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VORWÄRTS/1040: "Zahlbare Mieten für alle"


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 31/32 vom 19. Sept. 2014

"Zahlbare Mieten für alle"

Von Michi Stegmaier



Der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) lanciert eine langfristige Kampagne für transparente Mieten und Massnahmen für den preisgünstigen Wohnungsbau. Damit sollen die Preistreiberei bei den Mieten und die akute Wohnungsnot bekämpft werden.


Ein möbliertes Wohnzimmer unter freiem Himmel beim Bundeshaus in Bern eröffnete am 4. September die landesweite Kampagne "Zahlbare Mieten für alle". Tatsächlich ist die aktuelle Situation auf den Wohnungsmarkt nicht nur in den Städten immer prekärer. Der SMV, der über 215.000 Mitglieder hat und landesweit in 21 Sektionen organisiert ist, fordert deshalb als sofortige Massnahme die landesweite Einführung einer Formularpflicht, welche Transparenz bei den Vormieten schaffen soll. Eine entsprechende Gesetzesvorlage befindet sich derzeit bis Ende September noch in der Vernehmlassung. Bereits in sechs Kantonen (Genf, Waadt, Neuenburg, Freiburg, Zug und Zürich) wird ein offizielles Formular angewendet, welches hilft, Mietzinsaufschläge offenzulegen sowie missbräuchliche Mietzinserhöhungen aufzudecken und anzufechten. Die Erfahrung aus der bisherigen Praxis ist durchaus positiv.


Sinkende Zinsen - Steigende Mieten

Obwohl seit 2009 die Zinsen stark gesunken und damit ebenso die Kapitalkosten für die VermieterInnen, ist nur ein geringer Teil der Senkungen bei den MieterInnen angekommen - wird jedoch durch massive und unsoziale Erhöhungen bei Neuvermietungen und durch Luxus-Sanierungen mehr als weggefressen. Seit 2008 sind die Preise nicht mehr gestiegen, es gibt keine Teuerung mehr. Im Gegensatz dazu sind die Mietzinse aber weiter in die Höhe geklettert und liegen heute 9 Prozent höher. So verhält sich die faktische Entwicklung gegenläufig zur Entwicklung, die theoretisch zu erwarten wäre und bedeutet vor allem eins: eine goldene Nase für wenige auf dem Buckel von vielen. Seit 2008 sind zudem die Hypothekarzinsen kontinuierlich gesunken. Wurde damals noch durchschnittlich 3,45 Prozent Zinsen auf eine Hypothek bezahlt, sind es heute noch 1,95 Prozent. Bei einem heutigen Hypothekarvolumen von rund 870 Milliarden Franken macht das Zinsersparnisse von 13 Milliarden Franken pro Jahr. Statt aber in den Genuss von Mietreduktion bei sinkendem Referenzzinssatz zu kommen, zahlen die MieterInnen immer mehr fürs Wohnen. Gemäss einer aktuellen Studie des Immobilienbüros IAZI werden die Mieten bei jedem zweiten MieterInnenwechsel im Schnitt um 10 Prozent erhöht, ohne dass dem Vermieter irgendwelche Mehrkosten durch Umbau oder Sanierung entstanden wären. In Städten wie Genf oder Zürich sind Fälle bekannt von Mietpreiserhöhung von über 50 Prozent.


Kapitalflucht in Immobilien

Als weitere unabdingbare Massnahmen fordert der SMV, dass Grundstücke der SBB und der Armasuisse zur Verfügung gestellt werden, die Gemeinden ein Vorkaufsrecht erhalten und der gemeinnützige Wohnungsbau stärker gefördert werden muss. SP-Nationalrätin Marina Carobbio, Präsidentin des SMV, unterstreicht diese Forderungen: "Angesichts der massiven Wohnungsnot müssen der Mieterschutz verstärkt und mehr preisgünstige Wohnungen bereit gestellt werden. Hier müssen die Städte, Kantone und der Bund eine klare Priorität setzen!" Die Kampagne will in den nächsten Monaten und Jahren Bundesrat wie Parlament dazu bringen, diese Massnahmen möglichst rasch umzusetzen.

Ob aber Kampagnen, Transparenz bei den Vormieten, Formularpflicht und gemeinnütziger Wohnungsbau alleine die Situation auf dem angespannten Wohnungsmarkt entschärfen können, muss bezweifelt werden. Gerade weil Immobilien hohe Renditen versprechen und als sichere Investition in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gelten, dürfte Wohnen auch in Zukunft nicht billiger werden.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 31/32 - 70. Jahrgang - 19. Sept. 2014, S. 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2014