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VORWÄRTS/1033: "Prozesse fangen an zu spielen"


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr.25/26 vom 4. Juli 2014

"Prozesse fangen an zu spielen"

Interview von Salvatore Pittà mit Urs Sekinger



Die neue Ausgabe der Zeitschrift Widerspruch ist seit kurzem erhältlich. Im Interview erklärt Redaktionsmitglied Urs Sekinger, wie der Widerspruch heute funktioniert und wie sich die Redaktionsarbeit in den letzten Jahren verändert hat.

Salvatore Pittà: Seit 1981 wird der Widerspruch im Ehrenamt produziert. Wie sind Redaktion, Produktion und Vertrieb heute organisiert?

Urs Sekinger: Bis 2011 kümmerte sich die jeweilige Redaktionsgruppe um alles. Nachdem Pierre Franzen aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste, waren wir gezwungen, uns neu zu organisieren. Durch die Zusammenarbeit mit dem Rotpunktverlag konnten wir Produktion und Vertrieb an diesen abgeben. Um die Redaktion zu unterstützen, haben wir einen Beirat gegründet.

Salvatore Pittà: Wie viel Aufwand betreibt Ihr, um jedes Jahr zwei Nummern zu produzieren?

Urs Sekinger: Sehr viel. Als erstes entsteht ein Aufrisspapier zum gewählten Schwerpunkt, das an potentielle AutorInnen geht. Aufgrund der Rückmeldungen diskutieren wir die Vorschläge und treten mit den AutorInnen in Kontakt. Jeder Beitrag, der so entsteht, wird von einer Person aus der Redaktion intensiv bearbeitet. Eine zweite Person begleitet diesen Prozess kommentierend. Um den Überblick zu bewahren, übernimmt zudem ein Redaktionsmitglied die Hauptverantwortung für die jeweilige Nummer und kümmert sich um die Einpassung der einzelnen Beiträge ins Heft.

Salvatore Pittà: Ist die vor knapp drei Jahren initiierte Restrukturierung Deiner Ansicht nach gelungen?

Urs Sekinger: 2012 haben wir keinen Widerspruch publiziert. In diesem Jahr ist es uns gelungen, die Redaktion zu erweitern und die Verlagsarbeit abzugeben. Nach nunmehr vier Nummern, die in der neuen Konstellation produziert wurden, fangen die Prozesse an zu spielen. Nach wie vor können wir die weggefallene immense Arbeitsleistung von Pierre nur schwer auffangen, insbesondere in Sachen Abschlussarbeiten. Den Überblick zu bewahren, Überschneidungen, Wiederholungen zu vermeiden, die Qualität nicht zu verlieren setzt einen enormen Einsatz voraus.

Salvatore Pittà: Erstaunlich am Widerspruch mit seiner langen Geschichte ist nicht nur die Themen- und AutorInnen-Vielfalt, sondern auch die formelle Sorgfalt und inhaltliche Tiefe der Themenhefte, die Ihr halbjährlich produziert. Wie schafft Ihr das?

Urs Sekinger: Das hat sich im Verlauf der Geschichte so ergeben: Sorgfalt, inhaltliche Tiefe, die Diskussionskultur innerhalb der Redaktionsgruppe, ein breites und funktionierendes Netzwerk. Wir haben einen guten Stamm an AutorInnen und suchen offensiv neue. Der Ruf des Widerspruch macht ihn interessant, weshalb viele AutorInnen bereit sind, für uns auch ohne Honorar zu schreiben, grösstenteils gar exklusiv.

Salvatore Pittà: Wie bringen sich Interessierte bei Euch am besten ein?

Urs Sekinger: Willkommen sind neue Leute als AutorInnen oder in der Redaktion. Für die Arbeit in der Redaktion muss eine Person in etwa einen Tag pro Woche einrechnen und bereit sein, sich langfristig zu verpflichten, denn die Einarbeitungszeit ist lang. Wenn noch redaktionelle Erfahrung dazukommt, umso besser. Wichtig ist, dass der Widerspruch im Gegensatz etwa zu Vereinszeitschriften verkauft werden muss. Wir betreiben deshalb einen grossen Aufwand, um die einzelnen Hefte bekannt zu machen. Es wird zum Beispiel immer schwieriger zu erreichen, dass Hefte in den Medien besprochen werden. Das ist nicht nur wegen des Verkaufs wichtig, sondern auch inhaltlich, denn wir brauchen die Kritik, um uns zu verbessern. Schliesslich geht es uns ja darum, Debatten anzustossen.

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 25/26 - 70. Jahrgang - 4. Juli 2014, S. 7
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2014