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ALLERGIE/271: Forschung - Das allergene Potenzial der Weinproteine (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Donnerstag, 13. Januar 2011

Schlimmer als ein Kater


fzm - Sie ist selten und weitgehend unbekannt, aber sie kann recht heftig verlaufen: Die Allergie gegen Wein. Gegen welche Bestandteile des Weines sich die allergische Reaktion richtet, ist noch weitgehend unklar. Biophysiker vom Institut für Molekulare Biophysik der Universität Mainz haben nun drei im Wein vorkommende Proteine genauer untersucht, die im Verdacht stehen, für das Entstehen einer Allergie verantwortlich zu sein. In der Fachzeitschrift "Aktuelle Dermatologie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2010) stellen sie ihre detaillierten Strukturanalysen vor.

Im Rahmen ihrer Arbeit beschäftigten sich die Wissenschaftler um Dr. Petra Wigand und Professor Dr. Heinz Decker hauptsächlich mit dem sogenannten Lipid-Transfer-Protein (LTP), dem einzigen offiziell gelisteten Wein-Allergen. Es stammt aus der Schale der Weinbeere und ist daher in Rotweinen in deutlich größerer Menge vorhanden als in weißen Weinen. Von LTP wird vermutet, dass es schwere allergische Reaktionen auslösen kann, die bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock reichen. Die Mainzer Biophysiker haben den Aufbau und die dreidimensionale Struktur des LTP nun detailliert untersucht. "Das LTP aus der Weinbeere ist strukturell fast identisch mit dem aus Pfirsich stammenden LTP, einem bekannten Allergen", so ein Ergebnis ihrer Untersuchung. Die strukturelle Ähnlichkeit lasse auch auf ein ähnliches allergenes Verhalten schließen. Bei allen drei allergieverdächtigen Substanzen aus dem Wein handelt es sich um Proteine, die in anderen Pflanzen bereits als Allergene bekannt sind. Neben dem LTP sind dies Thaumatin-ähnliche Proteine und Endochitinase.

Mit ihrer Arbeit schaffen die Mainzer Forscher auch die Voraussetzungen dafür, dass das allergene Potenzial der Weinproteine erstmals klinisch untersucht werden kann: Sie haben die Proteine so aufgereinigt, dass sie konzentriert und rein genug vorliegen, um sie in klinischen Versuchen einsetzen zu können. Denn nur so lässt sich letztlich bestimmten, welche Proteine oder Proteinbestandteile des Weins tatsächlich für die Allergie verantwortlich sind. Zu klären wäre auch, ob die Weinproteine eine primäre Sensibilisierung hervorrufen - ob sie also die Entwicklung einer Allergie in bisher gesunden Probanden anstoßen können. Immerhin besteht auch die Möglichkeit, dass die drei Weinproteine nur bei denjenigen Menschen allergische Symptome hervorrufen, die bereits eine Allergie gegen die strukturell ähnlichen Proteine aus anderen Pflanzen entwickelt haben.

Derzeit arbeiten die Mainzer Biophysiker daran, die Bedingungen zu untersuchen, unter denen das LTP-Protein womöglich seine Struktur verändert. "Wir hoffen, den Winzern damit Hinweise darauf geben zu können, wie sie das an sich bereits sehr sichere Produkt Wein auch für Allergiker noch sicherer machen können", sagen Wigand und Decker.


P. Wigand, H. Decker:
Proteine im Wein - Nahrungsmittelallergie durch Wein?
Aktuelle Dermatologie
online publiziert am 9. Dezember 2010


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Quelle:
FZMedNews - Donnerstag, 13. Januar 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2011