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AUSLAND/1805: Malaysia - Unpopulärer Plan, Regierung will Gesundheitswesen privatisieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Februar 2012

Malaysia: Unpopulärer Plan - Regierung will Gesundheitswesen privatisieren

von Baradan Kuppusamy


Kuala Lumpur, 28. Februar (IPS) - In Malaysia soll das Gesundheitssystem privatisiert und die Bürger künftig an den Behandlungskosten beteiligt werden. Der Plan hat im Vorfeld der Wahlen, die für Mitte des Jahres erwartet werden, eine heftige Kontroverse ausgelöst.

Im Februar wurden Einzelheiten des Programms 'ICare' bekannt, das die Regierung Ärzten vertraulich zukommen lassen hatte. Bislang gibt der Staat jährlich umgerechnet etwa 11,2 Milliarden US-Dollar für das Gesundheitswesen aus. Den Ärzten zufolge sollen die Menschen künftig ein Zehntel ihrer Löhne und Gehälter zubuttern.

Das bisherige Gesundheitssystem besteht aus einem landesweiten Netzwerk aus staatlichen Krankenhäusern und Pflegekräften und gibt allen Malaysiern Zugang zu kostengünstiger und effizienter Versorgung.

"Warum soll man verbessern, was einwandfrei funktioniert?" fragte Ng Swee Choon, stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Privatmediziner, der die Neuregelung ablehnt. Die Betreuung von Patienten in Malaysia sei exzellent. Dies habe auch die Weltgesundheitsorganisation WHO anerkannt, erklärte er kürzlich auf einem Fachtreffen. Fast 90 Prozent der Bevölkerung lebten in höchstens fünf Kilometern Entfernung zu einer der staatlichen Kliniken.


Regierung: Gesundheit wird immer teurer

Die Regierung rechtfertigt ihre Pläne damit, dass die Gesundheitskosten täglich steigen. "Jeder hat Anspruch auf die gleiche Behandlung. Es wird keinen Unterschied zwischen einem privaten und staatlichen System geben", versicherte Gesundheitsminister Liow Tiong Lai.

Zurzeit werden 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das Gesundheitswesen aufgewendet. Die WHO empfiehlt acht oder neun Prozent. Wohlhabende Malaysier begeben sich bereits in die teuren, gut ausgestatteten Privatkliniken, die überall im Land gegründet wurden. Die staatlichen Krankenhäuser sind zwar günstiger, aber stets überfüllt und weniger gut ausgerüstet.

ICare soll nun die Finanzmittel unter dem Dach der Nationalen Gesundheitsbehörde NHC bündeln. Diese soll für die Zahlung der Behandlungskosten, die Überweisung der Patienten und die Reglementierung der Behandlungen zuständig sein.

Die Menschen befürchten jedoch, dass es in der NHC vor allem zu Vetternwirtschaft und Missmanagement kommen wird. "Die Korruption wird überhand nehmen", meinte der Parlamentsabgeordnete Michael Jeyakumar von der kleinen Sozialistischen Partei Malaysias.

Gesundheitsminister Liow warf wiederum der Opposition vor, "falsche" Einzelheiten über ICare zu verbreiten und die Bevölkerung absichtlich zu verunsichern. Dass der obligatorische Beitragssatz zu dem neuen System bei zehn Prozent liegen solle, stimme nicht, sagte er kürzlich der Zeitung 'The Star'. Weder das Gesundheitsministerium noch Ministerpräsident Najib Razak sind aber bisher bereit, alle Details ihrer Pläne zu veröffentlichen. Die Malaysier wurden stattdessen dazu aufgefordert, nicht über die bevorstehenden Änderungen zu spekulieren.


Kontroverse droht Regierungsbündnis vor Wahlen zu schaden

Das Oppositionsbündnis 'Pakatan Rakyat' drängt die Wähler, gegen die regierende Nationale Front zu stimmen. Dieser Partei könne das Geld der Bevölkerung nicht anvertraut werden, sagte auch Jeyakumar. Die Nationale Front wird von der UMNO ('United Malay National Organisation') dominiert, die seit der Unabhängigkeit 1957 ununterbrochen an der Regierung beteiligt ist.

Ihre Kritiker gehen davon, dass eine Privatisierung des Gesundheitswesens der UNMO-Partei erheblich schaden wird. Einen Dämpfer erhielt die Partei bereits bei den Wahlen 2008, als fast 49 Prozent für Pakatan Rakya stimmten. An der Spitze des Bündnisses steht der ehemalige Regierungschef Anwar Ibrahim. Beobachter sehen beide Koalitionen vor den Wahlen als gleich stark. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Februar 2012