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MELDUNG/054: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 08.02.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Entwicklung eines neuartigen Wirkstoffs gegen Neurodermitis
→  Kontakt und Kalzium
      Pharmakologen der Uni Graz entdeckten neuen Weg zur Steuerung des Zellwachstums

Raute

Fachhochschule Gießen-Friedberg - 05.02.2010

Neuartiger Wirkstoff gegen Neurodermitis

Für die Arbeit an der Entwicklung eines neuartigen Arzneimittels zur Behandlung von Neurodermitis erhalten die Fachhochschule Gießen-Friedberg, der Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg und das Marburger Biotechnologieunternehmen sterna biologicals vom Land Hessen eine Fördersumme von 175.000 Euro. An der FH leitet Prof. Dr. Frank Runkel vom Gießener Institut für Biopharmazeutische Technologie das Projekt.

Neurodermitis ist eine schubweise auftretende chronische Entzündungskrankheit der Haut. Von ihr sind in Deutschland etwa drei Millionen Menschen, darunter überdurchschnittlich viele Kinder, betroffen. Symptome der Neurodermitis sind eine besonders empfindliche und trockene Haut verbunden mit einem starken Juckreiz. Krankheitsursache ist eine allergische Abwehrreaktion des Körpers gegen prinzipiell harmlose Stoffe wie Nahrungsmittel, Hausstaub oder Blütenpollen. Aktuelle Therapien behandeln mit entzündungshemmenden Wirkstoffen wie zum Beispiel Cortison nur die Symptome der Krankheit, können sie aber nicht heilen.

Sterna biologicals hat nun einen Wirkstoff entwickelt, mit dem eine ursächliche Therapie erfolgversprechend scheint. Hierbei handelt es sich um ein DNAzym, ein enzymatisch wirksames DNA-Molekül, das die Erkrankung an den zellulären und molekularen Wurzeln direkt angreifen soll. Erste Untersuchungen in krankheitsnahen experimentellen Systemen haben bereits positive Effekte des Wirkstoffes aufgezeigt.

Die Aufgabe im aktuellen Forschungsprojekt besteht darin, auf der Grundlage des neuartigen DNAzym-Wirkstoffs ein klinisches Prüfmuster zu entwickeln, das als Basis für toxikologische und klinische Studien dienen kann. Ziel ist es, eine "Formulierung" zu finden, die möglichst große Mengen der aktiven Substanz an den Wirkort in der Haut transportiert. Unter "Formulierung" wird in der Pharmazie die Form verstanden, in der ein Wirkstoff verabreicht wird. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Salbe oder ein Spray handeln. Das Institut für Biopharmazeutische Technologie wird verschiedene innovative Trägersysteme vergleichen und anpassen. Die Eindringtiefe des Wirkstoffs in die Haut werden die Forscher mit bildgebenden Verfahren und fluoreszenzmarkiertem DNAzym veranschaulichen. Außerdem sollen der Einfluss unterschiedlicher penetrationsfördernder Substanzen wie zum Beispiel Lecithin, Lanolin oder Bienenwachs und die Langzeitstabilität der entwickelten Formulierungen untersucht werden.

Das Forschungsprojekt wird im Rahmen von "Hessen ModellProjekte" gefördert aus Mitteln der "Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE)"
Förderlinie 3: KMU-Verbundvorhaben.
Es wird Ende 2010 abgeschlossen sein.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution315

Quelle: Fachhochschule Gießen-Friedberg, Erhard Jakobs, 05.02.2010

Raute

Karl-Franzens-Universität Graz - 05.02.2010

Kontakt und Kalzium
Pharmakologen der Uni Graz entdeckten neuen Weg zur Steuerung des Zellwachstums

Die Möglichkeit, das Wachstum von Zellen gezielt zu beeinflussen, verspricht viele neue Therapie-Möglichkeiten in der Medizin - von der Gewebe-Regeneration bis hin zur Tumorbekämpfung. ForscherInnen unter der Leitung von Ao.Univ.-Prof. Dr. Klaus Groschner vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz haben auf diesem Weg nun einen Meilenstein gesetzt. Sie konnten erstmals klären, unter welchen Voraussetzungen das "Kanal-Protein" TRPC4 Kalzium in eine Zelle transportiert und damit das Zellwachstum ankurbelt. Die Aufsehen erregenden Forschungsergebnisse wurden am 5. Februar 2010 im Fachmagazin "The Journal of Biological Chemistry" veröffentlicht.

Kalzium ist ein wichtiger Stoff zur Förderung des Zellwachstums. Damit er in die Zelle gelangen kann, braucht es einen Transporter. Ein solcher ist das Protein TRPC4. Als "Kanal-Protein" schleust es Kalzium in die Zellen ein - allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Welche das sind, hat Klaus Groschner mit seinem Team herausgefunden. "Wir haben entdeckt, dass TRPC4 nur dann als Kalzium-Kanal funktioniert, wenn eine Zelle Kontakt zu einer oder mehreren anderen Zellen hat", berichtet Groschner. "Das ist ausschließlich in einem bestimmten Zellstadium der Fall, nämlich beim Gewebewachstum." In einzelnen, sich frei bewegenden Zellen transportiere TRPC4 kein Kalzium.

Darüber hinaus haben die ForscherInnen auch herausgefunden, dass das Protein Beta-Catenin, das in Tumor- und Stammzellen besonders aktiv ist, mit TRPC4 interagiert. "Es dient als Regulator. Nur wenn Beta-Catenin an TRPC4 bindet, kann der Kanal bei einem Zellkontakt Kalzium transportieren", erklärt Groschner. Dieses Wissen könne nun genutzt werden, um das Zellwachstum gezielt zu kontrollieren. Als mögliche Anwendungsbereiche nennt der Pharmakologe die Gewebe-Regeneration, zum Beispiel bei einer Schädigung des Herzens, oder hemmende Therapien bei Tumorerkrankungen.

Besondere Bedeutung haben die Forschungsergebnisse der Grazer WissenschafterInnen auch deshalb, weil die Untersuchungen erstmals an nativem, funktionellem Gewebe durchgeführt wurden. "Wir verwendeten Endothelzellen aus Hautgefäßen im Originalzustand, wie sie im Körper vorkommen", so Groschner. Bisherige Untersuchungen wären vorwiegend unter eher "künstlichen Bedingungen" an leicht genetisch manipulierbaren Zellen durchgeführt worden.

Kontakt:
Ao.Univ.-Prof. Dr. Klaus Groschner
Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der
Karl-Franzens-Universität Graz
E-Mail: klaus.groschner@uni-graz.at

Publikation:
"Cell-cell contact formation governs Ca2+ signaling by TRPC4 in the vascular endothelium: Evidence for a regulatory TRPC4-beta-catenin interaction"
Annarita Graziani, Michael Poteser, Hannes Schleifer, Martin Krenn, Klaus Groschner (Karl-Franzens-Universität Graz); Wolfgang-Moritz Heupel, Detlev Drenckhahn (Julius-Maximilians-Universität Würzburg); Christoph Romanin (Johannes Kepler Universität Linz); Werner Baumgartner (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen)
"The Journal of Biological Chemistry" (JBC)
doi: 10.1074/jbc.M109.060301.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-graz.at/~groschne
Arbeitsgruppe von Klaus Groschner

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution35

Quelle: Karl-Franzens-Universität Graz, Mag. Gudrun Pichler, 05.02.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2010