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BERICHT/174: Der richtige Dreh - Filmeerstellung zu den Exzellenzinitiativen (DFG)


forschung 1/2010 - Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Der richtige Dreh

Von Lena Robbeloth


Jede Woche ein neuer Film: Seit Anfang 2009 präsentiert die DFG nach und nach alle Einrichtungen der Exzellenzinitiative auf einem Internet-Videoportal. Zum Abschluss der Filmaufnahmen ein Erfahrungsbericht einer studentischen Redaktionsassistentin


Die Hansestadt präsentiert sich von ihrer schönsten Seite. Sonnenschein, azurblauer Himmel, kaum eine Wolke am Horizont. Typischer Hamburger Wind, Wolken, Regen - Fehlanzeige.

Gerade heute hätten wir das gebraucht: Es geht ums Klima. Für die Filmproduktionen über die Exzellenzinitiative haben wir unseren Drehtag am CLiSAP, dem Hamburger Exzellenzcluster.

Am Morgen trifft sich die Crew am KlimaCampus der Universität Hamburg. Unser Kameramann Harald Schmuck packt die schwere Kamera- und Lichtausrüstung aus dem Auto. Dabei hilft ihm der Mann für den guten Ton, Michael Bühne. Für einen Moment denke ich, Wim Wenders gibt sich die Ehre, die Ähnlichkeit ist frappierend. Herzlich begrüßt uns Susan Beddig, verantwortlich für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit des Exzellenzclusters. Ein kurzes Gespräch mit Lydia Goll, unserer verantwortlichen Redakteurin und zugleich Initiatorin des mit der DFG realisierten Internet-Videoportals. Dann geht's los.

Erster Drehort - wir dürfen auf das Dach des CliSAP-Gebäudes! In den 18. Stock fährt nicht einmal mehr der Fahrstuhl - also heißt es schleppen ... Oben spüren wir dann doch den Wind, für den die Hansestadt so berühmt ist. Dafür wird Michael während des Interviews zwar etwas mit dem Ton kämpfen müssen, doch schließlich wollen wir hier ja über Klima sprechen. Was passt also besser als ein raues Rauschen im Hintergrund und eine vom Wind umwehte Krawatte. Während Harald einige Impressionen als Schnittbilder dreht, filme ich nebenbei die Aufnahmen: unser "Making of". Danach stellt Harald die Kamera auf die Lichtverhältnisse ein, Lydia Goll geht mit Professor Martin Claußen, dem Sprecher des Exzellenzclusters und erstem Interviewpartner des heutigen Tages noch einmal die Fragen durch. Nur der Wind rauscht, sonst ist alles still. "Und bitte."

So wie an unserem Dreh sind an den meisten der 85 Produktionen zu den Graduiertenschulen, Exzellenzclustern und Zukunftskonzepten studentische Mitarbeiter beteiligt. Das gehört zur Philosophie von Lydia Goll und ihrer Produktionsfirma acade-media. Sie unterstützen Studierende aus dem Medien- und Journalismusbereich beim Übergang von der Hochschule in die Arbeitswelt. Das ist dringend notwendig, denn ohne Berufserfahrung, ohne Referenzen, ohne Netzwerke ist es sehr schwer, an Praktikumsstellen oder gar Jobs zu kommen.

Die meisten von uns Studenten kommen aus der Hochschule Darmstadt. Wir haben bei aca-de-media einen regelmäßigen Job und lernen gleichzeitig, sind in alle Schritte der Produktion integriert und können somit in unterschiedlichste Bereiche hineinschnuppern. Dies beginnt schon bei der Vorrecherche. Redakteur und Assistent beschäftigen sich gemeinsam mit dem jeweiligen Thema des Projekts, überlegen, wie man es filmisch umsetzen und welcher rote Faden gesponnen werden kann. Diese Vorbereitungen erfordern viele Absprachen mit der jeweiligen Universität, mit den Interviewpartnern und so weiter. Am Ende der Recherche steht unser Storyboard, das uns sagt, was und wen wir drehen werden und in welcher Reihenfolge wir das später zusammensetzen. Es ist das Drehbuch unseres Films.

Bei einem Drehtag erfahren wir dann, wie ein Redakteur Regieanweisungen gibt und vor allem, warum bestimmte Dinge auf eine bestimmte Art und Weise dargestellt werden. Und wir lernen die Arbeit des Kameramanns kennen, der die Vorstellungen des Redakteurs in Bilder umsetzen muss. Er steuert Ideen bei, wie eine Szene in einzelne Schnitte aufgelöst und filmisch umgesetzt werden kann. Dann leuchtet er diese Szene richtig ein. Bis das alles stimmt, ist es manchmal ein langwieriger Prozess.

