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KINDER/463: Ursache für frühkindliche Zystennieren identifiziert (idw)


Universitätsklinikum Freiburg - 30.05.2017

Ursache für frühkindliche Zystennieren identifiziert

Gen-Veränderungen sorgen für schwere Störung der Nierenfunktion / Erkenntnisse führen zu verbesserter Diagnostik und könnten langfristig neue Therapieansätze ermöglichen / Publikation in Nature Genetics


Zystennieren zeichnen sich durch die Bildung flüssigkeitsgefüllter Hohlräume aus, die zu Nierenversagen führen können. Neben einer eingeschränkten Nierenfunktion leiden die betroffenen Patientinnen und Patienten häufig an Bluthochdruck und Lebersymptomen. Die Autosomal Rezessive Polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) zeigt sich meist schon bei der Geburt oder im frühen Kindesalter und verläuft besonders schwer. Nun haben Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikums Freiburg gemeinsam mit deutschen und internationalen Kollegen eine Ursache für die gestörte Nierenfunktion gefunden. Die Forscher aus Deutschland, Australien, Singapur und den USA erkannten, dass Veränderungen im Gen DZIP1L zu einer fehlerhaften Zilienfunktion auf den Nierenzellen führen. Zilien sind antennenförmige Fortsätze, die für die Zellteilung und -kommunikation wichtige Prozesse regulieren. Störungen der Zilien gelten schon länger als mögliche Ursache von Zystennieren. Die Forscher erhoffen sich nun genauere Hinweise über die bei Zystennieren gestörten Prozesse als Ansatzpunkte für neue Therapien. Die Studie wurde am 23. Mai 2017 im führenden Fachjournal Nature Genetics veröffentlicht.

"Bei unseren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass an dieser eher seltenen Form der Zystennieren mehr Gene beteiligt sind als ursprünglich angenommen", sagt Studienleiter Prof. Dr. med. Carsten Bergmann, Wissenschaftler an der Klinik für Innere Medizin IV (Schwerpunkt: Nephrologie und Allgemeinmedizin) des Universitätsklinikums Freiburg und Leiter des Zentrums für Humangenetik beim Labordienstleister Bioscientia. "Darum sollten Patienten mit Zystennieren zukünftig auch auf Veränderungen im Gen DZIP1L untersucht werden, wenn die bisherigen Genanalysen keine Auffälligkeiten zeigen", sagt Prof. Bergmann.

Mit Hilfe neuer Sequenziertechniken fanden die Wissenschaftler in Blut- und Gewebeproben von betroffenen Patienten die als Mutationen bezeichneten Veränderungen im Gen DZIP1L. Dr. Elisabeth Ott, Dr. Daniel Epting und Carina Kramer, Mitarbeiter der Forschungsgruppe von Prof. Bergmann in der Klinik für Innere Medizin IV des Universitätsklinikums Freiburg, schalteten das Gen im Modellorganismus Zebrafisch gezielt aus. Daraufhin war die Nierenfunktion beeinträchtigt. In weiteren Zellanalysen zeigte sich, dass die antennenförmigen Zilien auf den Nierenzellen nicht mehr richtig funktionieren. Außerdem entdeckten die Forscher, dass das Gen DZIP1L auch bei der wesentlich häufigeren Autosomal Dominant vererbten Polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD) eine wichtige Rolle spielt. Von dieser Form sind etwa ein bis zwei von 1.000 Personen in Deutschland und weltweit mehr als 12 Millionen Patienten betroffen.

Auf Grundlage der aktuellen Studie werden die Forscher nun die Funktion von DZIP1L bei Zystennieren weiter erforschen. Langfristiges Ziel ist die Entwicklung von Therapien, mit denen eine Heilung polyzystischer Nierenerkrankungen möglich wird. Bislang lassen sie sich nur mit einer Nierentransplantation ursächlich behandeln.

Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.


Original-Titel der Publikation:
Mutations in DZIP1L, which encodes a ciliary transition zone protein, cause autosomal recessive polycystic kidney disease
DOI: 10.1038/ng.3871

Kontakt:
Prof. Dr. med. Carsten Bergmann
Studienleiter
Klinik für Innere Medizin IV
(Schwerpunkt: Nephrologie und Allgemeinmedizin)
Universitätsklinikum Freiburg
carsten.bergmann@uniklinik-freiburg.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/ng/journal/vaop/ncurrent/full/ng.3871.html
Link zur Studie

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1401

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universitätsklinikum Freiburg, Benjamin Waschow, 30.05.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2017

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