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MELDUNG/864: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 14.10.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  World Health Summit - Kampf gegen Antibiotikaresistenzen
→  Spitzenforschung gegen die wachsende Antibiotika-Resistenz von Bakterien
→  Bessere Zahnfüllungen durch neue Polymere


World Health Summit - 12.10.2015

Kampf gegen Antibiotikaresistenzen

"Wenn wir im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen nicht bald handeln, bedeutet dies das Ende der modernen Medizin." Mit diesem Weckruf von Dame Sally C. Davies (Chief Medical Officer for England) begann am heutigen Montag der zweite Tag des World Heath Summit. Das Problem brachte BT Slingsby (CEO, Global Health Innovative Technology Fund, Japan) auf den Punkt: "Bisher fehlt der kommerzielle Anreiz, neue Antibiotika zu entwickeln, zu testen und zu vermarkten."

Wie die UN-Nachhaltigkeitsziele umgesetzt werden können, diskutierten anschließend Experten wie Dagfinn Hoybråten (Vorstandsvorsitzender, Gavi, The Vaccine Alliance, Schweiz), Mark Dybul (Executive Director, The Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria, USA) und Freda C. Lewis-Hall (Chief Medical Officer, Pfizer Inc., USA) im vollbesetzten Weltsaal. Die Nachhaltigkeitsziele seien eine große Chance, müssten nun aber auch aktiv verfolgt werden. "Die Länder stehen in der Verantwortung," erklärte Hoybråten. "Der größte Fehler wäre es, einfach weiterzumachen wie bisher", warnte Dybul.

Sind "Digital Health" und "Big Data" die Gesundheitsversorgung der Zukunft? EU-Kommissar Günther H. Oettinger betonte die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung für die Gesundheitsversorgung. "Durchbrüche in der Hirnforschung", so Nobelpreisträger Thomas C. Südhof, "sind nur mit sehr großer Rechenleistung zu erreichen." Die eigentliche Herausforderung, so Luka Mucic (CFO und COO der SAP SE) liege im Umgang mit großen Daten: "Wir müssen aus big data auch smart data entwickeln." Schon heute seien zwei Drittel der digitalen Daten Gesundheitsdaten.

Am dritten und letzten Tag des World Health Summit, am morgigen Dienstag, geht es um Themen wie Ebola, nichtübertragbare Krankheiten und den Einfluss von Klimawandel auf Gesundheit. Um 17 Uhr wird die Abschlusserklärung des World Health Summit, das M8 Statement mit Handlungsempfehlungen zur Sicherheit der weltweiten Gesundheitsversorgung, präsentiert.

Der siebte World Health Summit findet derzeit (11.-13. Oktober) im Auswärtigen Amt in Berlin statt und steht unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident François Hollande und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Erwartet werden 2.000 Teilnehmer aus über 90 Ländern. Zentrale Themen sind: die Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen, Antibiotika-resistente Keime, Big Data, sowie die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels (in Vorbereitung auf die UN-Klimakonferenz im Dezember in Paris).

• Mehr Informationen zu Themen und Sprechern des World Health Summit 2015:
www.worldhealthsummit.org/the-summit/program
www.worldhealthsummit.org/the-summit/speakers

Der gesamte World Health Summit ist presseöffentlich. Akkreditierung:
www.worldhealthsummit.org/press-media/accreditation

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.worldhealthsummit.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1727

Quelle: World Health Summit, Tobias Gerber, 12.10.2015

Raute

Universität Bayreuth - 12.10.2015

Spitzenforschung gegen die wachsende Antibiotika-Resistenz von Bakterien

Eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Paul Rösch an der Universität Bayreuth wird in den nächsten Jahren die Mechanismen untersuchen, mit denen sich Bakterien vor antibiotischen Wirkstoffen schützen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit mehr als 500.000 Euro.

"Die Antibiotika gehen uns aus!" - schon seit geraumer Zeit warnen Ärzte und Wissenschaftler vor dieser Entwicklung. Immer häufiger kommt es in Krankenhäusern zu Infektionen, weil die Möglichkeiten zur Bekämpfung von Mikroben nicht ausreichen. Weltweit wächst die Zahl der Patienten, die Bakterien schutzlos ausgeliefert sind, weil es keine Behandlungsmöglichkeiten mit wirksamen Antibiotika gibt. Ein Grund hierfür ist der häufige Gebrauch dieser Mittel. Er führt dazu, dass Bakterien sich an diese Substanzen gewöhnen und deren antibiotische Wirkung abschwächen oder vermeiden können. Indem Bakterien ihre zelluläre Zusammensetzung und ihre Lebenszyklen ändern, gelingt es ihnen, selbst hohe Dosierungen antibiotischer Wirkstoffe zu überleben. Das Ergebnis sind multiresistente Bakterienstämme, gegen die bisherige Antibiotika wirkungslos sind.

