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POLITIK/1940: Global Health fängt in Deutschland an (DGAUM)


Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. - 10. April 2019

Global Health fängt in Deutschland an


München, 10. April 2019 - Neben der wirtschaftlichen und sozialen nimmt auch die gesundheitliche Ungleichheit in der Welt immer mehr zu. Selbst in Deutschland, mit hohem Lebensstandard und guter sozialer Sicherung, erkranken Menschen mit niedrigem sozialem Status häufiger und sterben früher als Bessergestellte. Während die Frage, wie sich die Gesundheit der Menschen weltweit verbessern lässt, in Deutschland außenpolitisch weit oben auf der Agenda steht, spielt "Global Health" innenpolitisch nur eine untergeordnete Rolle. Erforderlich wäre die Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens in Deutschland und weltweit. Ein engeres Zusammenspiel von Wissenschaft, Praxis und Politik kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Global Health fängt zu Hause an

Globalisierung, Wettbewerbsdruck und gewinnorientierte Wirtschaftssysteme produzieren in der Welt immer mehr Verlierer. Für viele Menschen bedeutet das schlechtere Lebensbedingungen, Armut, soziale und dadurch gesundheitliche Schlechterstellung. Mit viel Engagement hat die deutsche Bundesregierung das Thema Globale Gesundheit in den letzten Jahren außenpolitisch eingesetzt und internationale Anerkennung geerntet. Dabei mangelt es an der Umsetzung im eigenen Land: Deutsche globale Gesundheitspolitik konzentriert sich in erster Linie auf andere, insbes. einkommensschwächere Länder. Doch die Veränderungen in der Welt stellen auch Deutschland vor Probleme. Zahlen des Robert Koch-Instituts in Berlin belegen, dass Menschen mit niedrigem sozialem Status in Deutschland häufiger und in jüngeren Jahren erkranken und früher sterben als Bessergestellte.

Gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland nimmt zu

Deregulierung, finanzielle Einschnitte und der Kassenwettbewerb haben unser Gesundheitswesen in den letzten Jahren massiv verändert. Leistungsansprüche werden immer restriktiver behandelt und die stationäre Versorgung folgt mehr einer anbietergesteuerten Produktionslogik als dem realen Bedarf. Gleichzeitig wächst der Einfluss von privaten Krankenhäusern und anderen Akteuren. Für den deutschen Sozialstaat wird es zunehmend schwieriger, Bedürftige und Menschen ohne Versicherungsschutz mitzuversorgen, wenn diese im Sinne der Gewinnmaximierung keine Rendite versprechen.

Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken

In Deutschland ist es Aufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Dieser wirkt z.B. an der Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten mit und überwacht Hygienevorschriften sowie Herstellung und Handel mit Medizinprodukten, Betäubungsmitteln und Gefahrstoffen. Immer gewichtiger wird seine Aufgabe der medizinischen Grundversorgung benachteiligter Menschen wie Flüchtlinge und Obdachlose. Doch in der heutigen Lage kann der ÖGD ohne zusätzliche Ressourcen kaum noch seine Aufgaben erfüllen. Daher ist unbedingt die Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens in Deutschland und weltweit erforderlich: Der Abbau finanzieller wie personeller Engpässe und ein Ausbau der Kapazitäten sind die Voraussetzung für eine gesündere Bevölkerung und den Abbau gesundheitlicher Ungleichheit.

Wissenschaft, Praxis und Politik müssen enger zusammenarbeiten

Für eine wirksame Gesundheitspolitik ist laut Jens Holst, Professor für Medizin und Global Health in Fulda, vor allem ein engeres Zusammenspiel von Praxis und Theorie unerlässlich. Praktischer ÖGD und akademische Public Health (Öffentliche Gesundheit) müssten im intensiveren Austausch praktisch umsetzbare und gesundheitswissenschaftlich fundierte Strategien entwickeln, wie etwa durch gemeinsame Forschungsprojekte. So könnten laut Holst Erkenntnisse und Empirie auch in wirksame Politikberatung übertragen und gesundheitliche Ungleichheit abgebaut werden. Dazu braucht es jedoch eine aktive Förderung und Umsetzung. Eine globale Perspektive von Wissenschaft, Praxis und Politik im Bereich Öffentliche Gesundheit kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Beitrag "Global Health: Öffentliche Gesundheit in Theorie und Praxis" von Prof. Dr. Dr. Jens Holst in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin (ASU) unter:
https://www.asu-arbeitsmedizin.com/Archiv/ASU-Heftarchiv/article-867212-110576/global-health-oeffentliche-gesundheit-in-theorie-und-praxis-.html


Die Zeitschrift Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin (ASU) ist das Leitmedium der deutschsprachigen Arbeitsmedizin. Das Publikationsorgan der Fachinstitutionen DGAUM, ÖGA, SGARM, VDBW, Vereinigung Deutscher Staatlicher Gewerbeärzte e.V. sowie der arbeitsmedizinischen Akademien und richtet sich an Betriebsärzte, Arbeitsmediziner und Akteure in wichtigen Schnittstellenbereichen zur Arbeitsmedizin. Die Zeitschrift ist peer reviewed. 1965 gegründet, erscheint ASU monatlich und erreicht nahezu alle arbeits- und präventionsmedizinisch orientierten Akteure im deutschsprachigen Raum. Weitere Informationen unter
www.asu-arbeitsmedizin.com

Die DGAUM wurde 1962 gegründet und ist eine gemeinnützige, wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft der Arbeitsmedizin und der klinisch orientierten Umweltmedizin. Ihr gehören heute über 1.100 Mitglieder an, die auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin und Umweltmedizin arbeiten, vor allem Ärztinnen und Ärzte, aber auch Angehörige anderer Berufsgruppen wie etwa Natur- und Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Die Mitglieder der Fachgesellschaft engagieren sich nicht nur in Wissenschaft und Forschung, um so bereits bestehende Konzepte für die Prävention, die Diagnostik und Therapie kontinuierlich zu verbessern, sondern sie übernehmen die ärztliche und medizinische Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an der Schnittstelle von Individuum und Unternehmen. Darüber hinaus beraten die Mitglieder der DGAUM alle Akteure, die ihren Beitrag zu der medizinischen Versorgung leisten und auf Fachwissen aus der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention, der arbeits- und umweltbezogenen Diagnostik und Therapie, der Beschäftigungsfähigkeit fördernden Rehabilitation sowie aus dem versicherungsmedizinischen K ontext angewiesen sind. Weitere Informationen unter
www.dgaum.de

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.
Pressemitteilung 30/2018 vom 10. April 2019
Schwanthaler Straße 73 b, 80336 München
Telefon: 089/330 396-0, Fax: 089/330 396-13
E-Mail: gs@dgaum.de
Internet: www.dgaum.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2019

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