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GESUNDHEIT/905: Yoga - Mehr Energie und Gelassenheit (Securvital)


Securvital 1/2011 - Januar/Februar
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

Yoga für Körper, Geist und Seele
Mehr Energie und Gelassenheit

Von Katharina Bogisch


Kraft schöpfen, Gelassenheit üben, mit sich ins Reine kommen: Yoga geht weit über Fitness und Muskelkraft hinaus. Regelmäßiges Üben stärkt Selbstbewusstsein und Vitalität und schafft einen Ausgleich zu den Belastungen des Alltags.


Es muss ja nicht gleich der Lotossitz oder der Kopfstand sein. Auch bei der schlichten Vorwärtsbeuge im Sitzen macht man schnell die Erfahrung, wo Muskeln, Sehnen und Gelenke ihre Grenzen haben. Genau so soll es sein, erklärt Yoga-Lehrer Karl Lüneberger seinen zwölf Schülern, die im hellen Übungsraum des Yoga-Vidya-Zentrums an der Nordseeküste ihre Morgenübungen machen. "Spürt, wo die Grenzen sind. Lasst euch auf das Gefühl der Dehnung ein. Entspannt euch dabei, lasst euch mit der Atmung in die Stellung hineinsinken und atmet tief und ruhig."

Genau darauf läuft es hinaus: Alles Dehnen, Strecken, Üben zielt darauf ab, zur Ruhe zu kommen und sich zu entspannen. Das erfahren die Yoga-Anfänger, wenn sich nach den ungewohnten Übungen der ersten Stunden ein wohliges Gefühl von Geschmeidigkeit einstellt. Das erleben auch die Fortgeschrittenen, die gezielte Atemübungen praktizieren und in komplizierteren Yoga-Stellungen den Ruhepunkt finden.

"Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen und Stillwerden der Aktivitäten des Geistes."
Patanjali, der altindische "Vater des Yoga"

Yoga-Übungsanleitungen und Kurse sind so vielseitig, dass jeder für sich herausfinden kann, was dem eigenen Körper gut tut. Akrobatik ist ausdrücklich nicht das Ziel. Am Anfang lernt man einige Lockerungsübungen und leichte Stellungen. "Das sind einfache Übungen, die aber bereits große Heilwirkungen auf den gesamten Organismus haben", berichtet die Hamburger Yoga-Lehrerin Andrea Christiansen. Der Wechsel von Anspannung, Halten und Entspannung stärkt die Muskeln, entwickelt mehr Körperbewusstsein und kräftigt den gesamten Bewegungsapparat.

Wichtig ist eine regelmäßige Wiederholung. Es macht die Sache leichter, dass man dafür nichts braucht außer bequeme Kleidung und vielleicht noch eine rutschfeste Unterlage. Morgens nach dem Aufstehen, in der Mittagspause, abends oder im Urlaub: Wer die Grundtechniken beherrscht, kann täglich und überall üben.

Fünf Millionen Menschen in Deutschland machen regelmäßig Yoga. Dabei stehen Gesundheitsvorsorge, innere Balance, Fitness und Vitalität im Vordergrund: Ein neues Körpergefühl, Geschmeidigkeit und Kraft. Beim Yoga werden Muskeln, Bänder, Gelenke und Wirbelsäule gekräftigt. Kein Wunder, dass Yoga-Kurse mittlerweile flächendeckend in Sportvereinen, Fitness-Studios und VHS-Kursen angeboten werden. Der Verein "Yoga Vidya", eine der aktivsten und renommiertesten Yoga-Organisationen in Deutschland, sieht den Nutzen von Yoga noch umfassender: "Die Yoga-Übungen dienen dem Ziel, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen und dadurch das Leben des Menschen zu harmonisieren".