"Das Übel an der Wurzel packen"

An dieser Stelle setzt ein neues Projekt an, das eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Paul Rösch an der Universität Bayreuth in den nächsten Jahren bearbeiten wird. Es will bisher unbekannte Mechanismen, mit denen Bakterien ihr Überleben sichern, aufdecken und auf molekularer Ebene analysieren. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse werden sich neuartige Ansätze entwickeln lassen, um die zunehmende Antibiotika-Resistenz von Bakterien nachhaltig zu bekämpfen. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die bakterielle RNA-Polymerase. Dieses Enzym ist entscheidend für die Bildung von Proteinen in den Bakterien auf der Grundlage der Erbinformationen.

"Unser Forschungsvorhaben zielt also nicht darauf ab, angesichts der wachsenden Widerstandsfähigkeit von Bakterien immer neue Antibiotika mit den immer gleichen Angriffspunkten zu finden. Die Tatsache, dass die Einführung des letzten neuen antibiotischen Wirkstoffes bereits 30 Jahre zurückliegt, zeigt, dass ein solcher Ansatz wohl wenig erfolgversprechend wäre", erklärt Prof. Rösch. "Stattdessen wollen wir jetzt das Übel an der Wurzel packen. Es geht uns darum, bisher unbekannten molekularen Mechanismen in Bakterien und damit neuen Zielen für Antibiotika auf die Spur zu kommen. In Bayreuth haben wir dafür hervorragende technische Voraussetzungen." Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit insgesamt über 500.000 Euro.

International vielbeachtete Forschungserfolge

Die Forschungsgruppe um Prof. Rösch am Lehrstuhl für Biopolymere befasst sich schon seit vielen Jahren intensiv mit Strukturen und Wechselwirkungen von Proteinen, die für das Überleben von Bakterien von zentraler Bedeutung sind. Mit modernsten spektroskopischen Geräten und Verfahren sind die Bayreuther Wissenschaftler dabei zu Erkenntnissen vorgedrungen, die in der internationalen Fachwelt großes Echo ausgelöst haben. So ist es ihnen beispielsweise gelungen, Mechanismen der bakteriellen Vermehrung zu entdecken und Strukturen der daran beteiligten Proteine aufzuklären. Um die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten bakterieller Zellen besser untersuchen zu können, wurden Methoden entwickelt, die neue und präzisere Einblicke in diese Prozesse ermöglicht haben.

Spitzentechnologie auf dem Bayreuther Campus

"Alle diese Forschungserfolge wären nicht möglich gewesen ohne den intensiven Einsatz der NMR, also der magnetischen Kernresonanzspektroskopie. Zurzeit installieren wir auf dem Bayreuther Campus, im Forschungszentrum für Bio-Makromoleküle, das weltweit erste 1000-Megahertz-Spektrometer mit abgeschirmtem Magneten. Hierdurch werden störende Außeneinflüsse auf die Messergebnisse wesentlich verringert. Die neue Spitzentechnologie wird die geplanten Forschungsarbeiten zur Resistenz von Bakterien wesentlich unterstützen", so Prof. Rösch.

Transatlantische Zusammenarbeit

Viele der bisherigen Bayreuther Forschungsarbeiten wurden in Kooperation mit US-amerikanischen Universitäten durchgeführt, unter anderem der Ohio State University in Columbus und der University of Wisconsin in Michigan. Die Columbia University in New York, eine der weltweit führenden Universitäten auf dem Gebiet der Antibiotika-Forschung, unterstützt das Forschungsprogramm der Bayreuther Arbeitsgruppe mit erheblichen Personal- und Sachmitteln. Insbesondere hat sie Prof. Rösch für das Sommersemester 2016 zu einem Forschungsaufenthalt eingeladen, den sie aus eigenen Mitteln finanziert. Sein Mitarbeiter Dr. Stefan Knauer, der an der Koordination des neuen DFG-Projekts wesentlich beteiligt ist, wurde von der Federation of the American Societies for Experimental Biochemistry schon jetzt gebeten, auf ihrem Kongress im Jahr 2017 einen Plenarvortrag zu halten.

• Ansprechpartner:

Prof. Dr. Paul Rösch
Lehrstuhl für Biopolymere
Direktor des Forschungszentrums für Bio-Makromoleküle (BIOmac)
Universität Bayreuth
95440 Bayreuth
E-Mail: roesch@unibt.de

DFG-Forschungsprojekt:

"Die Regulation bakterieller RNA Polymerase durch Transkriptionsfaktoren", Az Ro617/21-1, Laufzeit 2015 - 2018.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution4

Quelle: Universität Bayreuth, Christian Wißler, 12.10.2015

Raute

Technische Universität Wien - 13.10.2015

Ressel-Preis 2015: Bessere Zahnfüllungen durch neue Polymere

Der diesjährige Resselpreis geht an den Chemiker Christian Gorsche. Er entwickelte in seiner Dissertation neue Polymere für stabilere Zahnfüllungen.

