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FINANZEN/602: Hausarzthonorare und das Problem der Vergleichbarkeit (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2014

KVSH
Hohe Fallwerte auch im Norden aber nur bei wenigen Fällen

Von Dirk Schnack



Hausarzthonorare und das Problem der Vergleichbarkeit. Warten auf den Honorarabschluss für 2014. Warnung vor dem "Arzt light".


Fallwerte um die 100 Euro und mehr - davon hören Schleswig-Holsteins Allgemeinmediziner immer mal wieder aus anderen Bundesländern. Ist das realistisch? Dieses Thema wurde aus den Reihen der Abgeordneten an die KV herangetragen. KV-Vorstand Dr. rer. nat. Ralph Ennenbach versuchte in der jüngsten Abgeordnetenversammlung aufzuklären, warum die breite Masse der Hausärzte im Land solche Fallwerte auch künftig nicht erwarten können.

Die Fallwerte korrespondieren eng mit der jeweiligen Fallzahl eines Arztes. Tatsächlich gibt es in Schleswig-Holstein 42 Hausärzte, die einen Fallwert von 90 Euro überschreiten. Deren Fallzahl liegt allerdings im Durchschnitt nur bei 573, da die Behandlungen etwa in diabetologischen Schwerpunktpraxen vergleichsweise zeitintensiv sind. Die durchschnittliche Fallzahl der Hausärzte im Land liegt dagegen bei rund 850, bei deutlich niedrigerem Fallwert. Ennenbach zeigte auch in einem Vergleich mit Thüringen, welche verschiedenen Einflussgrößen wie etwa Trennungsfaktor, Versicherte je Arzt, Zahl der angestellten Ärzte auf das Honorar einwirken. Ergebnis: Eine echte Vergleichbarkeit ist schwer möglich, weil sich die Bedingungen von Bundesland zu Bundesland stark unterscheiden.

Noch keinen Abschluss konnte Ennenbach für das Honorar 2014 vermelden, obwohl sich KV und Krankenkassen schon vor rund einem halben Jahr auf die Eckpunkte für 2014 und die Folgejahre verständigt hatten. Ennenbach führt die Verzögerung auch auf die verlagerte Entscheidungsgewalt der Kassen zurück. Die Verträge müssen bei den meisten Kassen von Vorständen unterzeichnet werden, die nicht in Schleswig-Holstein vor Ort und mit den hiesigen Bedingungen weniger vertraut als die Unterhändler sind.

KV-Chefin Dr. Monika Schliffke warnte im Lagebericht vor einem "Arzt light". Von Bundesärztekammer und KBV fordert sie, Rahmenbedingungen für die Substitution ärztlicher Leistungen zu definieren, um die Entwicklung mitbestimmen zu können. "Das Gespenst vom Arzt light geht um, so langsam wird es erst richtig sichtbar. Ein Zug hat sich neben unseren Gleisen bereits in Bewegung gesetzt", sagte Schliffke. Die Entwicklung gehe inzwischen über Praxisassistentinnen wie VERAH oder Agnes hinaus. Als Beispiel nannte Schliffke Rettungssanitäter, die per Landesgesetz in Schleswig-Holstein mit ein Jahr zusätzlicher Ausbildung als Notfallsanitäter in lebensbedrohenden Situationen auch invasive Maßnahmen durchführen dürfen, die bislang Ärzten vorbehalten waren. Und in nicht lebensbedrohenden Situationen sollen sie ohne Arztanwesenheit Schmerzmittel mit eigener Indikationsstellung geben dürfen - "alles verkauft unter dem Gesichtspunkt ärztlicher Entlastung", wie Schliffke kritisch anmerkte.

Ein weiterer Beleg für Bestrebungen, ärztliche Tätigkeiten auf Personen mit geringerer Qualifikation zu verlagern, ist nach Ansicht Schliffkes der Physician Assistant, der an Hochschulen nach acht Semestern erlangt werden kann. Für solche neuen Berufe forderte Schliffke Rahmenbedingungen, die aus ihrer Sicht von den Bundeskörperschaften definiert werden müssen - "bevor diese Entwicklung an uns vorbeiläuft". "Delegation ist für uns kein großes Thema", sagte Schliffke mit Blick auf qualifizierte Praxisangestellte, "aber zu Substitution brauchen wir jetzt eine sehr schnelle Übersicht zu jedem Detail, damit man weiß, worüber überhaupt geredet und entschieden werden soll." Handlungsbedarf sieht die KV-Vorstandsvorsitzende insbesondere vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Versorgungslage in manchen Regionen. Damit wird Befürwortern der Substitution ärztlicher Leistungen die Argumentation erleichtert.

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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201407/h14074a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
67. Jahrgang, Juli 2014, Seite 20
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2014