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ROTFUCHS/133: Tribüne für Kommunisten und Sozialisten Nr. 179 - Dezember 2012


ROTFUCHS

Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland

15. Jahrgang, Nr. 179, Dezember 2012



Inhalt

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Über Bekennermut

Das Foto auf dieser Seite schickte uns der 1928 geborene Hans Schroeder. Es zeigt ihn mit zwei "Reineckes". Auf unseren "RotFuchs", den er am Tag des Entstehens dieser Aufnahme erstmals in Händen hielt, hat er sein Bekenntnis zum Weitermachen geschrieben. Der Absolvent beider Berliner Kunsthochschulen entwarf nicht nur - wie viele unserer Leser bereits wissen - in den 50er Jahren die ganze Generationen kleiner Zuschauer begleitenden "Märchenwald"-Figuren des DDR-Kinderfernsehens, sondern hauchte ihnen als Puppenspieler und Sprecher auch Leben ein. Seine populärsten Geschöpfe waren wohl "Herr Fuchs" und "Frau Elster".

Der immer parteilose, zugleich aber parteiliche Künstler bewies, indem er Liebknechts in der "Roten Fahne" gedruckte letzte Worte als Motto wählte, eine gehörige Portion Bekennermut. Ihn haben unzählige Frauen und Männer in der deutschen Geschichte unter Beweis gestellt: Thomas Müntzer, die März-Gefallenen der Jahre 1848 und 1919, die von den Faschisten gemeuchelten Genossen Thälmanns und Breitscheids, die Christen Hans und Sophie Scholl von der "Weißen Rose", Bekannte und Unbekannte. Während von jenen, die stets die Geßler-Hüte grüßten oder ihren Judaslohn bei gestrigen Feinden holten, nichts bleiben wird, leben der Devise "Trotz alledem!" Verpflichtete durch die Jahrhunderte fort. In die Liste derer, die vor der Weltgeschichte bestanden, sind Namen wie Patrice Lumumba, Ho Chi Minh, Nelson Mandela und Fidel Castro eingetragen.

Doch wir müssen nicht in die Ferne schweifen, um jene zu suchen, welche sich auf solche Weise hervorgetan haben. Wir finden sie auch in unserer Mitte. Mit gutem Grund kann man sagen, daß Kommunisten, Sozialisten und andere wahre Humanisten, die dem wiedererstarkten Deutschland der Banken und Monopole sowie seinen den Vormarsch faschistoider Kräfte beschirmenden Machtorganen Paroli bieten, zu den Bekennern gehören. Das gilt auch für die große Familie derer, die im "RotFuchs" ihre politische Heimat gefunden haben. Es ist ein gutes Gefühl, den Ballast karrieresüchtiger Glücksritter losgeworden und mit Menschen verbunden zu sein, die sich allein der Sache verpflichtet fühlen. In unserer Vergangenheit wie im heutigen gesellschaftlichen Umfeld fehlt es nicht an Vorbildern.

Unvergeßlich bleibt mir die würdige Haltung des christdemokratischen Politikers und Staatsmannes Otto Nuschke, der - in den Stunden des konterrevolutionären Angriffs am 17. Juni 1953 auf Westberliner Gebiet abgedrängt - vor RIAS-Mikrofonen entschieden auf sein Amt als stellvertretender Ministerpräsident der DDR verwies und seine unverzügliche Rückführung auf deren Hoheitsgebiet verlangte. - Vor Augen steht mir auch der Bekennermut des Kommunisten Heinz Keßler, den ich 1947 als Vorsitzenden der Freien Deutschen Jugend von Berlin, wie sie zunächst in der Stadt hieß, kennenlernte, und den ich viele Jahre später in den Gefängnissen Moabit und Hakenfelde besuchen mußte. Wie der durch die Faschisten zehn Jahre eingekerkerte Erich Honecker bot auch der zum Armeegeneral der DDR aufgestiegene Proletariersohn, den ein Nazi-Tribunal in Abwesenheit zum Tode verurteilt hatte, der Rachejustiz seiner Klassenfeinde mutig die Stirn.

Dem Vermächtnis des 1944 vom kaiserlich-japanischen Regime hingerichteten antifaschistischen Kundschafters Richard Sorge getreu handelte der in das Brüsseler NATO-Hauptquartier vorgedrungene DDR-Aufklärer Rainer Rupp. Er bewies in langjähriger Haft ein hohes Maß an Bekennermut. Übrigens stieß Rainer - heute ein profilierter Journalist der Tageszeitung "junge Welt" - schon Ende der 90er Jahre zum "RotFuchs". In seiner Saarbrückener Gefängniszelle verfaßte er wertvolle Beiträge für unser Blatt.

Auch der "Lieblingsfeind" des Klassengegners Karl-Eduard von Schnitzler ließ sich nicht von dessen Journaille ins Bockshorn jagen, als er bei der Debatte in einem Berliner TV-Studio durch den berüchtigten CDU-Mann Lummer und dessen antikommunistische Kläffer angefallen wurde. "Kled" - wie ihn seine Freunde nannten - zählte zwei Jahre lang zu den frühen Autoren des RF.

Ehrende Erwähnung verdient hier der Spanienkämpfer und Shoa-Überlebende Fritz Teppich, dessen Name bis zu seinem Tode in unserem Impressum stand. Unmittelbar nach Schabowskis wohl nicht gerade spontaner "Anregung" zur sofortigen "Maueröffnung" trat dieser Westberliner Kommunist - Jude und Antizionist zugleich - dem Mob professioneller DDR-Hasser vor Mikrofonen und Kameras kaltblütig entgegen.

Das Bild wäre unvollständig, verzichteten wir auf einen ganz wesentlichen Aspekt: Bekennermut gilt es nicht nur im Angesicht des Klassenfeindes oder seines staatlichen Repressionsapparates zu beweisen, sondern auch gegenüber echten, vermuteten oder falschen Freunden.

Kaum ein anderer hat das wohl so eindringlich unter Beweis gestellt wie unser im November 2011 im Alter von 96 Jahren verstorbener einzigartiger Autor, Freund und Genosse Walter Ruge, den schuldlos erlittene langandauernde Haft in einem sowjetischen Straflager keinen Millimeter von seiner marxistisch-leninistischen Weltanschauung abzubringen vermochte. Der Dichter Peter Hacks, dessen reiches dramatisches Werk in sozialistischen Tagen nicht immer die Zustimmung der "Obrigkeit" gefunden hatte, stellte seinen Freunden vom "RotFuchs" in einem Brief die inzwischen zur Parole gewordene rhetorische Frage: "Wessen sollten wir uns rühmen, wenn nicht der DDR?"

Es ist keine Kunst, sich mit der sozialistischen Staatsmacht im Rücken zum Sozialismus zu bekennen. Frühere DDR-Bürger wissen das ja aus eigener Erfahrung. Nicht wenige einhundertfünfzigprozentige Abnicker und Jasager vergangener Tage haben 1989 - als der Wind umschlug - eiligst die Flinte ins Korn geworfen oder die Fronten gewechselt. Andererseits bewiesen etliche SED-Mitglieder, die aufgrund nicht überall erwünschten selbständigen Denkens oder ihrer oftmals als Nörgelei empfundenen Neigung zu häufiger Kritik in Ungnade gefallen waren, nach der konterrevolutionären Rückwärtswende ein hohes Maß an Standhaftigkeit.

Den einen wie den anderen - Löwen, feigen Hunden und Chamäleons - bin ich begegnet.

Im August 1961 wurde ich nach fünfjähriger Tätigkeit als Staatsanwalt des Kreises Güstrow meiner Funktion enthoben und erhielt wegen "Zurückweichens vor dem Klassenfeind" die höchste Parteistrafe vor dem Ausschluß. Nachdem ich die Verfahren gegen zwei zwar aufmüpfige, aber keineswegs der DDR feindlich gesonnene junge Arbeiter, die der Staatsverleumdung angeklagt werden sollten, wegen Geringfügigkeit eingestellt hatte, erteilte mir ein hoher Vorgesetzter die Weisung, beide sofort festzunehmen und gegen sie eine Freiheitsstrafe zu erwirken. Ich weigerte mich, dem nachzukommen und verwies darauf, daß ein solches Vorgehen erkennbar gegen die Interessen der Deutschen Demokratischen Republik gerichtet sei. Daraufhin erhielt ich zwar die Entlassungspapiere, kam aber keineswegs nach "Sibirien", sondern wurde zunächst Bürgermeister einer Zentralgemeinde, später Mitarbeiter im DDR-Außenministerium und einige Jahre danach außenpolitischer Redakteur des ND.

Weit interessanter als dieser Teil meiner Vita aber ist: Der "hohe Vorgesetzte" leitete im Herbst 1989 aus fadenscheinigen Gründen ein Ermittlungsverfahren gegen den Bezirksratsvorsitzenden und den 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung ein. Als drei Jahre nach dem Anschluß der DDR an die BRD gegen beide Funktionäre wegen angeblicher Untreue verhandelt wurde, stand unser "Klassenkämpfer" von einst als Belastungszeuge parat, während ein Richter aus dem Westen die Haltlosigkeit der erhobenen Vorwürfe konstatierte.

Was den "RotFuchs" betrifft, so ist mit seinem Bekennermut auch in Zukunft zu rechnen. Trotz alledem!

Klaus Steiniger

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Ein Unbeugsamer

Klaus Steiniger zum 80. Geburtstag

Es ist ein Privileg, von Klaus Steiniger Genosse, und - mehr noch - ein guter Freund genannt zu werden. 1972 schrieb der Hamburger "Spiegel" - ein zweifelsohne unverdächtiger Zeuge - über ihn: Klaus Steiniger (39), der Sonderkorrespondent des SED-Zentralorgans "Neues Deutschland", habe "beim Prozeß gegen die farbige US-Bürgerrechtskämpferin Angela Davis zu Beginn der Verhandlung mehr Aufmerksamkeit erregt als die Befragung der Geschworenen". Das sei darin begründet, daß die US-Behörden erstmals einem DDR-Journalisten die Teilnahme an einem inneramerikanischen Politikum gestattet hätten. "Der ND-Ressortleiter für kapitalistische Länder wollte sehr vorsichtig sein, um nicht die Regeln zu verletzen, da sein Fall eine Präzedenz darstellt." Aber er halte sich nicht immer zurück: Zum Internationalen Frauentag überreichte er "unserer Genossin Angela 50 flammend rote Nelken". Zudem habe er US-Kollegen bereitwillig Auskunft über seine Ansichten zum Prozeß erteilt. Auf Solidarität sei der Mann aus Ost-Berlin auch bei einem Interview mit dem Farmer Roger Mac Afee gestoßen, der durch Verpfändung eines Teils seines Hofes eine Kaution in Höhe von 102.500 Dollar zur Haftentlassung von Angela Davis bereitgestellt habe. "Als Steiniger ihn mit 'Genosse' ansprach, freute sich Mac Afee: 'Jetzt habe ich endlich das Gefühl, zur Mehrheit in dieser Welt zu gehören'". Soweit der "Spiegel".

Klaus wurde am 28. Dezember 1932 als Sohn des Kommunisten Peter Alfons Steiniger und einer antifaschistisch gesinnten Mutter in Berlin geboren. Als entschiedener Verteidiger der sozialistischen DDR, deren erste Verfassung zu wesentlichen Teilen die Handschrift seines Vaters trug, folgt er dem Grundsatz: Weltanschauliche Prinzipien dürfen nicht davon abhängig gemacht werden, ob man im politischen Geschehen gerade oben oder unten liegt. Dieser Maßstab leitet ihn sicher bei der Einschätzung seiner Mitmenschen. Und so hat er folgerichtig nach unserer schweren Niederlage mit dem "RotFuchs" eine Fahne der Zuversicht gehißt. Diese "Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutschland" gäbe es ohne ihn nicht. Kein Mitstreiter, der sich redlich für den "RotFuchs" und in unserem Förderverein engagiert, wird dem widersprechen.

Vor allem Aufrichtigkeit und klares Bekennen schätzt Klaus Steiniger in der Konfrontation mit der Welt des Kapitals. Diese Gesellschaft hat der englische Aufklärer Thomas Hobbes vor fast vier Jahrhunderten als "Krieg aller gegen alle" enttarnt. Auf solche Weise erkennt Klaus zudem nicht nur Sozialisten und Kommunisten. Auch ehrliche Leute aus anderen Lagern beurteilt er ebenso. Rechtsopportunistische Wendigkeit ist ihm ein Greuel und auch Sektierertum nicht seine Sache. Klaus Steiniger hat mit seiner enormen internationalen Erfahrung verinnerlicht, daß sich politische Analysen niemals allein auf die eigene Bewegung beschränken dürfen, sondern stets die Gesamtheit der Wechselbeziehungen aller Klassen und Schichten - national wie weltweit - im Blick haben müssen. Und er läßt keinen Zweifel daran, daß sich fortschrittliche Menschen ebenso ihrer Verantwortung für die eigene Nation bewußt sein sollten, wie sie der großen Idee des proletarischen Internationalismus verpflichtet sind. Daß Klaus, der wie sein Vater Rechtswissenschaften studierte, schließlich Journalist wurde, hat sich als Glücksfall erwiesen. Wenn Neigung, Sprachbegabung, Leidenschaft und die Kunst der Feder zueinander finden, kann Großes entstehen. Diese Chance hat er konsequent genutzt. Und so ist Klaus Steiniger zu einem der bedeutendsten Journalisten unseres Landes geworden. Mit seinen Artikeln aus den USA, dem Portugal der Nelkenrevolution, Lateinamerika, Japan und vielen anderen Ländern hat er die Sicht der DDR-Bürger, deren solidarische Haltung zu den Fortschrittsbewegungen in aller Welt wesentlich mitgeprägt. Dafür steht keineswegs nur sein Beitrag zur Massenaktion "Eine Million Rosen für Angela", die er mit seiner in 500.000 Exemplaren verbreiteten Schrift "Freiheit für Angela Davis!" wesentlich inspiriert hat und an die sich so viele Beteiligte auch heute noch voller Wärme erinnern.

Nun wird Klaus also 80. Er kämpft und arbeitet hart wie eh und je, und er muß zudem mit Krankheit, einem heimtückischen Feind, ringen.

Man sagt, Goethe habe, hoch an Jahren, gelegentlich über zunehmende Gebrechen geklagt. Ein Vertrauter wollte ihn damit trösten: Nun mangele es zwar an jugendlichem Feuer, das aber werde durch beständig wachsende Altersweisheit doch mehr als kompensiert. Der Dichterfürst reagierte entrüstet. Wahr sei vielmehr: Er könne bezeugen, daß er immer daran zu arbeiten gehabt habe, im Laufe des Lebens so weise zu bleiben, wie er es bereits in seiner Jugend gewesen sei. Wir wissen nicht, ob diese Episode sich tatsächlich so zugetragen hat. Wenn nicht, dann wäre sie zumindest gut erfunden. Ich denke, daß man unserem Klaus genau das bescheinigen sollte: Eine ausgereifte Urteilskraft gehörte schon vor Jahrzehnten unzweifelhaft zu seinen Schätzen. Denn war er 1972, als er Angela zum Frauentag die 50 roten Nelken überreichte, nicht schon der, den wir heute kennen und auf den wir stolz sind?

Angela Davis hat 2009 in ihrem Vorwort zu Klaus Steinigers Buch über den damaligen Prozeß betont, immer sei ihr bewußt, wie wichtig es ist, "uns auf die Errungenschaften der sozialistischen Gemeinschaft der Nationen zu besinnen, wenn wir versuchen, das Eindringen kapitalistischer Interessen in die intimsten Sphären unseres Lebens abzuwehren, und hier, in den USA, für grundlegende Rechte zu kämpfen". "Ich möchte", schrieb Angela Davis, "Klaus Steiniger meine tiefe Dankbarkeit für sein Lebenswerk und seinen Einsatz für die Sache der Freiheit ausdrücken." Diesem Dank schließen wir uns aus vollem Herzen an. In Bertolt Brechts Svendborger Gedichten heißt es:

Die Schwachen kämpfen nicht.
Die Stärkeren kämpfen vielleicht eine Stunde lang.
Die noch stärker sind, kämpfen viele Jahre.
Aber die Stärksten kämpfen ihr Leben lang.
Diese Sind unentbehrlich.

Unser Genosse und Freund Klaus Steiniger ist einer der Unentbehrlichen.

Lieber Klaus, wir wünschen Dir zu Deinem Geburtstag vor allem Kraft. Wir sind uns dessen gewiß: Alles andere wird sich dann schon richten.

Götz Dieckmann

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Soll ich mein Kind der Bundeswehr opfern?

Die Rattenfänger de Maizières ziehen an den Schulen alle Register

Die Bundeswehr wirbt in Schulen mit irreführenden Versprechungen und verlockenden Zusagen um jugendlichen Nachwuchs. Darf sie so vor Schülern auftreten und für sich werben? Schreibt nicht das Grundgesetz ausdrücklich den Einsatz der Armee allein zum Schutz der eigenen Landesgrenzen fest?

"Deutschland" - so Verteidigungsminister de Maizière - "ist von Freunden umgeben". Auch der Bundesgrenzschutz - deshalb seine Umbenennung in Bundespolizei - hat 1990 seine Bedeutung buchstäblich über Nacht verloren. Warum aber sucht die Armee des deutschen Imperialismus ausgerechnet in den Schulen ihren soldatischen Nachwuchs zu rekrutieren, betreibt sie irreführende Werbung für "Ausbildung und Studium" in ihren Reihen? Warum sind diese Propagandaeinsätze besonders in den seit dem Anschluß der DDR an die BRD strukturschwachen Gebieten des Ostens so aufdringlich und massiv? Warum werden ausgerechnet junge Erwachsene aus Familien mit geringem Einkommen danach gefragt, ob sie sich nicht für eine "berufliche Perspektive in der Bundeswehr" entscheiden wollen? "Guter und regelmäßiger Verdienst", ein "fester Arbeitsvertrag" und Begriffe wie "Kameradschaft", "Ehre", "Bildung" und "gesicherter Wohlstand" dienen als Köder, um Heranwachsende an die Angel zu bekommen, sie für eine "perspektivreiche Zukunft" kirre zu machen.

Dabei ist längst erwiesen: Die Bundeswehr dient heute nicht dem Schutz des eigenen Landes, sondern ist ein Instrument für imperiale Politik im Ausland, die von der BRD unter dem Banner des Raubvogels fern der Heimat verfolgt wird. Es geht um knallharte ökonomische und politische Interessen. Wie Expräsident Horst Köhler seinerzeit freimütig ausplauderte, stehen Rohstoffe, Absatzmärkte und Billiglohnländer zur Debatte. Mit anderen Worten: Es geht um Macht.

Begriffe, welche die Kriegseinsätze verharmlosen sollen - man spricht von "Friedensmissionen", "Engagement im Ausland" und "verpflichtendem NATO-Auftrag" - dienen lediglich als Blendwerk für jene, die als Kanonenfutter gewonnen und mißbraucht werden sollen. Die Zielgruppe sind vor allem unsere beruflich perspektivlosen Söhne und Töchter. Sie werden ganz im Sinne Tucholskys bewußt zu potentiellen Mördern gemacht, deren unmoralisches Tun als moralische Tugend angepriesen wird, um die Bevölkerung zur Duldsamkeit zu bewegen.

Man denke an die Worte des einstigen BRD-"Verteidigungsministers" mit SPD-Parteibuch Peter Struck, der am 5. Dezember 2002 die Bundeswehr bekanntlich dazu aufrief, "die Heimat am Hindukusch zu verteidigen". Tatsächlich haben BRD-Bürger in Afghanistan nicht das geringste zu suchen, müssen aber als Steuerzahler für die Kosten der Aggressionsbeteiligung ihrer Regierung aufkommen und fremdes wie eigenes Leid auf sich nehmen.

Aus all dem ergibt sich, daß die Bundeswehr niemals als eine friedenssichernde Kraft betrachtet werden kann. Und dafür soll ich mein Kind hergeben, mein eigen Fleisch und Blut lebendigen Leibes zerreißen, verstümmeln, dahinsiechen lassen, um am Ende vielleicht eine "angemessene Abfindung" oder eine hochtrabende Beileidsbekundung in dem altbekannten Sinne entgegenzunehmen, mein Sohn sei "als Held auf dem Felde der Ehre gefallen"?

Skrupellos werden auch erfolgreich geköderte Jungsöldner zu Werbezwecken in die Spur geschickt. Sie kennen sehr wohl die eigenen Schwachstellen, da sie ja bis zu ihrer Anwerbung selbst zu den Chancenlosen gehörten.

Man gibt sich sehr "volksnah", wenn die BRD-Armee "mit den Menschen" feiert. Informationsstände unter raffinierten Werbeslogans bieten bei den verschiedensten Gelegenheiten "Karriere mit Zukunft" an. "Wir dienen Deutschland", "mit der Buwe auf du und du", "die Bundeswehr zum Anfassen" oder "schulfrei für die Bundeswehr" heißt es dann "ganz bürgernah, besorgt und kameradschaftlich". In Kommißregie werden Castingshows, also Nachwuchswettbewerbe, am laufenden Band organisiert. Hochglanzbilder zeigen bewaffnete Söldner am Lagerfeuer. Im Hintergrund ein anheimelnder See mit friedlich schwimmenden Wasservögeln.

