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MELDUNG/271: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 14.01.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Die Viren der Tiere - Gießener Forscher untersuchen die gefährlichen Influenza-Erreger
→  Komplexe Behandlungseinheit - Rostock hat ersten universitären Hybrid-OP
→  Leuchtkugeln auf Wanderschaft
      Nanopartikel-Testkit zeigt, wie sich verschieden große Nanopartikel in Tumorgewebe verteilen

Raute

Justus-Liebig-Universität Gießen - 13.01.2011

Viren der Tiere
Gießener Forscher untersuchen die gefährlichen Influenza-Erreger

Übertragung von Influenza-Viren zwischen verschiedenen Spezies und deren Rolle bei Lungenentzündungen im Fokus
Zwei Gießener Projekte im bundesweiten Zoonosen-Forschungsverbund FluResearchNet

Nahezu zwei Drittel aller bekannten humanpathogenen Erreger werden vom Tier auf den Menschen übertragen - bekannte Beispiele für Zoonosen sind Vogel- und Schweinegrippe. Durch das schnelle Bevölkerungswachstum, die zunehmende Mobilität, eine veränderte Tierzucht und -haltung sowie Klimaveränderungen gewinnen zoonotische Erreger wie das Influenza-Virus immer mehr an Bedeutung: Das Risiko steigt, mit diesen Erregern in Kontakt zu kommen. Die Pathogenitätsmechanismen von Influenza-Viren stehen daher im Fokus des bundesweiten Forschungsverbunds FluResearchNet, an dem mit den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Stephan Pleschka (Institut für Medizinische Virologie) und Prof. Dr. Jürgen Lohmeyer (Zentrum für Innere Medizin, Medizinische Klinik II) auch Forscher der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) beteiligt sind.

Das Projekt von Prof. Pleschka wurde nach drei erfolgreichen Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in die zweite Förderperiode aufgenommen; Prof. Lohmeyer, bislang assoziiertes Mitglied des Forschungsverbunds, kam mit seinem Projekt neu hinzu. Dr. Helge Braun, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF, hat am Donnerstag, 13. Januar 2011, die Bewilligungsbescheide in Höhe von insgesamt rund 300.000 Euro in Gießen übergeben.

Prof. Pleschka untersucht die Rolle der genetischen Neuverteilung zwischen verschiedenen Influenza-Viren und von Mutationen bei der Übertragung von Influenza-A-Viren zwischen verschiedenen Spezies. Zwischen verschiedenen Virus-Stämmen sollen gezielt Segmente des Genoms ausgetauscht werden, außerdem wollen die Forscher Mutationen in den Viren erzeugen. Anschließend untersuchen sie die die Auswirkungen des Genomsegmentaustauschs beziehungsweise der Mutationen in vitro im Zellkultursystem. Die erzeugten Virusvarianten werden in verschiedenen Säuger- und Vogel-Zellkultursystemen untersucht auf ihre Vermehrungsrate, ihre Gewebespezifität und ihre Fähigkeit, die zelluläre Immunantwort zu unterdrücken. Weiterhin sollen ausgewählte Virusvarianten im Tierversuch getestet werden. Das Teilprojekt wird von Januar 2011 bis Dezember 2013 mit rund 187.000 Euro gefördert; in der ersten Förderperiode (2007 bis 2010) wurde es bereits mit 218.000 Euro vom BMBF unterstützt.

Prof. Lohmeyer und Ko-Projektleiterin Dr. Susanne Herold (Zentrum für Innere Medizin) beschäftigen sich mit den Pathogenitätsfaktoren von pandemischen und hochpathogenen Influenza-Viren, die zu schweren Lungenentzündungen (Pneumonien) mit Lungenversagen führen können. Die humane Influenza-Pneumonie ist gekennzeichnet durch eine rasche Ausbreitung in die äußeren Bereiche des Respirationstrakts mit der Infektion von Lungenzellen. Neben diesem durch die Viren direkt verursachten zytopathischen Effekt führen Immunreaktionen des Wirts zum programmierten Zelltod bestimmter Lungenzellen und einem schweren Schaden der Barriere zwischen Lunge und Blutgefäßen. Die Folgen sind Lungenödeme ("Wasserlunge") und ein schwerer Sauerstoffmangel. Die molekularen Signalpfade, die den entzündungsgetriebenen Zelltod vermitteln, und die Mechanismen des Virus-induzierten akuten Lungenversagens sind weitgehend unklar. Die Gießener Forscher wollen daher Pathogenitätsfaktoren auf Virus- und Wirtsseite analysieren, die die schwere Schädigung der Lungenzellen nach der Infektion mit Influenza-Viren vermitteln. Ziel ist außerdem, die molekularen Mechanismen zu entschlüsseln, die nach einer Infektion mit verschiedenen Influenza-Viren zu der überschießenden Immunreaktion des Wirts führen, den programmierten Zelltod auslösen und den Flüssigkeitstransport in der Lunge hemmen. Die Förderperiode dieses Teilprojekts begann bereits im Oktober 2010; für drei Jahre wurden rund 130.000 Euro vom BMBF bewilligt.

