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TRANSPLANTATION/518: Forschung - Können Tierorgane irgendwann einmal helfen, Menschenleben zu retten? (idw)


Ludwig-Maximilians-Universität München - 05.04.2016

Xenotransplantation: Herzspende aus München


Können Organe aus dem Tier irgendwann einmal helfen, Menschenleben zu retten? LMU-Forscher haben jetzt ein Schweineherz so modifiziert, dass es im Tiermodell immerhin gut zweieinhalb Jahre lang schlagen konnte, ohne abgestoßen zu werden.

Tausende Menschen warten derzeit allein in Deutschland auf ein lebensrettendes Spenderorgan. Doch ob Herz, Leber, Lunge oder Niere - der Bedarf übersteigt bei Weitem die Zahl der Organe, die zur Verfügung stehen. Seit Langem forschen Wissenschaftler in aller Welt daran, Organe aus Tieren als Ersatz nutzbar zu machen. Allerdings gibt es bislang kaum überwindbare Hürden, vor allem sind es die Abstoßungsreaktionen, die verhindern, dass ein fremdes Organ im Körper auf Dauer überleben kann. Jetzt ist es Forschern der National Institutes of Health (NIH) in Bethesda, USA, gelungen, ein Schweineherz im Körper eines Affen 945 Tage schlagen zu lassen - mehr als doppelt so lange wie in allen Versuchen jemals zuvor. Mit einer vergleichsweise einfachen und wenig toxischen Behandlung haben sie das Immunsystem des Affen so weit unterdrückt, dass es das implantierte Herz nicht abstößt. Davon berichten die Forscher im renommierten Fachmagazin Nature Communications.

Beteiligt an den Arbeiten sind auch Forscher vom Genzentrum der LMU: Eckhard Wolf, Inhaber des Lehrstuhls für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie, und sein Mitarbeiter Nikolai Klymiuk haben Schweine genetisch so verändert, dass sich ihr Herz besonders gut für eine solche Transplantation eignet. Schweine könnten sich für den Menschen als potenzielle Organspender erweisen, weil ihr Stoffwechsel dem des Menschen weitgehend ähnelt.

Die Modifikation der Spenderschweine, die die LMU-Forscher vorgenommen haben, verhindert, dass das Blut von Primaten, wenn es durch die Gefäße im Schweineherz fließt, Gerinnsel bildet. Für diesen Prozess spielen das Thrombin im Blut und das Thrombomodulin auf den Blutgefäßzellen eine wichtige Rolle. Wenn sie aneinander binden, wird eine gerinnungshemmende Substanz, das sogenannte Protein C, aktiviert. Bei der Transplantation eines fremden Organs ist dieser Schritt jedoch gehemmt, weil das Thrombin des Affen in Verbindung mit dem Thrombomodulin vom Schwein nicht ausreichend in der Lage ist, Protein C zu aktivieren. Dadurch kommt es mit der Zeit zur Ausbildung von Thromben, was wiederum die Abstoßung beschleunigt. Die LMU-Forscher haben genetisch mehrfach veränderte Schweine generiert, die auf ihren Blutgefäßzellen das menschliche Thrombomodulin haben. Damit konnten sie das Problem der unerwünschten Blutgerinnung im transplantierten Schweineherz lösen. Wissenschaftler in den USA haben ähnliche genetische Veränderungen durchgeführt, aber das in der NIH-Studie am längsten überlebende Herz hatte die von den LMU-Wissenschaftlern entwickelte genetische Modifikation.

Wolfs Gruppe ist beteiligt an dem Sonderforschungsbereich zur Xenotransplantation, den die Deutsche Forschungsgemeinschaft in Dresden, Hannover und München fördert. Sprecher des SFB ist der Herzchirurg Professor Bruno Reichart vom Klinikum der LMU.


Publikation:
Muhammad M. Mohiuddin et.al.:
Chimeric 2C10R4 anti-CD40 antibody therapy is critical for long-term survival of GTKO.hCD46.hTBM pig-to-primate cardiac xenograft
http://www.nature.com/ncomms/2016/160405/ncomms11138/full/ncomms11138.html
Nature Communications 2016

Kontakt:
Prof. Dr. Eckhard Wolf
Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie
Genzentrum der LMU
E-Mail: ewolf@lmu.de
http://www.wolf.genzentrum.lmu.de/

Sonderforschungsbereich zur Xenotransplantation:
http://www.klinikum.uni-muenchen.de/SFB-TRR-127/de/index.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution114

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 05.04.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2016

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