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MELDUNG/813: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 06.03.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Das "Horizon 2020"-Forschungsprojekt der EU zu Medikamenten-Überkonsum
→  Neues Zentrum für seltene Erkrankungen am Universitätsklinikum Leipzig etabliert
→  Infektionen des 21. Jahrhunderts - neuer Leibniz-Forschungsverbund


Universität Bern - 05.03.2015

Berner leiten "Horizon 2020"-Forschungsprojekt der EU zu Medikamenten-Überkonsum

Multimorbidität und Polypharmazie nehmen bei älteren Patienten zu und führen zu zahlreichen Spitalaufenthalten. Berner Forschende leiten nun ein neues "Horizon 2020"-Projekt der EU, um die Über- und Fehlverschreibung von Medikamenten bei dieser Patientengruppe zu reduzieren.

Das EU-Förderprogramm Horizon 2020 hat der Universität Bern und der Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin des Inselspitals (KAIM) 6,6 Millionen Euro zugesprochen, um das Projekt OPERAM (OPtimising ThERapy to prevent Avoidable hospital admissions in the Multimorbid elderly) zu koordinieren. Im Bereich Gesundheit ist es das erste "Horizon 2020"-Projekt, das von der Schweiz aus geleitet wird. Ziel ist es, damit die Über- und Fehlverschreibung von Medikamenten an ältere Patienten zu reduzieren.

"Über- und Fehlmedikationen sind verantwortlich für zahlreiche Spitalaufenthalte", sagt Professor Nicolas Rodondi von der KAIM. Er leitet das Konsortium, dem die Clinical Trial Unit (CTU) der Universität Bern, die Universität Basel sowie Universitäten aus fünf EU-Ländern angehören - die KAIM ist ein wichtiger nationaler und internationaler Player bei der Verbesserung der Qualität der Betreuung bei älteren Patienten und spielt eine wesentliche Rolle bei der Reduktion von Überdiagnosen und -therapien in der Schweiz.

Unnötige Gesundheitskosten

Die meisten älteren Menschen weisen multiple chronische Krankheitsbilder - eine sogenannte Multimorbidität - auf und müssen deshalb mehrere Medikamente einnehmen (Polypharmazie). Multimorbide Patienten seien jedoch oft von randomisierten Studien ausgeschlossen, so Rodondi, und die meisten ärztlichen Richtlinien beträfen nur Einzelkrankheiten. Daraus folgende ungeeignete Arzneimittelverordnungen oder unregelmässige Medikamenteneinnahmen verursachen bis zu 30 Prozent der Spitaleintritte und 20 Prozent der unnötigen Gesundheitskosten, wie er sagt. "Etwa drei Prozent der Todesfälle sind auf unangemessene Verordnungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen."

Hauptziel von OPERAM ist es, die Auswirkungen einer softwarebasierten Intervention bei 1900 multimorbiden älteren Patienten zu testen, medikamentöse Therapien zu optimieren, medikamentenbedingte Spitaleinweisungen zu verringern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Solche Interventionen haben laut Nicolas Rodondi das Potential, die Gesundheitskosten um jährlich mehrere Millionen Euro pro Land zu reduzieren.

* Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2015/operam/index_ger.html

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment43391
Version française du communiqué

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution57

Quelle: Universität Bern, lic. phil. Nathalie Matter, 05.03.2015

Raute

Universitätsklinikum Leipzig AöR - 05.03.2015

Neues Zentrum für seltene Erkrankungen am Universitätsklinikum Leipzig etabliert

Leipzig. Am Universitätsklinikum Leipzig steht den Patienten jetzt ein spezielles Zentrum für seltene Erkrankungen zur Verfügung. Hier wird das vorhandene Spezialistenwissen für besondere Krankheiten gebündelt und die Kompetenz zur Diagnostik und Behandlung seltener Krankheiten vereint. Die Führung der Patienten durch das Labyrinth der verschiedenen Disziplinen übernehmen dabei sogenannte Lotsen.

