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ARTIKEL/1113: Bologna-Symposium der Hochschulmedizin (idw)


Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland - 23.03.2010

Bologna-Symposium der Hochschulmedizin


Unter dem Motto "Frischer Wind im Heiligtum?" fand am 15.03.2010 ein Symposium statt, zu dem der Medizinische Fakultätentag (MFT) und der Verband der Universitätsklinika (VUD) eingeladen hatten. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Aufspaltung der ärztlichen Ausbildung in Bachelor- und Master-Studiengänge (BA/MA) wird derzeit intensiv diskutiert. Rund 180 Teilnehmer aus den verschiedensten Bereichen waren Gast einer informativen Tagung. Insgesamt ist deutlich geworden, dass es angesichts des Ärztebedarfs sowie der in Europa fehlenden Nachfrage von Studierenden und Arbeitgebern an einem Medizin-Bachelor eine breite Ablehnung der zweigeteilten ärztlichen Ausbildung gibt.

Am Vormittag lag der Focus auf den erreichten Erfolgen der Reform des Medizinstudiums in Deutschland seit 2003 und den weiteren Optimierungsmöglichkeiten. Eingangs wurden die Fakten vom MFT-Generalsekretär Dr. Volker Hildebrandt zusammengefasst: "Aktuell gibt es 38 grundständige und mehr als 33 weiterführende Studiengänge mit der Fachbezeichnung Medizin in Deutschland. Der Aufbau weiterer gestufter Studiengänge im Heil- und Pflegebereich muss sich am realen Bedarf, den vorhandenen Ressourcen und kapazitätsrechtlichen Möglichkeiten orientieren." Ergebnisse empirischer Studien wurden von Kolja Briedis (HIS GmbH) dargelegt. Der Präsident der Kultusministerkonferenz Dr. Ludwig Spaenle bilanzierte den Bologna-Prozess aus Sicht der Politik. Er betonte, es könne nicht darum gehen, bestimmte Bologna-Elemente in der Medizin zu erzwingen. In Europa gäbe es ein Nebeneinander verschiedener Modelle und auch weiterhin einstufige Programme, z.B. in der Theologie, Musik, Kunst und Medizin. Kultusminister Spaenle unterstrich insbesondere die staatliche Qualitätssicherungsaufgabe bei den Staatsexamensstudiengängen. Dr. Andreas Tecklenburg (Medizinische Hochschule Hannover) erläuterte die Anforderungen von Arbeitgebern an Medizinabsolventen im Management. Nachdem Prof. Bernhard Kempen die ablehnende Position des Deutschen Hochschulverbands zur Zweistufigkeit begründet hatte, schloss Frau Prof. Margret Wintermantel als Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz mit der klaren Aussage, es sei nicht zielführend, Medizinern die "Bologna-Architektur" um jeden Preis überzustülpen.

Der Nachmittag war den Erfahrungen in Nachbarländern gewidmet. Prof. Albert Scherpbier aus Maastricht schilderte die Situation in den Niederlanden. Dort sind die Studienstruktur und Curricula auch nach einer formalen Umbennung der Ausbildungsabschnitte weitgehend unverändert geblieben. Mehr als 95 Prozent der Bachelorabsolventen streben den Masterabschluss an. Prof. David Gordon berichtete über den Diskussionsstand in Großbritannien und im europäischen Hochschulraum. Gemeinsam mit 230 Medizinische Fakuläten in Europa lehnen alle Medical Schools des Vereinigten Königreichs ein BA/MA-System ab. Nur wenige Fakultäten haben das Medizinstudium geteilt. Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion, die von Jürgen Kaube (Frankfurter Allgemeine Zeitung) moderiert wurde: Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Annette Widmann-Mauz, der MFT-Präsident Prof. Dieter Bitter-Suermann, Daniela Kampmeyer als Vertreterin des Bundesverbands der Medizinstudierenden, der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer Prof. Jan Schulze und Prof. Rüdiger Siewert, der erste Vorsitzende des VUD, diskutierten über Sinn und Unsinn eines Bachelors in der Medizin. Vor dem Hintergrund der ärztlichen Gesamtverantwortung hinterfragten sie kritisch die diagnostischen und therapeutischen Aufgaben von künftigen "Arztassistenten". Bemerkenswert war die Feststellung von Staatssekretärin Widmann-Mauz, dass es für das Bundesgesundheitsministeriums keine Veranlassung für eine Systemänderung in Richtung einer Zweistufigkeit des Medizinstudiums gebe.

Prof. Josef Pfeilschifter, Dekan der Medizinischen Fakultät in Frankfurt am Main, zog abschließend das Resümee: "Die Hochschulmedizin ist bereits im Post-Bologna-Prozess. Geringe Abbrecherquoten, externe Qualitätssicherung, vergleichbare Prüfungen, hohe Mobilität der Studierenden und die geregelte Anerkennung der Abschlüsse in der EU sowie die internationale Wertschätzung unserer Ärztinnen und Ärzte machen deutlich, in welch großem Maße die Medizin wesentliche Ziele des Bologna-Prozesses längst erreicht hat."

Die Vorträge des Symposiums sind abrufbar unter
www.mft-online.de
MFT-Aktuell/Termine


Ansprechpartnerin:
Verena Wirwohl - Ass. iur.
MFT - Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland
Alt-Moabit, 10559 Berlin
E-Mail: wirwohl@mft-online.de

Der MFT vertritt die Interessen der 36 Medizinischen Fakultäten Deutschlands
www.mft-online.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution847

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland
Verena Wirwohl, 23.03.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2010

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