Schon immer hat die totale Lüge totalen Kriegen den Boden bereitet. Das wissen wir aus der Vergangenheit. Zum Einseifen und Irreführen gehört auch die Verurteilung des völlig anders gearteten Wehrkundeunterrichts an den Schulen der DDR. Deren Nationale Volksarmee stand niemals im Dienst von Kriegsvorbereitung und Aggression. Sie war die einzige Armee in der deutschen Geschichte, die Zeit ihrer Existenz an keinen Kriegen gegen andere Völker beteiligt war.

Peter Dornbruch, Crivitz

Unser Autor gehört der Leitung der dortigen Basisorganisation der Partei Die Linke an.

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Vom Sinn unseres Lebens

Späte Antwort auf eine Frage Walter Ruges

Walter Ruge, dem zu begegnen ich das Glück hatte, hegte in einem RF-Artikel wenige Monate vor seinem Tode Zweifel daran, ob das Buch "Weltall, Erde, Mensch" für die Herzensbildung der jungen DDR-Bürger ausgereicht habe. Es war seinerzeit allen Teilnehmern der Jugendweihe überreicht worden.

Rückschauend muß ich dazu sagen: Nein, es war nicht ausreichend. Obwohl so vieles für uns Kinder und Jugendliche getan wurde, haben wir es nicht in dem Maße zu würdigen gewußt, wie das nötig gewesen wäre. Trotz bester Startbedingungen hat kein geringer Teil von uns die Arbeit der vorausgehenden Generationen 1989 leider mit Füßen getreten. Ich frage mich: Warum ist das so gewesen?

Von 1977 bis 1987 habe ich die 106. Polytechnische Oberschule (POS) "Albert Hensel" in Dresden besucht. Diese Zeit ist mir noch in sehr guter Erinnerung. Bis auf einige Ab- und Zugänge blieb unsere Klasse bis zum Schulende zusammen. Ich empfand das als sehr positiv. Wir wurden gemeinsam erwachsen. Im nachhinein kann man die Entwicklung jedes einzelnen nachvollziehen. Die meisten Lehrer waren uns Freunde und Helfer. Wir hatten zu ihnen ein gutes Verhältnis und besaßen überdies auch ein rühriges Elternaktiv. Von der 5. Klasse an fuhren wir jedes Jahr ins Landheim. Erinnern kann ich mich nicht zuletzt an das hohe Niveau der Bildungsabfrage in der 10. Klasse. Wir alle waren froh, als die nervenaufreibenden Prüfungen ein Ende gefunden hatten. Die ideologische Bevormundung, von der heute ständig die Rede ist, hielt sich an unserer Schule durchaus in Grenzen. Man war stolz, wenn die Klassenlehrerin als Respektsperson zu einem nach Hause kam und die Eltern von den Lernleistungen in Kenntnis setzte. Das gleiche Gefühl bewegte jene, welche bei Appellen vor versammelter "Mannschaft" ausgezeichnet wurden - sei es für gute schulische oder sportliche Leistungen oder beim Altstoffsammeln.

Leistungsstarke Schüler übernahmen für lernschwächere gerne die Patenschaft. Das bedeutete, daß man diese nachmittags zu Hause aufsuchte, um ihnen bei der Wiederholung des in der Schule behandelten Stoffes zu helfen.

Dieser Beistand war keinesfalls perfekt, da die zur Unterstützung Eingeteilten nichts von Didaktik verstanden. Dennoch lernte der eine Part dabei das Erklären, während der andere die Erfahrung sammelte, nicht allein gelassen worden zu sein.

Erziehungsprobleme konnten im Kollektiv viel effektiver bewältigt werden, als das heute in Schulen möglich ist, in denen nicht mehr erzogen werden darf. In unserer Klasse gab es auch manches Unerfreuliche. Doch im Klassenverband konnten die Probleme meist gelöst werden, so daß wir in der 10. Klasse eine wirklich gute Truppe waren. Leider mußten wir dann auseinandergehen - in verschiedene Betriebe oder auf die EOS (Erweiterte Oberschule mit Abitur).

Die Einheit von Bildung und Erziehung war allen Beteiligten selbstverständlich, auch wenn das pädagogische Reglement den schlechteren Schülern oft nicht paßte und sie sich gegängelt fühlten. Doch verglichen mit heutigen Zuständen herrschte ein gutes, ruhiges Lernklima. Natürlich gab es auch Schlägereien auf dem Schulhof - doch wenn jemand am Boden lag, fand die Gewalt ihr Ende, zumal dann auch meist ein Lehrer zugegen war, der eingriff.

In der DDR zu leben bedeutete ja nicht, daß dort alle Übel bereits ausgemerzt waren. Einerseits verhielten wir uns wie alle Kinder, die sich streiten und bei fehlenden Argumenten auch mal zuhauen, andererseits gab es keineswegs jenen Grad der Verrohung, von dem heute allenthalben die Rede ist.

Unsere Lehrer haben stets versucht, auch die schwächeren Schüler mitzunehmen, um ihnen mehr Wissen und nicht zuletzt auch eine höhere Sensibilität zu vermitteln. Keiner sollte zurückbleiben, was nicht immer gelang, da die Einflußnahme auf das Elternhaus und dessen Umfeld nur begrenzt möglich war. Wer dort nicht zu Hilfsbereitschaft und Sparsamkeit erzogen wurde, konnte solche Eigenschaften meist auch in der Schule nicht unter Beweis stellen. Es waren überwiegend solche Schüler, die dann ein Hakenkreuz an die Tafel malten oder antisemitische Witze erzählten. Sie waren nicht klug genug, das Klassenziel zu erreichen, aber hinreichend dumm, um solcherlei auszuhecken.

Sie gehörten dann 1989 zu den ersten, die auf die Straße gingen, um sich gegen vermeintliche "Gängelei" in den Schulen der DDR aufzulehnen und "Freiheit" einzufordern. Diese genießen sie heute nicht selten als Hartz-IV-Empfänger.

Das durch Walter Ruge erwähnte Jugendweihebuch "Vom Sinn des Lebens" oder "Weltall, Erde, Mensch", wie es später hieß, nahm man dankend in Empfang und stellte es anschließend ins Regal. Gelesen hat es wohl kaum einer, höchstens durchgeblättert. Also blieb vielen der Sinn des Lebens fremd ...

Leider beschäftigen sich sehr viele Menschen überhaupt nicht mit Büchern und schon gar nicht mit solchen, welche die Geschichte betreffen. Auch wurde nicht bewußt genug mit unserer schweren Erblast umgegangen. Die meisten von uns, die wir in einem antifaschistischen Staat aufwuchsen, verdrängten einfach die Tatsache, daß unsere eigenen Großväter noch Soldaten in einem faschistischen Raubkrieg gewesen waren.

Schüler in Wolgograd, das als Stalingrad in die Geschichte einging, mußte man nicht überzeugen, am Mahnmal für die Opfer Ehrenwache zu halten. Dort hatte nicht nur jede Familie Tote zu beklagen, sondern auch das Geschehen zutiefst verinnerlicht.

Heute - 28 Jahre nach meiner Jugendweihe - sage ich mir: Hätten wir doch das von Walter Ruge erwähnte Buch in der Schule zeitnah gelesen und diskutiert! Dann wären wir für auf uns zukommende Situationen besser gewappnet gewesen. Vierzehnjährige Jugendweiheteilnehmer machten sich über den Sinn des Lebens leider noch keine Gedanken. Sie nahmen alles als selbstverständlich hin. Eigene, vor allem auch negative Erfahrungen, sollten ihnen erst später die Augen öffnen.

Der Sinn des bewußten Lebens besteht darin, anderen Leben zu schenken und es vor allem zu bewahren. Denn die Spanne ist kurz und - wenn man am Ende seines Weges steht - unwiederbringlich.

Andrea Wohlfahrt, Hemmingen

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Kundschafter an der unsichtbaren Front

Vor 70 Jahren starben Helden der Schulze-Boysen/Harnack-Organisation

Im November 1942, vier Wochen vor seiner Ermordung, schrieb der Oberleutnant in Görings Reichsluftfahrtministerium Harro Schulze-Boysen die folgenden Zeilen, welche 1945 in Dielenritzen der Zelle 2 des Gestapohauptgefängnisses in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße von Günther Weisenborn gefunden wurden.

Der Wind schlug naß ans Fenster
und heulend schlägt's Alarm!
In Deutschland gehn Gespenster um
Hier drinnen ist es warm ...

Sie nennen es Gefängnis,
der Leib ist auch gebannt
und doch ist das Verhängnis, ach,
dem Herzen noch kaum bekannt.

Mir scheint's wie Klosterzelle:
Die hellgetünchte Wand
hält fern mir jede Welle, die
mich sonst so jäh berannt.

Der Geist schweift frei ins Leben,
die Fesseln scher'n ihn nicht
und Zeit und Raum, sie heben sich
hinweg im blassen Licht.

Und sind wir losgeschnitten
von unruhvoller Welt,
so ist auch abgeglitten all
das Beiwerk, das nicht zählt.

Es gilt nur letzte Wahrheit
dem überscharfen Blick,
und ungetrübte Klarheit wird
stolz zum Daseinsglück.

Der Stunde Ernst will fragen:
Hat es sich auch gelohnt?
An Dir ist's nun zu sagen: Doch!
Es war die rechte Front.

Das Sterben an der Kehle
hast du das Leben lieb ...
und doch ist Deine Seele satt,
von dem, was vorwärtstrieb.

Wenn wir auch sterben sollen,
so wissen wir: Die Saat
geht auf. Wenn Köpfe rollen, dann
zwingt doch der Geist den Staat.

Die letzten Argumente
sind Strang und Fallbeil nicht,
und uns're heut'gen Richter
noch nicht das Weltgericht.


Am 22. Dezember - dem 70. Jahrestag ihrer Hinrichtung in Plötzensee - ehren wir Harro Schulze-Boysen und seine ermordeten Kampfgefährten.

Die deutschen Antifaschisten gedenken der mutigen Widerstandskämpfer Dr. Arvid Harnack, Ilse Stöbe, John Graudenz, Kurt Schulze, Elisabeth Schumacher, Kurt Schumacher, Hans Coppi und Horst Heilmann. Wir erinnern uns an Dr. Adam Kuckhoff, Anna Krauss, Rose Schlösinger, Oda Schottmüller, Ingeborg Kummerow, Hilde Coppi, Emil Hübner, Else Imme, Klara Schabbel, Frida Wesolek, Stanislaus Wesolek, Dr. Erhard Tohmfor, Richard Weißensteiner, Karl Behrens, Erika von Brockdorff, Dr. Hansheinrich Kummerow, Dr. Mildred Harnack und Albert Hößler, die später von den Faschisten ermordet wurden. Auch John Sieg und vielen anderen, die im Kampf gegen die Hitlerfaschisten gefallen sind, gilt unsere Ehrung. Sie alle gehörten zu einer der bedeutendsten antifaschistischen Widerstandsorganisationen, die während der ersten Jahre des Zweiten Weltkrieges in Nazi-Deutschland aktiv waren.

Die Anfänge der Organisation lagen im Jahre 1938, als zwischen Arvid Harnack und John Sieg (er wurde nach seiner Verhaftung von der Gestapo grausam gefoltert und ging am 15. Oktober 1942 in den Freitod), eine enge Zusammenarbeit begann. Sie umfaßte einige hundert Antifaschisten. Seite an Seite kämpften hier Kommunisten und Sozialdemokraten mit oder ohne Parteibuch, Gewerkschafter, bürgerliche Demokraten, Gläubige und Atheisten. Keiner von ihnen hatte daran gedacht, einmal Kundschafter an der unsichtbaren Front zu sein. Niemand war irgendwann darauf vorbereitet oder gar an einer Spezialschule ausgebildet worden. Doch angesichts der zunehmenden Kriegsgefahr, die Ende der 30er Jahre vom faschistischen Deutschland ausging, wuchs die Bereitschaft, alle Formen des illegalen Kampfes anzuwenden, darunter auch die Kundschaftertätigkeit für die aufs äußerte bedrohte Sowjetunion. Die Mitglieder der Organisation nutzten ihre Positionen im Reichsluftfahrtministerium, im Reichswirtschaftsministerium und im Reichspropagandaministerium, in den Oberkommandos der Wehrmacht, des Heeres und der Marine, im geheimdienstlichen Amt Canaris, in der Dolmetscherkompanie, im Auswärtigen Amt, im Reichsrundfunk, im Rassepolitischen Amt der NSDAP und in der Reichskulturfilmzentrale. Sie sabotierten die Rüstungsproduktion in der Opta Radio AG, in den Mechanischen Werkstätten Berlin, in der AEG und bei Telefunken.

Die wichtigsten Meldungen, die Mitglieder der Organisation an die UdSSR sandten, betrafen den Zeitpunkt des faschistischen Überfalls auf die Sowjetunion; Görings Luftaufklärung über ihrem Territorium, Pläne und Maßnahmen der im Mai 1941 gebildeten Okkupationsverwaltung zur Ausbeutung und Verwendung von Bodenschätzen und anderen Ressourcen in eroberten sowjetischen Gebieten; Maßnahmen zur schnellen Besetzung der Ukraine, zur Abtrennung des Kaukasus und zur Ausbeutung der Erdölfelder Galiziens; Hauptrichtungen des Vorstoßes der faschistischen Wehrmacht; Stärke und Standorte der Nazi-Luftwaffe; Treibstofflage, Entwicklung und Einsatz chemischer Kampfstoffe in Deutschland; Pläne zur Bombardierung sowjetischer Städte und Gebiete.

Die furchtlosen Widerstandskämpfer um Harro Schulze-Boysen und Dr. Arvid Harnack, deren Handeln lange Zeit unentdeckt blieb, dienten in der DDR als Leitbilder bei der Erziehung der heranwachsenden Generation im allgemeinen und der Mitarbeiter der Sicherheitsorgane im besonderen. Ihr Mut, ihre Kühnheit und Standhaftigkeit, ihre unerschütterliche Treue zur Sache des proletarischen Internationalismus und die Verbundenheit mit dem ersten sozialistischen Staat inspirierten auch spätere Generationen unter veränderten Umständen für dieselbe Sache kämpfender Kundschafter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Schulen, Einheiten der bewaffneten Organe, Kollektive in Betrieben und Institutionen, Straßen und Plätze der DDR trugen die Namen ermordeter Kämpfer der Organisation.

Walter Husemann faßte das Credo seines Lebens vor der Hinrichtung in die Worte: "Es ist leicht, sich Kommunist zu nennen, solange man nicht dafür bluten muß. Ob man wirklich einer war, beweist man erst, wenn die Stunde der Bewährung gekommen ist."

Konstantin Brandt

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Kein Antifaschismus ohne Thälmann!

Eindringlicher Appell eines Sozialisten aus Niedersachsen

Der PDL-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi hat es unlängst für angeraten gehalten, den Zugang einer Genossin seiner Partei zu "gehobenen Kreisen" wahrzunehmen. Man sollte den einstigen CDU-Spitzenpolitiker Ludwig Erhard lesen und verstehen, empfahl er.

Das erinnerte mich unwillkürlich an eine Rede, die Ernst Thälmann am 3. März 1932 in der Main-Metropole gehalten hat. Damals sagte der KPD-Vorsitzende: "Glaubt Ihr Genossen, daß hier in unserer Versammlung die Direktoren oder die Inhaber der kapitalistischen Industrie erscheinen würden, um mich zu begrüßen? Haltet Ihr es für möglich, daß irgendein Frankfurter Industrieller es wagen könnte, den Genossen Thälmann für heute Abend zum Essen einzuladen?"

Man frage politikverdrossene Wahlverweigerer unserer Tage, was sie von einem selbstlosen und aufrechten Volksvertreter wie Ernst Thälmann halten würden. Dessen enorme Zustimmungsquoten bei Wahlen und Volksabstimmungen sollten jene erst einmal nachzuvollziehen in der Lage sein, die offen auf "Stöckchen-Springen" und Annäherung an dem Kapital dienstbare Parteien setzen!

Leider sind die Zeiten, in denen die PDS der 90er Jahre noch zu Thälmann-Kolloquien (1994) oder gemeinsamen Feiern aus Anlaß des 80. Jahrestages der Oktoberrevolution in das Hamburger Thälmannhaus (1997) einlud, inzwischen Geschichte. Nach Arbeiterführern benannte Straßen und ihnen zu Ehren errichtete Denkmäler fielen vielerorts den Bilder- und Schilderstürmern zum Opfer. Auch die Gedenkstätte in Ziegenhals bei Berlin konnte nicht erhalten werden. Selbst in seiner Vaterstadt Hamburg wird das Andenken des großen Arbeiterführers Schritt für Schritt getilgt. Das tun Leute, die sich der von den Faschisten praktizierten und unter Adenauer übergangslos fortgesetzten antikommunistischen Dämonisierungshetze aus opportunistischen Gründen anschließen.

Der "historische Schnitt", den Vertreter rechter PDL-Strömungen im Jahre 1919 ansetzen, soll sie der unerläßlichen Beschäftigung mit dem weiteren Verlauf der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und der Chronik der DDR entheben. Doch der dadurch legitimierten "Totalitarismusdoktrin", die Sozialismus und Faschismus gleichsetzt, könnten sie im Zuge einer weiteren Rechtsentwicklung der BRD selbst einmal zum Opfer fallen. - Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß erklärte der später zum Tode verurteilte Hermann Göring am 13. März 1946: "Als sich nun die Notwendigkeit zeigte, zunächst einmal Ruhe zu schaffen und das gefährlichste Element der Unruhe gegen uns in dem neuen Staat zu beseitigen, faßte ich den Entschluß, das dadurch zu tun, daß ich schlagartig die kommunistischen Funktionäre und Führer festsetzen lassen wollte." Dennoch konnten die Nazis keinen Prozeß gegen den schon 1933 eingekerkerten und am 18. August 1944 in Buchenwald ermordeten Vorsitzenden der KPD und Vize-Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) riskieren. Die durch den Reichstagsbrandprozeß alarmierte antifaschistische Öffentlichkeit forderte auf allen Kontinenten "Freiheit für Thälmann!"

Während ihn die DDR von der ersten Stunde ihrer Existenz an als proletarischen Helden und Vorkämpfer für ein sozialistisches Deutschland ehrte, wurden in der BRD Thälmanns Genossen unter sie belastender Anrechnung ihrer "Vorstrafen" aus der Nazizeit die Opferrenten für Widerstandskämpfer aberkannt. An der Spitze dieser Résistance aber hatten europäische Kommunisten und Sozialisten gestanden. Im Spanienkrieg trug ein Bataillon der Interbrigaden nicht zufällig den Namen Ernst Thälmanns.

Demgegenüber heißt es in einer heutigen Bundestags-DVD: "Kommunisten unter Stalins Sachwalter" hätten die Weimarer Republik "in Kumpanei mit den Nazis" zerstört. Noch schändlicher aber ist es, wenn derzeitige "Linkspolitiker" ohne jeden Anflug marxistischer Geschichtsbetrachtung aus reinen Anpassungserwägungen auf den Zug jener springen, die das Andenken an den großen deutschen Arbeiterführer für immer auslöschen wollen.

Auf einer antifaschistischen Kundgebung hielt ich eine Thälmann-Fahne, die an die örtliche PDL beim Besuch einer Delegation im Hamburger Thälmannhaus übergeben worden war. Ein Mitglied der Roten Falken fragte mich: "Wer ist denn das da auf deiner Fahne?" Als ich ihm Auskunft gab, war er über seine Wissenslücke erschrocken und meinte, man müsse wohl mehr über diesen im Westen weitgehend unbekannten Gewerkschafter, Arbeiterführer, einstigen SPD-Genossen und KPD-Vorsitzenden auch im Kreis der "Falken" sprechen. Das sollte in allen antifaschistischen Bündnissen, sämtlichen PDL-Kreisverbänden und -Gruppen geschehen. Dazu gehört auch die Verteidigung von Straßennamen und Gedenkstätten zu Ehren von Opfern des Faschismus, die heute mit ihren Henkern gleichgesetzt werden.

Wo immer wir auf Gleichgültigkeit oder Unwissenheit stoßen, müssen wir dem entgegentreten. Das sind wir Genossen Ernst Thälmann schuldig, der sein Leben für die Sache des Sozialismus geopfert hat.

Man darf Antifaschisten nicht nach der Methode, "die einen ins Töpfchen, die anderen ins Kröpfchen", wie es gewissen Rechtsopportunisten in den Kram paßt, auseinanderdividieren lassen. Wer das tut, befördert - gewollt oder ungewollt - antidemokratische Tendenzen unserer Tage, begünstigt das Aufkommen und die Stärkung faschistoider Strömungen im Machtbereich von NATO und EU. Jene, welche das nicht zu sehen vermögen, leisten der linken Bewegung hierzulande keinen guten Dienst. Etwas mehr Ehrung von Thälmann und etwas weniger Verehrung von Leuten, die einen Ludwig Erhard unter Linken salonfähig machen wollen, sollte es in der PDL schon geben.

