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POLITIK/2026: Wir knicken nicht ein - Erzwingungsstreik bei Ameos findet vielfältige Solidarität (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 6 vom 7. Februar 2020
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Wir knicken nicht ein

Erzwingungsstreik bei Ameos findet vielfältige Solidarität

Werner Sarbok sprach mit Robin Rottloff


Am Montag letzter Woche sind die Kolleginnen und Kollegen bei den Ameos-Kliniken in Sachsen-Anhalt in einen unbefristeten Erzwingungsstreik getreten. Ziel ist der Abschluss eines Tarifvertrages, der an der Entlohnung des Öffentlichen Dienstes angelegt ist. Darüber sprachen wir mit Robin Rottloff.


UZ: Der Streik bei Ameos geht jetzt in die zweite Woche. Steht die Streikfront? Wie ist die Stimmung der Kolleginnen und Kollegen?

Robin Rottloff: Die Stimmung ist ungebrochen. In der Warnstreikphase gab es schon eine hohe Bereitschaft, hier was zu verändern, im Zweifel auch zu streiken. Zahlenmäßig haben wir uns gut gehalten, das gilt auch für die letzte Woche. An den einzelnen Standorten knicken die Kolleginnen und Kollegen nicht ein und bleiben dran, stehen weiter jeden Tag ab 5.30 Uhr in der Kälte vor der Klinik und halten auch an den verschiedensten Standorten viel Regen aus. Ich glaube, dieses Nichtbewegen der Geschäftsleitung und ihr ständiges Draufrumreiten "ver.di kann nicht verhandeln und wir verhandeln nicht mit ver.di" motiviert die Kolleginnen und Kollegen noch mehr.


UZ: Unmittelbar zum Streikbeginn hat Ameos ihren bisherigen Geschäftsführer-Ost Lars Timm abgelöst, der jede Verhandlung mit ver.di verweigerte und zudem noch mit Kündigungen gegen Warnstreikende die Situation angeheizt hat. Bewegt sich da etwas?

Robin Rottloff: Nein, da bewegt sich erst mal gar nichts. Der alte Regionalgeschäftsführer, Dr. Lars Timm, ist abgelöst, und jetzt ist es ein Herr Wiener. Aber auch der wiederholt dieselben Aussagen, die Dr. Timm als Regionalgeschäftsführer die ganze Zeit getroffen hat. Und das einzige, was sich bewegt, ist, dass Ameos auch mit dem neuen Regionalgeschäftsführer versucht, über Einzelvereinbarungen mit ihrem "Zukunftspaket", also individualvertraglich, das Ding irgendwie jetzt zu beenden und in den Griff zu kriegen.


UZ: Wie ist der Stand hinsichtlich der Kündigungen?

Robin Rottloff: Es ist nach unserer Kenntnis bei diesen 14 Kündigungen geblieben. Es gab bisher keine weiteren, und wir behandeln sie im Rahmen von Kündigungsschutzklagen. Die gleichlautenden Kündigungen kann man ja grundsätzlich erst mal als haltlos betrachten, aber die Fälle müssen natürlich individuell betrachtet werden. Da sind die Anwälte von ver.di und dem DGB-Rechtsschutz dran. Die gekündigten Kolleginnen und Kollegen sind natürlich emotional betroffen, das Gute ist aber, dass ihnen viel Solidarität entgegengebracht wird. Und die Kündigungen haben auch nicht bewirkt, dass sich weniger am Streik beteiligen. Das ist nun wirklich nicht der Fall, und das war ja möglicherweise die Hoffnung von Ameos.


UZ: Ist der Streik isoliert oder erlebt ihr Solidarität in den Städten und auch von Gewerkschaften, von Kollegen außerhalb des Betriebes?

Robin Rottloff: Es gibt unglaublich viel Solidarität, einmal auch von denAmeos-Kliniken im Westen. Die Kolleginnen und Kollegen aus Osnabrück haben zu einer Solidaritätsaktion eine riesengroße Heuschrecke, die auch das Verhalten der Ameos-Geschäftsführung widerspiegeln soll, letzte Woche mit hierher gebracht an die Standorte. Es gibt Delegationen aus anderen Kliniken zu den Streikaktionen, ich kann jetzt gar nicht alle aufzählen.

Ich komme ursprünglich aus Chemnitz, und auch da hat das Klinikum Chemnitz sich solidarisiert und Aktionen gemacht. Es gibt aktive Mittagspausen an anderen Kliniken im Umland, aber auch bundesweit gibt es die Solidarität. Wir bekommen hier zahlreiche Zuschriften. Schön ist auch, dass einzelne Patienten, die zum Beispiel vor der Klinik stehen, um zu schauen, was da los ist oder vielleicht nur eine rauchen, auch mal das Megaphon in die Hand nehmen und sagen: "Hej, wir stehen vollkommen hinter euch. Es geht um unsere Versorgung. Wenn es euch nicht gut geht, wenn ihr nicht entlastet werdet und entsprechend entlohnt werdet und somit auch dafür gesorgt wird, dass die Standorte überhaupt eine Zukunft haben, dann geht es uns noch beschissener, dann ist unsere Versorgung auch nicht mehr gewährleistet." Dieser kausale Zusammenhang oder wie man das nennen mag, das ist auch den Patienten klar. Sie wollen, dass die Beschäftigten hier ordentliche Arbeitsbedingungen vorfinden. Diese Zustimmung ist auf jeden Fall da, es gibt auch viel Zuspruch von der Bevölkerung.


UZ: Welche grundsätzliche Bedeutung siehst du in der Auseinandersetzung bei Ameos in Sachsen-Anhalt?

Robin Rottloff: Das ist ein hochpolitisches Thema. Denn das Grundproblem ist die Privatisierung staatlicher Pflichtaufgaben. Gesundheit ist keine Ware, und man würde auch nie auf die Idee kommen, die Polizei oder die Feuerwehr zu privatisieren. Und dass dies eine falsche Entscheidung war, zeigt sich ja ganz offensichtlich. Wenn mit kranken Menschen Gewinne erzielt werden sollen, dann kann nur die Idee dahinter krank sein. Ich glaube, das müssen wir auch als Gewerkschaft ganz deutlich so sagen.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 52. Jahrgang,
Nr. 6 vom 7. Februar 2020, Seite 3
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
Anschrift von Verlag und Redaktion:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2020

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