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FORSCHUNG/566: Muskelabbau bei Herzinsuffizienz aufhalten - Neuer molekularer Signalweg entschlüsselt (idw)


Charité / Universitätsmedizin Berlin - 10.08.2015

Muskelabbau bei Herzinsuffizienz aufhalten - Neuer molekularer Signalweg entschlüsselt


Schreiten Herzschwäche oder schwerer Herzfehler voran, geht dies häufig mit einem Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft einher. Wissenschaftler des Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung der Charité - Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin, konnten nun den Mechanismus aufklären, der dieser, auch kardiale Kachexie genannten, Erkrankung zugrunde liegt. Prozesse, die den Proteinabbau im Körper verstärken und beschleunigen, lassen sich künftig auf Basis der aktuellen Erkenntnisse möglicherweise medikamentös beeinflussen. Die Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal Circulation Research* veröffentlicht.

Patienten in fortgeschrittenen Stadien der Herzmuskelschwäche verlieren in der Regel insgesamt an Muskelmasse und Muskelkraft. Eine Tatsache, die sich negativ auf den weiteren Krankheitsverlauf auswirkt und bislang mit einer schlechten Prognose verbunden ist. Der krankhaft voranschreitende Muskelabbau betrifft insbesondere die Skelettmuskulatur. Die verantwortlichen molekularen Signalwege hierfür waren bis jetzt noch nicht vollständig bekannt. Eine Ursache dieses Abbauprozesses liegt in dem System, das im Körper Blutdruck, Salz- und Wasserhaushalt reguliert, dem sogenannten Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Dieses ist im Krankheitsprozess einer kardialen Kachexie stark aktiviert und der Botenstoff Angiotensin II wird vermehrt gebildet. Angiotensin II ist ein Effektor-Peptid, das direkt auf den Muskel wirkt und dort den Proteinabbau steigert. Eine Verringerung der Muskelmasse ist die Folge.

Bisher werden herzinsuffiziente Patienten mit Medikamenten behandelt, die das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System hemmen. Das mindert den Muskelabbau für einige Zeit, doch herkömmliche Medikamente verlieren nach einigen Jahren ihre Wirksamkeit. Um neue Therapieansätze zu finden, haben die Wissenschaftler um Privatdozent Dr. Jens Fielitz, Kardiologe an der Charité und Arbeitsgruppenleiter am Experimental and Clinical Research Center (ECRC) nun den genauen Signalweg untersucht, der zum Proteinabbau im Muskel führt. Im Speziellen steigert Angiotensin II im Muskel die Herstellung eines Proteins mit dem Namen Muscle RING-finger 1 (MuRF1), das eine Schlüsselrolle beim Muskelabbau spielt. "Wir haben einen neuen Transkriptionsfaktor identifiziert und funktionell charakterisiert, der diesen Prozess reguliert. In Experimenten konnten wir ebenso Mechanismen aufzeigen, die sich hemmend oder aktivierend auf die MuRF1 Proteinproduktion auswirken und somit Muskelabbau reduzieren oder steigern", sagt Privatdozent Dr. Fielitz. Er ergänzt: "Damit schließen wir eine entscheidende Lücke und beschreiben einen neuen Signalweg, der für das Entstehen einer kardialen Kachexie wichtig ist." Eine Unterdrückung dieses Signalweges könnte die durch Angiotensin II verursachte Muskelschwäche hemmen und somit therapeutisches Potenzial besitzen.


* Philipp Du Bois, Cristina Pablo Tortola, Doerte Lodka, Melanie Kny, Franziska Schmidt, Kunhua Song, Sibylle Schmidt, Rhonda Bassel-Duby, Eric N. Olson, Jens Fielitz. Angiotensin II Induces Skeletal Muscle Atrophy by Activating TFEB-Mediated MuRF1 Expression. Circulation Research, June. 2015. doi: 10.1161/CIRCRESAHA.114.305393.


Kontakt:
PD Dr. Jens Fielitz
Experimental and Clinical Research Center (ECRC)
- Kardiologie Charité -
Universitätsmedizin Berlin
jens.fielitz@charite.de


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.charite.de
http://kardio-cvk.charite.de/forschung/molekulare_kardiologie_und_muskulaere_proteindegradation/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution318

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Charité - Universitätsmedizin Berlin, Dr. Julia Biederlack, 10.08.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2015

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