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AUSLAND/2641: Nordost-Nigeria - Mangelernährung bei Kindern so verbreitet wie nie zuvor (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - 28. April 2023

Mangelernährung bei Kindern in Nordost-Nigeria so verbreitet wie nie zuvor


Maiduguri/Berlin, 28. April 2023. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen behandeln schon Wochen vor der saisonalen Nahrungsmittelknappheit eine noch nie dagewesene Zahl mangelernährter Kinder in den Ernährungszentren in Maiduguri. In der Hauptstadt des nigerianischen Bundesstaates Borno im Nordosten Nigerias hat die Organisation seit Beginn dieses Jahres mehr Patient*innen als jemals zuvor für diesen Zeitraum des Jahres aufgenommen. Es sind jede Woche zwei- bis dreimal so viele Patient*innen wie in den vergangenen Jahren.

"So etwas haben wir nicht erlebt, seit wir hier im Jahr 2017 Mangelernährung behandeln", sagt Htet Aung Kyi, medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen. Im therapeutischen Ernährungszentrum Nilefa Kiji wurden im Januar wöchentlich rund 75 Kinder wegen akuter Mangelernährung aufgenommen, das sind etwa dreimal so viele wie der Durchschnitt der vergangenen Jahre. Bis Anfang April 2023 ist die Zahl der Aufnahmen auf 150 Kinder pro Woche gestiegen, das sind etwa doppelt so viele wie in den vergangenen Jahren. "Und die Tendenz ist weiterhin steigend", erklärt Htet Aung Kyi.

Ärzte ohne Grenzen fordert eine sofortige Ausweitung der humanitären Hilfe. "Vergangenes Jahr schlugen wir im Juni Alarm, als die Zahl der Aufnahmen wegen der saisonalen Nahrungsmittelknappheit in die Höhe ging", sagt Htet Aung Kyi. "Dieses Jahr sind die Zahlen schon im April so hoch, obwohl wir noch Wochen von der Ernteknappheit entfernt sind. Die Uhr tickt. Wir müssen jetzt handeln, um eine Katastrophe zu abzuwenden."

In Maiduguri haben jahrelange Konflikte viele Menschen zur Flucht gezwungen. Sie leben in provisorischen Unterkünften oder Lagern. Für die meisten Menschen sind die Lebensbedingungen extrem schwierig. Ende 2021 wurden die humanitäre Hilfe sowie Nahrungsmittelhilfen gekürzt. Die Bargeldreform Ende 2022 hat außerdem eine Geldknappheit ausgelöst.

"Nahrungsmittelhilfe alleine wird nicht ausreichen", sagt Gabriele Santi, Projektkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Maiduguri. "Behörden und Hilfsorganisationen müssen sofort ihre Hilfe zur Bekämpfung der Mangelernährung verstärken und die Bettenkapazität in den therapeutischen Ernährungszentren erhöhen. Sie müssen aber auch die Lebensbedingungen in den Lagern und den Zugang der Menschen zur Gesundheitsversorgung verbessern. Dies muss mithilfe einer raschen Aufstockung und Koordinierung der Mittel unterstützt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Nahrungsmittel die Menschen erreichen. Bislang sind nur 16 Prozent der angeforderten Mittel gesichert. Auch das ist alarmierend."

Neben der Hilfe in Maiduguri sind die Teams von Ärzte ohne Grenzen auch an anderen Orten im Nordwesten Nigerias im Einsatz. Sie unterstützen 32 ambulante und zehn stationäre therapeutische Ernährungszentren in den Bundesstaaten Kano, Katsina, Kebbi, Sokoto und Zamfara. Im vergangenen Jahr behandelte Ärzte ohne Grenzen 147.860 Kinder mit akuter Mangelernährung im Nordwesten Nigerias.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen e. V. / Medecins Sans Frontieres
Pressemitteilung vom 28. April 2023
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 5. Mai 2023

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