Das Universitätsklinikum Leipzig ist seit Jahren in vielen Bereichen Anlaufstelle für Menschen mit seltenen Erkrankungen. Jetzt steht diesen Patienten als zentraler Anlaufpunkt das neu etablierte Universitäre Zentrum für Seltene Erkrankungen (UZSE) zur Verfügung. Hier wird das Fachwissen von 22 in die Behandlung seltener Krankheiten eingebundenen Fachbereiche von der Kindermedizin und der Humangenetik über die Rheumatologie und Endokrinologie bis zur Virologie zusammengefasst.

"Wir haben seit Jahren große Erfahrung mit sehr seltenen Krankheiten wie beispielsweise dem Prader-Willi-Syndrom, der Mukoviszidose oder der tuberösen Sklerose, um nur drei Beispiele aus der Kindermedizin zu nennen", sagt Prof. Wieland Kiess, einer der Sprecher des Zentrums sowie Direktor der UKL-Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. "Mit der Einrichtung des Zentrums wollen wir unseren Patienten eine weiter verbesserte Versorgung anbieten und vor allem auch die Erforschung und Entwicklung von Therapien vorantreiben." Allein in der UKL-Kinderklinik wurden im vergangenen Jahr Patienten mit 2000 unterschiedlichen Diagnosen aus dem Bereich der seltenen Erkrankungen behandelt. Insgesamt geht man für Deutschland von 6000 Krankheiten aus, die als selten bezeichnet werden. Das bedeutet, dass nur 5 von 10.000 Menschen daran erkranken. "Für uns als behandelnde Ärzte kann das heißen, dass wir nur einen einzelnen Patienten mit einer bestimmten Erkrankungsform sehen, oder aber Gruppen von Patienten, die 17 oder 24 Betroffene umfassen können", erklärt Prof. Kiess.

In die Versorgung solcher Patienten ist faktisch das gesamte Universitätsklinikum mit fast allen Bereichen eingebunden. "Das ist eine typische Aufgabe der Universitätsmedizin, die ein breites Fächer-Spektrum und neuesten Kenntnisstand in einem Haus vereint", so Kiess. Die Patienten brauchen oftmals viele Fachrichtungen für Diagnostik und Therapie. Für die bereits gelebte übergreifende Zusammenarbeit bietet das Zentrum jetzt eine vernetzte Struktur und für Betroffene einen zentralen Anlaufpunkt.

Hier stehen den Patienten jetzt als erste Ansprechpartner drei Lotsen zur Verfügung. Die Experten sollen insbesondere neuen Patienten dabei helfen, gezielt die jeweils individuell notwendigen Ansprechpartner zu finden und einen schnellen Zugang vermitteln. "Wir wollen auf diese Weise den Patienten die lange Zeit der Suche nach dem richtigen Arzt ersparen" erklärt Prof. Johannes Lemke, kommissarischer Direktor des Instituts für Humangenetik und gemeinsam mit Prof. Kiess Sprecher des UZSE.

Neben der Krankenversorgung ist auch die Forschung auf dem Gebiet der seltenen Erkrankungen eine zentrale Aufgabe des neugegründeten Zentrums. "Wir wissen oftmals noch viel zu wenig über die Mechanismen der Entstehung und damit auch über unsere Möglichkeiten einer Vorsorge und Behandlung", erklärt der Humangenetiker Lemke, der seit Jahren auf diesem Gebiet zu angeborenen Erkrankungen forscht. Die Wissenschaftler hier noch besser zu verbinden, bestehende Projekte zu unterstützen und neue anzustoßen, ist eines der Ziele des UZSE.