Ziel des Verbunds FluResearchNet ist die Charakterisierung der Virus-Wirtsbeziehungen sowie der viralen, zellulären und genetischen Determinanten, die den Übertritt des Influenza-Virus auf eine andere Spezies beeinflussen. In der aktuellen zweiten Förderphase werden die Analyse von Pathogenitätsmechanismen weiter verfolgt und neueste Entwicklungen bei der Influenza wie das Auftreten von H1N1-Viren analysiert - ein Subtyp dieses Virus hatte 2009/2010 die Schweinegrippe ausgelöst.

Kontakt
Prof. Dr. Stephan Pleschka
Institut für Medizinsche Virologie
Frankfurter Straße 107, 35392 Gießen

Prof. Dr. Jürgen Lohmeyer
Zentrum für Innere Medizin, Medizinische Klinik II
Klinikstraße 36, 35392 Gießen

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/1721.php

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution217

Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen, Caroline Link, 13.01.2011

Raute

Universität Rostock - 13.01.2011

Komplexe Behandlungseinheit - Rostock hat ersten universitären Hybrid-OP

Eingriffe und Operationen an Herz und Gefäßen möglich

Das Universitätsklinikum Rostock (AöR) hat einen Hybrid-OP: Bei dieser neuen Behandlungseinheit handelt es sich um eine komplexe Einrichtung für die Behandlung von Herz- und Gefäßkrankheiten. Sie eignet sich ebenso für minimalinvasive Verfahren unter Einsatz von Kathetern wie auch für konventionelle Operationen. Die Rostocker Einrichtung ist der erste universitäre Hybrid-OP in Mecklenburg-Vorpommern.

"Mit dem neuen Hybrid-OP läuten wir eine neue Ära der Herz- und Gefäßbehandlung am Universitätsklinikum Rostock ein", sagt Professor Dr. Christoph A. Nienaber, Leiter der Abteilung für Kardiologie. Die Behandlungseinheit ermöglicht durch seine spezielle Ausstattung hochkomplexe Operationen und die interdisziplinäre Arbeit verschiedener Fachrichtungen an ein und demselben OP-Tisch. Dadurch ist der rasche Wechsel der Behandlungsform möglich. "Wenn sich zum Beispiel während einer Katheter-Behandlung herausstellt, dass der Patient doch am offenen Herzen operiert werden muss, dann ist eine solche Operation sofort und am selben OP-Tisch möglich", ergänzt Professor Dr. Gustav Steinhoff, Direktor der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie. Aufwendiges Umlagern der Patienten ist nicht notwendig. Gerade die so genannten Hochrisikopatienten mit komplizierten Erkrankungen profitieren von dieser fächerübergreifenden Einrichtung.

Zudem ermöglicht der Hybrid-OP höchste Sicherheitsstandards sowie eine leistungsstarke Qualitätskontrolle dank der Ausstattung mit Geräten zur Bildgebung - also zur naturgetreuen Darstellung etwa von Gefäßen. Zu den in Rostock angewandten Verfahren gehören unter anderem der Ersatz von Herzklappen und Aortenklappen in minimalinvasiven (Katheter-)Eingriffen sowie die Wiederherstellung beschädigter Mitralklappen (Vorhof-Herzkammerklappen). Außerdem sind komplexe Gefäßbehandlungen möglich - etwa die Behandlung der Halsarterie, das Einbringen von Gefäßstützen (Stents) in die Aorta oder auch die Behandlung von Aneurysmen von Aorta und Halsschlagader (Gefäßerweiterungen).

Möglich wurde die Realisierung des Hybrid-OPs nur mit Unterstützung von Bildungsministerium und Wirtschaftsministerium. Insgesamt wurden etwa 1.9 Millionen Euro als Fördersumme bewilligt, davon 240.000 Euro aus Konjunkturmitteln und der Rest aufgrund des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft positiv begutachteten Antrages aus dem Förderfond der Länder zur Beschaffung von Großgeräten, der zur Hälfte aus Bundes- und zur anderen Hälfte aus Landesmitteln finanziert wird.

