Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → KRANKHEIT


DEMENZ/275: Alzheimerforschung - Gift im Gehirn (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 15.09.2016

Alzheimerforschung: Gift im Gehirn


Kugelige Strukturen im Kern von Hirnzellen, sogenannte Kernsphären, stehen im Verdacht, an der Auslösung von Alzheimer beteiligt zu sein. Forscher der Ruhr-Universität Bochum haben diese Kernsphären jetzt erstmals im menschlichen Gehirn nachgewiesen. Die Kernsphären entstehen bevorzugt, wenn das amyloideVorläuferprotein keine Phosphatgruppe trägt; dies ist besonders in den Hirnbereichen der Fall, in denen die typischen demenziellen Ablagerungen auftauchen. Die Kernsphärenentstehung könnte für die Alzheimer-Erkrankung ein zentraler Mechanismus sein, der darüber entscheidet, ob eine Nervenzelle stirbt oder nicht.

Kugelige Strukturen im Kern von Nervenzellen, sogenannte Kernsphären, stehen im Verdacht, an der Auslösung von Alzheimer beteiligt zu sein. Ein Team um Dr. Thorsten Müller von der Arbeitsgruppe Cell Signaling in Neurodegeneration hat die vermutlich toxischen Protein-Aggregate erstmals im menschlichen Gehirn nachgewiesen. Die Forscher der Ruhr-Universität Bochum berichten im Journal Neurobiology of Aging.

Zahl der Kernsphären bei Alzheimer erhöht

Das Team verglich Hirnproben von Alzheimer-Patienten mit denen von gleichaltrigen gesunden Personen. Das Ergebnis: In den Proben der Alzheimer-Patienten fanden sich sehr viel mehr Kernsphären als bei den Gesunden.

Die Bochumer Gruppe untersuchte außerdem , wie die Kernsphären entstehen. In Versuchen mit Zellkulturen zeigte sich, dass das amyloide Vorläuferprotein (APP) hierbei eine zentrale Rolle spielt. APP wird schon seit Langem mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht. Die Wissenschaftler beobachteten, dass Kernsphären bevorzugt dann entstehen, wenn das amyloide Vorläuferprotein an einer spezifischen Aminosäure keine Phosphatgruppe trägt. Ein Spaltprodukt des APP ist außerdem in den Kernsphären enthalten.

Zentraler Mechanismus der Alzheimer-Erkrankung

Die Forscher fanden heraus, dass die fehlende Phosphorylierung insbesondere in den Bereichen des Gehirns vorkommt, in denen viele alzheimertypische Plaques vorkommen. Auch hierzu haben die Forscher im August 2016 einen Artikel im Journal Cellular Signalling veröffentlicht.

"Wir vermuten, dass die Kernsphären toxisch sind und dazu beitragen, dass die Nervenzellen absterben", erklären Katharina Kolbe und Hassan Bukhari, die beiden Erstautoren der Publikationen. Die Entstehung der Kernsphären könnte somit ein für die Alzheimer-Erkrankung zentraler Mechanismus sein.

Erkenntnisse könnten Amyloid-Hypothese ablösen

"Mittelfristig weisen die gewonnenen Ergebnisse den Weg für neuartige Alzheimer-Hypothesen abseits der seit über 25 Jahren untersuchten Amyloid-Hypothese", sagt Thorsten Müller. Es sei nicht auszuschließen, dass sie langfristig sogar für therapeutische Interventionen von zentraler Bedeutung sein könnten.


Förderung
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (MU3525/3) förderte die Arbeit ebenso wie das Mercator Research Center Ruhr (MERCUR: AN-2013-0024) und die Forschungsförderung Ruhr-Universität Bochum Medizinische Fakultät (F800-2014).

Originalveröffentlichungen

- Katharina Kolbe, Hassan Bukhari, Christina Loosse, Gregor Leonhardt, Annika Glotzbach, Magdalena Pawlas, Katharina Hess, Carsten Theiss, Thorsten Müller: Extensive nuclear sphere generation in the human Alzheimer's brain, 2016, in: Neurobiology of Aging, DOI: 10.1016/j.neurobiolaging.2016.08.016.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0197458016301944

- Hassan Bukhari, Katharina Kolbe, Gregor Leonhardt, Christina Loosse, Elisabeth Schröder, Shirley Knauer, Katrin Marcus, Thorsten Müller: Membrane tethering of APP c-terminal fragments is a prerequisite for T668 phosphorylation preventing nuclear sphere generation, 2016, in: Cellular Signalling, DOI: 10.1016/j.cellsig.2016.08.007
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0898656816302054

Weitere Informationen finden Sie unter
http://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2016-09-15-alzheimerforschung-gift-im-gehirn

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution2

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Raffaela Römer, 15.09.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang