabetiker nach einer Übergewichtsoperation seltener an Herzkreislauferkrankungen und auch seltener an Krebs erkranken. Das Sterberisiko sinkt.

Diese Vorteile überwiegen bei weitem das Operationsrisiko. Dr. Marjanovic beziffert das Sterberisiko in den ersten 30 Tagen nach der Operation mit 0,16 Prozent. Der Experte erwartet, dass die Operation in Zukunft nicht nur bei extrem übergewichtigen Diabetikern, ab BMI 35, durchgeführt wird. Sinnvoll könnte sie bei Diabetikern bereits ab einem BMI von 30 sein. Da mehr als 60 Prozent der Typ 2-Diabetiker einen BMI über 28 haben, bestünde hier ein riesiges Potenzial, schreibt der Chirurg: Um die Patienten sinnvoll beraten zu können, müssten in dieser Gruppe aber zunächst noch weitere Studien durchgeführt werden.


G. Marjanovic et al.:
Metabolische Chirurgie und Remission des Diabetes mellitus Typ 2.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135 (20): S. 1020-1024


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Quelle:
FZMedNews - Dienstag, 25. Mai 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2010