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MELDUNG/058: Sodbrennen ist unangenehm und kann Krebs auslösen (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin / Kommunikation - 14.09.2011

Viszeralmedizin 2011 - Risiko für Speiseröhrenkrebs neu bewertet

Sodbrennen ist unangenehm und kann Krebs auslösen


Leipzig - Etwa sieben Prozent der Deutschen leiden unter Sodbrennen: Vom Magen in die Speiseröhre fließender Magensaft fügt ihnen brennende Schmerzen zu. Wiederholt sich dieser sogenannte Reflux, kann sich die Speiseröhre entzünden, im schlimmsten Fall Krebs entstehen. Auf Krebs weisen bestimmte Zellen in der Schleimhaut der Speiseröhre hin. Von ihnen hängt ab, ob eine Krebstherapie notwendig wird.

Die aktuellen Kriterien für eine Behandlung und wie sich unnötige Therapien vermeiden lassen, diskutieren Experten der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) auf dem Kongress "Viszeralmedizin 2011", der vom 14. bis 17. September 2011 in Leipzig stattfindet. Darüber hinaus erläutern sie aktuelle Therapien.

Tritt wiederholt Magensaft in die Speiseröhre, Ösophagus genannt, verändert sich deren Schleimhaut: Die plattenförmigen Zellen nehmen eine zylindrische Form an. Dieser Zelltyp kleidet sonst nur den Darm oder Magen aus, den er vor ätzender Magensäure schützt. Die Diagnose des auf diese Weise veränderten sogenannten "Barrett-Ösophagus", einer Krebsvorstufe, stellt der Arzt in der Regel bei einer Magenspiegelung. "Bislang gingen wir in Deutschland davon aus, dass Menschen mit Barrett-Ösophagus nur dann an Krebs erkranken, wenn sich in der Schleimhaut zusätzlich noch sogenannte Becherzellen gebildet haben", erläutert DGVS-Kongresspräsident Professor Dr. med. Peter Malfertheiner vom Universitätsklinikum Magdeburg. Für eine Diagnose musste der Arzt das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung abwarten, denn die Zellen sind mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. "In Japan und Großbritannien sind die Regeln pragmatischer", sagt Malfertheiner: "Für die Diagnose eines Barrett-Ösophagus reicht es dort aus, dass die Schleimhaut über eine gewisse Strecke ihr Erscheinungsbild verändert hat."

Neue Untersuchungen bestätigen diesen Ansatz. Sie zeigen, dass auch Schleimhautveränderungen ohne Becherzellen Vorläufer von Speiseröhrenkrebs sein können. Häufig ist das Erbgut dieser Zellen so verändert, wie es für Krebserkrankungen typisch ist. Bereits dann also können die Ärzte sich für eine Therapie entscheiden.

Auch diese hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Eine Operation sei heute nur noch selten notwendig, so die Experten. "In vielen Fällen trennt der Arzt erkrankte Bereiche direkt während einer Magenspiegelung mit speziellen Instrumenten ab oder zerstört sie mit thermischer oder photochemischer Energie", berichtet Professor Malfertheiner. Die Verfahren seien vor allem in Deutschland zur heutigen Perfektion gebracht worden.

"Zwar können wir auf diese Weise heute leichter eine Diagnose stellen und Patienten schonender behandeln", sagt Privatdozent Dr. med. Michael Vieth vom Klinikum Bayreuth. "Doch nicht alle Menschen mit Barrett-Ösophagus erkranken unbehandelt an Speiseröhrenkrebs", so der Pathologe. Das Risiko betrage bei Krebsvorstufen über längere Strecken der Speiseröhre 0,5 Prozent pro Jahr, bei kleineren sei es geringer. Um unnötige Behandlungen zu vermeiden, bedarf es deshalb genauerer Kriterien. Ein möglicher Ansatz liege nach Einschätzung von Dr. Vieth in einem Gentest. Ließen sich in Gewebeproben aus der Schleimhaut genetische Veränderungen erkennen, könnten diese auf eine Krebserkrankung hinweisen. Dies müsse aber zunächst in Studien überprüft werden. "Für abschließende Empfehlungen zu einer Risikobeurteilung des Barrett-Ösophagus bedarf es deshalb weiterer Studien", sagt Dr. Vieth. Im Rahmen der "Viszeralmedizin 2011" erörtern Dr. Vieth und weitere Experten die Risiken und Therapien des Reflux und die Diagnostik des Barrett-Ösophagus.


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin - Kommunikation, 14.09.2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2011