Yoga ist heilsam, kein Zweifel. Das geht weit über Fitness und Muskelkraft hinaus. "Von den Teilnehmern meiner Kurse höre ich immer wieder, dass sie gern jeden Tag etwas für sich tun möchten, um den Belastungen des Alltags entgegenzuwirken, der Nervosität, den Rückenschmerzen und dem Stress", hat die Berliner Yoga-Lehrerin und Buchautorin Anna Trökes beobachtet. Entspannung, Stress abbauen, zur Ruhe kommen, Burnout vorbeugen, Regeneration, Vitalität, ein positiveres Lebensgefühl - das sind tiefer gehende Ziele beim Yoga.

"Yoga ist keine Frage von Gelehrsamkeit. Aufrichtigkeit, Regelmäßigkeit und Geduld garantieren letztendlich den Fortschritt."
Swami Vishnu-Devananda

Auch die wissenschaftliche Medizin erkennt zunehmend den Wert von Yoga, für die Gesundheitsvorsorge ebenso wie in der Therapie von Krankheiten. "Die weit überwiegende Mehrheit aller bekannten seriösen wissenschaftlichen Studien belegt durchweg positive Wirkungen einer qualifiziert angeleiteten und regelmäßig ausgeübten Yoga-Praxis", betont der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY).

Die Berliner Ärztin Dr. Imogen Dalmann sieht das in ihrer medizinischen Praxis bestätigt. Sie hat Yoga gegen Rückenschmerzen, Bluthochdruck und Kopfschmerzen erprobt und beste Erfahrungen damit gemacht. Allerdings weist sie als erfahrene Ärztin auch darauf hin, dass bei akut bestehenden Krankheiten vor Beginn einer Yoga-Therapie der Rat von medizinischen Fachleuten eingeholt werden sollte. Gute Yoga-Lehrer klären bei neuen Schülern ab, ob Erkrankungen wie Blutdruck- oder Rückenprobleme, psychische Beschwerden oder Herz-Kreislauf-Probleme vorliegen.


Verbindung mit Ayurveda

Zur Prävention und Erhaltung der Gesundheit wird Yoga nachdrücklich empfohlen, zuweilen in Verbindung mit Tai-Chi, Qigong, Ayurveda und Meditationen. "Yoga bewährt sich seit Jahrhunderten als psychosomatisches Übungssystem für Gesundheit und bewusste Lebensgestaltung", betont Dr. Ellis Huber, Vorstand der SECURVITA Krankenkasse. Die SECURVITA fördert Yoga in umfassender Weise als moderne und ganzheitliche Maßnahme zur Prävention. Dazu gehören die Zuschüsse für Yoga-Kurskosten bis 75 Euro pro Jahr. Zusätzlich motivierend sind die wertvollen Bonuspunkte für SECURVITA-Versicherte. Außerdem unterstützt die SECURVITA als "Beste Kasse für Naturheilverfahren" auch Yoga-Kurse für Schwangere und bezieht Yoga in die betriebliche Gesundheitsförderung mit ein. Weitere Präventionsangebote mit Kooperationspartnern kommen noch hinzu.


10.000 Yoga-Lehrer

Wie stark das Bedürfnis nach Gelassenheit, innerem Frieden und positiver Kraft hierzulande geworden ist, lässt sich an der schnell steigenden Zahl von Yoga-Lehrern und Kursleitern ablesen. Weit über 10.000, so schätzt man, gibt es in Deutschland. Qualifizierte Ausbildungen bieten z.B. der "Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland" (www.yoga.de), der "Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer/innen" (www.yoga-vidya.de) und der "Verein zur Förderung des Menschen durch Yoga" (www.3ho.de). Außerdem gibt es den Deutschen Yoga Dachverband (www.dyv.de).

Erfahrene Yoga-Lehrer raten dazu, eigenes Üben und einen angeleiteten Kurs zu kombinieren. Das erleichtert den Einstieg und hilft, mit der nötigen Disziplin weiterzumachen. Denn ganz ohne Anleitung und Durchhaltevermögen geht es wohl nicht. "Der Umgang mit dem eigenen Körper ist genauso mühsam wie Geige spielen lernen", meint Anna Trökes.