Jobst-Heinrich Müller, Lüneburg

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Almanach zur DDR-Kirchenpolitik läßt Lügen über sie wie Seifenblasen platzen

Das Verhältnis der DDR zur protestantischen und zur katholischen Kirche hat thematisch Hochkonjunktur. Wer Mitte September "googelte", erzielte bei "Kirche in der DDR" nicht weniger als 39, bei "Kirche im Sozialismus" 9 und bei "SED und Kirche" 17 Treffer. Spitzenreiter ist natürlich das Thema "MfS und Kirchen": 260 Treffer. Allein vier Rubriken sind Mitarbeitern des notorischen Dresdner Hannah-Arendt-Instituts zu verdanken. Prof. Dr. Gerhard Besier, der zur "Wende"-Zeit als Kirchenhistoriker in Freiburg tätig war und 2003 Direktor des Hannah-Arendt-Instituts wurde, veröffentlichte (zusammen mit Stefan Wolf) einen 960 Seiten umfassenden Wälzer über die Zusammenarbeit von Bischöfen und Pfarrern mit dem MfS. Derselbe Besier lieferte (mit Hermann Lübbe) in den Schriften des Instituts die Studie "Politische Religion und Religionspolitik. Zwischen Totalitarismus und Bürgerfreiheit".

Clemens Vollhals, stellvertretender Direktor des Hannah-Arendt-Instituts, bediente auftragsgemäß das Thema "Kirchenpolitik der SED und Staatssicherheit". Pfarrer, die ihre eigene Rolle in der "friedlichen Revolution", welche ja in Wirklichkeit eine klassische Konterrevolution war, gewürdigt wissen wollen, veröffentlichten am laufenden Band Autobiographien.

Ich habe mich mit "Bürgerrechtlern" dieses Schlages in meiner polemischen Arbeit "Unter dem Dach der Kirche" (Berlin 2010) auseinandergesetzt.

Klaus Emmerich beginnt sein hier vorzustellendes Buch mit einer Äußerung Walter Ulbrichts aus dem Jahr 1960: "Christentum und humanistische Ziele im Sozialismus sind keine Gegensätze. Die alte Sehnsucht der christlichen Bevölkerung, die sich in der Botschaft 'Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen' äußert, kann ja ihre Erfüllung nur durch die Verwirklichung der hohen Ideen des Humanismus und Sozialismus finden."

Die Erkenntnis und DDR-Erfahrung, daß Christen und Marxisten zusammenarbeiten können und müssen, wenn Frieden und sozialer Fortschritt eine Chance haben sollen, durchzieht des Buch in allen zwölf Kapiteln. Die Gliederung erlaubt es geradezu, Emmerichs Schrift als Standardwerk zu empfehlen. Sie sei deshalb hier vollständig wiedergegeben: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Staat und Kirche in der DDR. Gemeinsamkeiten zur Friedenserhaltung. Das Verhältnis von Staat und evangelischer Kirche vor und nach dem Anschluß der DDR. Das Darmstädter Wort der Evangelischen Kirche von 1947. Skizze der Kirchenpolitik der SED, beginnend mit der Errichtung der antifaschistischdemokratischen Ordnung für die SBZ/DDR. Kirchen und Religion in der DDR. "Gott mit uns" - Leitmotiv der deutschen faschistischen Soldaten im zweiten Weltkrieg. Christliche Werte und Gesellschaft in der DDR. Exkurs: Die Politik und Praxis des jungen Sowjetstaates gegenüber der Kirche und ihre vermutliche Umsetzung in der SBZ/DDR. Atheismus. Die Militärseelsorge (MSS) in der alten BRD. Kirchen und Bildung. Staatsleistungen (Bundes- bzw. Landeszuschüsse) an die Kirchen. Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Zusatzliteratur- und Presseübersicht.

Indem sich der Jurist Klaus Emmerich strikt an Tatsachen und Dokumente hält, widerlegt er Legenden, die heutzutage staatlicherseits verbreitet werden: Das MfS habe die Kirchen drangsaliert und gesteuert; nach 1945 sei in der Sowjetzone kirchlicher Besitz enteignet worden; die SED habe die Religion durch Jugendweihe und atheistische Propaganda abschaffen wollen.

Der jetzt in Kassel lebende Autor markiert unmißverständlich seinen Standpunkt: "Die Heuchelei, man hätte 41 Jahre auf die Einheit Deutschlands gewartet, um dem 'Gefängnis DDR' zu entkommen, kann und will ich nicht unterstützen."

Es ist auch begrüßenswert, daß Emmerich einen Blick auf die verurtei lenswerte Haltung der Kirchenführungen gegenüber dem Faschismus und der heutige Kriegseinsätze "begleitenden" BRD-Militärseelsorge wirft. Diese stellt zweifellos Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Völkermord dar.

Die Tatsache, daß jetzt mit Joachim Gauck ein Pfarrer als Bundespräsident an der Spitze des imperialistischen deutschen Staates steht, der sich in Wort und Schrift wider besseres Wissen an der Verleumdung der Kirchenpolitik der DDR aktiv beteiligt, macht Emme richs Arbeit noch notwendiger.

Prof. Dr. Horst Schneider


Klaus Emmerich: Glaube und Kirche im Sozialismus. Die Trennung von Kirche und Staat. Books on Demand, Norderstedt 2012, 128 Seiten, 6,90 Euro, ISBN 978-3-8448-9578-0

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Ein Prediger, der aller Ehren wert ist

Pastor Erich Arndt war ein Christ der Tat ohne Wenn und Aber

Pastor Erich Arndt ist im Mai 2012 - nur wenige Monate vor seinem 100. Geburtstag - gestorben. Er hätte sein Jahrhundert verdient, denn er hat ein Leben vollendet, das Aufmerksamkeit und Respekt herausfordert.

In Parchim als Sohn eines Zugführers geboren, studierte er nach dem Abitur Evangelische Theologie. 1933 trat er der NSDAP bei, von der er sich eine Verbesserung der sozialen Lage in Deutschland erhoffte. Doch bereits 1936 schloß ihn die Nazipartei wegen seiner Tätigkeit in der Bekennenden Kirche aus.

Die Kriegsjahre prägten und veränderten sein Leben auf besondere Weise. Im Januar 1943 geriet Erich Arndt als Pfarrer der 24. Panzerdivision bei Stalingrad in sowjetische Gefangenschaft. Die Menschenopfer, das Leid und der Wahnsinn des Krieges forderten sein christliches Pflichtgefühl zu bisher ungekanntem Widerspruch gegen die bestehende Weltordnung heraus. Nun wollte er keine Waffen mehr segnen, junge Männer beim Sterben begleiten und das Völkergemetzel als unvermeidbar hinnehmen. Als sich ein "Antifa-Lager-Aktiv" bildete, war er dabei und seit der Gründung des "Nationalkomitees Freies Deutschland" Lagergeistlicher in Krasnogorsk. Wer weiß eigentlich, daß es so etwas unter dem Schirm des NKFD in Kriegsgefangenenlagern der atheistisch orientierten Sowjetunion gegeben hat?

Als Mitbegründer des Arbeitskreises für kirchliche Fragen beim Nationalkomitee sowie des Bundes Deutscher Offiziere gehörte Pastor Arndt zu den Unterzeichnern des Aufrufs der Geistlichen "An die Christen an der Front und in der Heimat".

Als Lagergeistlicher hielt er mehr als 250 Predigten. Jene vom 9. Mai 1945 verdient besondere Aufmerksamkeit. Sie begann mit den Worten: "Als in der Nacht vom 8. zum 9. Mai der Rundfunk auch uns Gefangenen die schon lange ersehnte Nachricht vom Ende der Kampfhandlungen auf dem europäischen Kriegsschauplatz brachte, da hat es wohl im ganzen Lager niemand gegeben, durch dessen Herz nicht ein Funke freudiger Dankbarkeit gezuckt wäre."

Pastor Arndt fuhr fort: "Andere haben noch stärkere Freude empfunden bei dem Gedanken daran, daß nun nicht mehr die eherne Sprache der Kanonen als letztes Verständigungsmittel der Völker gehört werden soll, sondern die Sprache des Herzens und des Gemüts, auch die Sprache der Vernunft ... Anderen trieb die nächtliche Stunde, die uns das Kriegsende verkündigte, Freudentränen in die Augen bei dem Gedanken, daß nun für die Völker Europas und damit für die noch überlebenden Lieben daheim wieder das durch sechs lange, bange und leidvolle Kriegsjahre gestörte und zerstörte friedliche Leben an die Stelle eines menschenunwürdigen Lebens in Luftschutzkellern, Bunkern und Erdlöchern treten soll.

Und wiederum andere waren von ehrlicher Freude darüber erfüllt, daß der 8. Mai 1945 an einer Stelle der Welt wiederum aufräumte mit einem militärischen und politischen System, das so vielen Völkern und Menschen und nicht zuletzt dem deutschen Volke und den deutschen Menschen zum unglücklichen Verhängnis wurde". Pastor Arndt nahm seine Gemeinde ins Gebet: "Wir alle, die wir hier versammelt sind, wir können uns ja nicht freisprechen von Schuld vor unserem Gotte. Oder wer wollte aufstehen und behaupten, er habe ein gutes Gewissen?"

Der Geistliche machte klar, daß aus Schuld Verantwortung erwächst: "Der Tag der Beendigung eines Krieges ist für alle, ob nun unmittelbar oder mittelbar beteiligt, wie ein unübersehbarer Felsblock mitten auf der Fahrbahn des Lebens. Es ist nicht möglich, daß jemand so tut, als wäre er nicht da. Der Augenblick, da nach Gottes heiligem Willen und aufgrund menschlicher Übereinkunft die Waffen schweigen, darf mit Fug und Recht als die Geburtsstunde des jungen Friedens angesehen werden. Manche meinen, schöne und edle Gefühle seien die Kost, die den jungen Frieden zum starken Mann heranwachsen lassen, der mögliche menschliche Konflikte mit starker, aber unblutiger Hand löse.

Andere meinen, große Worte seien die rechte Speise für den jungen Frieden. Wir und mit uns sehr viele Menschen sind solcher Speise gegenüber sehr voreingenommen, nachdem wir es erlebt haben, wie sehr Worte Schall und Rauch sind.

Wiederum andere meinen, man müsse den jungen Frieden mit allerlei menschlichen Künsten ernähren, um ihn stark zu machen. Wo immer diese Künste handfeste Gestalt annehmen in Organisationen aller Art zur Sicherung des Friedens, so sind sie sicherlich von bedeutendem Wert, wo immer sittlicher Ernst und Verantwortung ihren Trägern eigen sind und bleiben." Im September 1948 kehrte Pastor Arndt aus der Gefangenschaft nach Deutschland zurück - als Antifaschist. Er wollte auch in diesem Sinne wirken. Neben seinen Amtspflichten - zunächst als Pastor in Parchim, danach von 1975 bis 1990 als Landeskirchlicher Beauftragter für Gefängnisseelsorge in den Strafanstalten Bützow, Neustrelitz und Warnemünde - arbeitete er im Deutschen Friedensrat und ließ sich mit einem Mandat des Kulturbundes in den Schweriner Bezirkstag wählen. Überdies engagierte er sich auf nationalen und internationalen Tagungen, bei denen es um Frieden, Menschenrechte und Völkerverständigung ging.

Erich Arndt war ein unbequemer Bezirkstagsabgeordneter. Er soll von allen Mandatsträgern die meisten Eingaben und Widersprüche verfaßt haben. Sein öffentlich ausgetragener Widerspruch zu gesellschaftlichen Verwerfungen und dogmatischer Enge hat ihn nicht daran gehindert, sich das sozialistische Ideal als Auftrag zu bewahren.

Als die DDR 1990 ihr Ende fand und im Schweriner Bezirkstag der Antrag auf Selbstauflösung gestellt wurde, stimmten alle Fraktionen bis auf die des Kulturbundes zu. Pastor Arndt erklärte unbeeindruckt von den Vorgängen auf der Straße, dem Chor der Medien und dem Tanz um das Goldene Kalb: "Ich liebe den Sozialismus, weil ich der Überzeugung bin, daß er von allen zur Zeit angebotenen Gesellschaftsordnungen diejenige ist, die meinem christlichen Glauben und der in ihm begründeten Ethik und Moral am nächsten kommt."

Sich so zu bekennen, war in der wilden Zeit der sogenannten Wende mutig. Aber so war der Tatchrist ohne Wenn und Aber. Er hatte seinen Lebenssinn gefunden und ließ daran von niemandem rütteln.

Übrigens sah man Pastor Arndt auch bei einigen Güstrower "RotFuchs"-Veranstaltungen im Publikum.

Prof. Dr. Benno Pubanz, Güstrow

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Das Wunder von Vippachedelhausen

Als Eberhard Herr den Herren die Suppe versalzen half (2)

Stand man auf der höchsten Erhebung des Ettersberges bei Weimar, wo die Faschisten das Konzentrationslager Buchenwald errichteten, und blickte nordwärts, so konnte man im Frühjahr, Sommer und Herbst in der nahen Ferne silberne Rohrschlangen auf riesigen Flächen erkennen. Aus ihnen stiegen hunderte Fontänen auf und bewässerten die Felder der 5144 Hektar großen LPG Pflanzenproduktion "Vereinte Kraft" Vippachedelhausen. Doch bis es dazu kam, mußte viel Wasser die kleine Vippach hinunterfließen.

Den größten Einschnitt in seiner Geschichte erlebte das Dorf im Jahr 1945. Der Sieg der Antihitlerkoalition, vor allem aber der Beitrag der Sowjetunion zur Niederwerfung des deutschen Faschismus, leitete eine neue Ära ein. Auf die demokratische Bodenreform folgte die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft in der DDR. Als Antwort auf den Beschluß der II. Parteikonferenz der SED zur Förderung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften wurden auch in Vippachedelhausen erste Schritte in dieser Richtung getan. Schon im Juli 1952 gründeten sieben fortschrittliche Bauern eine LPG, als deren Vorsitzender Heinrich Nentwich gewählt wurde, der die Hölle von Buchenwald überstanden hatte und nach seiner Befreiung im Frühjahr 1945 in Vippachedelhausen geblieben war. Doch erst 1961 wurde das Dorf vollgenossenschaftlich. Am 1. Januar 1969 bildete sich schließlich eine spezialisierte LPG Pflanzenproduktion. Damit begann die völlige Umgestaltung des ganzen Landstrichs. Ein sozialistisches Ackerbau- und Meliorationssystem mit durchschnittlich 152 Hektar großen Feldern entstand. Ich habe diese Entwicklung seit 1961 als Augenzeuge und Beteiligter miterlebt. Mein Bericht setzt an jenem Tage ein, an dem ich mit einem besonderen Auftrag in das Dorf an der Vippach entsandt wurde.

Es ist der 28. November 1961. Aus Berlin komme ich, ein geborener Thüringer, wieder zurück ins Thüringer Land, nach Weimar. An diesen Tag werde ich wohl ewig denken. Im Zimmer des 1. Kreissekretärs höre ich mir an, was er über die LPG "Vereinte Kraft" Vippachedelhausen sagt. Es klingt nicht gerade erhebend. "Hilf den Genossen da draußen!" Wie der sich das vorstellt, denke ich. "Wir können der LPG vorläufig noch keine andere Unterstützung geben. Zunächst mußt Du die Hauptarbeit machen. Der 2. Kreissekretär fährt mit Dir nach Vippachedelhausen in die Parteiversammlung. Wir empfehlen den Genossen, Dich zum hauptamtlichen Sekretär zu wählen. Geh mal in die Abteilung Landwirtschaft und informiere Dich über die Parteiorganisation und die Produktion der LPG. Vorläufig haben sie wenig Einnahmen. Sieh zu, daß auch Gemüse angebaut wird, da kommt ihr schneller zu Geld." - Mit gemischten Gefühlen verlasse ich die Kreisleitung. In einer LPG habe ich überhaupt noch nicht gearbeitet und nun gleich als Parteisekretär. Ob das gutgeht?

Unterwegs nach Vippachedelhausen gibt mir "Stacho", so nennt man den 2. Kreissekretär wegen seines langen Vornamens Stanislaus, noch einen Tip. "Bleib standhaft in jeder Beziehung", meint er und zwinkert dabei mit dem rechten Auge. Da sagt der Fahrer in unsere Unterhaltung hinein, am Ortsschild von Vippachedelhausen wären wir gerade vorbeigefahren. Draußen steht ein nebliger, mieser Novembernachmittag. Das drückt regelrecht aufs Gemüt. Die Dorfstraße ist voller Löcher, das schüttelt unser Auto durch.

Bis hierher habe ich das alles noch verkraftet. Aber im Hof der LPG-Verwaltung läuft mir der Dreck in den Halbschuh hinein. Unwahrscheinlich, was für ein zäher, klebriger Brei das ist. Der Stallmist liegt bis vor die Treppe. Ein unordentlicher flacher, in der Mitte etwas ansteigender Haufen, aus dem weißer Dampf aufsteigt. Eine düstere Perspektive.

Wenn wenigstens ein hübsches Mädchen da wäre. Ein paar weibliche Wesen stehen herum, kaum zu erkennen in Gummistiefeln, Wattejacken und Kopftüchern. Die weiblichen Attribute sind versteckt.

Am liebsten wäre ich wieder umgekehrt, zurück nach Weimar. Aber die Partei hat mich ja hergeschickt um zu helfen. Also Zähne zusammenbeißen. Im Kulturraum sitzen die Genossen und warten. Die Einführung ist kurz. Wer ist für den neuen Parteisekretär? Alle. Sie sehen mich so erwartungsvoll an, als ob ich Wunder vollbringen könnte.

Da fährt das Auto mit dem 2. Kreissekretär schon durchs Tor. Er hat es wohl eilig, aus dieser Gegend wieder wegzukommen. Ich bin nun Parteisekretär und bleibe hier. An diesem Tag beginne ich meine neue Arbeit in Vippachedelhausen.

Tags darauf stehe ich mit meinen Halbschuhen im Novemberdreck. Einige lachen etwas schadenfroh, wie der Parteisekretär herumläuft. Der Vorsitzende hat ein Herz für mich und gibt mir Gummistiefel. "So, jetzt siehst Du schon fast wie einer von uns aus", meint er. Das ist beinahe ein Witz. Ich und Genossenschaftsbauer, wo ich doch so stolz auf meine Arbeitereltern bin.

In den neuen Gummistiefeln mache ich mich auf und besichtige das Dorf und die LPG-Ställe.

Diese Arbeit ist anders als meine bisherige in Berlin. Manche sprechen mich als den neuen Parteisekretär an und wollen etwas von mir. Ich muß mir nicht wenig merken. Damit ich nichts vergesse, gibt mir der Buchhalter ein dickes Notizbuch. Da schreibe ich alles hinein. Wann die Kühe kalben, wieviel Weizen gedrillt ist. Es gibt viele Dinge, die in einem Dorf passieren. Man darf nichts Wesentliches aus dem Auge verlieren.

So beginne ich neu in Vippachedelhausen. Viel Optimismus gehört dazu. Vertrauen in die Menschen hier ist wichtig.

Gut zehn Tage später treffe ich Berlstedts Bürgermeister Wichmann, von dem ich schon gehört habe. Nach den Erzählungen ist das ein ganz energischer Mann, der die Gemeinde in Schuß hat. Obendrein ist er noch Mecklenburger. Wie so einer hierherkommt? An diesem Tag lerne ich ihn persönlich kennen, nachdem wir schon mehrmals miteinander telefoniert haben. Das Zustandekommen dieser Begegnung liegt einfach daran, daß er zugleich Parteisekretär der LPG "Vorwärts" ist. Ich bin der Jüngere und halte mich zurück. Dafür erzählt Alfred, so heißt er, um so mehr. Er ist groß und etwas dürr. Manchmal unterbricht ihn der Husten - Bronchitis.

"Ja, weißt Du ..." Diese Redewendung gebraucht er oft im Gespräch. Sie hat sich mir besonders eingeprägt. Der Genosse macht großen Eindruck auf mich. Berlstedt war ja auch mal so in der Patsche wie jetzt Vippachedelhausen. Mich interessiert vor allem, wie es Alfred angestellt hat, die LPG voranzubringen. "Ja, weißt Du ...". Da ist es schon wieder. Beeindruckend sind seine politische Urteilsfähigkeit, Konsequenz und die sprichwörtliche Mecklenburger Unaufgeregtheit. Da kann ich mir so manches abgucken.