Kontakt

Professor Dr. Christoph A. Nienaber
Leiter der Abteilung für Kardiologie
Ernst-Heydemann-Str. 6, 18057 Rostock

Professor Dr. Gustav Steinhoff
Direktor der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie
Schillingallee 35, 18057 Rostock

Professor Dr. Peter Schuff-Werner
Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Rostock (AöR)
Schillingallee 35, 18057 Rostock

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution210

Quelle: Universität Rostock, Ingrid Rieck, 13.01.2011

Raute

Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. - 13.01.2011

Leuchtkugeln auf Wanderschaft

Nanopartikel-Testkit zeigt, wie sich verschieden große Nanopartikel in Tumorgewebe verteilen

Nanopartikel spielen eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung zukünftiger diagnostischer und therapeutischer Methoden für Tumorerkrankungen, beispielsweise als Transporter für Wirkstoffe oder als Kontrastmittel. Aufnahme und Verteilung von Nanopartikeln im Tumorgewebe hängen dabei stark von der Partikelgröße ab. Um dies systematisch untersuchen zu können, haben Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology (MIT, Cambrigde, USA) und der Harvard Medical School (Boston, USA) jetzt einen Satz fluoreszierender Nanopartikel verschiedener Durchmesser zwischen 10 und 150 nm hergestellt. Wie das Team um Moungi G. Bawendi und Daniel G. Nocera in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, konnten sie damit die räumliche und zeitliche Verteilung verschieden großer Partikel simultan in Tumoren von Mäusen verfolgen.

Damit Nanopartikel-basierte biomedizinische Methoden klappen, müssen die Nanopartikel die optimale Größe haben. Zu Studienzwecken wäre es daher wünschenswert, das Verhalten verschieden großer Partikel im selben Tumor in vivo simultan zu verfolgen. Dazu werden chemisch vergleichbare Partikel in verschiedenen Größen benötigt, die innerhalb ihrer Gruppe einheitlich groß und gleich geformt sind. Die Partikel müssen sich zudem simultan nachweisen und unterscheiden lassen. Sie müssen dabei biokompatibel sein, dürfen nicht miteinander verklumpen oder Proteine adsorbieren. Eine große Herausforderung, die nun gemeistert wurde.

Die Forscher haben einen Satz Nanopartikel in verschiedenen Größen entwickelt, deren Detektion über fluoreszierende Quantenpunkte erfolgt. Quantenpunkte sind Halbleiter-Strukturen an der Schwelle zwischen makroskopischen Festkörpern und der quantenmechanischen Nanowelt. Über die Wahl ihrer Größe lassen sich gezielt Quantenpunkte herstellen, die bei verschiedenen Wellenlängen fluoreszieren - und sich auf diese Weise simultan detektieren und unterscheiden lassen.

Um Nanopartikel unterschiedlicher Größen herzustellen, beschichteten die Wissenschaftler Cadmiumselenid/Cadmiumsulfid-Quantenpunkte mit polymeren Liganden bzw. mit Siliciumdioxid und Polyethylenglycol. Partikel oberhalb 100 nm Durchmesser erzielten sie, indem sie die Quantenpunkte an vorgefertigte Siliciumdioxid-Partikel knüpften und ebenfalls mit Polyethylenglycol beschichteten. Für jede Größenklasse wurden Quantenpunkte gewählt, die Licht einer anderen Wellenlänge abstrahlen.

Die Forscher injizierten krebskranken Mäusen intravenös eine Mischung aus Partikeln mit 12, 60 und 125 nm Durchmesser. Fluoreszenzmikroskopisch wurde das Eindringen ins Tumorgewebe in vivo verfolgt. Während die 12-nm-Partikel leicht von den Blutgefäßen ins Gewebe übertraten und sich dort rasch verteilten, gelangten die 60-nm-Partikel zwar durch die Wand der Adern, blieben dann aber in einem Abstand von 10 µm um die Gefäßwand und drangen nicht weiter ins Gewebe ein. Die 125-nm-Partikel überwanden die Gefäßwände dagegen so gut wie gar nicht.

Angewandte Chemie: Presseinfo 41/2010

Autor: Moungi G. Bawendi, Daniel G. Nocera
Massachusetts Institute of Technology, Cambridge (USA)
http://web.mit.edu/chemistry/www/faculty/nocera.html

Angewandte Chemie 2010, 122, No. 46, 8831-8834
Permalink to the article:
http://dx.doi.org/10.1002/ange.201003142

Weitere Informationen finden Sie unter
http://presse.angewandte.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image132862
Krebskranke Mäuse werden mit einer Mischung verschieden großer Nanopartikel iinjiziert

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution122

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., Dr. Renate Hoer, 13.01.2011

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2011