Der letzte O-Ton ist im Kasten. Doch im Storyboard sind noch die Motive "Menschen in der Stadt", Wasser, Wolken, Sonne, vielleicht eine im Wind wehende Blume - also "Klima" - vorgesehen. Wir benötigen noch etwas Hamburg-Typisches, außerdem Wind- und Wasserbilder und fahren dafür zu den Landungsbrücken. Harald dreht Wasser, einkehrende Boote, Kräne auf dem Wasser, Lydia kontrolliert die verschiedenen Einstellungen, und ich überprüfe, ob auch wirklich alle Motive aus dem Storyboard eingefangen sind.


Und aus!" Für die Mitarbeiter des CLiSAP und das Kamerateam ist die Arbeit vorerst erledigt. Meine dagegen fängt jetzt richtig an. Ich denke daran, dass ich das Rohmaterial in einigen Tagen sichten und alles in "Shotlisten" haargenau dokumentieren werde. Das erleichtert zum einen die Arbeit beim Schnitt ungemein, zum anderen können wir auch nach einiger Zeit bestimmte Szenen schnell finden.

Schon im Zug, kurz hinter Hamburg, setze ich in Gedanken Szenen zusammen. Mit der Zeit habe ich ein Gefühl für Bilder und gelungene O-Töne entwickelt. Heute, so weiß ich, haben wir besonders gutes Material gedreht. Inzwischen vertrauen auch die Redakteure und Cutter darauf, dass ich daraus die richtigen Takes auswähle. Ein schönes Gefühl, einen gewissen Teil an Verantwortung übertragen zu bekommen. Auch während des Schnitts lernen wir in der Zusammenarbeit mit den Profis, was gute und weniger gute Bilder unterscheidet und wie sie zusammenpassen. Bisher war mir noch nicht klar, wie wichtig einzelne Bewegungsabläufe sind. Manchmal ist es für einen Cutter gar nicht so einfach, das Material stimmig zusammenzufügen.

Auch um die Musik kann ich mich kümmern - ich nenne es lieber Sound Design. Ich wähle die Musikstücke aus, die später den Beitrag untermalen werden. Dabei ist es wichtig, ein Gespür für die Atmosphäre des Films, des Themas und der Bilder zu haben. Und auch in die Endphase der Produktion bin ich involviert. Meine Titelvorschläge und Teasertexte werden an die jeweiligen Exzellenzeinrichtungen geschickt. Wenn auch dort alles für gut befunden wurde, geht der Redakteur ins Tonstudio und der Cutter macht sich an den allerletzten Feinschnitt.

Die wichtigste Erfahrung, die ein solcher Dreh mit sich bringt: Film ist Teamarbeit - ein großes Zusammenspiel, zwischen einem Redakteur, der Ideen hervorbringt, einem Kameramann, der diese Ideen in einzelne Bild übersetzt und einem Cutter, der alles zu einem einheitlichen Ganzen zusammenfügt. Jede dieser Tätigkeiten, jedes Mitglied ist absolut unabkömmlich für ein gelungenes Ergebnis.

Ich döse etwas im Zug. Ein Drehtag ist ein wahrer Marathon. Doch die Mühe ist es wert. Während wir am CLiSAP gedreht haben, ist "mein" erster Film in das DFG-Videoportal eingestellt worden: der über das Darmstädter Exzellenzcluster "Smart Interfaces". Es macht schon stolz, die Früchte seiner Arbeit im Internet sehen zu können und zu wissen, wie viel wir alle zusammen dafür gearbeitet haben.

Mein Zug hält, ich bin angekommen. Nein, nicht daheim, sondern in Berlin. Hier steht morgen schon der nächste Exzellenz-Dreh an.


Die Filme zu den Exzellenzeinrichtungen sind zu sehen auf:
www.exzellenz-initiative.de
www.excellence-initiative.com

Das Portal ist ein Gemeinschaftsprojekt der DFG und der Dieburger Filmproduktionsfirma acade-media
www.aca-de-media.de


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Quelle:
forschung 1/2010 - Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, S. 24-25
mit freundlicher Genehmigung der Autorin
Herausgeber: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kennedyallee 40, 53175 Bonn
Telefon: 0228/885-1, Fax: 0228/885-21 80
E-Mail: postmaster@dfg.de
Internet: www.dfg.de

"forschung" erscheint vierteljährlich.
Jahresbezugspreis 2007: 59,00 Euro (print),
59,00 Euro (online), 65,00 Euro für (print und online)
jeweils inklusive Versandkosten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2010