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MELDUNG/979: Mukoviszidose - Ambulante Versorgung für Patienten nicht ausreichend finanziert (Mukoviszidose e.V.)


Mukoviszidose e. V. - 19. März 2019

Ambulante Versorgung nicht ausreichend finanziert


"Der wichtigste Schritt, um die Versorgung erwachsener Mukoviszidose-Patienten zu verbessern, ist eine adäquate Finanzierung der ambulanten Versorgung - davon sind wir in Deutschland leider weit entfernt", ist Dr. Silke van Koningsbruggen-Rietschel, Pädiatrische Pneumologin am Mukoviszidose-Zentrum und Leiterin des CF-Studienzentrums am Universitätsklinikum Köln, überzeugt. "Die Betroffenen brauchen ein multidisziplinäres Behandler-Team, das neben dem Fachärztlichen auch die Bereiche Physio- und Ernährungstherapie sowie die psychosoziale Beratung abdeckt. Je älter die Patienten werden, desto komplexer wird die Betreuung, weil Folge- und Begleiterkrankungen zunehmen. Hier brauchen wir dringend Unterstützung aus der Politik."

Um diese Unterstützung hat der Mukoviszidose e.V. im März 2017 den Deutschen Bundestag ersucht: mit einer Petition hat der Verein dazu aufgerufen, die Versorgungsstrukturen für die Betroffenen bundesweit einheitlich und nachhaltig zu sichern. Obwohl Vertreter des Vereins im Petitionsausschuss die aktuelle Versorgungsproblematik detailliert dargelegt haben, hat die Politik bislang nicht auf das Anliegen reagiert - ein Beschluss des Bundestages zur Petition steht bis heute aus.

"Dass dieses wichtige Thema zwei Jahre später noch immer in der Luft hängt, ist traurig und bestürzend zugleich - denn die Versorgungssituation hat sich in der Zwischenzeit massiv zugespitzt. Viele Ambulanzen versorgen Patienten am Rande ihrer Belastungsgrenze. An manchen Standorten droht die Versorgung erwachsener Patienten sogar völlig zusammenzubrechen", so Stephan Kruip, Bundesvorsitzender des Mukoviszidose e.V. und selbst von der Erbkrankheit betroffen, und ergänzt: "Diese Situation kommt einem Systemversagen gleich."

Weitere Zuspitzung der Versorgungssituation ist zu erwarten

Sehr besorgt sind vielerorts auch Patienten und Ärzte, mit denen der Mukoviszidose e.V. in engem Austausch steht. So demonstrierten im September 2018 über 150 Mukoviszidose-Betroffene in München vor der Mukoviszidose-Ambulanz der Ludwig-Maximilians-Universität, da dort die Erwachsenenversorgung aufgrund personeller Unterbesetzung akut gefährdet ist. Auch in Augsburg konnte erst im letzten Moment verhindert werden, dass die Versorgung der erwachsenen Patienten zusammenbricht. Hier hatte die Kassenärztliche Vereinigung Bayern angekündigt, die Behandlung der Erwachsenen an der Kinderklinik am Josefinum einzustellen - und das obwohl keine geeigneten Strukturen an anderen Standorten für eine Weiterversorgung der Patienten zur Verfügung stehen. Zwar konnte mit Unterstützung des Mukoviszidose e.V. eine Ausnahmeregelung bis zum Frühjahr 2020 erwirkt werden, die Versorgung ist damit aber alles andere als langfristig gesichert.

Von einer weiteren Verschärfung der Versorgungssituation ist ohne entsprechende Gegenmaßnahmen auszugehen, darauf deuten Datenauswertungen aus dem Deutschen Mukoviszidose-Register hin. Heute in Deutschland Neugeborene mit Mukoviszidose haben mittlerweile eine Lebenserwartung von 50 Jahren - und die wird mit einer weiteren Verbesserung der kausalen Therapie in Zukunft vermutlich weiter steigen.

"Endlich haben Mukoviszidose-Betroffene heute gute Chancen, ein mittleres Erwachsenenalter zu erreichen, doch diese großartige Nachricht wird getrübt durch das Signal des Gesundheitssystems: Wir wollen eigentlich gar nicht, dass ihr erwachsen werdet.", resümiert Kruip. "Daher unser dringlicher Appell an die Politik: Nehmen Sie sich der Sorgen der Mukoviszidose-Patienten an, und schaffen Sie gesicherte Versorgungsstrukturen!"

Mit diesem Aufruf steht Kruip nicht allein: Auch der Deutsche Ethikrat fordert zuletzt in seiner Ad-hoc-Empfehlung vom 23. November 2018 eine gerechtere Versorgung für Menschen mit seltenen Erkrankungen: So sollen Zentren für Seltene Erkrankungen bundesweit eingerichtet und ausreichend finanziert werden, um chronisch kranken Menschen, wie Patienten mit Mukoviszidose, die Möglichkeit einer fachlich angemessenen und langfristigen Versorgung zu bieten.

In einer Videobotschaft fordern Stephan Kruip und die Mukoviszidose-Behandler Dr. Carsten Schwarz (Charité Berlin) und Bärbel Palm (Universitätsklinik Homburg) die politisch Verantwortlichen auf, sich des Themas endlich anzunehmen und die Versorgung für erwachsene Betroffene nachhaltig zu sichern.


• Hintergrund-Informationen

Über Mukoviszidose
In Deutschland sind rund 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden etwa 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.

Über den Mukoviszidose e. V.
Der Mukoviszidose e. V. vernetzt die Patienten, ihre Angehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Perspektiven mit dem Ziel, jedem Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose ermöglichen zu können. Damit die gemeinsamen Aufgaben und Ziele erreicht werden, ist der gemeinnützige Verein auf die Unterstützung engagierter Spender und Förderer angewiesen.

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Quelle:
Mukoviszidose e. V.
Pressemitteilung vom 19. März 2019
In den Dauen 6, 53117 Bonn
Telefon.: 0228 98 780 - 0, Telefax: 0228 98 780 - 77
E-Mail: info@muko.info
Internet: www.muko.info


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2019

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