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MELDUNG/906: 70 Jahre WHO - Unabhängigkeit der Weltgesundheitsorganisation in Gefahr (medico international)


medico international e.V. - Pressemitteilung vom 14. Mai 2018

70 Jahre WHO: medico international sieht Unabhängigkeit der Weltgesundheitsorganisation in Gefahr


(Frankfurt/Main) Anlässlich der World Health Assembly der WHO, die vom 21.5.-26.5.2018 in Genf stattfindet, warnt die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international davor, dass die WHO ihre Unabhängigkeit und Führungsrolle im Bereich der globalen Gesundheit zu verlieren droht.

Der neue WHO-Generaldirektor Dr. Tedros setzt mit einem neuen globalen Arbeitsprogramm ambitionierte Ziele: je eine Milliarde Menschen sollen zusätzlich sicheren Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung haben, vor Gesundheitsnotfällen geschützt werden und gesündere Lebensbedingungen bekommen.

"Das Dilemma bleibt, dass die WHO in der Realisierung solcher Ziele auf die Kooperation der vielfältigen Akteure im Feld der Globalen Gesundheit angewiesen ist, die oft sehr viel mehr finanzielle Ressourcen und Einfluss auf nationale Gesundheitspolitiken haben als sie selbst" sagt Dr. Andreas Wulf, Gesundheitsexperte von medico international.

Die Pflichtbeiträge der 194 Mitgliedsländer machen nur noch 20 Prozent des Jahresbudgets aus. Aufgrund ihrer ungesicherten Finanzierung gerät die WHO mehr und mehr in die Abhängigkeit von freiwilligen Zuwendungen. "Dies ermöglicht es Unternehmen massiv Einfluss auf die Ausrichtung der WHO zu nehmen", erläutert Dr. Andreas Wulf.

Mit immer neuen Freihandelsabkommen, die Menschenrechte den Wirtschaftsinteressen unterordnen, sabotieren die Regierungen der Industrienationen grundlegende Errungenschaften der WHO, wie z.B. das völkerrechtlich bindende Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs von 2003.

Benötigt wird eine unabhängige und handlungsfähige Weltgesundheitsorganisation, die Konflikte mit der Wirtschaftspolitik nicht scheut, wenn dort gesundheitsgefährdende Maßnahmen beschlossen oder nicht verhindert werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die WHO ihre Unabhängigkeit wiedererlangen kann, ist eine konsequentere Anhebung der Pflichtbeiträge ihrer Mitgliedsstaaten - die 3% Erhöhung in 2017 sind reine Kosmetik und keine grundlegende Trendwende.

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Quelle:
medico international e.V.
Pressemitteilung vom 14. Mai 2018
Herausgeber: medico international
medico international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2018

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