Man kennt solche Materialien vom Zahnarzt: Eine zahnfarbene Kunststoff-Paste wird in den angebohrten Zahn gefüllt und dann mit Licht bestrahlt, um die Masse rasch auszuhärten. Bisher verwendete Zahnersatz-Materialien auf Kunststoffbasis sind allerdings recht spröde, ihre Langzeithaltbarkeit ist beschränkt. Christian Gorsche gehört zum Forschungsteam am Institut für Angewandte Synthesechemie der TU Wien, das gemeinsam mit der Dental-Firma Ivoclar Vivadent AG in Schaan (Liechtenstein) an Komponenten für bessere Zahnersatz-Materialien forscht. In seiner Dissertation konnte er wichtigen Beitrag zu Verbesserungen erreichen, dafür erhält er nun den Resselpreis der TU Wien.

Licht löst Kettenreaktion aus

Wenn Materialien gezielt mit Hilfe von Licht ausgehärtet werden, läuft eine chemische Kettenreaktion ab. Ein Molekül, der sogenannte Photoinitiator, absorbiert das eingestrahlte Licht und wird dadurch gespalten. Dabei bildet sich ein Radikal, und das setzt eine Kaskade in Gang, bei der sich innerhalb von Sekunden immer mehr Molekülbausteine zu einer Kette zusammenfügen. Diese kettenartigen Polymere verbinden sich auch untereinander, bilden ein Netzwerk und bringen das Material nach kurzer Zeit zum Erstarren.

"Die Härte dieser Materialien ist meist recht hoch, aber das genügt noch nicht", sagt Christian Gorsche. "Auch Glas ist sehr hart, ist aber nicht besonders stabil. Zusätzlich zur Härte wollen wir eine hohe Schlagzähigkeit erreichen, das Material soll auch bei starker Belastung nicht brechen."

Ein wesentliches Problem bei der Lichtaushärtung ist, dass das Material während der Polymerisation schrumpft. So können sich innere Spannungen ausbilden, am Rand der Füllung können Spalten entstehen, Mikro-Risse können zur Heimstätte für Bakterien werden. Christian Gorsche arbeitete daher daran, die Reaktion so zu verändern, dass sie insgesamt zwar genauso schnell abläuft wie bisher, der Übergang vom flüssigen in den festen Zustand aber erst möglichst am Ende der Kettenreaktion stattfindet. "Solange das Material noch flüssig ist, passt es seine Form an und kann sich entspannen", erklärt Gorsche.

An seiner Dissertation arbeitete Christian Gorsche am Christian-Doppler-Labor für Photopolymere in der digitalen und restaurativen Zahnheilkunde an der TU Wien, geleitet von Prof. Robert Liska und Prof. Jürgen Stampfl, das mit Unterstützung der Firma Ivoclar Vivadent AG betrieben wird. Es ist ein Forschungsbereich, in dem Grundlagenforschung und Anwendung sehr nahe beisammen liegen. Die neuen Erkenntnisse über die Photo-Polymerisation sind nicht nur für neue zahnmedizinische Produkte wichtig, sie können auch für 3D-Druck oder industrielle Oberflächenbeschichtung genutzt werden.

Resselpreis 2015

Der Resselpreis der TU Wien wird jährlich an ausgezeichnete junge WissenschaftlerInnen vergeben und ist mit € 13.000 dotiert - zweckgebunden für die wissenschaftliche Forschung. Die offizielle Verleihung des Resselpreises an Christian Gorsche findet im Rahmen einer akademischen Feier am 16. Oktober statt.

Christian Gorsche stammt aus Mattersburg im Burgenland. Er studierte an der TU Wien technische Chemie. Sein Masterstudium schloss er danach gleich doppelt ab: Einmal an der University of Florida, wo er zwei Jahre verbrachte, und dann auch noch an der TU Wien, wo er bereits für seine Diplomarbeit mit der Fima Ivoclar Vivadent zusammenarbeitete. Diese Arbeit wurde von der Gesellschaft für Chemiewirtschaft mit einem Diplomarbeitspreis ausgezeichnet. Seine Dissertation an der TU Wien (ebenfalls am Institut für angewandte Synthesechemie) war dann die logische Fortsetzung der Diplomarbeit - und auch dafür wurde er mehrfach ausgezeichnet: Mit dem Preis für "best student presentation" bei der Konferenz ESPS 2014, und als bester Sprecher im Forschungsbereich Werkstoffwissenschaften bei der VSS 2015. Der Ressel-Preis 2015 setzt somit eine beeindruckende Erfolgsserie fort.

• Rückfragehinweis:
Dr. Christian Gorsche
Institut für Angewandte Synthesechemie
Technische Universität Wien
Getreidemarkt 9, 1060 Wien
christian.gorsche@tuwien.ac.at

Aussender:
Dr. Florian Aigner
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Wien
Operngasse 11, 1040 Wien
florian.aigner@tuwien.ac.at

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.tuwien.ac.at/de/aktuelles/news_detail/article/9712/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution88

Quelle: Technische Universität Wien, Dr. Florian Aigner, 13.10.2015

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2015

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