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VORWÄRTS/1323: Kantonale Krankenkassen?


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 33/34 vom 12. Oktober 2017

Kantonale Krankenkassen?

von Siro Torresan


In der Romandie hat ein breites Komitee die Volksinitiative "Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone" lanciert. Es ist die Light-Version des gescheiterten Vorschlags für eine Öffentliche Krankenkasse.


Der Zeitpunkt war vom Initiativkomitee natürlich nicht zufällig gewählt: Einen Tag nachdem allgemein bekannt wurde, dass 2018 die Krankenkassenprämien erneut um rund vier Prozent steigen werden, wurde die Lancierung der Eidgenössischen Volksinitiative "Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone" der Presse vorgestellt. Das Volksbegehren verlangt, dass kantonale Einheitskrankenkassen geschaffen werden können, aber nicht müssen. "Eine solche Krankenversicherungseinrichtung setzt die Prämien fest, zieht sie ein, erstattet die Kosten an die Leistungserbringer und an die Versicherten", ist in der Medienmitteilung zu lesen. Festgehalten wird weiter: "Die Versicherer erledigen weiterhin die administrative Arbeit und werden dafür entschädigt. Daher findet kein Stellenabbau statt."

Die Vorteile einer Einheitskasse sind bekannt und werden vom Initiativkomitee richtigerweise wieder ins Feld geführt. So schreiben die InitiantInnen: "Weil alle Versicherten unabhängig vom Versicherer einem einzigen Pool angehören, braucht es keinen Risikoausgleich mehr. Die kantonale Einrichtung übernimmt die Kosten für alle Versicherten, ob es sich um 'schwere Fälle' handelt oder nicht. Es findet kein Risikoausgleich, sondern ein Kostenausgleich statt." Und weiter: "Die Reserven aller Versicherer werden zusammengelegt und können dadurch halbiert werden. Der Überschuss kommt in den ersten Jahren den Versicherten zugute." Somit bleiben die Prämien "gemässigt und können nicht mehr schneller als die Gesundheitskosten steigen". Hinzu kommt, dass Maklergebühren und Werbeausgaben entfallen und das Telefonmarketing überflüssig wird. "Das eingesparte Geld deckt weitestgehend die Betriebskosten der kantonalen Einrichtung", halten die InitiantInnen fest.


Von der FDP bis zur Avivo

Das Initiativkomitee besteht hauptsächlich aus Personen aus der Westschweiz. So finden sich im Komitee PolitikerInnen von der FDP über die CVP bis zur SP. Wie breit das Komitee zusammengestellt ist, beweist weiter die Tatsache, dass zum Beispiel auch Jean-Paul Diserens, Gründer von Assura, und Christiane Jaquet-Berger, Präsidentin der RentnerInnenorganisation Avivo Schweiz und ehemalige Grossrätin der PdA im Kanton Waadt, mit von der Partie sind. Die InitiantInnen verstehen ihre Initiative auch als Antwort auf die Niederlage der Abstimmung über die öffentliche Krankenkasse im September 2014, die jedoch in der Romandie eine breite Zustimmung erhielt. Das Komitee ist überzeugt, dass "die Entwicklung eines qualitativ angemessenen, für alle zugänglichen und bezahlbaren Gesundheitssystems nur mittels der Schaffung eines regionalen, im öffentlichen Interesse handelnden Akteurs möglich ist". Die Initiative ist nichts Revolutionäres, praktisch die Light-Version der öffentlichen Krankenkasse, die eben 2014 zur Abstimmung kam. Doch alles, was in Richtung Einheitskrankenkasse und tiefere Prämien geht, ist grundsätzlich mal unterstützungswürdig.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 33/34 - 73. Jahrgang - 12. Oktober 2017, S. 2
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2017

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