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KREBS/937: Kiel - Eine kostenlose Unterkunft für die Angehörigen von Krebspatienten (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 11/2011

Krebsgesellschaft
Eine kostenlose Unterkunft für die Angehörigen von Krebspatienten

Von Dirk Schnack


Die Kieler Wohnung liegt zwischen dem Städtischen Krankenhaus und der Uniklinik. Hohe Nachfrage - eine Ausweitung hängt von Spenden ab.


Vier Zimmer, Küche, Bad: Eine Wohngemeinschaft in der Kieler Annenstraße, die sich von anderen Wohnungen in der Landeshauptstadt nicht unterscheidet. Das Besondere an den knapp 90 Quadratmetern: Ihre Nutzung ist kostenfrei und die Bewohner wechseln im kurzen und unregelmäßigen Rhythmus. Es sind Angehörige von Krebskranken, die die Unterkunft in der Annenstraße nutzen, um den Patienten in den Kliniken vor Ort beistehen zu können. Das bundesweit beachtete Projekt der Krebsgesellschaft Schleswig-Holstein wurde im Sommer vergangenen Jahres gestartet. Inzwischen ist die Nachfrage nach der kostenlosen Unterkunft in Krankenhausnähe so hoch, dass die Krebsgesellschaft über eine Vergrößerung des spendenfinanzierten Angebotes nachdenkt.

Einer der dankbaren Bewohner war in den vergangenen Wochen Werner Fiedler aus Jübeck. Seine krebskranke Frau wurde zunächst im Städtischen Krankenhaus, dann in der Kieler Uniklinik behandelt. Für den Rentner wäre das tägliche Pendeln kaum möglich gewesen. Eine Pension oder ein Hotel hätten ihn finanziell stark belastet - was angesichts der hohen Kosten durch die Erkrankung seiner Frau schwer zu verkraften gewesen wäre. Um sie jeden Tag vor Ort betreuen zu können, griff der frühere Krankenpfleger dankbar auf die Unterkunft der Krebsgesellschaft zurück. "So konnte ich jeden Tag zwei Mal bei ihr sein", sagte Fiedler dem Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatt.

Zwei Wochen lang nutzte er einen der fünf Schlafplätze in der Wohngemeinschaft (zwei Doppelzimmer und ein Ein-Bettzimmer, außerdem steht ein Gemeinschaftsraum zur Verfügung), von der aus beide Krankenhäuser gut erreichbar sind. "Mir wäre sonst nichts anderes übrig geblieben, als alle zwei Tage zu pendeln. Das wäre ein große Belastung gewesen", sagte der 66-Jährige. Das zeitlich nicht befristete Angebot kann bei Bedarf auch mehrfach in Anspruch genommen werden. Fiedler etwa wird voraussichtlich für die Betreuung seiner Frau noch einmal für einige Tage zurückkehren müssen.

Vergleichbare Angebote gibt es in Deutschland vorwiegend für Familien krebskranker Kinder. In der Krebsgesellschaft versucht man deshalb gezielt, die Angehörigen krebskranker Erwachsener zu unterstützen. 70 Angehörige haben die knapp 90 Quadratmeter große Wohnung inzwischen mit unterschiedlicher Dauer als Stützpunkt in Kiel genutzt.

Um Empfang und Organisation der Aufenthalte kümmert sich ein achtköpfiges ehrenamtliches Team. Unter ihnen ist auch eine Psychologin, die bei Bedarf Angehörigen weitergehende Hilfen aufzeigt. Voraussetzung für die Nutzung ist, dass der Angehörige außerhalb von Kiel wohnt. Bürokratische Hemmnisse für den Bezug gibt es keine - es reicht ein Stempel des Krankenhauses, dass tatsächlich ein krebskranker Angehöriger vom Wohnungsnutzer vor Ort betreut wird. Die Betroffenen erfahren vom Angebot über Informationen in den Kliniken und in Praxen, auch die in den Krankenhäusern tätigen ehrenamtlichen "grünen Damen" kennen die Wohnung in der Annenstraße.

"Fast alle nehmen das Angebot der Wohnung sehr dankbar an, die Nachfrage danach steigt", sagt Katharina Papke, Geschäftsführerin der Krebsgesellschaft im Norden. Eine Ausweitung des Angebotes, das beim Wettbewerb "Deutschland - Land der Ideen" ausgezeichnet wurde, ist von Spenden abhängig. Die sind auch projektgebunden möglich, sodass Spender gezielt die Wohnung unterstützen können. Die Zimmer werden von ehrenamtlichen Mitarbeitern der Krebsgesellschaft telefonisch unter Tel. 0431/8001087 vergeben (montags bis freitags zwischen 15:00 und 16:00 Uhr, sonst schaltet sich ein Anrufbeantworter ein). Weitere Informationen und Eindrücke auf der Homepage der Krebsgesellschaft (www.krebsgesellschaft-sh.de), dort unter dem Menüpunkt Hilfsangebote.


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 11/2011 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2011/201111/h11114a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt November 2011
64. Jahrgang, Seite 45
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Dezember 2011