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ARTIKEL/1237: Der Medizinbetrieb ist Deutschlands größte Branche (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 1 vom 6. Januar 2012
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Wa(h)re Gesundheit ist profitabel
Der Medizinbetrieb ist Deutschlands größte Branche, sowohl nach Umsatz als auch nach Beschäftigtenzahl

von Manfred Dietenberger


Ende 2010 waren rund 4,8 Millionen Menschen in Deutschland und damit etwa schon jeder neunte Beschäftigte im Gesundheitswesen tätig. Das überrascht viele. Und in der Tat wuchs die Beschäftigtenzahl in der Gesundheitswirtschaft rasant.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) arbeiteten 2010 rund 90.000 Menschen mehr als 2009 im Gesundheitswesen, was einem Beschäftigungswachstum von 1,9 Prozent entspricht. Der positive Beschäftigungstrend der letzten Jahre setzte sich also weiter fort, wenngleich das Wachstum etwas niedriger ausfiel als in den Vorjahren. Allein von 1996 bis 2008 stieg die Zahl der dort Beschäftigten um rund 50 Prozent oder 3,9 Prozent pro Jahr, wie eine Studie des Wifor-Instituts der TU Darmstadt feststellte. Damit war der Beschäftigten-Zuwachs rund sechsmal so groß wie in der Gesamtwirtschaft. Zusätzliche Arbeitsplätze entstanden, wie in den Vorjahren, vor allem in Gesundheitsdienstberufen (+51.000): Hier stieg beispielsweise die Zahl der Ärztinnen/Ärzte um 8.000 und die Zahl der Gesundheits- und Krankenpflegerinnen/-pfleger um 14.000.

In den sozialen Berufen war der Beschäftigungsanstieg von 11.000 zusätzlichen Stellen fast ausschließlich auf die Altenpflege zurückzuführen. In den anderen Berufen der Gesundheitswirtschaft (Verwaltungsfachleute und Reinigungskräfte usw.) kamen weitere 25.000 Arbeitsplätze mehr als 2009 dazu. Am 31. 12. 2010 arbeiteten rund 2,1 Millionen Beschäftigte in der ambulanten und weitere 1,9 Millionen Beschäftigte in der (teil-)stationären Gesundheitsversorgung. In den ambulanten Einrichtungen erhöhte sich die Beschäftigtenzahl gegenüber 2009 um 45.000, besonders in Praxen sonstiger medizinischer Berufe (+18.000) und in der ambulanten Pflege (+13.000). In den (teil-)stationären Einrichtungen stieg die Zahl der Beschäftigten insgesamt um 34.000. Die Zuwächse gab es vor allem in den Krankenhäusern (+17.000) und in der (teil-)stationären Pflege (+15.000). In den übrigen Einrichtungen des Gesundheitswesens stieg die Beschäftigtenzahl um insgesamt 12.000 auf rund 800.000 an. Auffallend: Von den 4,8 Millionen Beschäftigten in der Gesundheitswirtschaft waren 43,1 Prozent teilzeit- oder geringfügig beschäftigt. Dabei gewinnt der Pflegesektor immer mehr an Bedeutung. Die Pflegebranche als Teil des Gesundheitssektors beschäftigte schon 2008 rund 1,12 Millionen Menschen und damit mehr als die Auto-, die Elektroindustrie oder der Maschinenbau. Nach Angaben des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall arbeiteten im vergangenen Jahr im Schnitt rund 983.000 Beschäftigte Im Maschinenbau, 766.000 in der Autoindustrie und knapp 584.000 in der Elektrotechnik.

Gesundheit ist längst zur Ware geworden und der Medizinbetrieb ist Deutschlands größte Branche, sowohl nach Umsatz als auch nach Beschäftigtenzahl. 4,8 Millionen Menschen arbeiten für die Gesundheit und sorgten mit ihrer Arbeit letztes Jahr für einen Umsatz von mehr als 280 Milliarden Euro. Außer der Rüstungsindustrie steht keine Branche so stark unter staatlicher Fürsorge (Forschungsunterstützung, Bereitstellung von Infrastruktur usw.) wie das Gesundheitswesen: Mehr als drei Viertel aller Ausgaben entscheidet der Staat per Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen. Wen wundert da der in dieser Branche besonders wild wuchernde Lobbyismus? Und so wurde die Gesundheitswirtschaft eine äußerst profitable Wachstumsbranche. Auf multiple Weise versuchen daher immer mehr private Leistungsanbieter Anteile aus dem "sozialen Eigentum" der gesetzlich Krankenversicherten herauszuschlagen - und zwar immer erfolgreicher. Die Mühe lohnt sich, da locken respektable Profitmargen, wenngleich auch hier des Einen Profit des Anderen Verlust ist. Den erleiden vor allem die chronisch Kranken, die Alten und all jene, die sich keine private Zusatzversicherung leisten können. So ist es nur logisch, wenn die Behandlung der pflegebedürftigen Menschen durch das Pflegepersonal dem Gehalt der Pflegeberufe entspricht. Hier wird die kapitalistische Gesellschaft gespiegelt, kapitalstarke Pflegebedürftige, die privates Pflegepersonal einstellen können, gönnen sich eine 24stündige rundum Betreuung.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 44. Jahrgang, 1 vom 6. Januar 2012, Seite 4
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2012

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