Wir besprechen die engere Zusammenarbeit unserer beiden Parteiorganisationen und Genossenschaften. Die LPG Berlstedt ist mit 10 Mark pro Arbeitseinheit schon aus dem Gröbsten heraus, während meine noch bei 7 Mark herumkrebst, und die sind noch nicht einmal sicher. So ist die Begegnung nicht nur für mich ein Gewinn, sondern auch für die beiden Betriebe von Vorteil. Wir planen nämlich einen Wettbewerb zwischen ihnen im Frühjahr 1962. Doch das alles muß ich erst einmal in der Parteileitung beraten.

Eberhard Herr, Herzberg/Elster

(wird fortgesetzt)

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Siamesische Zwillinge: Arbeits- und Altersarmut

Denn eins ist sicher: die Rente", behauptete Norbert Blüm im April 1986 auf Plakaten, die überall geklebt wurden. Als Arbeitsminister der CDU-Regierung Helmut Kohls legte er 1992 mit dem Rentenreformgesetz dann selbst die Axt an das System der Alterssicherung. Es handelte sich um die einschneidendste Veränderung seit 1957. Als Begründung hieß es: zuviel Alte, zuwenig Junge. So wurde die Rentenanpassung von der Bruttolohn- auf die niedrigere Nettolohnentwicklung umgestellt. Bei vorzeitigem Eintritt in die Altersrente müssen deren Bezieher seitdem Abschläge in Kauf nehmen. Auch Ausbildungszeiten werden inzwischen kürzer angerechnet. Die Mindestrente wurde mit der Begründung abgeschafft, daß der Niedriglohnsektor ja verschwinde. Heute taucht sie im Zusammenhang mit der vielen drohenden Altersarmut wieder auf.

Den nächsten schweren Schlag gegen die gesetzliche Altersrente führte die Schröder-Regierung aus SPD und Grünen in Jahre 2003. Die Große CDU/SPD-Koalition setzte noch eins drauf, als sie im März 2007 die Rente mit 67 beschloß.

Schröders Agenda 2010 untergrub die Arbeits- und Sozialsysteme total. In ihr wurde festgelegt, das heute 51% betragende Rentenniveau von 67 auf 43 Prozent des durchschnittlichen Einkommens bis 2030 abzusenken. All diese Entscheidungen verschlechtern das Lebensniveau von Rentenempfängern und lassen die Gefahr der Altersarmut zunehmen. Das erkennen jetzt sogar die SPD-dominierten Gewerkschaften, die zur Agenda 2010 den Mund hielten. Obersozialdemokrat Sigmar Gabriel verteidigt jedoch die Rentenabsenkung und die Rente ab 67 nach wie vor.

Die Agenda-Beschlüsse betreffen den Arbeitsmarkt mit verheerenden Folgen für die Rente. Bei der gern als "Jobwunder" bezeichneten trickreichen Reduzierung der Arbeitslosigkeit handelt es sich um die zynische Vorbereitung von Arbeitsarmut! Sie hat immer mehr schlecht bezahlte "atypische Beschäftigungen" wie Minijobs, Teilzeitarbeit, Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse und Scheinselbständigkeit mit sich gebracht. Heute arbeitet jeder fünfte Beschäftigte im Niedriglohnsektor mit einem Stundensatz unter 10,36 € brutto. Dieser Bereich wuchs von 18,7 Prozent (2006) auf 20,7 Prozent. Der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, stellte am 10. September dazu fest, dieser Anstieg sei ein langfristiger Trend. "Niedriglohn heute bedeutet niedrige Rente morgen", schlußfolgerte er. Der Niedriglohnsektor dürfte noch wesentlich größer sein, als die Behörde zugibt, da nur Unternehmen mit mehr als 10 Arbeitskräften erfaßt wurden. 2010 betrug die absolute Zahl der Niedriglohnempfänger in der BRD acht Millionen. Sie nahm zwischen 1995 und 2010 um 2,3 Millionen zu. Als Niedriglohnbranchen bezeichnet man Gastronomie und Hotelwesen, Friseurhandwerk, Kinos, Wachschutz und andere Bereiche. Zugleich wächst die Zahl der Menschen mit gebrochenen Arbeits- bzw. Erwerbsbiographien. Und die Einkommensschere öffnet sich weiter.

Am langfristigen Abbau der staatlichen Rente sind bis auf den heutigen Tag alle "staatstragenden" Parteien - SPD, CDU/CSU, FDP und Grüne - beteiligt. Die gewollte Absenkung der Einkommen in Form von Arbeitsarmut ist die Ursache für die vorprogrammierte Armut im Alter und das Angewiesensein auf soziale Unterstützung. Anstelle der eher kosmetischen Zwecken dienenden Diskussion über Altersarmut, die insbesondere durch Arbeitsministerin von der Leyen angestoßen wurde, muß eine tatsächliche Außerkraftsetzung der Agenda 2010, von Hartz IV und den Rentensenkungsverfügungen erfolgen. Überdies ist die Rente ab 67 zurückzunehmen. Ein würdiges Leben der wachsenden Zahl älterer Menschen von der staatlichen Rente ist durch die gestiegene Arbeitsproduktivität in den letzten Jahrzehnten durchaus finanzierbar.

Dr. Ulrich Sommerfeld, Berlin

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Flucht in den "demographischen Faktor"

Politiker, Medien und auch einige Wissenschaftler behaupten, daß die Ursachen für Altersarmut und sinkende Renten darin zu suchen seien, daß die Menschen immer älter werden, während in der BRD zugleich die Geburtenrate sinkt. Das sind Faktoren, die man zweifellos in Rechnung stellen muß. Die Hauptursachen für Altersarmut aber sind die niedrigen Löhne und Gehälter.

Altersarmut und sinkende Renten kann man durch Zahlung existenzsichernder Einkommen verhindern. Das sind Löhne und Gehälter, die mindestens dem Wert der Ware Arbeitskraft entsprechen. Im Kapitalismus handelt es sich ja bei der Arbeitskraft tatsächlich um eine Ware, deren Preise - Löhne und Gehälter - allein durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden.

Für die materiellen Güter ist das in der kapitalistischen Warenwirtschaft im allgemeinen sinnvoll, für die Bezahlung der Arbeitskraft aus ökonomischen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Gründen aber nur dann, wenn sich Preis und Wert mindestens decken.

Auf keinen Fall dürfen Löhne und Gehälter unter dem Wert der Arbeitskraft liegen. Anderenfalls entstehen Dumping- und Hungerlöhne. Wie aber kann man den Wert der Arbeitskraft ermitteln?

Er wird durch die Kosten aller Lebensbedingungen, die zur Existenz und Weiterentwicklung des Menschen notwendig sind, bestimmt. Dazu gehören nicht nur materielle Güter, sondern auch Bildung und Erziehung, Aus- und Weiterbildung sowie Kultur- und Freizeitbetätigung. Der Wert der Arbeitskraft ist nicht immer gleich. Abgesehen von nationalen Unterschieden hängt er auch von der Qualifikation und dem Niveau der erlernten oder auszuführenden Tätigkeiten ab, die in einem bestimmten Arbeitsbereich gefordert werden. Daraus ergeben sich unterschiedliche Löhne und Gehälter.

Welche Vorteile hätten existenzsichernde Einkünfte?

Erstens würden die Kaufkraft der Bevölkerung und damit die Binnennachfrage steigen. Zweitens würde bei der Rentenversicherung eine deutliche Einnahmeerhöhung erfolgen, die ausreichte, gute Renten zu garantieren.

Wer aber soll das Ganze bezahlen?

Eine Erhöhung der Preise materieller Güter wäre der falsche Weg, weil das ja den Absatz der Waren einschränken würde. Die in der Regel hohe Einnahmen erzielenden bundesdeutschen Unternehmen können höhere Löhne und Gehälter durchaus aus ihren Gewinnen bezahlen. Die teilweise Absenkung der Profite wäre zweifellos gerechtfertigt, zumal der größte Teil der Wertschöpfung durch die Arbeitenden erfolgt. Sie haben durch ihre Leistung nicht nur einen Anspruch auf angemessene Löhne und Gehälter, sondern auch auf abgesicherte Renten, die ihnen ein menschenwürdiges Leben im Alter ermöglichen.

Dr. Ernst-Ludwig Hischer, Rostock

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Rentnermobbing in der BRD

Was sich hinter dem Generalangriff auf die sozialen Sicherungssysteme verbirgt

Kernpunkt rechtskonservativer Angriffe auf eine gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums ist die Beseitigung der bestehenden sozialen Sicherungssysteme. Sogar der im Grundgesetz formal festgeschriebene Begriff "sozialer Rechtsstaat" wird als Attacke auf das kapitalistische System verstanden. Davon lassen sich die FDP, aber auch andere bürgerliche Parteien sowie Unternehmerverbände leiten. Die "Zwangsmitgliedschaft" in den sozialen Sicherungssystemen wie Arbeitslosen-, Gesundheits- oder Rentenkasse müsse langfristig durch "individuelle" Verantwortung der Bürger und deren Pflicht zur privaten, kapitalgedeckten "Vorsorge" ersetzt werden, verkünden sie. Die rabiaten Angriffe der Republikaner Romney und Paul in den USA gegen die unter Obama verfügte Einführung einer staatlichen Gesundheitspflichtversicherung sprechen Bände.

Die gesetzliche Rente (GRV) bildet in Deutschland die Grundlage des Rentensystems. Dieses durch eine Umlage finanzierte System der Alterssicherung stellt den überwiegenden Teil der dafür erforderlichen Mittel bereit. 92% der Rentenleistungen im Osten und 59% im Westen - hier ergänzt durch Beamtenpensionen, betriebliche oder private Versorgungssysteme - werden von der GRV erbracht.

Seit den 70er Jahren stand die GRV in der BRD im Zentrum der sozialpolitischen Auseinandersetzung. Ab 1989 gilt das auch für das angeschlossene Gebiet der DDR. Dem relativ stabilen und effektiven Rentensystem wird immer aufs neue die privat finanzierte, kapitalgedeckte Finanzierung der Altersversorgung als alternativlos entgegengestellt. Die bürgerlichen Parteien, Institutionen und wechselnden Regierungen haben dieses Konzept massiv gefördert. Seit 1996 wurden auch die gesetzlichen Grundlagen der GRV zuungunsten der Empfänger von Altersbezügen verändert. Hierzu trugen die Verkürzung der Rentenbezugszeiten, die Senkung der Zahlbeträge, die Abkopplung des Rentenniveaus von der Lohnentwicklung und das Abrücken von der lebensstandardsichernden Rente im Alter bei.

Teil dieses Konzepts ist auch das Abgehen vom Prinzip der paritätischen Rentenfinanzierung durch "Arbeitgeber" und "Arbeitnehmer". Deshalb muß der Staat zur Entlastung der Konzerne jährlich etwa 40 Mrd. aus Steuergeldern an die GRV einzahlen. Die Rentenkasse kann nur noch zu 65 % durch die Erwerbstätigen selbst gefüllt werden. Hinzu kam die kapitalgedeckte, ergänzende "Riesterrente", die unter dem SPD-Kanzler und heutigen Gazprom-Magnaten Gerhard Schröder eingeführt und von CDU/CSU mitgetragen wurde. Durch die von Arbeitsminister Scholz im Jahr 2009 verkündete "Rentengarantie" sind Kürzungen keineswegs abgewendet worden. Das jetzt geplante "Alterssicherungsstärkungsgesetz" (!) der Frau von der Leyen würde der GRV durch die Beitragssenkung von 19,6% auf 19% eine Summe von jährlich 7,2 Mrd. entziehen. Es sieht vor, daß eine Zusatzrente nur demjenigen gezahlt wird, der gleichzeitig eine private Rentenversicherung abgeschlossen hat.

Das wirkt der Altersarmut nicht entgegen. Das bestehende Rentensystem wird auf diese Weise beschädigt und der Beitragszahler verunsichert. ("Wer weiß, ob ich noch mal was herausbekomme.") Schon in den 80er Jahren wurde massiv begonnen, kapitalgedeckte betriebliche und individuelle Versicherungsformen steuerlich zu begünstigen. Damit wurden insbesondere Kapitaldienstleister in die Lage versetzt, beachtliche "Kundengelder" am Finanzmarkt profitorientiert anzulegen. Der Glanz ging mit der Währungskrise teilweise verloren, als Renten- und Pensionsfonds sowie andere Anlageformen ihren Börsenwert bis zum Totalverlust einbüßten und fulminante Renditeversprechen ins Leere gingen. Die "Versicherer" nutzen die Gefahr, daß künftig die Alterssicherung nicht mehr die Sozialhilfe übersteigen wird, womit für sie die Legitimität der GRV weiter gefährdet wäre.

Geschwächt wird die GRV vor allem durch die zunehmende Anzahl der Billigarbeitsverhältnisse und Hartz IV. Ein Drittel der Erwerbstätigen unter 35 ist derzeit prekär beschäftigt, was als erfolgreiche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gefeiert wird. Daraus folgen geringe Beitragszahlungen und spätere Rentenminderungen für Angehörige dieser Altersgruppe. Sie haben lohnabhängige Beitragsdefizite und -ausfälle zum Ergebnis. Die GRV bedarf eines stabilen Arbeitsmarktes mit gut bezahlter Arbeit, wie sie die Gewerkschaften fordern.

Besonders bemerkenswert ist die Aufhebung des bis dato geltenden wertneutralen Rentenrechts mittels politisch und sozial motivierter Rentenkürzungen für ehemalige DDR-Bürger. Seit 1992 erhalten sie alle (aktuell 11,2%) weniger Rente als Bürger im Westen. Die Ostrentner sind also weder gegenwärtig noch in der Zukunft die "Rentengewinner der deutschen Einheit", wie immer behauptet wird. Die Langzeitarbeitslosigkeit im Osten und die allgemeine Steigerung der Lebenshaltungskosten werden viel Altersarmut mit sich bringen. Dieses Risiko betrifft dort derzeit 43,5 % der Männer und 84% der Frauen. Ihre soziale Benachteiligung wirkt rentenrechtlich über viele Jahre hinaus. Zahlreiche Rentner müssen durch Minijobs zuverdienen. Eine Angleichung der Ost- und Westrenten ist in dieser Wahlperiode trotz des heuchlerischen Versprechens von Frau Merkel nicht zu erwarten. Auch das politische Rentenstrafrecht gegen DDR-Funktionäre oder Mitarbeiter der Sicherheitsorgane wird unvermindert angewendet, obwohl dessen Unzulässigkeit mehrfach verfassungs- und menschenrechtlich festgestellt worden ist und korrigiert werden mußte.

Fundierte Initiativen der Betroffenen, der Gewerkschaften, von Sozialverbänden und der Linkspartei im Interesse der Menschen aus Ost und West sind bisher ohne grundlegende Wirkung geblieben. Die Regierungsverantwortlichen setzen vor allem auf den "biologischen Faktor".

Wie andere Politikbereiche auch ist die GRV in die massive Diskreditierung sozial Schwacher und das "Rentnermobbing" einbezogen. Die Angriffe auf sozial Benachteiligte werden mit Begriffen wie "Auflösung des Generationenvertrages" und "Kampf um Generationengerechtigkeit" verschleiert. Unzweifelhaft wird es in Folge der Verlängerung der Lebenszeit und des Rückgangs von Geburten zu einem Ansteigen der Rentnerzahlen kommen. Mit einer Übertragung der bevölkerungs- und sozialpolitischen Situation von heute auf die Zeit ab 2030 wird versucht, die jetzt lebende Rentnergeneration als soziale Schmarotzer an der Zukunft ihrer Kinder und Enkel darzustellen. Produktivitätszuwächse, unabdingbare Veränderungen der Sozial- und Rentenpolitik sowie der Einnahmesituation der sozialen Sicherungssysteme (von einer Reichensteuer ganz zu schweigen) oder eine Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt - werden bis 2030 ausgeschlossen. Gezielt wird Angst verbreitet, um die Generationen gegeneinander auszuspielen. Die gesamte Rentenpolitik zielt darauf ab, eine kapitalgedeckte Rente als "alternativlos" zu suggerieren.

Sie bedeutet die Abkehr vom derzeitigen Umlagesystem. Jüngste Vorschläge der FDP folgen dem Konzept "Sparen - Investieren - Wachstum", wodurch die Vorstellung eines automatischen Zuwachses durch Kapitalanlage der Versichertenbeiträge suggeriert wird. Eine solche Politik kann nur dazu führen, daß die sozialen Lebensbedingungen der Menschen weiter untergraben werden. Diese Ideen fördern allein die profitorientierte, krisenanfällige Versicherungswirtschaft und wirken nicht gegen die zunehmende Altersarmut vieler Menschen in der BRD. Die Rente ist und bleibt im Zentrum der Verteilungsfrage!

Ingo Hähnel, Berlin

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[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Der Menschen Feind (2)

von Rudi W. Berger

Leicht gekürzter exklusiver Vorabdruck aus
"Dran, dran, solang ihr Tag habt"
Schlachtfeld Literatur, Schlachtfeld Deutschland.
Essayistische Exkurse"

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Schütt, schütterer, am erschütterndsten

Geschichtsbilder eines Feuilletonisten

Das ND legt Wert auf die Feststellung, "die einzige unabhängige linke sozialistische Tageszeitung" zu sein. Weil ich da meine Zweifel habe, lese ich als Sozialist lieber die "junge Welt", dazu auch einiges im ND. Besonders aufmerksam verfolge ich dort die täglich - manchmal auch im Doppelpack - erscheinenden Beiträge des Feuilleton-Chefs Hans-Dieter Schütt. Obwohl deren Zahl Legion ist, hält er seine Linie inhaltlich konsequent durch. Zu DDR-Zeiten Chefredakteur der "Jungen Welt" des FDJ-Zentralrates, gehörte er damals wohl eher zu jenen, welche den Aufbau des Sozialismus am liebsten übersprungen und sofort den Kommunismus errichtet hätten. Solche Art zu denken hat hds inzwischen weit hinter sich gelassen. Heute schreibt er mit besonderer Vorliebe über antikommunistische Finsterlinge oder die Sowjetunion wie Rußland herabsetzende Berichte.

H.-D. Schütt, der seine wundersamen Feuilletons zu Geburtstagen von Schauspielern und Schriftstellern wie der nicht gerade zu den Verehrern des Sozialismus zu zählenden Monika Maron oder Politikern vom Schlage Gorbatschows, aber auch zu anderen beliebigen Anlässen schreibt, will mit einer nebulösen Sprache offenbar erreichen, daß ihn möglichst keiner versteht, zumindest aber nicht erkennt, in welchem Maße er sich gewendet hat. Skribenten dieser Art können ihr wahres Denken indes auf Dauer nicht glaubwürdig verschleiern, auch wenn sie sich eines noch so hochgestochenen Vokabulars bedienen.

Besonders einprägsam war für mich Schütts "Gesinnungszuwachs", daß der Kommunismus nur eine Denkrichtung sei. Inzwischen fühlt sich Herr Schütt offensichtlich zu höheren Weihen berufen und bastelt wie der inzwischen pensionierte ZDF-Historiker Guido Knopp emsig an Geschichtsbildern.

Ich habe mir den für Arte im Auftrag des ZDF produzierten eineinhalbstündigen Filmessay "Hitler und Stalin. Porträt einer Feindschaft" angesehen, der am 28. August gesendet wurde. Hier werden Wahrheit, Halbwahrheit und Lüge raffiniert vermischt. An diesem Werk hat auch Herr Schütt, dem das ND die Zustimmung zur Mitwirkung erteilte, eine Aktie.

Der von Hans-Dieter Schütt formulierte Stalingrad-Beitrag "Memorial Mamai" (ND 28. 8.) soll ebenfalls den Eindruck von Sachlichkeit erwecken. Auch wenn der Autor immerhin darauf verweist, daß die Deutschen die Aggressoren im Krieg gegen die Sowjetunion gewesen seien, empört mich seine Unverfrorenheit zu sagen, "... wenn alles vorbei ist, geht die Barmherzigkeit übers Feld und durch die Gemüter, und einst so erbitterte Feinde dürfen sich, Untote noch immer, ins gemeinsame Los teilen, sinnlos geopfert zu sein". Welch ein Sarkasmus, bestand doch das Ziel der Roten Armee und ihrer Verbündeten darin, die Menschheit vor der faschistischen Barbarei zu retten. So war kein Opfer der Alliierten - ob Russen, Amerikaner, Engländer oder Franzosen - sinnlos. Allein die Opfer der Hitler folgenden Deutschen waren es.

Wie viele andere DDR-Bürger habe auch ich als Berliner Bezirkssekretär der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft die Heldenstadt Stalingrad besucht. Ein Teilnehmer der Schlacht - Oberst der Sowjetarmee - erklärte uns das furchtbare Geschehen.

Wer sich mit dem seinerzeitigen Ablauf der Ereignisse näher vertraut machen möchte, sollte unbedingt zu dem Buch "Die Schlacht des Jahrhunderts" von Marschall Wassili Tschuikow greifen. Der erfahrene Militär beschreibt dort, was die deutschen Faschisten durch einen Sieg in Stalingrad erreichen wollten:

"Mit seinem Feldzug gegen den Kaukasus beabsichtigte Hitler, sich der dortigen Erdölquellen zu bemächtigen, bis zur Wolga und nach Iran vorzustoßen. Offenbar rechnete er damit, daß der Widerstand der sowjetischen Truppen in dem Maße nachlassen werde, in dem sie sich vom Zentrum des Landes entfernen."

