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AUSLAND/1761: Sierra Leone - Über eine Gratis-Hotline finden Frauen mit Geburtsfisteln Hilfe (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. November 2011

Sierra Leone: Über eine Gratis-Hotline finden Frauen mit Geburtsfisteln Hilfe

von Grit Porsch


Berlin, 24. November (IPS) - Alle paar Minuten klingelt Zainab Blells Handy. Die Krankenpflegerin, die im Aberdeen-Frauenzentrum in Sierra Leones Hauptstadt Freetown arbeitet, bedient zusammen mit zwei Kolleginnen eine kürzlich geschaltete, kostenlose Hotline für Frauen, die an einer Geburtsfistel (Vesicovaginale Fistel - VVF) leiden und Hilfe suchen. Das Zentrum ist die landesweit einzige medizinische Einrichtung, die Betroffene operiert und fachgerecht behandelt.

Ohne eine Operation der bei tagelangen Wehen ohne medizinische Hilfe entstehenden Verletzungen des Geburtskanals bleiben die meist sehr jungen Mütter inkontinent und werden wegen ihres Leidens sozial ausgegrenzt. Schätzungen zufolge ist in dem verarmten westafrikanischen Land, in dem es nur 137 ausgebildete Hebammen und 16 für Notfälle eingerichtete Geburtskliniken gibt, jede achte Frau betroffen. Die Müttersterblichkeit ist ebenso hoch.

Unmittelbar nach der Freischaltung der Telefonhotline mit der Nummer 555 unterstützte der Rundfunk die Initiative mit umfassenden medizinischen Informationen in den im Land am weitesten verbreiteten Sprachen Englisch und Krio. Die Hotline wird von der privaten 'Gloag Foundation', der US-amerikanischen Entwicklungshilfeagentur (USAI), dem UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) und der Telefongesellschaft 'Airtel' finanziert.

Mehr als 8.000 Anrufer haben allein im Oktober die kostenlose Nummer gewählt. Auch wenn relativ wenige Anrufer zur eigentlichen Zielgruppe gehörten, ist Jude Holden, die Leiterin des Zentrums, zufrieden mit dem Anfangserfolg des Projektes. "Schon 90 betroffene Frauen haben sich an uns gewandt", berichtete sie dem UN-Nachrichtendienst IRIN.


Nach der Operation den Schulabschluss nachholen

Als Kadiatu Ngegba und ihr Mann in Njala im südlichen Bezirk Moyamba die Informationssendung im Radio hörten, riefen sie sofort in Freetown an. Die 24-jährige Mutter hatte als 15-Jährige die Totgeburt ihres ersten Kindes nur knapp überlebt und jahrelang unter einer Geburtsfistel und der Ausgrenzung durch ihre Familie gelitten. 2006 wurde sie operiert, doch als sie ihr zweites Kind ohne Kaiserschnitt zur Welt brachte, brach die Verletzung wieder auf. Jetzt wartet sie im Aberdeen-Zentrum auf eine weitere Operation. "Wenn ich geheilt bin, schickt mein Mann mich wieder zur Schule, damit ich meinen Abschluss mache", sagte sie.

Armut, Bildungsmangel und die unzureichende medizinische Aufklärung und Versorgung sind nach Ansicht von Sarah Walker, die das VVF-Programm des Aberdeen-Frauenzentrums in der Hauptstadt leitet, dafür verantwortlich, dass so viele Frauen an Geburtsfisteln leiden. "Viele junge Mädchen werden schwanger, noch bevor ihre körperliche Reife abgeschlossen ist", stellte sie fest.

S. A. S. Kargbo, Leiter der Abteilung für Familienplanung des Gesundheitsministeriums, lobt die Einrichtung der kostenlosen Telefonhotline. "Sie hilft uns sehr, betroffene Frauen zu finden und ihr Problem zu behandeln", sagte er IRIN.

Die Regierung in Freetown arbeitet derzeit an einer gesundheitspolitischen Strategie zur Prävention und Behandlung von Geburtsfisteln. Das Projekt soll 2012 an den Start gehen. (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.freedomfromfistula.org.uk/
http://www.unfpa.org/
http://www.irinnews.org/report.aspx?reportid=94280

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2011