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MELDUNG/905: Behinderung linker Presse - Tageszeitung "junge Welt" mit Schweigen und Zensur konfrontiert (André Kutschki)


Behinderung linker Presse

Die überregionale Tageszeitung junge Welt ist mit Schweigen und Zensur konfrontiert

Von André Kutschki - 6. April 2018


Eine überregional erscheinende Tageszeitung mit marxistischer Ausrichtung hat es nicht einfach auf dem kapitalistischen Markt - zumal sie die einzige ist. Neuerdings darf sie ihre Werbeplakate grundsätzlich nicht mehr in Bahnhöfen der Deutschen Bahn AG plakatieren lassen. In der Begründung heißt es: »Der Verlag wird vom Bundesverfassungsschutz beobachtet und als >linksextrem< eingestuft. Hier muss sich die DB AG politisch neutral verhalten, es werden weder rechts- und linksextreme Motive zugelassen!«

Staatstreu und vorauseilender Gehorsam. So ist es auch in der Medienbranche selbst. Diverse Radiosender lehnten bereits gebuchte jW-Radiospots aus inhaltlichen Gründen ab. 2017 wurde vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) die Ausstrahlung eines bezahlten Radiospots mit dem Lied »Kleine weiße Friedenstaube« und dem Slogan »Zeitung gegen den Krieg« abgelehnt - mit der Begründung, es handele sich dabei um Friedenspropaganda. Für Frieden darf man also nicht werben. Auch dieses Jahr schlägt die Zensur zu: Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), wo die junge Welt bei Radio 1 Werbesekunden gekauft hat, sendet zwei Spots nicht. In dem einen geht es gegen die Verteuflung von Russlands Präsidenten Putin, im anderen gegen die aggressive NATO-Strategie gegen den europäischen Nachbarn Russland. (Sind alle zu sehen unter: www.jungewelt.de/radio-playlist) Kritik am Wiederaufbau eines altbekannten Feindbilds wird nicht zugelassen. Wer also auf seiner Internetseite die diskriminierten Spots laufen lassen will, kann sie sich unter obiger Adresse herunterladen.

Eine andere Strategie bürgerlicher Medien ist das Verschweigen. Veranstaltet die junge Welt mit zahlreichen Unterstützerorganisationen die Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz, so ist das selbst taz und dem Neuen Deutschland keine Zeile wert. Dieses Jahr besuchten 3.000 Menschen diese Veranstaltung - Rekord. Die jährlich größte politische Auftaktveranstaltung der Linken im Lande wird totgeschwiegen. So gehen die bürgerlichen Blätter selbstverständlich auch vor. Auch wenn sie Informationen von der jungen Welt übernehmen - ihr Name wird nicht genannt.

Diese Not kann die junge Welt zum Teil ausgleichen: Engagierte Leserinnen und Leser helfen vor Ort, Zeitungen zu verteilen und für Probeabos zu werben. Der Verlag stellt die Belieferung der Unterstützer sicher. Die Präsenz auf Demonstrationen, Blockaden und Kulturveranstaltungen ist eine wichtige Stütze für die Verbreiterung der Leserschaft, und sie sichert auch die Existenz der Zeitung in einem nicht unerheblichen Maße. Denn von Anzeigengroßkunden und Parteien unabhängiger Journalismus finanziert sich in erster Linie über zahlende Leserinnen und Leser. Sei es am Kiosk oder im Abonnement.

Momentan ist die Hauptphase der Probeabo-Aktion vorbei: Drei Wochen erhält Jede und Jeder die Zeitung kostenlos ins Haus; Abbestellung ist nicht nötig, denn das »Abo« endet automatisch. Man kann es online auf der jW-Seite bestellen. Neben der erwähnten Radiowerbung wurde auf Plakaten in vielen bundesdeutschen Städten, mit Anzeigen und Beilegern in anderen überregionalen Zeitungen und Zeitschriften sowie durch Internetwerbung auf das Angebot aufmerksam gemacht. Und zum 1. Mai sollen auf den politischen Veranstaltungen von ihren Aktivisten 130.000 Zeitungen verteilt werden. Mit dem Gutschein auf der Gratisausgabe und einer Marx-Serie bis 5. Mai sollen Neuleserinnen und Neuleser am Kiosk die junge Welt ausprobieren und schätzen lernen. Wer zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse also noch freie Kapazitäten hat: Das Aktionsbüro ist unter aktionsbuero@jungewelt.de zu erreichen.


Der Verfasser ist Autor und Mitarbeiter der Tageszeitung junge Welt.

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Quelle:
© 2018 by André Kutschki
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2018

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