In seiner umfangreichen historiographischen Arbeit "1939-1940. Der Zweite Weltkrieg in Chronik und Dokumenten" erteilte Hans A. Jakobsen dem Naziführer selbst das Wort: "Ich wollte zur Wolga kommen, und zwar an einer bestimmten Stelle. ... Zufällig trägt diese Stadt den Namen Stalins. ... Aber nicht deshalb strebte ich dorthin. Ich ging dorthin, weil dort ein ganz wichtiger Punkt ist. Dort schneidet man nämlich 30 Millionen Tonnen Verkehr ab, darunter fast neun Millionen Tonnen Ölverkehr. Dort floß der ganze Weizen aus diesen gewaltigen Gebieten der Ukraine, des Kuban-Gebietes zusammen, um nach Norden transportiert zu werden. Dort ist das Manganerz gefördert worden. Dort war ein gewaltiger Umschlagplatz. Den wollte ich nehmen. ..."

Wie man sieht, gibt es keinen Grund, das seinerzeitige Geschehen seiner tatsächlichen Inhalte zu entkleiden.

Hoffen wir, daß immer mehr Leser der "Sozialistischen Tageszeitung" das höchst unsozialistische Spiel des auf einen anderen Zug umgestiegenen Feuilletonisten durchschauen!

Günter Bartsch, Berlin


Wir machen auf das unlängst erschienene autobiographische Buch unseres Autors aufmerksam:

Günther Bartsch
Das letzte Aufgebot
BuchWerkstatt Berlin 2012
ISBN 978-3-940281-34-0

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Über die Grenze gehen, um Grenzen zu überschreiten!

Rote Fahnen auf der Schneekoppe

Unterhielt ich mich nach dem Anschluß der DDR an die BRD mit Westdeutschen und war dabei auch von Görlitz, wo ich lebe, die Rede, dann erhob sich im Gedankenbild meiner Gesprächspartner gleich hinter dem Grenzfluß Neiße ein gewaltiges Gebirge. Denn dort endete die EU und damit für nicht wenige auch "Europa". Das aber erstreckt sich bekanntlich bis zum Ural. Natürlich waren die Leute gebildet genug, um diese Gebirgskette lokalisieren zu können. Doch selbst nach dem 2004 erfolgten Beitritt Polens zum Europa der Monopole blieb in den Augen vieler alles hinter der "teutschen" Grenze unbekanntes Terrain. Nur Westdeutschen?

Ich will meinen guten Görlitzern auf keinen Fall zu nahe treten, aber es gibt auch unter ihnen etliche, für die sich der Blick auf die Zgorzelec genannte polnische Seite der "Europastadt Görlitz/ Zgorzelec" in Sprit und billigen Zigaretten erschöpft. Der Journalist Randy Braumann - einer der klugen Zuwanderer aus der Alt-BRD - nannte sie zugespitzt "Apartheid-Stadt". Man bringe sich zwar nicht gegenseitig um, nehme aber einander auch nicht so richtig zur Kenntnis.

In diesem Jahr rückte ich den Vorsitzenden des PDL-Kreisverbandes mit der Frage zu Leibe, wie es denn um die Zusammenarbeit mit linken Kräften jenseits der Neiße bestellt sei. "Mit wem sollen wir denn dort zusammenarbeiten - da ist nichts!", erhielt ich zur Antwort. Ich zweifelte an dieser Auskunft. Daß da doch etwas sein müßte, wurde mir spätestens klar, als ich durch die überaus rührige Sprecherin der AG Dreiländereck der Linkspartei vom Traditionstreffen in Malá ‚pa am Fuße der Schneekoppe erfuhr, das 2012 seinen 90. Jahrestag begehen konnte. 1922 hatten sich dort erstmals tschechische, polnische und deutsche Kommunisten getroffen, um gemeinsam gegen kapitalistische Ausbeutung und reaktionäre Gewalt zu demonstrieren. 1927 nahm auch Ernst Thälmann daran teil. Nach der Machtauslieferung an die braunen Banditen in Berlin schleusten tschechische Genossen dann deutsche Antifaschisten und andere gefährdete Bürger über Schleichwege dieses Grenzbereichs in ihre Republik.

Seit 1972 treffen sich in Wahrung dieser Tradition Jahr für Jahr deutsche, tschechische und polnische Antifaschisten im Riesengebirge. Die diesjährige Begegnung konnte mit etwa 400 Kundgebungsteilnehmern rechnen. Im Mittelpunkt der Reden standen der Kampf gegen den weiteren Abbau sozialer Standards, Armut und Perspektivlosigkeit vieler Menschen sowie der Widerstand gegen imperialistische Militäreinsätze. Dort sprachen aus Tschechien ein Europaabgeordneter der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM) und der Vorsitzende ihres Jugendverbandes, ein Genosse der Linkspartei aus Berlin-Lichtenberg sowie die Vorsitzende der KP Polens. Ohne Illusionen zu hegen, wurde in Malá ‚pa politisches Engagement für ein Aktionsbündnis linker Kräfte unter Beweis gestellt.

Wenn unsere Görlitzer PDL-Monatszeitung traurig fragte, wo denn bei dem Treffen Mitglieder auch von Basisgruppen gewesen seien, so haben zumindest wir "Rot-Füchse" durch die Teilnahme einer kleinen Schar der Regionalgruppe Bautzen/Niederlausitz und unserer Görlitzer Lesergruppe Flagge gezeigt. Dabei empfanden wir uns keineswegs als Lückenbüßer für andere, die dort fehlten, sondern als Bewahrer einer uns teuren Tradition.

Das diesjährige Riesengebirgstreffen erschöpfte sich nicht in der eindrucksvollen Kundgebung. Wer es sich zutraute, "stürmte" unter roten Fahnen den Gipfel der 1605 m hohen Schneekoppe. Am Abend saßen dann alle bei guten Gesprächen und einem Gläschen zusammen. Und wer konnte, fuhr überdies mit nach Královec, wo im Mai 1927 mehr als 6000 Kommunisten Ernst Thälmann stürmisch begrüßt hatten.

Wichtig waren mir und anderen Gleichgesinnten die Gespräche mit "Unsrigen" im weitesten Sinne. Sehen wir doch die Dinge, wie sie sind: Wie oft liegt noch zwischen uns, die wir doch im Grunde dasselbe wollen, ein trennendes "Gebirge" im Kopf. Da trifft man sich trotz weitgehender Übereinstimmung mit anderen nur in eigenen Grüppchen und Zirkeln. Und das, obwohl fast alle glauben, das zusammenführende Wort von der Aktionseinheit begriffen und verinnerlicht zu haben. Doch oft genug werden aus Eitelkeiten einzelner Funktionäre persönliche Animositäten. Das Bedürfnis nach Selbstdarstellung errichtet unnötige Schranken. Kleine Steine, die auf dem Wege liegen, türmen sich dann zu scheinbar unüberbrückbaren Hindernissen. Man macht nicht mit, weil es nicht die "eigene" Veranstaltung ist. Klar, auch ich habe in Malá ‚pa die Interessen des "RotFuchs" vertreten und für ihn geworben, aber zugleich auch den anderen aufmerksam zugehört. Beim steilen Aufstieg kann man ohnehin nicht unentwegt reden, sonst bleibt einem ja die Luft weg. Da muß man auch die Ohren aufmachen, was nicht nur am Berg zu empfehlen ist.

Das Wichtigste: Ich habe wundervolle Genossen aus verschiedenen Regionen und Parteien getroffen. Wieviel Übereinstimmung gab es im Gespräch mit "Teddys" Enkeltochter Vera Dehle-Thälmann, wieviel Tiefe lag den Grübeleien darüber zugrunde, daß wir versuchen müssen, uns immer mehr Menschen verständlich zu machen.

Die hier zu Papier gebrachten persönlichen Eindrücke dürften auch durch andere Teilnehmer bestätigt werden. Wir alle sind mit guten Gefühlen nach Hause gefahren. Vielleicht finden sich im nächsten Sommer weit mehr "RotFüchse" ein, um über die Grenze zu gehen und damit Grenzen zu überschreiten. Und vielleicht werben dann die Organisatoren dieses wundervollen Treffens in unserer Zeitschrift dafür, denn man kann sich auch fremd bleiben, wenn man zu wenig voneinander weiß.

Bernd Gutte

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RF-Extra

Der Mensch vor dem Supermarkt

"... man sieht die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht"

Da gerinnt das Blut in den Adern: In der ZDF-Serie "Reich und obdachlos" sollten Begüterte in der Kluft Obdachloser für einige Tage Probleme der Armen kennenlernen. Eine Hamburger Galeristin "erkannte" empört: Ja, Obdachlose werden mißachtet, als der letzte Dreck angesehen, nicht als Menschen. Man merkte es ihr an, ihr war nach Heulen zumute. Sie fragte aber nicht, weshalb das so ist. Warum diese sich vertiefende Kluft zwischen Arm und Reich? Keiner der teilnehmenden Millionäre dachte darüber nach. Unglaublich: Sie sehen mit eigenen Augen das Elend, spüren aber auch den Reststolz der am Rande der Gesellschaft Lebenden. Sie machen persönliche Erfahrungen - und doch bleibt ihr Denken in der bloßen Anschauung stecken, im Symptom. Warum? Wegsehen, weil man angeblich nichts bewirken könne, Zufriedenheit, die einen zudeckt? Wo doch täglich aufs neue Pleiten in der Gesellschaft passieren. Taube Ohren? Wegschauende Augen? Tote Seelen?

Fahre mit der S-Bahn, geh runter in die U-Bahn, laufe durch die Straßen: Überall triffst du sie: Die ärmsten der Armen. Manchmal eine zu verkaufende Obdachlosenzeitung unterm Arm oder ein Musikinstrument spielend, oft knieend auf dem Bürgersteig und einen Hut oder Teller vor sich. Und diese Augen!! Sie sprechen Bände. Sie schreien stumm: Bitte, bitte ...! Und das deutschlandweit, weltweit. Im "Schattenblick" war per Internet zu lesen: "250.000 Menschen gelten in Deutschland als wohnungslos - Tendenz steigend. Jeder sechste Deutsche ist armutsgefährdet, könnte abrutschen und - wenn es ganz schlimm kommt - auf der Straße landen. Das Risiko zu verarmen hat längst die Mittelschicht erreicht. Grund genug für Journalisten, das Thema Obdachlosigkeit aufzugreifen und darüber zu berichten. Aber wie?"

Nun, das ZDF - und nicht nur dieses - hat es versucht und ist erbarmungslos in den Augen wohl der meisten Zuschauer abgeglitten, weil die Serie zu flach und oberflächlich daherkam. Ohne Tiefe, ohne ein gesellschaftliches Resümee zu ziehen. Schade um die Steuergelder!

Auch ich sehe oft einen, der bettelnd vor dem Eingang des Supermarktes steht. Einen Menschen. Nahezu täglich, nun schon Jahre, da man ihn sieht, bei Wind und Wetter. Nicht die Hände ausgestreckt. Keinen Hut vor sich auf dem Erdboden. Ruhig und lächelnd steht er da wie eine Statue. Jeden höflich mit "Guten Tag" und "Auf Wiedersehen" ansprechend. Blaue Augen, tränenlos. In unseren Taschen finden wir etwas Kleingeld. Jedesmal. Er bedankt sich.

Wie gerne würde ich mehr über ihn erfahren. Woher er kommt, wie er in diese entwürdigende Lage geraten ist. Wie schwer er es hatte. Ob er Angehörige besitzt. Ist es Mitleid? Eher Mitgefühl. Und was würde es ändern an seinem Zustand? Könnte man etwas über ihn schreiben? Würde er das befürworten? Und wer soll das veröffentlichen? Das ist doch keine Sensation, die sich gut verkaufen läßt.

Da steht er also, was mir vorkommt, als stünde er auf einem Bahnhof und dürfte oder könnte nicht in einen Zug einsteigen, der ihn mitnähme in ein menschenwürdiges Dasein. Und die an ihm Vorübereilenden? Da er öfter dort steht, ist er kein Unbekannter. Sicher, einige reichen ihm Almosen. Und gehen befriedigt weiter, etwas Gutes getan zu haben. Warum nicht? Andere senken verschämt die Köpfe, sausen schnell an einem für sie unfaßbaren Häuflein Unglück vorbei. Ihm ein paar Cent geben? Ist das die Lösung? Vor Jahren fragte ich mal einen Obdachlosen: Gibst du mir auch etwas, wenn ich arbeitslos bin? Aber ja, antwortete er. Wir lachten beide, und ich steckte ihm etwas zu.

Wegschauen! Verächtlich dreinschauen! Flink vorübergehen! Feigheit? Sich als etwas Besseres fühlen, trotz der klitzekleinen "Erfahrungen" selbst jener Frau in der ZDF-Serie? Ist das zur Gewohnheit geworden? Hat sich Kälte eingefressen in unser meist noch wohlbehütetes Dasein? Die Macht der Selbstzufriedenheit! Wie stark muß die Mauer um einen sein, wenn man außerhalb seines Ichs, seiner "Geschäfte" nichts mehr sieht, nichts mehr wahrnehmen will? Ist es nicht an der Zeit, diese inneren Widerstände einzureißen? Schauen wir etwas genauer hin: Wer macht es denn den Leuten schwer, etwas Kopfarbeit zu leisten? Ist es die Gewöhnung an die nahezu täglichen Abstürze, an die andauernde Misere? Nicht nur. Keinem kann man es verübeln, jeder hat seine eigene Sicht. Die Wahrheit ist auch: Nicht jeder sieht etwas!! Arbeitslosigkeit, geheuchelte Bewerbungsschreiben, wackelnde und stürzende Minister- und Präsidentensessel, Vertuschungen, Lügen über die Geschichte, Reduzierung auf Unwesentliches, Lieblosigkeiten, geheuchelte Liebe, Verdummungsprozesse per Medien, Betrug der Massen, Fluglärm der Wirtschaftlichkeit wegen, "Reparaturkolonnen" statt "Demokratie", Schönheitsoperationen, um sich besser verkaufen zu können. Oder Bettler, hungrige Augen, Gewalt, Messerstecher, Autoanzünder, Wohnungsinhaber, die mit steigenden Mieten hinausgeekelt werden, Mütter, die bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr ihre Söhne verlieren, Finanzpleiten, die das ganze System der Gesellschaft ins Wanken bringen. Menschen, die von Pleite zu Pleite torkeln und das Vertrauen in die Politik mehr und mehr verlieren!!! Ein Sumpf, der täglich neue Blüten produziert!

Die flunkernden Medien, die Politik - sie alle machen einen großen Bogen um tiefere gesellschaftliche Ursachen. Nicht, daß das Wort Profitmaximierung ausbliebe, das vor Jahren noch totgeschwiegene Wort "Kapitalismus". In Talkshows hört man es, hin und wieder. Und dann? Wie weiter? Ist keine Lösung angedacht? Sind die Deutschen zu feige, an der Macht zu rütteln? In der DDR ging das doch so einfach, aber aus völlig konträren Gründen. Und nun? Keiner glaubt doch mehr an ein Land des Aufblühens. Niemand. Eine Alternative muß her, sobald wie möglich! Da aber ist die Sperre im Kopf: Da wird nichts angedacht. Komplexes Denken sei notwendig - so hat es Gesine Lötzsch, als sie noch Vorsitzende der Partei Die Linke war, in einer TV-Runde gesagt. Man verstand sie erst gar nicht ... Wo sind wir gelandet? Wohin fährt der Zeitenzug?

Bleiben wir beim Symbol des Bahnhofs. Der Zug fährt ein. Alle wollen und müssen mitkommen. Die Egoisten, die Ereiferer, die Arroganten, die Selbstbespiegler, die Herrschenden, die Volksverdummer. Sie haben nur ein Ziel: nichts zu verpassen. Weder den noch existierenden Arbeitsplatz noch den Anschluß an die Gesellschaft. Mithalten ist die Devise. Sich verkaufen müssen. Die Furcht vor Verlusten treibt sie voran, der Konkurrenzkampf. Ganz oben sein. Auf Biegen und Brechen. Zurückschauen auf den zurückbleibenden Obdachlosen? Warum? Jeder muß zusehen, daß er über die Runden kommt. "Das Bewußtsein der vielen fuhr immer im letzten Wagen des Zeitenzuges", schreibt Maximilian Scheer in seinem Buch "Paris-New York".

Einst kam ich mit einer "feinen Dame" aus dem künstlerischen Bereich über die Arbeitslosigkeit ins Gespräch. Sie schwor unverdrossen auf die Kultur ihres Abendlandes. Und die am Straßenrand Hockenden, die Ausgestoßenen, was ist mit denen, fragte ich sie. "Die interessieren mich nicht", war ihre furchtbar arrogante Antwort. Und ein Geistlicher äußerte im persönlichen Gespräch auf die Frage nach Kriegen und den Leuten, die ganz unten stehen, das sei Gottes Fügung ...

Wie weit muß eine Gesellschaft noch sinken, um so viel Ignoranz den Bedürftigsten gegenüber als Verhaltensform zu akzeptieren? Welche Gefühlskälte spielt da mit? Sicher, nicht jedem Außenstehenden kann man Almosen zustecken, aber haben sie nicht mindestens unsere Achtung verdient, wie sie sich durchs Leben schlagen müssen? Und nochmals: Wohin fährt unser Zeitenzug?

Was sagt zum Beispiel der französische Philosoph Lucien Sève in einem Beitrag für "Das Blättchen", den er "Der Mensch im Kapitalismus" überschrieb, zu diesem humanen Problem?

"Wir stehen an der tragischen Schwelle zu einer Welt, in der der Mensch nichts mehr wert ist. Das drückt sich im 'Schicksal' derer aus, die arbeitslos, obdachlos, heimatlos oder perspektivlos sind. Aime Cesaire hat in diesem Zusammenhang von der 'Fabrikation von Wegwerfmenschen' gesprochen. Dabei werden diejenigen fett, die alles zu Geld machen - unvorstellbar hohe Gehälter, goldener Handschlag -, aber es läuft auch bei ihnen auf dasselbe hinaus: den Verfall aller Wertmaßstäbe. Der einzige 'Wert', der sich zum Maß aller anderen macht, ist nur noch selbstbezogen.

Der Finanzsektor hört nicht auf, sich mit virtuellen Nullen aufzublähen, die milliardenweise verschwinden, sobald die Blase platzt. Zurück bleibt die harte Wirklichkeit für die Produzenten des Realen. Ist diese Auflösung der Werte weniger schlimm als das Abschmelzen der Pole? Unsere Menschlichkeit selbst steht auf dem Spiel - ist uns das in vollem Ausmaß bewußt?"

Der Mensch im Kapitalismus. Na schön, sagen viele Zeitgenossen, wir leben, und ändern können wir ohnehin nichts. Daniil Granin stellte in seiner interessanten Reisereportage "Garten der Steine" fest, daß der Kapitalismus auf der Straße recht unsichtbar ist und nicht so leicht zu entlarven, womit er recht hat. Aber die Bettelnden - sind sie nicht ein augenfälliges Beispiel für die psychische und physische Armut dieser Gesellschaft, die überdies immerfort auf die Einhaltung der Menschenrechte pocht?

Ich sehe ihn noch vor mir: den Bettler vor der Kirche in Karlskrona, als wir einst für viele Jahre in Schweden wohnten. Da steht eine Holzfigur, genannt der "Gubben Rosenbom". Durch den Roman "Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson" von Selma Lagerlöf weltberühmt geworden, ist er jetzt der meistfotografierte Alte in Schweden und das Erkennungsmerkmal von Karlskrona.

Was mich aber besonders bewegte, war der Spruch auf einer kleinen Tafel: "Demütig ich bitte sehr, die Stimme ist nicht gut, gib mir einen Taler her, doch lüpf dafür den Hut." Wie würdevoll!

Ich hoffe, später einmal werden die - aus welchen Gründen auch immer - rücksichtslos aus der Lebensbahn Geworfenen ihren Bettelplatz mit einem Arbeitsplatz vertauschen können. Dann erst zieht auch unser einstiger Mann vor dem Supermarkt seinen Hut vor jenen, welche die Welt verändert haben.

Zunächst aber bitte: Hut ab vor den Armen! Ja, sind wir denn ganz von Sinnen, nur das Geld und dessen Allmacht zu akzeptieren? Man sagt zu recht: die auffälligste Fehlentwicklung unserer Zivilisation ist die Vermarktung alles Menschlichen. Wohin führt uns also der Zeitenzug, da heute uralte kulturelle Werte der Kälte des Konkurrenzkampfes geopfert werden - und zwar weltweit?