"Wir stehen vor der großen Aufgabe, Menschen mit großen gesundheitlichen Problemen, deren Bedürfnisse lange vernachlässigt wurden, wirksam zu helfen und künftig eine bessere Versorgung auch in solchen Randgebieten der Medizin sicherzustellen", so Kiess. "Mit dem UZSE haben wir am Universitätsklinikum Leipzig jetzt dafür auch die notwendigen institutionellen Bedingungen geschaffen."

Mehr zum UZSE unter:
http://www.uzse.uniklinikum-leipzig.de

* Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uzse.uniklinikum-leipzig.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1298

Quelle: Universitätsklinikum Leipzig AöR, Sandra Hasse, 05.03.2015

Raute

Forschungsverbund Berlin e.V. - 05.03.2015

Infektionen des 21. Jahrhunderts - neuer Leibniz-Forschungsverbund

Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) ist Mitbegründer des Leibniz-Forschungsverbundes "INFECTIONS'21 - Transmission Control of Infections in the 21th Century" (Übertragungskontrolle von Infektionen des 21. Jahrhunderts). Der neue Leibniz-Verbund erforscht die Kontrolle, Prävention und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. An dem interdisziplinären Projekt sind 14 Leibniz-Institute und drei externe Partner beteiligt. Der Verbund wird für vier Jahre mit einem Gesamtvolumen von 600.000 Euro gefördert.

Infektionskrankheiten gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit und stellen eine große Herausforderung für das Gesundheitswesen im 21. Jahrhundert dar. Zwar konnten diese Krankheiten in den letzten Jahrzehnten dank verbesserter Hygiene sowie dem medizinischen Fortschritt vor allem in den Industrieländern zurückgedrängt werden - durch den Anstieg von Antibiotikaresistenzen, dem Auftreten neuer und zum Teil unbekannter Erreger und der zunehmenden Mobilität stehen wir heute jedoch vor neuen globalen Problemen, die gelöst werden müssen.

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft - Infektionskrankheiten können sich auf die unterschiedlichste Weise verbreiten und auf den Menschen übertragen. Um diese Mechanismen zu verstehen und daraus Strategien für eine verbesserte Infektionskontrolle ableiten zu können, bedarf es der gesamtheitlichen Betrachtung unter Berücksichtigung von biomedizinischen, ökologischen, sozio-ökonomischen und politischen Aspekten. Das Ziel des Leibniz-Forschungsverbundes "INFECTIONS'21" ist es, eine Kultur der interdisziplinären Kommunikation über die Fächergrenzen hinweg zu etablieren, und dadurch neue Strategien und Methoden für Frühwarnsysteme auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit, ein verbessertes Management von Ausbrüchen und eine optimierte Eindämmung der Erregerausbreitung zu entwickeln.

Um diese Ziele zu erreichen, wurden vier exemplarische Forschungsprojekte identifiziert, die in den kommenden Jahren durch die gebündelte Expertise der 14 Leibniz-Institute und der ausgewählten, externen Partner bearbeitet werden. Diese fachübergreifenden Forschungsprojekte beschäftigen sich mit 1.) der Mensch-zu-Mensch-Übertragung am Beispiel von HIV und dem Tuberkuloseerreger in gesellschaftlichen Randgruppen, 2.) dem Einfluss von Umweltbedingungen auf die Verbreitung von Infektionskrankheiten die durch die Luft übertragen werden, wie beispielsweise Influenza, Meningitis, Tuberkulose oder Lungenentzündungen 3.) Gewässer als Knotenpunkte einer Verbreitung von Krankheitserregern zwischen verschiedenen Wirtsarten am Beispiel von Cholera, Influenza A-Viren und multiresistenten Staphylokokken und 4.) dem Klimawandel und der dadurch bedingten Ausbreitung von Insekten, die neue Infektionskrankheiten nach Deutschland tragen.