"Ob man jung, im mittleren oder fortgeschrittenen Alter ist, sogar wenn man krank oder schwach ist - jeder kann mit der Praxis des Yoga beginnen."
Hatha-Yoga Pradipika

Zuweilen täuscht der Eindruck, den manche Fotobände, Filme und Reportagen etwa über Yoga-Anhänger in Hollywood vermitteln. Keineswegs ist Yoga nur geeignet für Junge, Gesunde, Schlanke und Durchtrainierte. Die meisten Yoga-Interessenten sind nach Angaben von Yoga-Lehrern zwischen 30 und 55 Jahren alt. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Einige Yoga-Schulen bieten auch Kurse für Kinder an, für Schwangere, für Frauen in den Wechseljahren, für Senioren und zuweilen auch Kurse mit dem aufmunternden Titel "Yoga für Unbewegliche".

"Yoga ist für jeden Menschen als Übungsweg geeignet, der an sich arbeiten will", betont Sukadev Bretz, der Gründer und Leiter von Yoga Vidya. Yoga kann das Leben bereichern und alte Gewohnheitsmuster in Bewegung bringen, indem Selbstbewusstsein und Vitalität gestärkt werden.


Innere Achtsamkeit

"Das Wichtigste ist wahrscheinlich, dass uns Yoga als Übungsweg das Gefühl geben kann, selbst etwas tun zu können, wenn wir uns in irgendeiner Weise ändern wollen", meint Anna Trökes. "Wir müssen also nicht mehr warten, dass von außen Hilfe auf uns zukommt, sondern wir können jetzt beginnen, wesentliche Aspekte unseres Lebens mitzugestalten und unseren Lebensweg bewusster und achtsamer zu gehen."

Regelmäßiges Üben steigert den Erfolg. Yoga Vidya empfiehlt, täglich Yoga zu praktizieren und einmal pro Woche einen Yoga-Kurs zu besuchen, um in Gemeinschaft zu üben und in Kontakt mit einem Lehrer oder einer Lehrerin zu bleiben. Akrobatische Vorkenntnisse sind nicht notwendig. Bei den Übungen kommt es weniger auf Körperkraft oder Beweglichkeit als vielmehr auf eine Art von innerer Achtsamkeit an. Das gilt für einfache Grundstellungen ebenso wie für den aufwärmendem Sonnengruß oder die anspruchsvollen Stellungen für Fortgeschrittene. Die Übungen sollen konzentriert, aber ohne überflüssige Anstrengung ausgeführt werden - im Idealfall ein angenehmes Verweilen in Stabilität und Leichtigkeit.


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Von Hatha bis Kundalini

Yoga-Stile

Der Ursprung ist gleich, der Stil verschieden. Im Lauf der Zeit wurden unterschiedliche Yoga-Variationen entwickelt.

Yoga wird seit mindestens 3.500 Jahren in Indien praktiziert, in Europa und den USA dagegen erst in den vergangenen Jahrzehnten "entdeckt" und verbreitet. Doch unabhängig von Nationalität, Kultur oder religiösem Hintergrund kann jeder Mensch Yoga praktizieren. "Yoga ist eine Art zu leben, eine Philosophie, keine Religion. Das Ziel des Yoga ist es, den Menschen zu vervollkommnen", so beschreibt es Sukadev Bretz, Vorsitzender des Vereins Yoga Vidya. Dieser ist in Deutschland besonders aktiv in der Ausbildung von Yoga-Lehrerinnen und -Lehrern, unterhält das größte Yoga-Lehrzentrum in Deutschland und ist bundesweit in rund 80 Städten vertreten.

Großen Einfluss auf die Verbreitung des Yoga im 20. Jahrhundert hatte Swami Sivananda, in dessen Tradition auch Yoga Vidya steht. Der 1887 in einer vornehmen indischen Familie geborene Sivananda war zunächst Arzt und gründete dann in Rishikesh am Fuße des Himalayas einen Ashram. Er lehrte einen ganzheitlichen Yoga, der die verschiedenen Yoga-Arten zusammenführte. Zu seinen Schülern zählte Swami Vishnu-Devananda, der Yoga auch im Westen bekannt machte.


