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AUSLAND/1456: Humanitäre Helfer im nördlichen Sudan in der Zwangslage (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - Donnerstag, 23. April 2009

Darfur: Schikaniert und in Gefahr

Humanitäre Helfer im nördlichen Sudan in der Zwangslage


Berlin, 23. April 2009. Die holländische und die französische Sektion von Ärzte ohne Grenzen äußern wiederholt ihre tiefe Besorgnis um die Patienten, die sie in Darfur zurücklassen mussten und verurteilen die inakzeptablen Bedingungen ihrer Ausweisung aus Darfur. Die Ausweisung von 13 Nichtregierungsorganisationen folgte direkt auf den Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsident Omar al-Bashir durch den Internationalen Strafgerichtshof am 4. März. Ärzte ohne Grenzen befürchtet, dass die großen Erfolge, die humanitäre Organisationen in den letzten fünf Jahren erzielen konnten, zunichte gemacht werden könnten.

Die Arbeit im Sudan ist seit Jahren kompliziert. Ärzte ohne Grenzen war aber immer in der Lage, medizinische Hilfe zu leisten, auch wenn die Beschränkungen durch die sudanesische Regierung zugenommen haben. Nach der Ausweisung droht nun die Gefahr, dass humanitäre Hilfe durch eine politische Agenda bestimmt wird und sich nicht mehr unabhängig an den tatsächlichen Bedürfnissen orientieren kann. Einige Orte können keine oder nur ungenügende Hilfe erhalten.

Nach allen Bemühungen, den Menschen in Darfur zu helfen, hat die sudanesische Regierung Ärzte ohne Grenzen fälschlicherweise beschuldigt, mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten, was grundsätzlich falsch ist. Bankkonten wurden eingefroren, der Zugang zu Büros wurde verweigert und Autos, Computer und Büroausstattungen im Wert von über einer Million Euro wurden beschlagnahmt.

Die Organisationen konnten die Projekte aufgrund der sofortigen Ausweisung nicht angemessen schließen. Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen nach dem Ausbruch von Meningitis mussten abrupt beendet werden, und Projektbesuche waren verboten. Gleichzeitig wurden die Pässe von drei internationalen Mitarbeitern bis kurz vor ihrer Ausreise einbehalten, was sie gewissermaßen zu Geiseln gemacht hat. "Ich hatte das Gefühl, dass wir wie Kriminelle behandelt wurden. Wir waren zerrissen zwischen der Sorge um unsere Patienten und sudanesischen Mitarbeiter, die wir unvermittelt verlassen mussten, und dem Zorn über den Ausweisungsbefehl. Diese Respektlosigkeit vor medizinischer Hilfe ist nach 30 Jahren Unterstützung im Nordsudan schockierend", sagte Reshma Adatia, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in der sudanesischen Hauptstadt Khartum.

Sechs Wochen nach der Ausweisung durften die betroffenen internationalen Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen den Sudan endlich verlassen. Ärzte ohne Grenzen ist empört über die derzeitige Situation, aber nach wie vor bereit, Nothilfe zu leisten, sobald die Bedingungen für unabhängige, neutrale und unparteiische Unterstützung wiederhergestellt sind.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit 1979 im Sudan. Seit 2003 hat die Organisation in Darfur mehr als drei Millionen Patienten behandelt, 225.000 Schwangere beraten, 10.000 Geburten begleitet, 12.000 Operationen durchgeführt und 20.000 Patienten psychologisch betreut. Sechs Projekte werden derzeit im nördlichen Sudan fortgeführt, auch wenn deren Zukunft von einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen abhängt.


Weitere Informationen:
Pressestelle, Christiane Winje, Claudia Evers
Telefon: 030/22 33 77 00
http://www.aerzte-ohne-grenzen.de


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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen, 23. April 2009
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Pressestelle: Tel.: 030/22 33 77 00
E-Mail: office@berlin.msf.org
Internet: www.aerzte-ohne-grenzen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2009