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AUSLAND/1974: Schweiz - Studie weist eine Stabilisierung der Übergewichtsepidemie im Kanton Zürich nach (idw)


Universität Zürich - 12.07.2013

Trend zu Übergewicht gestoppt



Rund 400'000 Menschen im Kanton Zürich bringen zu viel Gewicht auf die Waage. Während die übrige Deutschschweiz weiterhin dicker wird, ist der Trend zu Übergewicht und Fettleibigkeit im Kanton Zürich jetzt gestoppt. Erstmals stagniert die Zahl der Übergewichtigen, wie Sozial- und Präventivmediziner der Universität Zürich belegen.

Mit 31 Prozent übergewichtigen oder fettleibigen (adipösen) Erwachsenen ist das Niveau im Kanton Zürich nach wie vor hoch, wenn auch etwas tiefer als in der übrigen Deutschschweiz. Regionale Unterschiede sind auch innerhalb des Kantons Zürich sichtbar, so sind Männer vor allem in der nördlichen Hälfte der Agglomeration Zürich (Limmattal, Glatttal, Furttal und Unterland) zu schwer. Bei den Frauen trifft dies für den eher ländlichen Osten des Kantons mit den Regionen Oberland, Weinland und Winterthur zu. Am wenigsten übergewichtige Männer leben in der Stadt Zürich, am wenigsten übergewichtige Frauen in den Seegemeinden und im Knonaueramt.

Die Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich zeigt weiter, dass Männer fast doppelt so häufig übergewichtig oder fettleibig sind als Frauen. Neben dem männlichen Geschlecht sind höheres Alter, niedriges Bildungsniveau und tiefes Einkommen sowie ein süd- oder osteuropäischer Migrationshintergrund Risikofaktoren für Übergewicht.

"Erfreulicherweise deuten die Zahlen aus dem Kanton Zürich auf eine Stabilisierung der Übergewichtsepidemie hin", erklärt Roland Stähli von Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich. Möglicherweise nimmt der Kanton Zürich die Entwicklung in der übrigen Deutschschweiz vorweg, denn in anderen Deutschschweizer Kantonen lässt sich dieser Trend bei Erwachsenen noch nicht so ausgeprägt ausmachen. Diese Stabilisierung hängt wahrscheinlich mit der verstärkten Prävention während der letzten zehn Jahre zusammen. "Wir können das zwar nicht beweisen, aber es gibt kaum andere plausible Gründe", sagt Stähli.

Jedes fünfte Kind zu schwer

Einmal erworbene Kilos sind erfahrungsgemäss nur schwer wieder loszuwerden. Deshalb stimmt bedenklich, dass in der Stadt Zürich jedes fünfte Kind von Übergewicht oder Adipositas betroffen ist - selbst wenn sich auch hier eine Stabilisierung abzeichnet. Ein Vergleich mit anderen Städten und Kantonen der Schweiz zeigt, dass in den Städten Zürich, Basel, Bern, Genf und Freiburg mehr übergewichtige Kinder und Jugendliche leben als in den ländlichen Kantonen Graubünden, Jura und Wallis. Es ist deshalb anzunehmen, dass auch im Kanton Zürich weniger Kinder aus ländlichen Regionen übergewichtig sind als in der Stadt.

Die Daten aus der Stadt Zürich zeigen, dass auch bei den Kindern die soziale Herkunft eine entscheidende Rolle spielt: Kinder aus sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen sind häufiger übergewichtig oder adipös. Ein Beispiel dafür sind die auf allen Klassenstufen ausgeprägten Unterschiede zwischen schweizerischen und ausländischen Kindern: Diese lassen sich bereits im Kindergarten feststellen, und in der 8. Klasse ist fast jeder dritte ausländische Schüler und mehr als jede vierte ausländische Schülerin übergewichtig oder fettleibig.

Nachhaltig Abnehmen ist schwierig

Zürcherinnen und Zürcher wissen recht gut, was die Ursachen von Übergewicht sind und wie sie überzählige Pfunde vermeiden oder bekämpfen können. Schwierigkeiten bereitet - nicht überraschend - die konkrete Umsetzung. Auch wenn jetzt eine Stabilisierung des Anteils Übergewichtiger festgestellt werden kann, ist damit erst ein labiler Zustand erreicht. Angesichts der anhaltenden Faktoren, die Übergewicht begünstigen wie z.B. steigende Verfügbarkeit von kalorienreichen Lebensmitteln, zunehmende Schreibtischtätigkeit oder wachsender motorisierter Verkehr, seien weitere Präventionsbemühungen notwendig, um die Folgekosten von Übergewicht sowie das persönliche Leid zu reduzieren, bilanziert das Institut für Sozial- und Präventivmedizin.

Gesundheitskosten von 1 Milliarde Franken

Übergewicht und Fettleibigkeit machen krank und können sich negativ auf Chancen im Berufsleben oder bei der Partnersuche auswirken. Sie verursachen aber auch hohe Gesundheitskosten durch die Behandlung von Folgekrankheiten und durch Erwerbsausfall. Gemäss Bericht ist mit Kosten von 900 Millionen bis einer Milliarde Franken jährlich im Kanton Zürich zu rechnen, wobei 600 Millionen Franken davon Behandlungskosten sind. Vor allem die Folgekosten für die Behandlung von Diabetes Typ 2, von Rücken- und Gelenkserkrankungen sowie von Bluthochdruck fallen stark ins Gewicht.

Rückhalt für Prävention

Gestützt auf diesen Bericht hat der Zürcher Regierungsrat Mitte Mai 2013 die Fortführung des Aktionsprogramms "Leichter leben. Gesundes Körpergewicht im Kanton Zürich" beschlossen. In den kommenden vier Jahren wird der Kanton gemeinsam mit Gesundheitsförderung Schweiz 20 Präventionsprojekte finanzieren, wobei die Zielgruppe auf 0- bis 16-Jährige beschränkt wurde. Wie zwei repräsentative Befragungen zeigten, befürworten rund zwei Drittel der Zürcher Bewohner/innen die kantonalen Massnahmen gegen Übergewicht. Ein Viertel findet, der Kanton mache zu wenig, 6 Prozent gaben an, dass zu viel getan wird, oder dies nicht Sache der Behörden sei.


Kontakt
Roland Stähli
Beauftragter des Kantons Zürich für Prävention und Gesundheitsförderung
Institut für Sozial und Präventivmedizin der Universität Zürich
E-Mail: rst@ifspm.uzh.ch

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mediadesk.uzh.ch
Medienmitteilung


Adipositas und Übergewicht
Übergewicht und Adipositas werden meistens mit dem Körper-Masse-Index BMI definiert. Der BMI ist das Verhältnis von Körpergewicht (in Kilogramm) zum Quadrat der Körpergrösse (in Metern). Ein BMI von 18,5-24,9 gilt als Normalgewicht, ein BMI von 25-29,9 als Übergewicht und ein BMI von über 30 gilt als Adipositas.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution94

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Zürich, Beat Müller, 12.07.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2013