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MELDUNG/265: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 24.12.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Eine Million Euro für die Erforschung molekularer Ursachen neuropsychiatrischer Krankheiten
→  Verschaltungsmuster in einer für Alzheimer wichtigen Gehirnstruktur entschlüsselt
→  Jüngster DaVinci-OP-Roboter operiert ab Januar in Jena

Raute

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg - 23.12.2010

Eine Million Euro für die Erforschung molekularer Ursachen neuropsychiatrischer Krankheiten

Leibniz-Graduate-School für neurowissenschaftliche Forschung an Uni Magdeburg bewilligt

Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) und des Leibniz-Instituts für Neurobiologie Magdeburg haben für den Aufbau einer gemeinsamen Graduiertenschule, der Leibniz-Graduate-School, eine Million Euro aus dem "Pakt für Forschung und Innovation" der Leibniz-Gemeinschaft erhalten. Damit hat sich die Graduiertenschule im hoch kompetitiven Wettbewerbsverfahren der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL) durchgesetzt und wird über die nächsten vier Jahre finanziert.

Ziel des neurowissenschaftlichen Forschungsverbundes ist es, neuronale Netzwerke und deren krankhafte Veränderungen zu untersuchen, um Ursachen von Lern- und Gedächtnisstörungen zu erforschen. Langfristig wollen die Wissenschaftler durch das Verständnis von Abläufen bei neuropsychiatrischen Krankheiten, wie Parkinson oder Morbus Alzheimer, zur Entwicklung neuer Therapieansätze beitragen.

Unter Federführung des Leibniz-Instituts für Neurobiologie Magdeburg werden Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät und der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Magdeburg kleinste Bausteine neuronaler Netzwerke, so genannte Synapsen, untersuchen und deren Bedeutung bei Verschaltungs- und Lernmechanismen mit modernsten Ansätzen der Human-, Maus- und Fliegengenetik erforschen.

An der neuen Graduiertenschule werden zudem Doktoranden und Masterstudenten, die sich mit genetisch bedingten, krankhaften Veränderungen an den Synapsen und mit Verschaltungsstörungen im Zentralen Nervensystem befassen, umfassend auf dem Gebiet der Neurogenetik ausgebildet. Damit wird die Leibniz-Graduate-School eine Lücke im Magdeburger Forschungs- und Ausbildungskonzept zwischen dem Studiengang 'Integrative Neuroscience', dem DFG-Graduiertenkolleg 1167 'Zell-Zell-Kommunikation im Nerven- und Immunsystem' sowie den DFG-Sonderforschungsbereichen 779 'Neurobiologie motivierten Verhaltens' und 854 'Molekulare Organisation der Zellulären Kommunikation im Immunsystem' schließen.

Die Leibnitz-Graduate-School wird im April 2011 mit acht Doktoranden und fünf Masterstudierenden starten. Die Ausschreibung der Stellen befindet sich in Vorbereitung.

Hintergrund
Synapsen sind Schlüsselstrukturen der Kommunikation im Nervensystem. Sie bilden sich während der Hirnentwicklung zunächst spontan aus und werden in einem anschließenden Reifungsprozess des heranwachsenden Organismus weiter auf- und umgebaut, bis ein leistungsfähiges Gehirn entstanden ist. Während dieses Reifungsprozesses werden häufig kommunizierende Synapsen stabilisiert, und seltener benutzte Synapsen eliminiert, bis ein komplex verschaltetes neuronales Netzwerk aufgebaut werden konnte. Solche Netzwerke sind an allen Leistungen unseres Gehirns inklusive Lern- und Gedächtnisvorgängen und der Regulation von kognitiven Prozessen beteiligt. Entsprechend sind Funktionsstörungen von Synapsen bzw. von ihren molekularen Bausteinen, so genannte 'Synaptopathien', häufig ursächlich mit neuropsychiatrischen Erkrankungen assoziiert. Viele dieser 'Synaptopathien', wie Formen von mentaler Retardierung, Autismus, Schizophrenie, Epilepsie, Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer, sind genetisch bedingt oder haben eine stark genetische Komponente in ihrer Ausprägung.