Was ist Glück?

Hatha-Yoga ist der in Europa bekannteste Teil des Yoga. Er umfasst die körperorientierten Techniken wie die Yoga-Stellungen (Asanas), die Atemübungen (Pranayama) und Tiefenentspannungstechniken.

Raja-Yoga umfasst die Arten des mentalen Trainings und der Meditation. Übungen des Raja-Yoga umfassen Achtsamkeit, Selbstbeobachtung und verschiedene Meditationstechniken.

Jnana-Yoga ist der Yoga des Wissens, sozusagen der philosophische Teil des Yoga, und stellt Fragen wie: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens? Was ist Glück?

Kundalini-Yoga ist eine vergleichsweise spirituelle Richtung und geht davon aus, dass in jedem Menschen eine ätherische Kraft (Kundalini) existiert, die durch meditative Yoga-Techniken freigesetzt werden soll.

Mit dem Aufstieg des Yoga im Westen kamen in den jüngsten Jahrzehnten weitere Yoga-Stile und Variationen hinzu, wie etwa Power-Yoga oder Ashtanga-Yoga. Letzteres ist eine körperbetonte Variante mit klassischen Stellungen. Die Bewegungen werden schneller und sportlicher ausgeführt als die des Hatha-Yoga und erfordern ein gewisses Maß an Kondition. Für Untrainierte ist dieser Stil weniger geeignet. Bikram-Yoga, ebenfalls ein körperlich fordernder Stil, ist extrem schweißtreibend. Die Übungen werden bei hohen Raumtemperaturen von bis zu 40 Grad ausgeübt.

Welche Yoga-Variante man praktiziert, hängt in erster Linie von den eigenen Bedürfnissen und Zielen ab: Körperbetonte Yoga-Stile fördern Kondition und Leistungsfähigkeit, meditative die geistige Ausgeglichenheit.

Katharina Bogisch


EMPFEHLENSWERTE INFOS

Sivananda Yoga Zentrum (Hrsg.): Besser leben mit Yoga: Das
ganzheitliche Programm für zu Hause.

Dorling Kindersley Verlag 2010, 256 Seiten, 19,95 €

Der Weg des Yoga. Handbuch für Übende und Lehrende, hrsg. vom Berufsverband Deutscher Yogalehrer.
Verlag Via Nova, 2007, 392 Seiten 29,80 €

Yoga Mittelstufe: DVD mit der vollständigen Grundreihe (2010).
Erhältlich beim Yoga Vidya-Verlag, www.yoga-vidya.de, 12,80 €

Anna Trökes: Das große Yoga-Buch. Gräfe & Unzer 2010, 216
Seiten, 29,99 €


WEITERE INFORMATIONEN

Über Yoga-Kurse, Adressen von Yoga-Lehrerinnen und -Lehrern und Ausbildungswege informieren die bundesweiten Fachverbände:

• BYV (Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer/innen), Wällenweg 42, 32805 Horn-Bad Meinberg, Tel. 05234 / 870,
Internet www.yoga-vidya.de
• BDY (Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland), Jüdenstr. 37, 37073 Göttingen, Tel. 0551 / 7977440,
Internet www.yoga.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Strecken, Dehnen, Balance halten: Jede Yoga-Haltung spricht verschiedene Bereiche des Körpers an.
- Die meditative Seite von Yoga: Aufmerksamkeit bis in die Fingerspitzen.
- Auch in der Schwangerschaft: Viele Hebammen bieten Yoga für Schwangere an.
- Keine Altersbeschränkung: Viele Yoga-Übungen sind für Kinder wie Erwachsene gleichermaßen geeignet.


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Quelle:
Securvital 1/2011 - Januar/Februar, Seite 6 - 11
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA GmbH - Gesellschaft zur Entwicklung
alternativer Versicherungskonzepte
Redaktion: Norbert Schnorbach (V.i.S.d.P.)
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Internet: www.securvita.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2011