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ONKOLOGIE/1910: Hoch-Risiko-Endometriumkarzinom - Adjuvante Strahlentherapie bleibt Therapiestandard (idw)


Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. - 19.04.2018

Hoch-Risiko-Endometriumkarzinom: Adjuvante Strahlentherapie bleibt Therapiestandard


Viel bringt nicht immer viel: Die internationale randomisierte, PORTEC-3-Studie [2] verglich die Strahlentherapie mit der kombinierten Radiochemotherapie nach der Operation (sogenannte adjuvante Therapie) und kam zu dem Ergebnis, dass es hinsichtlich des Gesamtüberlebens keinen signifikanten Unterschied gibt. Die Strahlentherapie bleibt somit in dieser Situation die Behandlung der Wahl. Lediglich bei Patientinnen mit Hoch-Risiko-Tumoren des Stadiums III oder mit Tumoren des serösen Zelltyps kann auch die Kombinationstherapie erwogen werden. Vor- und Nachteile sollten aber individuell abgewogen und die Therapieentscheidung immer zusammen mit der Patientin getroffen werden.

Das Endometriumkarzinom ist eine Krebserkrankung des Gebärmutterkörpers, die vor allem Frauen nach den Wechseljahren betrifft, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren. Pro Jahr erkranken über 10.000 Frauen an einem Endometriumkarzinom, doch die Prognose ist relativ gut: Das 5-Jahres-Überleben liegt bei 80%, das heißt, dass nur 2 von 10 Betroffenen innerhalb der ersten fünf Jahre nach Diagnose versterben, 8 hingegen die Erkrankung überwinden oder damit leben. Das mag auch daran liegen, dass die große Mehrzahl der Fälle (etwa 80%) in einem frühen Stadium (T1) diagnostiziert wird [1]. Die Tumorerkrankung kann dann oft allein durch die Operation geheilt werden.

15% der Betroffenen haben jedoch einen sogenannten Hoch-Risiko-Gebärmutterkörperkrebs, der häufiger zu Metastasen führt und auch mit einer höheren Sterblichkeit einhergeht. Das sind entweder die Tumoren, die bereits weiter fortgeschritten sind (aber zum Zeitpunkt der Diagnose noch keine Metastasen gebildet haben), oder jene des sogenannten klarzelligen oder serösen Zelltyps (beide Formen gehen unabhängig von der Tumorausbreitung mit einem erhöhten Risiko einher). Bei Patientinnen mit solchen Hoch-Risiko-Tumoren wird nach der Operation in der Regel eine Strahlentherapie angeschlossen, um das Rückfallrisiko zu verringern. Eine große randomisierte Studie untersuchte nun, ob eine kombinierte Radiochemotherapie gegenüber der alleinigen Strahlentherapie als Nachbehandlung vorteilhaft sein könnte. Insgesamt nahmen 103 Zentren aus UK, Australien, Neuseeland, Kanada, Italien und Frankreich an der PORTEC-3-Studie [2] teil. 330 Patientinnen mit Hoch-Risiko-Tumoren erhielten eine Strahlentherapie (48,6 Gy in 1-8 Fraktionen an 5 Tagen pro Woche), 330 weitere Patientinnen erhielten die gleiche Strahlentherapie, aber zusätzlich auch eine Chemotherapie (50 mg/m2 Cisplatin i.v. in Woche 1 und 4 der Strahlentherapie, dann 4 Zyklen i.v. Carboplatin und Paclitaxel im Abstand von 21 Tagen).

Das Gesamtüberleben betrug in der Patientinnengruppe, die nur bestrahlt worden war, 76,7% und in der Gruppe, die die Kombinationstherapie erhalten hatte, 81,8%. Der Unterschied war nicht signifikant (p= 0,199), die Radiochemotherapie war also insgesamt nicht überlegen. Allerdings schienen die Patientinnen mit Tumoren im Stadium III verstärkt von der Kombinationstherapie zu profitieren, hier war der Unterschied zwischen den Gruppen ausgeprägter (78,7% vs. 69,8%; p=0,074) und es zeichnete sich ein Vorteil für die Kombinationstherapie ab. Ein möglicher Vorteil schien es auch bei Tumoren des serösen Zelltyps zu geben, allerdings war die Gesamtzahl dieser Tumoren in der Studie zu gering, um statistisch belastbare Daten zu liefern. Insgesamt kam es unter der Kombinationstherapie auch zu weniger Rückfällen. Das rezidivfreie 5-Jahres-Überleben betrug 75,5% unter Chemostrahlentherapie und 68,6% unter alleiniger Strahlentherapie (p=0,022).

"Dieses Ergebnis ändert somit den derzeitigen Therapiestandard nicht, da die Kombinationstherapie keinen Vorteil für das Gesamtüberleben zeigte, die zusätzliche Chemotherapie aber mit Nebenwirkungen einherging", erklärt Univ.-Professorin Dr. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO). "Allerdings sollten gerade Patientinnen mit Tumoren des Stadiums III oder mit Tumoren des serösen Zelltyps über die möglichen Vorteile der Kombinationstherapie und die Risiken und Nebenwirkungen informiert werden, damit sie beides gegeneinander abwägen und eine individuelle Therapieentscheidung im Sinne eines shared decision making treffen können."

"Wir gehen davon aus, dass diese Studienergebnisse auch in die Konsultationsfassung der S3-Leitlinie "Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientinnen mit Endometriumkarzinom" eingearbeitet und diskutiert werden, die vor der Publikation dieser Daten im Dezember 2017 veröffentlicht wurde", ergänzt Univ.-Professor Dr. Wilfried Budach, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).

REFERENZEN
[1] Daten des Robert Koch-Instituts:
https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2017/kid_2017_c54_c55_gebaermutterkoerper.pdf;jsessionid=DF5DCDDFD9AA978289DD2B6816AE75C8.1_cid298?__blob=publicationFile

[2] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5840256/pdf/main.pdf

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.degro.org/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution2244

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V., Dr. Bettina Albers, 19.04.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2018

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