Im Internet schreibt die Moskauerin Ljubow Pribytkowa mit Blick auf die Medien, die ja nach bürgerlichem Verständnis über den Zustand der Gesellschaft wachen müßten: "Sie produzieren gefälschte 'Erinnerungen', schreiben unbequemen Politikern fiktive Reden zu, starten provokatorische Verhöre, verbreiten schmutzige Anekdoten ... Politische Ereignisse und gesellschaftliche Tatsachen werden gerade so interpretiert, wie es der Bourgeoisie von Vorteil ist. Vom kritischen oder sozialistischen Realismus in der Kunst, von der Wahrhaftigkeit der politischen Propaganda können wir jetzt nur noch träumen. Rundfunk und Fernsehen überfluten in breiten Strömen die Welt mit Lüge, Irreführung und Verleumdung. Da werden Tatsachen unterstellt, Begriffe verzerrt, falsche Videos produziert. Die Demagogie wurde zu einem Hauptinstrument der Bearbeitung des Bewußtseins der Massen. Nur mit Mühe kann man im Internet ein Programm mit objektiven Interpretationen über die Ereignisse in der Welt finden." Der Zeitenzug! Er rast wohin? Eines steht fest: Die Oberflächlichkeit, die menschliche Kälte, die Diktatoren des Geldes - sie fahren in den vordersten Waggons. Die Nachdenklichkeit, das Bewußtsein vom schlimmen Zustand unserer Welt werden in den letzten Waggon verbannt. Da sollte man doch schnellstens die Lokführer wechseln und ihnen die Weichen stellen zur Fahrt in eine humanistischere Welt. Nicht die Ausgestoßenen, die auf dem Bahnsteig Zurückbleibenden, sind die Ärmsten, nicht sie ...

Es sind vielmehr die hochgradig mit politischer Blindheit Geschlagenen, die Finanzkraken, die personifizierte Gier. Noch sitzen sie bequem in der Ersten Klasse, verteufeln Alternativen und träumen vom "Kohlemachen", vom nächsten Extraprofit, die Welt in den Abgrund schleudernd ... Und ahnen nicht einmal, wie gefährlich, wie verbrecherisch und überflüssig sie längst geworden sind ...

Bei Helvetius habe ich erfahren: "Die Unwissenheit läßt die Völker nicht nur in Schlaffheit versinken, sondern erstickt in ihnen selbst das Gefühl der Menschlichkeit."

Harry Popow

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Gute Hoffnung am Kap?

Auf Südafrikas traditionsreichem ANC lasten bedrohliche Übel

Am 8. Januar 1912 wurde der Afrikanische Nationalkongreß - er erlangte unter seinen englischen Initialen ANC weltweite Bekanntheit - gegründet. Wir wollen unseren Lesern diese auf dem schwarzen Kontinent einmalige Befreiungsorganisation - sie war eine Sturmspitze im Kampf gegen Kolonialismus und Apartheid - etwas ausführlicher vorstellen.

Zunächst bedarf es einer kurzen Rückschau auf die wechselvolle Geschichte des Kolonialismus der europäischen Mächte in Afrika. Sie begann mit der Landung des portugiesischen Seefahrers und Entdeckers Vasco da Gama im Jahre 1592. Sechzig Jahre später eröffnete die von holländischen Großhändlern betriebene Dutch East India Company eine erste Niederlassung am Kap der Guten Hoffnung. 1795 nahmen die Briten dann den Niederländern die strategische Position ab. Nachdem diese für kurze Zeit die Kontrolle über das Kap zurückerlangt hatten, setzten sich englische Kolonisten 1806 dort dauerhaft fest. Größere Kontingente britischer Siedler trafen ab 1820 in Südafrika ein. Niederländer, die sich als Afrikaaner bezeichneten, etablierten sich nach einem "großen Treck" im Norden der Region. 1838 gründeten die Buren, wie sich die niederländischen Eroberer auch nannten, die Republik Natal. Als deren Gebiet ebenfalls von den Briten annektiert worden war, wandten sich die Afrikaaner gen Norden. Dort hoben sie den Freistaat Oranje und Transvaal aus der Taufe. Zwischen ihnen und der britischen Kolonie am Kap entbrannte in der Folgezeit ein erbitterter Streit um die in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts in Südafrika entdeckten immensen Gold- und Diamantenvorkommen.

Die Jagd nach diesen Bodenschätzen war die eigentlich treibende Kraft hinter der imperialistischen Expansion auf dem schwarzen Kontinent. Dabei wurde der Widerstand einheimischer afrikanischer Stämme und Volksgruppen gnadenlos gebrochen. Allerdings stießen insbesondere die Briten bei ihren Strafexpeditionen auf äußerst heftige Gegenwehr. Bei Isandhlwana wurde ihnen durch Zulus im offenen Kampf eine der schwersten Niederlagen ihrer frühen Militärgeschichte zugefügt. Die Verluste der Kolonialtruppen und ihrer afrikanischen Hilfskräfte waren so groß, daß sich der britische Premierminister Benjamin Disraeli dazu gezwungen sah, von einem "schrecklichen Desaster" zu sprechen. Doch im Gefolge der erwähnten Schlacht wurden Zulus, Sotho und Ndebele nacheinander niedergeworfen.

Nach der Entdeckung reicher Goldschätze im Gebiet von Witwatersrand strömte ausländisches Kapital - vor allem britisches - massenhaft nach Südafrika. Die Buren setzten sich nicht auf Grund hehrer Ideale, sondern wegen ihrer Verdrängung durch die Briten heftig zur Wehr. Von 1899 bis 1909 dauerte der Anglo-Burische Krieg. Er endete mit der Unterzeichnung eines Friedensvertrages zwischen Großbritannien und den Buren-Republiken. Die afrikanische Bevölkerung wurde dabei völlig übergangen. In der Folgezeit einigten sich die britischen Imperialisten und die burischen Kolonialisten auf die gemeinsame Ausbeutung der eingesessenen schwarzen Bevölkerung. Diese Allianz führte 1910 zur Gründung der Union von Südafrika.

Waren bis 1880 lediglich die Küstengebiete des Kontinents durch fremde Eroberer eingenommen worden, so erfolgte im Verlauf der nächsten 20 Jahre die durchgängige Kolonialisierung ganz Afrikas. Die sogenannte Entente cordiale zwischen Großbritannien und Frankreich schloß 1904 einen Vertrag mit vielen Geheimklauseln ab, durch den die Aufteilung des gesamten Erdteils unter diesen beiden Mächten vereinbart wurde. In der Folgezeit führte die weitere Entwicklung der Union von Südafrika unter den Buren-Generälen Smuts und Botha zur Formierung einer Allianz aus imperialistischen Staaten, Bergbaumonopolen und großen kapitalistischen Plantagenbesitzern. Die Union nahm eine auf totaler Rassentrennung basierende Verfassung an.

Schon bald erfolgte der erste Großangriff auf die den Schwarzen verbliebenen Besitztümer in Gestalt des 1912 eingeführten Landgesetzes für Eingeborene. Diese rassistische Offensive auf das Existenzrecht der einheimischen afrikanischen Bevölkerung setzte die Notwendigkeit organisierten Widerstandes gegen die Herrschaft einer weißen Minderheit auf die Tagesordnung.

In einer zugespitzten Situation wurde am 8. Januar 1912 der African National Congress gegründet. Der ANC entsandte umgehend eine Delegation nach London, um gegen das infame Landraubgesetz zu protestieren. Sein Einspruch wurde völlig ignoriert. Die weitere Entwicklung führte dazu, daß der schwarzen Bevölkerung Südafrikas nur noch 13% der nutzbaren Fläche verblieben.

Auch gegen die starke Gemeinschaft indischer Einwanderer richteten sich Rassismus und Diskriminierung. Wie die Schwarzen nahmen auch sie den Kampf auf. 1893 reiste ein junger Inder namens Mahatma Ghandi in Geschäftsangelegenheiten zum Land am Kap. Schockiert über die erniedrigende Behandlung seiner Landsleute, legte er die Grundlagen für den Indischen Kongreß von Natal. Gandhi blieb bis 1914 in Südafrika.

Viele Jahre später - 1948 - gelangte in der Kap-Republik eine politische Gruppe ans Ruder, deren Kurs für lange Jahrzehnte Südafrikas Politik prägen sollte: die den Spuren des berüchtigten Broederbonds folgende Nationalpartei. Der Kerngedanke dieser 1918 gegründeten extrem rassistischen Gruppierung war die als Apartheid bekanntgewordene strikteste Rassentrennung.

"Die Apartheid war ein System, das die Profite in solcher Weise maximalisierte, daß es die Arbeit faktisch auf das Niveau der Sklaverei zurückwarf", stellte der britische Marxist Alex Davidson in "The Socialist Correspondent" fest.

Die von Südafrikas Nationalpartei gebildete rechtsextrem-rassistische Regierung setzte sofort entsprechende Akzente. 1950 beschloß das von ihren Gewährsleuten beherrschte Parlament in Pretoria den berüchtigten Suppression of Communisn Act. Damit wurde die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit nicht nur für Anhänger der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) außer Kraft gesetzt.

Die schwarzafrikanische Widerstandsbewegung mit dem ANC an der Spitze antwortete auf diese Provokation: Am 26. Juni 1952 begann sie ihre "Kampagne der Unbotmäßigkeit". 8326 Bürger Südafrikas stellten sich freiwillig der Verfolgung durch die Justiz. Ihr Wortführer war der schwarze Anwalt und ANC-Aktivist Nelson Mandela. 1955 versammelten sich in Kliptown etwa 3000 Delegierte zu einem Volkskongreß, der die entstandene Lage untersuchte und ein historisches Dokument - die Freiheitscharta - beschloß. Der Apartheidstaat griff sofort zu verschärften Repressalien. 1956 wurden im Rahmen einer Blitzaktion vor Tagesanbruch 156 Führer des ANC festgenommen.

Man bezichtigte sie des Hochverrats. Ihr Prozeß zog sich vier Jahre hin. Erst 1960 wurden die Beschuldigten aus der Haft entlassen. Dennoch entkam in der Folgezeit kaum einer von ihnen der Strafverfolgung. Während nur wenige unter Hausarrest gestellt wurden, erhielten die meisten langjährige oder sogar lebenslange Freiheitsstrafen, etliche wurden gefoltert, einige ermordet.

Finsterer Höhepunkt des Apartheidterrors war das am 21. März 1960 von weißer südafrikanischer Polizei unter friedlichen Demonstranten in Sharpeville angerichtete Massaker. Nun nahm der Widerstand gegen die Rassistenherrschaft andere Formen an. Der landesweit befolgte Trauertag für die Opfer von Sharpeville wurde de facto zum Generalstreik. Das Regime antwortete einmal mehr mit der Verhängung des Ausnahmezustandes.

In dieser Situation traf der ANC die Entscheidung, eigene bewaffnete Kräfte (Umkhonto we Sizwe - Speer der Nation) zu formieren. Nelson Mandela stellte später fest, die Unterdrücker hätten selbst "die Natur des Kampfes bestimmt". Der bewaffnete Widerstand begann am 16. Dezember 1961.

Im darauffolgenden Jahr wurden die wichtigsten Führer des ANC und der SACP auf der ihnen als illegales Hauptquartier dienenden Lilliesleaf-Farm verhaftet und im Rivonia-Prozeß vor Gericht gestellt. Sämtliche Angeklagten erhielten lebenslange Freiheitsstrafen. Einige von ihnen, darunter Nelson Mandela, wurden auf die vor Kapstadt gelegene Gefängnisinsel Robben Island verbracht.

Der so enthauptete ANC brauchte Jahre zu seiner Reorganisierung. Eine Periode brutalster Repression brach über Südafrikas schwarze Bevölkerungsmehrheit herein.

Mehr als drei Millionen Menschen wurden zwischen 1960 und 1983 zwangsumgesiedelt oder ghettoisiert. Geringste Verstöße gegen das Verbot einer Entfernung aus den vorgeschriebenen Wohngebieten wurden mit schweren Strafen geahndet. Auf Grund eines eigens dazu erlassenen Paßgesetzes inhaftierte man jährlich etwa 100 000 rechtlose schwarze Südafrikaner. 1975/76 erreichte diese Form terroristischer Unterdrückung mit 381.858 Festnahmen ihren finsteren Höhepunkt.

Dennoch flammte der Widerstand in den 70er Jahren abermals auf. Eine große Rolle spielte dabei die Veränderung des Kräfteverhältnisses in benachbarten afrikanischen Staaten, welche auf den Zusammenbruch des portugiesischen Kolonialfaschismus folgte und zur nationalen Befreiung der Völker Angolas und Moçambiques führte. Der vom südafrikanischen Apartheidregime unternommene Versuch, die CIA-gestützte konterrevolutionäre Banditenarmee UNITA unter Führung von Jonas Savimbi in Angola ans Ruder zu bringen, scheiterte. In der Schlacht von Cuite Cuivanale wurden die Südafrikaner und deren angolanische Söldner durch die von Kubanern unterstützten Einheiten der MPLA vernichtend geschlagen.

1976 kam es im Johannesburger Ghetto Soweto zu einem Aufstand der Schüler, die zum Erlernen des niederländischen Dialekts Afrikaans gezwungen werden sollten. Dabei griff eine neue Generation erstmals aktiv in die Kämpfe des ANC ein. In den 80er Jahren erfuhren der ANC, in dem die SACP stets eine große Rolle gespielt hatte, und der ebenfalls von Kommunisten geführte Kongreß der Südafrikanischen Gewerkschaften (COSATU) einen kraftvollen Aufschwung.

Als Antwort auf die 1985 erfolgte neuerliche Verhängung des Ausnahmezustandes durch Pretoria begann der ANC eine landesweite Kampagne unter dem Motto: "Macht Südafrika unregierbar!" Zugleich erlangte die Bewegung für die Freilassung von Nelson Mandela, der 1988 seinen 70. Geburtstag in Robben Island verbringen mußte, und anderen politischen Gefangenen einen neuen Höhepunkt.

Die jahrzehntelangen Bemühungen des ANC zur internationalen Isolierung des Apartheidregimes fanden schließlich auch die Unterstützung der überwältigenden Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten, wobei nur die USA, Großbritannien und Israel eine Ausnahme bildeten. Erstmals sah sich Südafrikas Rassistenregierung mit ernsten Sanktionen konfrontiert.

Am 11. Februar 1990 feierten Millionen Menschen in aller Welt die Freilassung Nelson Mandelas aus jahrzehntelanger Haft. Das Verbot des ANC und der SACP - der kampferprobten KP Südafrikas - mußten aufgehoben werden. Die Regierung der Nationalpartei unter Präsident De Klerk und der ANC begannen langwierige und komplizierte Verhandlungen.

Diese waren noch nicht in ihre Endphase eingetreten, als ein ungeheuerliches Verbrechen verübt wurde: SACP-Generalsekretär Chris Hani, einer der populärsten Führer des ANC, wurde ermordet. Getragen von einer Woge des Protests und tiefer Trauer der Massen setzte der ANC in dieser Situation die Festlegung des Wahltermins auf den 27. April 1994 durch. An jenem Tag errang er einen überwältigenden Sieg. Er gewann nicht nur allein, sondern mit ihm triumphierten auch seine Bundesgenossen: die SACP - Südafrikas zweitstärkste politische Partei - und die Gewerkschaftszentrale COSATU. Nelson Mandela wurde der erste Präsident eines von Apartheid und Kolonialismus befreiten Südafrika.

Seit 1994 hat die vom ANC geführte Regierung einiges auf den Weg bringen können, anderes aber unterlassen. 300 Jahre Kolonialherrschaft und Apartheid lasten schwer auf der Republik am Kap der Guten Hoffnung. Zu deren Hinterlassenschaft gesellen sich neue Widersprüche, die sich aus dem Entstehen einer quantitativ starken und politisch einflußreichen schwarzen Bourgeoisie ergeben. Sie besitzt Schlüsselpositionen im ANC und unternimmt alles, damit die Dreier-Allianz aus ANC, SACP und COSATU zerbricht. Auf einer landesweiten ANC-Konferenz, die im Dezember 2009 in Polokwane stattfand, wurden Veränderungen in der Führung vorgenommen, nachdem sich besonders unter Präsident Mbeki ein ausgeprägt prowestlicher Trend bemerkbar gemacht hatte. Im selben Jahr gewann der ANC abermals - wenn auch mit geringerer Stimmen- und Prozentzahl - die Parlamentswahlen. Der zum linken Flügel tendierende Jacob Zuma wurde neuer Staatspräsident.

Im Januar 2012 benannte er in seiner Botschaft zur Lage der Nation die schlimmsten Übel, denen sich Südafrika gegenübersieht: den Mangel an Arbeitsplätzen, die materielle Not der meisten nichtweißen Familien, die enorme soziale Ungleichheit, die grassierende Korruption und die lebenzerstörende Seuche Aids. Nur wenn diese behoben seien, gebe es in der Republik am Kap Grund für gute Hoffnung.

RF, gestützt auf "The Socialist Correspondent", Glasgow

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Imposantes Wahlergebnis der PTB

Belgiens Kommunisten legten landesweit erheblich zu

Bei den Stadtrats- und Provinzialwahlen am 14. Oktober hat die noch relativ junge Partei der Arbeit Belgiens (PTB) - sie gibt die international Maßstäbe setzende Wochenzeitung "Solidaire" heraus - ihre Positionen deutlich verstärken können. Die am Wahltag 5569 Mitglieder zählende Partei benannte diesmal 1321 Kandidaten. Hatte sie 2006 erst 40.000 Stimmen erhalten, so errang die PTB diesmal das Vertrauen von 145.685 Wählern. Eine Steigerung auf 263%! Entfielen damals auf die PTB erst 15 Sitze in lokalen Vertretungskörperschaften, so verfügt sie nunmehr über 52 Mandate in Stadt-, Regional- und Provinzialräten.

In der flämischen Metropole Antwerpen stimmten 8 % der am Wahlakt teilnehmenden Bürger für die PTB, die jetzt landesweit den vierten Rang unter Belgiens Parteien einnimmt. Peter Mertens, Vorsitzender dieser vom Marxismus inspirierten Partei - er hatte durch seinen zu Jahresbeginn erschienenen Bestseller "Comment osent-ils?" (Wie können sie es wagen?) im In- und Ausland große Popularität erworben - errang in Antwerpen 8976 Präferenzstimmen. Diese gelten in Belgien als Gradmesser persönlicher Beliebtheit. Das war Platz vier unter allen dort angetretenen Bewerbern. In der Provinz Antwerpen kam die PTB-Kandidatin Nadine Peeters sogar auf 9%. In den Städten Herstal (13,93%), Seraing (14,07%) und Zelzate (22%), wo der Arbeiteranteil an der Bevölkerung besonders hoch ist, stieß die PTB jeweils auf Rang 2 vor. Die belgischen Kommunisten konnten sowohl im niederländischsprachigen als auch im frankophonen Teil des Landes zulegen. Im urbanen Ballungsgebiet von Liège (Lüttich) gewann sie 12 Mandate. Während die PTB in ihren Hochburgen wie Genk die Zahl ihrer Sitze sogar verdreifachen konnte, hielt sie auch im Hainaut, wo die Bevölkerung französisch spricht, Einzug in die Kommunalparlamente der drei größten Städte: Charleroi, Mons und La Louvière.

Ein Paukenschlag erfolgte in der Landeshauptstadt Brüssel, wo sich zum ersten Mal seit der Wahl eines KPB-Politikers vor 30 Jahren wieder ein links von den Sozialdemokraten verorteter Bewerber durchsetzen konnte. In den Stadtbezirken Molenbeek (90.000 Einwohner) und Schaerbeek (125.000 Einwohner) zogen Kommunisten in die Kommunalparlamente ein. "Es gibt in Molenbeek einen auf der PTB-Liste Gewählten - das ist keineswegs nur ein lokales Phänomen", erklärte der bisherige sozialistische Bürgermeister Philippe Moureaux. "Das müßte gewisse Leute in der PS zum Nachdenken veranlassen."

Alexander De Croo von der Liberalen Partei Open VLD bemerkte in einer noch am Wahlabend ausgestrahlten Talkshow: "Der Erfolg der PTB ist der Tatsache geschuldet, daß sie eine glaubhafte Linkspartei ist."

Man würde indes ein einseitiges und unvollständiges Bild des belgischen Wahlresultats zeichnen, verschwiege man die Tatsache, daß die sich neu gruppierende extreme Rechte und deren auf eine Lostrennung Flanderns vom frankophonen Teil des kleinen westeuropäischen Königreichs hinarbeitende Partei N-VA mit einem Stimmenanteil von 28,6% bedrohlich gestärkt wurde. Unter faktischer Vereinnahmung des faschistischen Vlaamse Belang wurde die N-VA in 48 von 259 Kommunen des Landes stärkste Kraft. Sie errang landesweit mehr als 1600 Mandate.