Die Erforschung von Tiermodellen, wie Maus und Taufliege, sowie verfeinerte genetische Methoden, wie etwa Technologien der Next-Generation-Sequenzanalyse oder der Funktionsgenomik, haben die Erforschung von Hirnfunktionen und deren Störungen maßgeblich vorangetrieben. Dieser Thematik soll die neue Leibniz-Graduate-School gewidmet sein, die am 1. April 2011 ihre Arbeit aufnehmen wird.

Die acht Teilprojekte werden ganz unterschiedliche Fragestellungen der Synapsenbiologie an Fliege, Maus oder menschlichen Probanden und Patienten bearbeiten und dadurch den Kollegiaten ein möglichst breites Ausbildungsspektrum anbieten.

Ansprechpartner:
PD Dr. Constanze Seidenbecher
Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg
E-Mail: constanze.seidenbecher@ifn-magdeburg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution116

Quelle: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Katharina Vorwerk, 23.12.2010

Raute

Charité-Universitätsmedizin Berlin - 23.12.2010

Laserstrahlen beleuchten Verbindungen zwischen Nervenzellen

Verschaltungsmuster in einer für Alzheimer wichtigen Gehirnstruktur entschlüsselt

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Charité - Universitätsmedizin Berlin ist es mithilfe von Lichtenergie gelungen, die interne Verschaltung einer Gehirnstruktur zu entschlüsseln, die an der Entstehung von Alzheimer beteiligt ist. "Anhand eines Vergleichs so kartierter neuronaler Netzwerke von gesunden mit krankhaft veränderten Hirnstrukturen kann zukünftig ein besseres Verständnis neurologischer Störungen erlangt werden", sagt Prof. Dietmar Schmitz, Direktor des Neurowissenschaftlichen Forschungszentrums der Charité und zusammen mit Dr. Friedrich Johenning Leiter der Studie, die jetzt in dem führenden Fachjournal "Neuron"* veröffentlicht wurde.

Die untersuchte Gehirnstruktur, der sogenannte entorhinale Kortex, spielt eine zentrale Rolle bei der räumlichen Navigation, der Gedächtnisbildung und bei Lernprozessen. Er dient als Schnittstelle zwischen der Großhirnrinde und dem für das Ein- und Auslesen von Gedächtnisinhalten wichtigen Hippokampus, einem weiteren Bestandteil des Großhirns. Die interne Verschaltung des entorhinalen Kortex war bislang unbekannt. Erstmals gelang es nun, diesen Teil des Gehirns hochauflösend zu kartieren und spezifische wiederkehrende Muster beim Aufbau seines Netzwerks zu identifizieren.

Die Neurobiologen nutzten dafür Glutamat, einen erregenden Botenstoff der Nervenzellen. Dieser wurde chemisch verändert und in einen inaktiven Zustand versetzt. Durch die gezielte Bestrahlung mit einem Laser konnte diese Veränderung rückgängig gemacht, das Glutamat aktiviert und die Nervenzelle erregt werden. Die Aktivität der Nervenzellen ließ sich damit wie durch einen Schalter an- und ausknipsen. Speziell entwickelte Messverfahren ermöglichten es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, aus der Position des Laserstrahls Rückschlüsse auf die Position der jeweils aktivierten Nervenzellen zu schließen und diese dann zu vermessen und zu kartieren. Die Studie bietet somit eine Grundlage für zukünftige Forschung an neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer, Schizophrenie und Epilepsie.

Kontakt:
Prof. Dietmar Schmitz
Exzellenzcluster NeuroCure
Neurowissenschaftliches Forschungszentrum
Campus Charité Mitte

* Prateep Beed, Michael Bendels et al.:
Analysis of excitatory microcircuitry in the medial entorhinal cortex reveals cell-type specific differences.
In: Neuron, Volume 68, Dezember 2010, 1-8.
DOI: 10.1016/j.neuron.2010.12.009

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution318

Quelle: Charité-Universitätsmedizin Berlin, Stefanie Winde, 23.12.2010

Raute

Universitätsklinikum Jena - 23.12.2010

Jüngster DaVinci operiert ab Januar in Jena

Operateure am Universitätsklinikum Jena erhalten OP-Robotersystem der neuesten Generation

Jena. Ein DaVinci-OP-Roboter der neuesten Generation steht seit dieser Woche in der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Jena. Das 2 Millionen Euro teure Robotersystem ermöglicht den Operateuren Eingriffe mit kleinsten Schnitten und hochpräzisen Bewegungen im Millimeterbereich. Mit diesem hochmodernen Gerät, das deutschlandweit erst in 9 Kliniken im Einsatz ist, werden die Jenaer Operateure ab Januar vor allem Prostataoperationen, aber auch gynäkologische und chirurgische Eingriffe vornehmen.