"Zum Leben brauchen wir Wasser. Was wir aber bisher übersehen haben ist, dass Wasser auch eine zentrale Rolle in der Übertragung von infektiösen Krankheiten spielen kann. Das müssen wir unbedingt erforschen, um eine Gefährdungsabschätzung zu erhalten, und entsprechende Präventiv-Maßnahmen ergreifen zu können", sagt Prof. Dr. Alex Greenwood, Abteilungsleiter Wildtierkrankeiten am IZW und Sprecher des Forschungsprojektes "Infektionsübertragung durch Gewässer".

Neben der fachübergreifenden Kommunikation ist die Einbeziehung der Öffentlichkeit ebenfalls ein großes Anliegen: Regelmäßige Vorträge und Veranstaltungen für die breite Öffentlichkeit und so genannte "Citizen Science"-Projekte, Projekte an denen Bürger - die sich für Wissenschaft interessieren - direkt teilnehmen können, stehen ebenfalls auf der Agenda dieses Forschungs-Verbundes.

INFECTIONS'21 wurde Ende November 2014 vom Senat der Leibniz-Gemeinschaft für eine Förderung aus Mitteln des internen Wettbewerbs der Leibniz-Gemeinschaft zusätzlich zu elf bereits bestehenden Leibniz-Forschungsverbünden empfohlen. Für den Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner ist INFECTIONS'21 ein Paradebeispiel für die disziplinübergreifende, vernetzte Leibniz-Forschung: "Infektionskrankheiten sind weltweit eines der drängendsten gesellschaftlichen Probleme des 21. Jahrhunderts. Sie grundlegend zu erforschen und zu bekämpfen ist kein rein medizinisch-biologisches Problem, sondern umfasst auch Aspekte der Umwelt, Politik oder kultureller Gepflogenheiten. Diese vielschichtigen Perspektiven bündelt der neue Leibniz-Forschungsverbund INFECTIONS'21, um konkrete Fortschritte für Menschen in aller Welt zu erzielen, erläutert Greenwood."

* Teilnehmende Institute und Partner des Forschungsverbundes "INFECTIONS'21":

Leibniz-Institute:

  • Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Berlin
  • Forschungszentrum Borstel - Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften, Borstel
  • Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V., Potsdam
  • Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg
  • Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH, Braunschweig
  • GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Mannheim
  • Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Hamburg
  • Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. - Hans-Knöll-Institut, Jena
  • Heinrich-Pette-Institut - Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie, Hamburg
  • Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin
  • Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Potsdam
  • Leibniz Institut für Troposphärenforschung, Leipzig
  • Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, Müncheberg (Mark)
  • Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie GmbH, Bremen

Externe Partner:

  • Universität Hamburg, Fachbereich Sozialwissenschaften, Programmbereich Politikwissenschaft
  • Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit
  • London School of Hygiene and Tropical Medicine

Kontakt:
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW)
in Forschungsverbund Berlin e.V.
Alfred-Kowalke-Str. 17, 10315 Berlin
Prof. Alex D. Greenwood PhD
greenwood@izw-berlin.de

Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) ist eine national und international renommierte Forschungseinrichtung, die anwendungsorientierte und interdisziplinäre Grundlagenforschung in den Bereichen Evolutionsökologie und -genetik, Wildtierkrankheiten, sowie Reproduktionsbiologie und -management bei Zoo- und Wildtieren betreibt. Aufgabe des IZW ist die Erforschung der Vielfalt der Lebensweisen, der Mechanismen evolutionärer Anpassungen und der Anpassungsgrenzen inklusive Krankheiten von Zoo- und Wildtieren in und außerhalb menschlicher Obhut sowie ihrer Wechselbeziehungen mit Mensch und Umwelt. Die gewonnenen Erkenntnisse sind Voraussetzung für einen wissenschaftlich begründeten Artenschutz und für Konzepte der ökologischen Nachhaltigkeit der Nutzung natürlicher Ressourcen. Das IZW gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB), einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. In ihnen arbeiten mehr als 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft.

* Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.izw-berlin.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution245

Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V., Karl-Heinz Karisch, 05.03.2015

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2015

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