"Der Sieg der N-VA ist eine schlechte Nachricht", wertete der führende marxistische Theoretiker und frühere "Solidaire"-Chefredakteur Herwig Lerouge das Ergebnis. Ihr Führer Bart De Wever spreche in einer an die 30er Jahre erinnernden Wortwahl von "unserem Flandern" und - in bezug auf Antwerpen - von "unserer Stadt". Er behaupte, "die Flamen" strebten nach einer "konföderalen Reform" mit dem Ziel des Ausschlusses der frankophonen Regionen Belgiens aus dem Staatsverband. "Die N-VA spielt auf dem Klavier des Nationalismus und nutzt die Unzufriedenheit weiter Bevölkerungskreise mit ihrer sozialen Lage wie der Politik der einander in Regierungsverantwortung ablösenden traditionellen Parteien geschickt aus", bemerkte Lerouge. De Wever nannte die in Brüssel regierenden Sozialisten unter dem französischsprachigen Di Rupo ein "Kabinett der Steuereintreiber", Dabei genießt er selbst die volle Unterstützung flämischer Kapitalkreise, die gegen eine angeblich marxistische Regierung kämpfen. Die N-VA sei - nach dem Debakel der Liberalen - neue Hoffnungsträgerin der belgischen Großbourgeoisie. Diese wollte mit ihrer Hilfe Di Rupo noch mehr nach rechts drängen, stellte Lerouge fest.

Nach den Wahlen hat sich das Lager der Opposition in Belgien neu sortiert. Während der Vorsitzende der Grünen Partei Wouter Van Besien eine Koalition mit der N-VA auf kommunaler Ebene nicht ausschloß, verkörpert die PTB - sie ist vor allem für klassenbewußte Arbeiter, junge Leute, fortschrittliche Frauen sowie Immigranten aus Afrika und dem Nahen Osten zur politischen Heimat geworden - den Kern aller antikapitalistischen Kräfte des Landes.

Den Genossinnen und Genossen dieser revolutionären, klassenkämpferischen und zugleich modernen Partei gilt unsere Gratulation.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel

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Die KSCM auf dem Vormarsch

Am 21. Oktober fanden in 13 Regionen der Tschechischen Republik Wahlen statt. Die KP Böhmens und Mährens (KSCM) konnte dabei ihren Stimmenanteil von 15 % auf 20,5 % erhöhen. Sie errang ihr bestes Ergebnis seit dem Sieg der Konterrevolution in der CSSR. In den Regionen Karlovy Vary und Usti nad Labem wurde die KSCM mit einem Anteil von 23 bzw. 26 % stärkste politische Kraft.

Glückwunsch, tschechische Genossen!

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Präsidentenkür war eine Klassenoption

Das bolivarische Venezuela hat gesiegt, ist aber nicht außer Gefahr

Am 7. Oktober hat der Antiimperialist, mit Kuba wie mit Befreiungsbewegungen in aller Welt eng verbundene Internationalist und Patriot Hugo Chávez die Präsidentschaftswahlen im ölreichsten Staat der westlichen Hemisphäre einmal mehr gewonnen. Gegen seinen Verbleib an der Staatsspitze waren durch Washington und die einheimischen Oligarchien alle Register der Irreführung, Verleumdung und Panikmache gezogen worden.

Mit dem Gegenkandidaten Henrique Capriles hatten die reaktionären Kräfte des In- und Auslandes einen ihrer versiertesten und erfahrensten Politiker aufgeboten. Als einstiges Mitglied der faschistischen Bewegung "Tradition, Familie und Eigentum" hatte der Sproß einer der kapitalstärksten und einflußreichsten Familien Venezuelas auch seine Sporen in der äußersten Rechten erworben.

Für die proimperialistische Christdemokratische Partei war er später in das Parlament eingezogen und in den 90er Jahren sogar als dessen Präsident gewählt worden. Capriles ist Gouverneur einer wichtigen Provinz im Umkreis von Caracas. Weitaus interessanter als das aber ist die Tatsache, daß der Chávez-Gegenspieler mehrere Jahre auf den Gehaltslisten der US-Botschaft gestanden hat. So muß man nicht dreimal raten, mit wessen Segen er ins Rennen geschickt wurde.

Anfang September besuchte Carolus Wimmer, Sekretär für Internationale Beziehungen der KP Venezuelas (PCV), die noch vor der durch Chávez ins Leben gerufenen Sozialistischen Einheitspartei Venezuelas (PSUV) zur Wiederwahl des Präsidenten aufgerufen hatte, einer Einladung australischer Kommunisten folgend, den fünften Kontinent. Er sprach dort in mehreren Städten vor einem engagierten Publikum und gewährte vor seiner Abreise der KP-Wochenzeitung "The Guardian" ein Interview.

Am 7. Oktober gehe es in Venezuela um die Frage, ob der Kandidat der Revolution oder der Frontmann der Konterrevolution den Sieg davontrage, hatte Wimmer darin konstatiert. Doch auch bei einem Sieg des Chávez-Lagers sei die über seinem Land schwebende Gefahr keineswegs gebannt. Washington gehe es um die Rückeroberung seines lateinamerikanischen "Hinterhofes". Teil dieser Strategie sei die ständige Erhöhung des militärischen Drucks auf Venezuela.

Die Zahl der vom Pentagon auf dem Subkontinent eingerichteten Militärbasen nehme ständig zu. Derzeit bestünden in Lateinamerika 47 (!) US-Stützpunkte, davon sieben im Venezuela benachbarten Kolumbien. Gegenwärtig würden in Panama elf neue "Einrichtungen" dieser Art geschaffen, um Caracas in die Zange nehmen zu können. Auch auf den Venezuelas Küsten vorgelagerten Inseln Aruba und Curaçao befänden sich Installationen der Streitkräfte des NATO-Mitglieds Holland. All das richte sich gegen den revolutionären Prozeß in seinem Land, konstatierte Carolus Wimmer. Washington seien besonders die brüderlichen Beziehungen vielfältiger Art zwischen Venezuela und Kuba ein Dorn im Auge.

Der erfahrene Marxist - übrigens Leser des RF - äußerte sich auch zum Verhältnis zwischen der Präsidentenpartei PSUV und der PCV. Diese habe dem ursprünglichen Alleinvertretungsanspruch der PSUV innerhalb der venezolanischen Linken widerstanden und sich als mit den Sozialisten verbündete unabhängige Partei in der Überzeugung behauptet, daß ein Sieg der Revolution ohne eine proletarische Vorhutpartei marxistisch-leninistischen Typs nicht möglich sei. Bei der vor 13 Jahren eingeleiteten Bolivarischen Revolution gehe es noch nicht um den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft, sondern um die Behauptung und Stärkung antikapitalistischer Kräfte.

Was die durchaus uneinheitlichen innenpolitischen Beschlüsse der Regierung betreffe, nehme die Reaktion besonders an dem durch Chávez Ende April unterzeichneten neuen Arbeitsgesetz Anstoß, das die Rechte der Werktätigen wesentlich erweitert und auch die Möglichkeit der Schaffung Sozialistischer Arbeiterräte in kapitalistischen Unternehmen vorsieht.

Schon während seiner Rundreise durch Australien hatte Carolus Wimmer die Wahrscheinlichkeit von Provokationen und Zwischenfällen vor und nach der Wahl angedeutet. Der Klüngel um Capriles werde bei einer Niederlage natürlich nicht aufstecken, sondern seine starken Positionen im Land für eine Fortsetzung konterrevolutionärer Aktivitäten nutzen. Diese Prognose bleibt gültig, auch wenn der Rechtspolitiker noch am Wahltag seine Niederlage eingestehen mußte.

Die über Venezuela schwebende Gefahr ist also keineswegs gebannt. Dabei muß man die bereits um Jahre zurückliegenden Geschehnisse in Honduras, die zur Verdrängung des dortigen freigewählten Staatschefs führten, ebenso in Betracht ziehen wie die jüngste Parlamentsintrige in Paraguay, durch die Präsident Fernando Lugo ausgeschaltet wurde.

Zweifellos ist die Situation in Venezuela, dessen herrschende Klassen in ihrer Macht eingeschränkt worden sind und von der Revolution hart bedrängt werden, ohne bereits kapituliert zu haben, damit nicht vergleichbar. Dort gibt es - wie in Bolivien und Ekuador - nicht nur einflußreiche antiimperialistische Kräfte an der Spitze und in den Strukturen des Staates, sondern auch ein zwar nicht konfliktfreies, aber insgesamt solidarisches Zusammenwirken politisch erfahrener Parteien der Arbeiterklasse mit den Regierenden. PSUV und PCV bemühen sich als den revolutionären Prozeß am stärksten vorantreibende Kräfte um ein breitestmögliches Bündnis linker politischer Parteien und Massenbewegungen.

Angesichts der permanenten Drohung, die als Damoklesschwert über dem revolutionären Prozeß in Venezuela schwebt - Hillary Clinton hatte schon Monate vor der Wahl die Möglichkeit "unvorhersehbarer Ereignisse" angekündigt, die sich dann in der Ermordung zweier Oppositionspolitiker materialisierten - muß das Lager um Präsident Chávez auf der Hut sein. So gilt es, die Freude über den Befreiungsschlag am Wahltag mit einem Höchstmaß an revolutionärer Wachsamkeit zu verbinden.

RF, gestützt auf "The Guardian", Sydney

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Diskussionsangebot polnischer Professoren

Aussagen und Prognosen zu Chinas Gegenwart und Zukunft

Wie im RF 178 bereits kurz vermerkt, haben der Politologe Prof. Zbigniew Wiktor und der Ökonom Prof. Mieczyslaw Rakowski im polnischen Verlag Adam Marszalek, Torún, ein analytisch-prognostisches Werk über "Chinas Entwicklung in einer sich wandelnden Welt" herausgegeben. Bestandteil des 512 Seiten umfassenden Buches ist auch ein thematischer Überblick in englischer Sprache, der dem des Polnischen nicht Mächtigen eine gewisse Vorstellung verschafft.

Die beiden Wissenschaftler gelten in Polen als gute Kenner der von ihnen behandelten Materie. Zbigniew Wiktor - er war Vorsitzender des Bundes Polnischer Kommunisten und gehört auch dem RF-Autorenkreis an - hielt im vierten Quartal als Gastprofessor einmal mehr Lektionen an der Universität Wuhan in der zentralchinesischen Provinz Hubei.

Das hier zu besprechende Buch definiert den weltpolitischen Rang der Volksrepublik China nach der Niederlage der durch die UdSSR und die mit ihr verbunden gewesenen sozialistischen Staaten Europas entstandenen Situation. Es analysiert die im Verlauf von mehr als sechs Jahrzehnten vollzogenen tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen im volkreichsten Land der Welt. Dabei werden sowohl bereits zurückliegende als auch langfristig ins Auge gefaßte soziale und ökonomische Transformationsprozesse der heutigen Weltwirtschaftsmacht Nr. 2 in wesentlichen Zügen dargestellt.

Der auf persönlichen Einschätzungen der beiden polnischen Gelehrten beruhenden Arbeit liegen offizielle Dokumente der KP Chinas, die mit 81 Millionen Mitgliedern weit mehr Menschen als alle anderen kommunistischen Parteien der Welt zusammengenommen in ihren Reihen vereint, sowie Materialien aus staatlichen Quellen der VR China zugrunde.

Die Verfasser des in sechs Kapiteln gegliederten Buches bekennen sich zur Methode des dialektischen und historischen Materialismus.

Nach einer Charakterisierung der wichtigsten Veränderungen in der internationalen Konstellation seit Beginn der 90er Jahre und einer Darstellung der bereits durchlaufenen oder perspektivisch angedachten Entwicklung Chinas im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts werden Fragen aufgeworfen, die in der aktuellen Debatte über den weiteren Weg des asiatischen Riesenlandes eine Rolle spielen. Die Autoren erörtern u. a., aus welchen Gründen sich die Volksrepublik der Weltöffentlichkeit noch immer als Entwicklungsland präsentiert. Sie vertreten den Standpunkt, daß sich die KPCh in der internationalen kommunistischen Bewegung isoliert habe.

Nachdrücklich wird der dramatische Aufstieg Chinas auf vielen Gebieten gewürdigt. Sein Brutto-Inlandsprodukt (BIP) wird im Buch mit sechs Billionen Dollar angegeben, während die vorerst noch den ersten Platz in der Weltwirtschaft einnehmenden USA ca. 14 Billionen Dollar ausweisen. Allerdings ist die Differenz zwischen beiden Staaten und auch im Verhältnis zu anderen hochentwickelten kapitalistischen Ländern im Hinblick auf das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung noch erheblich.

Die Autoren verweisen überdies auf die trotz einer Tendenz zu allmählicher Angleichung nach wie vor in China zwischen Stadt und Land bestehenden erheblichen Einkommensunterschiede und benennen hier ein Verhältnis von 3:1. Auch sei das Gefälle zwischen küstennahen und zentralen Provinzen, die seit Jahren einen außergewöhnlichen wirtschaftlichen Aufschwung erlebten, und rückständigeren westlichen und nördlichen Landesteilen noch immer beachtlich.

Die VR China - konstatieren die Autoren - sei längst für am Transfer von Hochtechnologien interessierte kapitalistische Unternehmen zu einem erstrangigen Anziehungspunkt geworden. Jährlich flössen etwa 100 Mrd. Dollar Direktinvestitionen von Konzernen der USA, Japans und Westeuropas in das einstige "Reich der Mitte". Dabei spiele der nach wie vor bewußt niedrig gehaltene Kurs des Yuan, dessen realer Wert deutlich höher zu taxieren sei, keine geringe Rolle. Chinesische Wissenschaftler verträten die Auffassung, referieren Wiktor und Rakowski, daß Beijing die derzeitige Finanzpolitik noch etwa 20 Jahre durchhalten müsse, um die industrielle Basis des Landes annähernd zu verdoppeln und weiter zu modernisieren.

Nach einem Exkurs in die soziologische Problematik der in China weiterhin angestrebten Ein-Kind-Familie wenden sich die beiden Professoren der kontrovers diskutierten Thematik der Klassenstruktur der chinesischen Gesellschaft zu. Während nach staatlichen Vorgaben und Parteibeschlüssen der Aufbau einer harmonischen sozialistischen Gesellschaft angestrebt werde, sei die Praxis differenzierter zu beurteilen. Wiktor und Rakowski gehen davon aus, daß es derzeit in China 1,2 Millionen Millionäre und einige Milliardäre sowie 10,1 Millionen größere und 37,7 Millionen mittlere und kleine Privatunternehmen gäbe. Sie vertreten den Standpunkt, daß sich in der Volksrepublik eine neue nationale Bourgeoisie formiert habe.

Ohne Zweifel sei die KP Chinas mit ihren vier Millionen nach dem Betriebs- und Territorialprinzip gegliederten Grundorganisationen nach wie vor die führende Kraft in Staat und Gesellschaft. Die Arbeiterklasse umfasse derzeit etwa 300 Millionen Menschen, davon mehr als 160 Millionen in industriellen Großbetrieben Tätige. 240 Millionen Chinesen seien gewerkschaftlich organisiert.

Gegenwärtig fände in der KP Chinas eine lebhafte Diskussion über die weitere Entwicklung der Partei, der Volksrepublik und der Welt statt. Die Dokumente des 18. Parteitags - vor allem der Entwicklungsplan - würden den Zeitraum der nächsten fünf Jahre abstecken.

Soviel zum Buch der Professoren Wiktor und Rakowski. Da das Gesamtwerk vorerst nur auf Polnisch vorliegt und die Autoren noch nach einem deutschen Verlag Ausschau halten, mußte sich diese Zusammenfassung, die keine Rezension sein kann, auf ein Referieren der in Deutsch und Englisch zugänglichen Textauszüge beschränken.

K. S.

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Trumans General MacArthur rief im Koreakrieg nach Kernwaffen

Anfang 1951 erreichten die militärischen Auseinandersetzungen in Korea, wo Washington seine erste große Aggression seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Szene gesetzt hatte, ihren Siedepunkt. Am Neujahrsvorabend hatten die Koreanische Volksarmee und die ihr zu Hilfe geeilten zwei Millionen chinesischen Volksfreiwilligen den US-Truppen und deren mit der UNO-Flagge getarnten Verbündeten eine schwere Niederlage beigebracht und sie in einer gewaltigen Offensive bis hinter den 38. Breitengrad - den Ausgangspunkt ihres Überfalls auf den Norden - zurückgeworfen. Doch der beiderseits opfer- und verlustreiche Krieg sollte noch zwei weitere schreckliche Jahre andauern.

Die erlittene Schlappe löste im Pentagon geradezu panikartige Reaktionen aus. General Douglas MacArthur, Präsident Trumans Oberbefehlshaber auf dem ostasiatischen Kriegsschauplatz, gab später in seinen Memoiren zu Protokoll, er habe die Regierung um deren Zustimmung zum Abwurf von Atombomben ersucht, um durch radioaktive Verseuchung Nordkoreas einen weiteren Vormarsch der gegnerischen Kräfte zu verhindern.

Erst unlängst fand man in Archiven der US-Bundesuntersuchungsbehörde FBI äußerst brisante Papiere, die nach Ablauf der Geheimhaltungsfrist durch diese ins Internet gestellt wurden. Sie werfen ein bezeichnendes Licht auf die Völkermordpläne des Pentagons. Mit Gewißheit wäre das Dokument 100 - HQ - 93216 serial 461 wie viele andere Materialien einfach geschreddert worden, hätten die U.S. Army und die Atomenergie-Kommission der Vereinigten Staaten (AEC) hier das Sagen gehabt.

Wie sich erwies, spielte das FBI auch in dieser Angelegenheit die Rolle eines Bindeglieds zwischen den beteiligten US-Regierungsinstanzen. Bekannt wurde in diesem Zusammenhang ein an den Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses Al Gore gerichtetes Memorandum. Der spätere US-Vizepräsident hatte im Kongreß eine besonders scharfmacherische Rede gehalten und dadurch extreme Kreise auf sich aufmerksam gemacht. In dem Dokument ging es um "einen Gürtel aus radioaktivem Material quer durch Korea zur Entvölkerung des gesamten Gebiets".

Offensichtlich handelte es sich um einen Widerhall auf MacArthurs Ersuchen, durch Atombombenabwürfe "tote Zonen" zu schaffen, "um Nachschub und Verstärkungen für die gegnerische Front zu verhindern".

Gore lancierte das Memorandum in die Presse. Schon 1948 hatte Dr. Paul McDaniel von der AEC ein "Gremium zur Prüfung von Möglichkeiten radioaktiver Kriegsführung" ins Leben gerufen. Am 11. April 1951 stellte dieses in einem Abschlußbericht fest, daß "die vollständige Dehumanisierung einer Region durch radioaktive Träger zwar möglich, aber nicht praktikabel" sei. Die AEC, die sich zu diesem Zeitpunkt ganz auf die Entwicklung der Wasserstoffbombe konzentrierte, bemerkte ihrerseits, es stünde "nicht genügend Material für einen solchen Zweck zur Verfügung". Überdies, so fügte McDaniel hinzu, würde "die Schaffung entmenschlichter Zonen" gegebenenfalls auch den Vormarsch der eigenen Truppen zu Lande und in der Luft unmöglich machen.

Die Verfasser des erwähnten Memorandums, das Albert Gore unterbreitet worden war, zeigten sich da optimistischer. Sie empfahlen, "eine endgültige Entscheidung über die Verwendung radioaktiver Trägermittel im Kopf zu behalten und künftigen Diskussionen zu überlassen". Unter dem republikanischen Präsidenten Ronald Reagan entwickelte das Pentagon dann die Neutronenbombe, um - wie es hieß - "Menschen zu vernichten, ohne deren Eigentumsumfeld zu zerstören".

Das streng geheime US-Regierungsmemorandum passierte von April bis Mai 1951 etliche Washingtoner Dienststellen, wobei der Empfang überall mit Stempeln und Unterschriften bestätigt wurde. Einer der in das Dokument Eingeweihten fügte handschriftlich die Empfehlung hinzu: "Man sollte nicht auf biologische Kriegsführung verzichten."

RF, gestützt auf "The New Worker", London

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Vietnams Kinder trotzten dem US-Bombenhagel

In der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi wurde unlängst eine die Besucher erschütternde und viele an eigenes Leid erinnernde Fotoausstellung "Tre En Thoi Chien" (Kinder im Krieg) eröffnet. 70 historische Aufnahmen von Journalisten der vietnamesischen Nachrichtenagentur VNA, Reportern der Zeitung der Jungen Pioniere des südostasiatischen Landes und Berichterstattern der japanischen Fotoagentur NDN sind einer Generation gewidmet, die im Bombenhagel der U.S. Air Force aufwuchs und sich sogar in den zu Schutzbunkern gewordenen Felsenhöhlen und Erdlöchern ein Lächeln bewahrte.

"Wir lernten damals die Anfertigung von Strohhüten gegen umherfliegende Splitter und nahmen Erste-Hilfe-Taschen in den Unterricht mit", sagte VNA-Generaldirektor Nguyen Duc Loi bei der Eröffnung der bewegenden Fotoschau. "Die Kinder der Kriegsgeneration besaßen oft keine Eltern, die für sie sorgen konnten. Dennoch lernten sie hart und kamen auch im Alltag zurecht. So symbolisierten sie auf ihre Weise die Willenskraft und den Lebensmut des vietnamesischen Volkes."

