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MELDUNG/1083: Audioguide-Projekt "Hörpfade binational" - Leben mit der NS-Geschichte in ehemaligen KZ-Orten (BR)


Bayerischer Rundfunk - Pressemitteilung vom 28. April 2020

Leben mit der NS-Geschichte in ehemaligen KZ-Orten

Audioguide-Projekt "Hörpfade binational"


Was tun, wenn bei Bauarbeiten am Bahnhof plötzlich Krematoriums-Asche aus dem KZ zum Vorschein kommt? Wie ist es, einen SS-Mann und Lagerbewacher als Großvater zu haben? In Dachau sowie den oberösterreichischen früheren KZ-Standorten Mauthausen, Gusen und St. Georgen haben sich Bürgerinnen im Rahmen des Audioguide-Projekts "Hörpfade binational" mit den Nachwirkungen der NS-Geschichte in ihrer Heimat auseinandergesetzt.

Unterstützt wurden sie von Mediencoaches des Bayerischen Rundfunks und des freien Bürgerradios Radio FRO in Linz, die die Teilnehmenden bei allen Schritten der Erstellung der Audios begleiteten. Diese sind Online zu hören auf der Webseite der Medienkompetenzprojekte sowie der "Klingenden Landkarte" - einem Gemeinschaftsprojekt des BR mit dem Bayerischen Volkshochschulverband.

Alle vier Orte waren in der NS-Zeit Standorte von Konzentrationslagern. Nach einer ersten Projektphase in Dachau im Sommer 2019 haben 23 Männer und Frauen im Alter zwischen 16 und 73 Jahren Anfang März, kurz vor dem Corona-Shutdown, in Österreich einschlägige historische Schauplätze besichtigt, Gespräche über Familiengeschichten geführt, in historischen Quellen recherchiert, getextet und aufgenommen. Gemeinsam haben sie auch erforscht, welche Rolle die NS-Vergangenheit heute noch in ihrer Heimat spielt und wie die Frage der Schuld auch 75 Jahre nach Ende der Nazi-Diktatur viele Familien beschäftigt.


Großvater als Bewacher in Mauthausen und Nähen als Vergangenheitsbewältigung

Entstanden sind Audios, die zum Beispiel vom Schicksal weiblicher Häftlinge in Lagerbordellen erzählen. Ein anderer Beitrag handelt von Frauen in Mauthausen, die ein Dirndl für eine Nachfahrin der Dachauer Familie Wallach nähten, deren Firma für Volkskunst und Trachtenmode 1938 arisiert wurde und deren Familienmitglieder emigrieren mussten oder deportiert wurden In einem weiteren Audio sind zwei Frauen zu hören, deren Großväter als Aufseher die Lager des KZ-Systems Mauthausen-Gusen bewachten, und von denen einer aus Dachau stammte und nach dem Krieg auch wieder dorthin zurückkehrte.


Audios im Netz abrufbar

Alle im Juli 2019 in Dachau und im März 2020 in Mauthausen-Gusen-St.Georgen entstandenen Audios können auf der Webseite der Medienkompetenzprojekte des BR gehört werden, außerdem, gemeinsam mit 270 weiteren Audios, auf der "Klingenden Landkarte", einem Gemeinschaftsangebot des BR und des Bayerischen Volkshochschulverbandes e.V.

Produziert wurden die Beiträge in Linz beim Freien Bürgerradio "Radio FRO" und beim ORF, beide Sender strahlen die Audios auch aus.


Das Projekt "Hörpfade binational"

Initiiert hatten das Projekt der Bayerische Volkshochschulverband, die Medienkompetenzprojekte des BR, die Stiftung Zuhören und die Bewusstseinsregion Mauthausen-Gusen-St.Georgen; finanziell unterstützte es u. a. der Regionalentwicklungsverband Dachau AGIL mit EU-Fördergeldern.

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Quelle:
Presseinformation vom 28. April 2020
Herausgeber:
Bayerischer Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts
Rundfunkplatz 1, 80335 München
Pressestelle
Telefon: 089 / 59 00-01, Telefax: 089 / 59 00-18 59 00
E-Mail: info@br.de
Internet: www.br.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2020

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