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VORWÄRTS/799: Kein Mittel gegen Arbeitslosigkeit


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr.05/06 vom 10. Februar 2012

Kein Mittel gegen Arbeitslosigkeit

Von Johannes Supe


Die BefürworterInnen des bedingungslosen Grundeinkommens (bGE) sehen die Arbeitslosigkeit und sie sehen das Leid der Arbeitslosen. Nur schlagen sie keine Lösung im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit vor, sondern die Aufgabe des Kampfes.


Die Arbeitslosigkeit erscheint als Fakt, die Arbeitslosen gilt es zu verwalten - ähnlich, nicht genau so, tönt es aus dem Munde vieler VertreterInnen des bGE. Insbesondere Götz Werner tut sich hier hervor, spricht vom Ende der Vollbeschäftigung und von der Arbeitslosigkeit, die man wohl oder übel hinnehmen müsse. Hintergrund der dystopischen Analyse ist die steigende Produktivität der Industrie: Immer weniger gesellschaftlich notwendige Arbeitsstunden werden gebraucht, um die Produkte herzustellen, die die Gesellschaft benötigt. Da erscheint es logisch, dass die Zahl der Arbeitsplätze abnehmen, die der Arbeitsiosen zunehmen muss. So wirkt das bGE als menschenfreundliche Methode, die Arbeitslosigkeit zu verwalten und ihnen die Schikanen der bisherigen Bedarfsprüfungen zu ersparen.


Der doppelte Preis

Es ist anzumerken, dass in der Argumentation der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit als unnütz, ja sogar ungewinnbar aufgegeben wird. Es wird nicht mehr versucht, dem Arbeitslosen Arbeit zu schaffen - sozialstaatliche Massnahmen in dieser Richtung dürften verschwinden. Das bedingungslose Grundeinkommen zahlt er also doppelt: Einerseits mit dem schlechten Leben, denn ein gutes wird ihm durch das bGE nicht geschaffen. Zweitens mit dem dauerhaften Ausschluss vom Arbeitsmarkt, der gleichzeitig noch immer der wichtigste Begegnungs- und Integrationsort für unsere Gesellschaft ist. Mit dem bGE gibt die Gesellschaft ihn auf. Hingenommen wird, dass es gesellschaftliche VerliererInnen, also Arbeitslose gibt. "Bezahle man sie wenigstens!"


35-Stunden-Woche statt bGE

Die Beobachtung der bGE-BefürworterInnen ist durchaus richtig: Die Produktivität steigt, es wird weniger Zeit benötigt um die gleiche Zahl an Waren herzustellen. Daraus ziehen sie, wie gesehen, den Schluss, dass es geradezu zwangsläufig mehr Arbeitslose geben muss. Nur: Dem müsste eben nicht so sein; das ist eben nicht die logische Folge. Wer so argumentiert, der argumentiert mit der Intensivierung der Arbeit: "Ich leiste die gleiche Anzahl Stunden für den gleichen Lohn und schaffe in dieser Zeit mehr Produkte als zuvor, mache so also den Arbeitsplatz meines Nachbarn schrittweise überflüssig." Das ist die Logik des Kapitals.

Die Logik einer menschlichen Wirtschaft wäre hingegen: "Die Produktivität der Arbeit steigt, also arbeiten mein Kollege und ich weniger, schaffen aber dennoch die selbe Zahl Produkte und bekommen entsprechend für den gleichen Lohn wie zuvor."

Die BefürworterInnen des bGE erwähnen diese Möglichkeit nicht einmal. Wir folgern daraus: Sie denken an sie nicht - sie denken ausschliesslich in den Kategorien des Kapitals. Zur wirklichen Hilfe gegen die Arbeitslosigkeit tut zunächst die 35 Stundenwoche not; langfristig die Überwindung der gesamten kapitalistischen Produktionsweise und ihrer zynischen Logik. Ein bGE braucht es dafür hingegen nicht.


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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 05/06/2012 - 68. Jahrgang - 10. Februar 2012, S. 7
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2012