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LUNGE/010: Neuer Ansatz zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose entdeckt (idw)


Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 08.06.2015

Neuer Ansatz zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose entdeckt


Forschern am Helmholtz Zentrum München ist es mit einem internationalen Team gelungen, einen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung der Idiopathischen Lungenfibrose, einer gefährlichen chronischen Lungenerkrankung, zu identifizieren. Sie erarbeiteten einen neuen Mechanismus der Fibroseentstehung, der eine wichtige Rolle bei der Ausbildung dieser Erkrankung spielt. Diese neuen Erkenntnisse wurden im führenden Fachjournal American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlicht.

Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) gehört zu den chronischen Lungenerkrankungen, für die es bis heute keine kausale Therapie gibt. Zwar weiß man, dass das Lungeninterstitium, also das Bindegewebe zwischen den Lungenbläschen im unteren Teil der Lunge, befallen wird. Es bilden sich dort Ansammlungen von Gewebe, insbesondere von Kollagen, die wie Vernarbungen wirken, welche die Elastizität der Lunge vermindern und die Lungenfunktion allmählich einschränken. Patienten mit IPF haben eine extrem schlechte Prognose, sie überleben im Mittel nur 2 bis 3 Jahre nach Diagnose der Krankheit.

Auswertung von Patientendaten

Prof. Dr. Oliver Eickelberg und Dr. Claudia Staab-Weijnitz vom Comprehensive Pneumology Center (CPC) am Helmholtz Zentrum München und ihren Kollegen vom Klinikum der Universität München und der Yale University School of Medicine ist es nun gelungen, einen neuen Ausgangspunkt zu finden, an dem eine Therapie ansetzen könnte. Zentraler Punkt der Forschungsarbeiten war die Suche nach den Entstehungsmechanismen der IPF. Dazu werteten die Forscher Daten von deutschen Patienten, sowie die einer US-amerikanischen IPF-Kohorte ("Lung Tissue Research Consortium") aus.

Sie stellten dabei fest, dass in den Lungen von Erkrankten erhöhte Mengen des Proteins FKBP10 zu finden sind. Wenn es gelingt, die Produktion oder die Aktivität dieses Proteins zu hemmen, könnte sich daraus ein neuer Therapieansatz ergeben. Es zeigte sich nämlich, dass die Herunterregulierung dieses Proteins in IPF-Fibroblasten* die Kollagensynthese verminderte. "Damit stellt FKBP10 ein potentielles neues Zielmolekül für die individualisierte Therapie der IPF dar", sagt Claudia Staab-Weijnitz. "In Zukunft könnten die Ergebnisse außerdem zu neuen Therapiemöglichkeiten auch für die Behandlung anderer fibrotischer** Erkrankungen führen."

Neue Wege zum Verständnis der Krankheitsursache

Eickelberg hat die Erforschung der IPF zu einem seiner wissenschaftlichen Schwerpunkte gemacht. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe untersucht er die Entstehungsmechanismen, um Therapien zu entwickeln, die die Ursachen der Erkrankung beheben - und sie so wirklich zu heilen. Kurzfristig geht es zunächst jedoch darum, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern und die Symptome zu lindern. "Mein größter Wunsch ist es, dazu beizutragen, eine wirkungsvolle Therapie, welche das Fortschreiten der IPF komplett verhindert, an den Patienten zu bringen", sagt Eickelberg. "Diese Ansätze werden am besten in internationalen Verbünden verwirklicht. So entstand diese Kooperation als direkte Folge eines Aufenthaltes von Prof. Dr. Kaminski (Yale) am CPC durch einen Helmholtz International Fellow Award (HIFA)."

"Mit unserem translationalen Ansatz wollen wir dazu beitragen", sagt Eickelberg, "das Leid der Patienten mit Lungenerkrankungen zu mildern. " Im Falle der IPF wollen die Forscher nun ein Drug Screening-Assay etablieren und klinische Studien mit einem FKBP10-Inhibitor, also einem Wirkstoff, der die Bildung oder Aktivität von FKBP10 hemmt, beginnen.


Hintergrund

* Fibroblasten: Es handelt sich dabei um bewegliche, im Bindegewebe vorkommende Zellen. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Synthese der extrazellulären Matrix, also des Bindegewebes zwischen den Zellen. Zu den Produkten von Fibroblasten gehört hauptsächlich das Kollagen, das zusammen mit den ebenfalls gebildeten Proteoglykanen für eine erhöhte Festigkeit der extrazellulären Matrix sorgt.

** Fibrotische Erkrankungen gehen mit einer Wucherung des Bindegewebes einher.


Original-Publikation:

Staab-Weijnitz C. A. et al. (2015). FK506-Binding Protein 10 is a Potential Novel Drug Target for Idiopathic Pulmonary Fibrosis, American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine [Epub ahead of print]


Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.200 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören.


Das Institut für Lungenbiologie (iLBD) gehört dem Comprehensive Pneumoloy Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln. Das iLBD führt mit der Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).


Fachlicher Ansprechpartner
Prof. Dr. Oliver Eickelberg
Helmholtz Zentrum München
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für Lungenbiologie
Comprehensive Pneumology Center
E-Mail: oliver.eickelberg@helmholtz-muenchen.de

Location Neuherberg:
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg

Location Großhadern:
Max-Lebsche-Platz 31, 81377 München


Weitere Informationen finden Sie unter

Link zur Original-Publikation:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26039104

Webseite des Helmholtz Zentrums München:
https://www.helmholtz-muenchen.de

Webseite des Comprehensive Pneumoloy Center:
http://www.helmholtz-muenchen.de/ilbd/index.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Helmholtz Zentrum München, 08.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2015

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