Der DaVinci-OP-Robotor gehört zu den modernsten Entwicklungen auf dem Gebiet der minimalinvasiven Chirurgie. Das aus einer Steuerkonsole und vier Robotergreifarmen bestehende OP-System verbindet die Vorteile der Schlüssellochchirurgie mit denen der klassischen offenen Eingriffe. Der an der Steuerkonsole einige Meter vom Operationstisch entfernt sitzende Chirurg sieht auf einem Bildschirm dank einer endoskopischen Kamera das Operationsfeld in 3D-Optik in zehnfacher Vergrößerung erheblich besser als bei einem offenen Schnitt. Mit der Hand lenkt er über Steuerknüppel die Instrumente an den elektronischen Greifarmen. Der Eingriff wird dadurch faktisch vom Operateur vorgenommen, und lediglich computergestützt auf die elektronischen Instrumentenarme übertragen. Dank einer skalierten Übertragung und optimalen Beweglichkeit können dabei kleinste Hand- und Fingerbewegungen hochpräzise ausgeführt werden. Vor allem in der Urologie, bei der in empfindlichen Bereichen mit feinsten Strukturen operiert wird, ermöglicht das eine höhere Präzision.

"Für die Urologen, Gynäkologen und Chirurgen am Universitätsklinikum Jena ist damit das minimalinvasive operieren in einer ganz neuen Qualität möglich", betont der Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Jena, Prof. Klaus Höffken. "Mit dem DaVinci-Roboter können wir künftig hoch präzise Eingriffe mit kleinen Schnitten und mit minimalen Blutverlusten vornehmen", erklärt Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm, Direktor der Klinik für Urologie am UKJ. "Für die Patienten bedeutet das schnellere Genesung und weniger Einschränkungen, da auch extrem kleine Nerven und Strukturen erhalten werden können", so Grimm. "Das ermöglicht es, trotz der notwendigen Entfernung erkrankter Gewebe wichtige Funktionen wie die Erektionsfähigkeit und die Harnkontinenz zu erhalten."

Der erst vor kurzem nach Jena berufene Operateur hat bereits an seinem vorherigen Arbeitsplatz Erfahrungen mit einem Vorgängermodell des Jenaer DaVinci sammeln können. Am UKJ wird den Operateuren und Patienten jetzt die neueste Generation der DaVinci-Robotersysteme mit verschiedenen Weiterentwicklungen zur Verfügung stehen. Diese sind vor allem weitere technische Verbesserungen, verkleinerte Technikelemente und eine kompaktere Bauweise, die das System noch flexibler und anwenderfreundlicher machen.

Zudem kann das neue Modell perspektivisch auf die sogenannte "Ein-Schnitt-Technologie" umgestellt werden, wobei für den gesamten Eingriff nur noch einer statt der bisher vier Schnitte notwendig wird. "Wir verfügen damit über eines der modernsten OP-Robotersystem Deutschlands", zeigt sich Grimm erfreut. Auf lange Sicht, so ist der Urologe überzeugt, wird DaVinci die laparoskopische Schlüssellochchirurgie ganz ablösen. Für den Anfang aber wird der OP-Roboter am UKJ vor allem bei Prostataentfernungen, Operationen bei Nierentumoren und Rekonstruktionen am Nierenbecken eingesetzt werden.

Kontakt:
Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm
Direktor der Klinik für Urologie
Universitätsklinikum Jena
E-Mail: Marc-Oliver.Grimm@med.uni-jena.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/pages/de/image132169
Gerade installiert im Jenaer OP: Das jüngste Modell des DaVinci-OP-Roboter, bestehend aus vier Greifarmen und einer Steuerkonsole (hinten rechts), von der aus der Operateur den Eingriff vornehmen kann.

http://idw-online.de/pages/de/image132170
An dieser Steuerkonsole wird Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm. Direktor der Urologie am UKJ, die Eingriffe mit dem neuen DaVinci-OP-Robotersystem vornehmen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1461

Quelle: Universitätsklinikum Jena, Dipl.-Jour. Helena Reinhardt, 23.12.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2010