Die japanische Agentur NDN hatte bereits 1964 ihr Büro in Hanoi eröffnet. Mehr als 2000 authentische Fotos sowie von ihr produzierte Dokumentarfilme und Rundfunkprogramme über das Land am Mekong zeugen von einer ebenso engagierten wie qualifizierten Arbeit. Darunter befindet sich der einzige in Farbe gedrehte Filmbericht von der Beisetzung des schon zu seinen Lebzeiten legendären vietnamesischen Präsidenten und Parteiführers Ho Chi Minh.

Die für "Kinder im Krieg" ausgewählten Aufnahmen zeigen das tägliche Leben der damals jüngsten Vietnamesen unter den unablässigen Terrorangriffen der durch das Pentagon ausgesandten todbringenden Bombergeschwader, zu deren Piloten auch der vor vier Jahren durch die Republikanische Partei als US-Präsidentschaftskandidat aufgestellte John McCain gehörte.

RF, gestützt auf VNA

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Das kleinere von zwei Übeln

Barack Obama bleibt im Weißen Haus

Bei den US-Präsidentschaftswahlen hat sich der bisherige Amtsinhaber Barack Obama gegen seinen republikanischen Herausforderer Mitt Romney durchsetzen können. Die Demokratische Partei vermochte sich allen Unkenrufen zum Trotz zu behaupten. In seiner zweiten und letzten Amtszeit wird Obama weniger taktische Rücksichten nehmen müssen als in den vergangenen vier Jahren. Auch wenn seine Wiederwahl als politisches Stimmungsbarometer durchaus von Bedeutung ist, muß festgestellt werden, daß sich den US-Bürgern - sieht man von der chancenlosen Kandidatin der Grünen ab - keine tatsächliche Alternative bot. Dennoch ist das Votum gegen Romney und für Obama eine Entscheidung für das kleinere von zwei Übeln. Dabei muß man vor allem die unterschiedliche soziale und politische Unterstützerbasis beider Kandidaten in der mindestens 5,8 Mrd. Dollar verschlingenden Wahlschlacht im Auge haben.

Unter der Schlagzeile "Zwei Parteien zur Verteidigung ein und derselben Klasse" schrieb Bert de Belder am 18. Oktober in der belgischen Wochenzeitung "Solidaire": "Man kann nicht sagen, daß die Amerikaner die Qual der Wahl hätten. Denn Demokraten wie Republikaner verteidigen gleichermaßen die Interessen der Reichsten des Landes, die nicht mehr als 1 Prozent der Bevölkerung ausmachen." Und Harvard-Ökonom Joeffrey Sachs bemerkte: "Nur allzuoft besteht die einzige Differenz zwischen beiden Parteien darin, daß die Republikaner die Eigentümer der großen Ölkonzerne sind, während die Demokraten in der Wall Street den Ton angeben. Beide sind politische Formationen der rechten Mitte und hängen von mächtigen Interessengruppen ab: dem militärisch-industriellen Komplex, dem Komplex Wall Street/Washington, dem Komplex Großes Öl/Transportwesen/Rüstungsindustrie sowie dem Komplex Pharmazie und Gesundheitswesen."

Im Urteil von Kommunisten des Landes sind Romney und die Republikaner weitaus reaktionärer und aggressiver als Teile der Demokratischen Partei, die - angesichts des Fehlens einer an europäischen Maßstäben meßbaren Sozialdemokratie - deren Funktion mit übernommen haben. Die Republikaner müßten als die gefährlichere Fraktion der US-Kapitalistenklasse - nicht zuletzt auch wegen ihres rabiaten Rassismus und ihrer potenzierten Kriegslüsternheit - betrachtet werden.

Dabei hat sich Barack Obama in seiner ersten Amtszeit keineswegs als Friedenstaube erwiesen. Er brach fast all seine Versprechen und verspielte so den Anfangskredit einer allzu erwartungsfrohen Wählerschaft. Wie konnte diese auch nur annehmen, daß der Einzug eines schwarzen Politikers in das Weiße Haus die Vereinigten Staaten weniger imperialistisch machen würde!

Obamas Zusage, das berüchtigte Folterlager Guantánamo zu schließen, wurde ebenso in den Wind gesetzt wie seine Ankündigung, das US-Interventionskorps aus Afghanistan abzuziehen. Als seine einzige Trumpfkarte wird mit Vorliebe das Gesetz über die Gesundheitsreform angeführt. Dieses kommt vor allem den Profitinteressen der Arzneimittelkonzerne und des privaten "Health Business" zugute, während mittellose Patienten erst in zweiter Linie begünstigt werden. Dennoch hatte es Romney als Nr. 1 auf seine innenpolitische Abschußliste gesetzt.

Angesichts der trotz eines gewissen Aufschwungs der US-Wirtschaft nach wie vor gravierenden Lage der Mehrheit der Landesbürger bröckelt deren für unerschütterlich gehaltenes Vertrauen in die Überlegenheit des Kapitalismus. Vor zehn Jahren hatten bei Meinungsumfragen vier von fünf US-Bürgern die "freie Marktwirtschaft" für das beste aller ökonomischen Systeme gehalten. Wie das Meinungsforschungsinstitut GlobeScan ermittelte, sind es jetzt weniger als drei.

Zwei von jeweils drei Befragten erklärten ihre "Unzufriedenheit mit dem Gang der Dinge". Das ist zweimal mehr als vor 15 Jahren. Dabei spielen gravierende Tatsachen die entscheidende Rolle: Seit 2007 haben vier Millionen Menschen infolge des Immobiliencrashs ihre Häuser oder Wohnungen verloren. 97 Millionen von heute 314 Millionen US-Bürgern gelten als einkommensschwach, 46,2 Millionen - darunter 22 Millionen Kinder - zählen zu den Armen. 44,6 Millionen Amerikaner - 15% der US-Bevölkerung - sind derzeit auf staatliche Lebensmittelhilfe angewiesen. Von neun Millionen durch die Rezession arbeitslos Gewordenen haben nur 3,4 Millionen einen neuen Job gefunden. Der offizielle Erwerbslosenanteil beträgt 7,8%, bei Afroamerikanern 15 %. Ein Fünftel aller US-Lohnempfänger ist zu Teilzeitarbeit gezwungen. 2011 lag das durchschnittliche Realeinkommen der Bevölkerung um 8,1% unter dem des Jahres 2007. Andererseits bezogen die Topmanager der Konzerne, die in den 70er Jahren "nur" das 40fache eines Arbeiters erhielten, im Jahr 2000 ein 1000fach höheres Einkommen.

In den USA wird das Votum nicht zuletzt durch unzählige Political Action Committees (PACs) "vorbereitet", die außer den direkt von Konzernen, Banken und anderen "Mäzenen" spendierten Geldern nicht nur Unsummen für die von ihnen favorisierten Kandidaten einsammeln, sondern auch den größten Teil ihrer den Ausgang entscheidenden TV-Propaganda finanzieren. Um die Wähler in sogenannten Swing-Staaten, wo der Ausgang nicht absehbar ist, an die Hand zu bekommen, wurden in Iowa 97.000mal und in Ohio 115.000mal Werbespots der PACs in die regulären Programme eingeblendet. Freie Wahlen - made in U.S.A.

Zweifellos setzt Obama einige Akzente etwas anders als Romney. Durchaus kein Lamm, orientiert er die USA auf den entscheidenden Wachstumspol des nächsten Jahrzehnts. Im November 2011 erklärte er vor dem australischen Parlament: "Die Vereinigten Staaten richten jetzt ihr Augenmerk auf das große Potential der asiatisch-pazifischen Region." Dabei geht es um die Aufrechterhaltung, den Ausbau und die Neueinrichtung von US-Militärstützpunkten. Obama verfolgt vorrangig das Ziel, die VR China als künftige Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 weiter einzukreisen.

Alles in allem: Der Sieg des demokratischen Bewerbers ist mit gemischten Gefühlen aufzunehmen. Vor einer Euphorie, wie wir sie 2008 erlebten, muß gewarnt werden.

RF, gestützt auf "Solidaire", Brüssel

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"Weiße Tschechen" und braune Deutsche

Faschistischer Abschaum produziert sich im Dreiländereck bei Zittau

Mitglieder und Anhänger der DSSS - einer faschistischen Gruppierung aus Tschechien - randalieren nicht nur in Sluknov, Rumburk und Varnsdorf auf CR-Staatsgebiet, sondern erhalten auch Schützenhilfe von ihren Gesinnungsgenossen jenseits der Grenze.

Das Fiasko, welches die DSSS ("Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit") bereits in den Städten Ceská Lípa und Nov Bor erleben mußte, setzte sich auch in Sluknov und Rumburk fort. Das dortige "Publikum" bestand fast ausschließlich aus Polizeiangehörigen und sensationslüsternen Journalisten.

In Sluknov blieben die DSSSler wiederum fast unter sich, und auch in Rumburk sah es für sie nicht viel besser aus. Dort hatten sich etwa 30 Anhänger und Schaulustige eingefunden. Einige Mitglieder der NPD durften dieses Desaster live miterleben. Torsten Hiekisch, Kreisgeschäftsführer der NPD, dessen Frau Stadträtin dieser rechtsradikalen Partei in Zittau ist, sowie der NPD-Kreisvorsitzende Ralf-Michael Gläßer waren eigens angereist, um ihre tschechische "Schwesterpartei" im Wahlkampf zu unterstützen.

Hiekisch war bereits während der Feier zur Grenzöffnung 2007 in Zittau aufgefallen, als er im Gewand des Gevatters Tod mit einem Pappschild "Ich kriege alle Sinti und Roma" die Öffentlichkeit provozierte. Dafür wurde er vom Amtsgericht Zittau zu sieben Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 500 Euro verurteilt. In zweiter Instanz reduzierte das Landgericht das Strafmaß auf eine Geldbuße von 1350 Euro. Die den Vorgang verharmlosende Entscheidung wurde damit begründet, Hiekisch habe ja mit seiner "Botschaft" nur wenige Personen erreicht. In der Gerichtsverhandlung verzichtete dieser auf kernige Sprüche und behauptete, seine ausländerfeindliche Parole sei "falsch interpretiert" worden.

Im letzten Januar beteiligte sich das genannte Trio schon einmal an einer gegen Roma gerichteten Demo in Varnsdorf. Anlaß war dort die durch einen Privatsender verbreitete Behauptung, eine Ortseinwohnerin sei an den Folgen eines Roma-Überfalls gestorben.

Die DSSS greift jede sich bietende Gelegenheit auf, um Stimmung gegen "Zigeuner" zu machen. So bediente sie sich auch der erwähnten Meldung, ohne den Sachverhalt zu prüfen. NPD-Stadträtin Antje Hiekisch ließ unbekümmert verlauten: "Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, gemeinsam mit den Opfern von Kriminalität auf die Straße zu gehen."

Zunächst waren in Varnsdorf etwa 20 "anständige Bürger" oder "weiße Tschechen", wie sich die Nazis aus dem Nachbarland gerne nennen, erschienen. Als die Kundgebung schließlich mit Verspätung begann, hatten sich etwa 150 bis 200 Personen auf dem Benes-Platz zusammengerottet. Der erste Redner sprach deutsch und bedankte sich bei den "Kameraden der NPD" für deren Unterstützung. Allerdings konnten diese das ihnen geltende Lob nicht mehr vernehmen, da sie sich bereits aus dem Staub gemacht hatten.

Der durch die Neonazipartei aufgestellte Kandidat Tomas Vandas hielt eine endlose Wahlkampfrede, in der er nicht darauf verzichtete, die Roma in krimineller und rassistischer Manier als "Parasiten" zu beschimpfen. Er und seine Partei würden für eine Veränderung der Situation sorgen, weshalb man unbedingt Liste 53 wählen solle.

Am späteren Nachmittag folgte dann ein Marsch durch die Stadt. Inzwischen hatten sich etwa 250 "anständige Bürger" eingefunden. Die Teilnehmer zogen zum Sporthotel und den Neubaublöcken an der Zittauer Straße, in denen seit einiger Zeit Roma-Familien leben, die aus dem Städtischen Wohnheim dorthin umziehen durften. Wie immer skandierten die Nazis chauvinistische Parolen. Als die "anständigen Bürger" vor dem Neubaublock auftauchten und die Roma zum Herauskommen aufforderten, entflammten heftige Auseinandersetzungen. Einer der Nazis warf etwas in Richtung der Balkone. Die Roma stellten ihrerseits Lautsprecher in ein Fenster und spielten ihre Musik. Nach etwa 10 Minuten war der Spuk vorbei. Im Abziehen riefen die "weißen Tschechen" noch einmal rassistische Schmähworte.

Ramona Gehring

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Philatelie statt Pinke

Wie das BRD-Finanzministerium die Sorben zum Narren hält

In Bautzen wurde der sorbischen Volksorganisation Domowina im September eine aus Anlaß ihres 100jährigen Bestehens in der BRD erschienene Sonderbriefmarke feierlich überreicht. Darüber berichtete die deutschsprachige Monatsausgabe der sorbischen Abendzeitung "Serbske Nowiny" in Bild und Text. "SN"-Chefredakteur Janek Schäfer schrieb zu der noblen Geste der Merkel-Regierung einen sarkastischen Kommentar "Zukunft nicht aus den Augen verlieren", den wir im Wortlaut zitieren.

"Eine Briefmarke mit sorbischem Motiv und zweisprachiger Aufschrift - das ist doch was zum 100. Bestehen des sorbischen Dachverbandes. So eine hat unlängst der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Hartmut Koschyk der Domowina in Bautzen überreicht. Aber ehrlich: Fünf Millionen Euro wären nicht nur der Stiftung für das sorbische Volk lieber als fünf Millionen Briefmarken. Das war zumindest nach der Feierstunde in vielen Gesichtern zu lesen. - Sicherlich unbewußt hatte Staatssekretär Koschyk die sorbischen Anwesenden mit einem einzigen Satz aus der Freude über den 100. Geburtstag der Domowina in die schmerzliche Realität zurückgerissen. Seine Aussage, daß 8,2 Millionen Euro jährlicher Förderung durch den Bund genug seien, trübte die Stimmung gehörig ein. Manch einen traf dieser Satz wie ein Schlag ... Schon im Juni hatte der Direktor der Stiftung für das sorbische Volk Marko Suchy drastische Einsparungen für die folgenden Jahre angekündigt. Steigende Tarife und Kosten stehen gleichbleibenden Zuwendungen des Bundes sowie der Länder Sachsen und Brandenburg gegenüber und zwingen zum radikalen Sparen. Schade eigentlich, daß die Stiftung für das sorbische Volk keine Bank ist. Als solche hätte sie wenigstens noch eine theoretische Chance auf staatliche Hilfe. Aber die Ausführungen des Staatssekretärs klangen so gar nicht nach Hilfe. - Die schmerzliche Realität, der sich einige bei der Briefmarkenübergabe in Bautzen wieder bewußt wurden, ist, daß wir Schwierigkeiten nicht vor uns herschieben, sondern an deren Lösung arbeiten sollten, auch wenn es etwas zu feiern gibt. Unter den gegebenen Umständen bleiben den Sorben nur zwei Möglichkeiten: entweder alles mühsam Aufgebaute Stück für Stück selbst zu zerstören - auch die sorbischen Institutionen - oder zu kämpfen. Ich empfehle Letzteres, denn jeder, der nicht kämpft, hat bereits verloren. Wir geben uns nicht auf, sondern kämpfen für unsere Zukunft."

"Serbske Nowiny" erscheint in der Nachfolge der sorbischen Tageszeitung "Nowa Doba", deren letzter Chefredakteur Sieghard Kosel dem Vorstand des RF-Fördervereins und dem Redaktionsbeirat des RF angehört. Er war etliche Jahre sächsischer Landtagsabgeordneter der PDS und hat die Stafette an seinen Sohn Heiko weitergegeben.

Der RF gratuliert allen sorbischen Lesern nachträglich zum großen Jubiläum der Domowina.

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Nikaragua-Wandbild zerfällt erneut

Alarm für ein großes Werk der lateinamerikanischen naiven Kunst

Im Auftrag des Berliner Magistrats und des DDR-Kulturministeriums schuf der Nikaraguaner Manuel García Moia ein monumentales Giebelwand-Gemälde an der Lichtenberger Brücke. Es trägt den Titel "Nikaraguanisches Dorf - Monimbo 1978" und wurde am 27. August 1985 dem Stadtbezirk Berlin-Lichtenberg übergeben. Das Werk stellt auf einer Fläche von 255 Quadratmetern in vielen Episoden Leben und Kampf der unterdrückten Bevölkerung dar. Man zählt es zu den größten Wandmalereien naiver Kunst in der Welt.

Foto: © G. Senf

Bildausschnitt nach der Restaurierung im Jahr 2005
Foto: © G. Senft



Nikaraguas Demokratische Befreiungsfront UDEL forderte Ende 1977 die Aufhebung des Belagerungszustandes und der Pressezensur, die Einführung bürgerlicher Freiheiten und eine Amnestie für politische Gefangene. Unter militärischer Bedrängnis durch die Sandinisten und politischem Druck der UDEL versuchte Diktator Anastasio Somoza "die Flucht nach vorn". Auf seinen Befehl hin wurde am 10. Januar 1978 der UDEL-Vorsitzende und Verleger der Oppositionszeitung La Prensa, Joaquin Chamorro, auf offener Straße ermordet. Mit der Bluttat wollte Somoza die Opposition entscheidend treffen. Doch das Gegenteil trat ein: Jahrzehntelang aufgestauter Unmut brach sich Bahn. Zum ersten Mal beteiligten sich Massen des nikaraguanischen Volkes an einem landesweiten Generalstreik.

In diese Zeit fiel auch eine spontane Volkserhebung in Masaya, der fünftgrößten Stadt des Landes. Etwa 20 000 indianische Einwohner, die im Bezirk Monimbo unter besonders elenden Bedingungen vegetieren mußten, nahmen am 20. Februar 1978 den Kampf auf. Nur im Besitz einiger Macheten, Feuerwerkskörper und Pistolen, begannen sie mit der Verbarrikadierung ihres Viertels. Erst nach über einer Woche konnte Somozas Nationalgarde den verzweifelten Widerstand der Bevölkerung niederschlagen. Für die Straßenkämpfe in Monimbo setzte das Regime überwiegend in den USA angeworbene ausländische Söldner ein. Die Indios beklagten 343 Tote, mehrheitlich Frauen und Kinder. Obwohl der Aufstand scheiterte, wurde Monimbo zum nationalen Fanal.

Der Maler Manuel Garcia Moia, Nationalpreisträger für naive Kunst, wurde in diesem indianischen Stadtteil geboren und wuchs dort unter ärmlichsten Verhältnissen auf. Er verarbeitete das mörderische Bürgerkriegstrauma in seinem Antikriegswandbild "Nikaraguanisches Dorf - Monimbo 1978".

Im Herbst 2003 befand sich das Monumentalgemälde in einem sehr schlechten Erhaltungszustand. Überdies sollte es bei der geplanten Sanierung des Wohnhauses unter einer Wärmedämmung verschwinden. Nach langem und beharrlichem Ringen erreichte eine Berliner Kunstinitiative mit Unterstützung vieler Bürger, Förderer und Sponsoren, daß dieses außergewöhnliche Kunstwerk nicht verlorenging.

links: Gesamtansicht des Giebelwandgemäldes im Jahr 2005 - Foto: © G. Senft links: Giebelwandgemälde mit großen Flächen abgeblätteter Farbe. -  Foto: © G. Senft

links: Giebelwandgemälde nach der Restaurierung im Jahr 2005
Foto: © G. Senft
rechts: Heutiger Zustand des Werkes - obiger Bildausschnitt ist fast vollständig zerstört
Foto: © G. Senft



Mit dem Einverständnis des Künstlers und des Hauseigentümers gelang es, im Sommer 2004 die Rettung des Wandbildes einzuleiten. Nachdem das Original zeichnerisch, fotografisch und durch Abpausen einzelner Details genau erfaßt worden war, trugen der Kreuzberger Maler Gerd Wulff und sein Hamburger Kollege Max Michael Holst das Bildnis in weitgehend werk- und farbgetreuer Form neu auf. Zuvor war die Giebelwand des Hauses mit Spezialschichten saniert worden.

Auf diese Weise konnte das ursprüngliche Werk zunächst erhalten werden. Die Kosten für die Restaurierung betrugen mehr als 100.000 Euro, wobei rund 80 Prozent aus Sponsoren- und Spendengeldern kamen. Die künstlerische Reproduktion erstrahlte nach ihrer feierlichen Übergabe am 30. September 2005 in neuer Farbenpracht.

Am 70. Geburtstag des Künstlers erhielt die Fläche zwischen der Lichtenberger Brücke und dem Kunstensemble offiziell den Namen Monimboplatz. Leider verfällt das in seiner Art einmalige und für Berlin geschaffene Kunstwerk jetzt erneut. So muß wieder Alarm getrommelt werden, um es vor vollständiger Vernichtung zu bewahren.

RF, nach einem Material der Initiative für den Erhalt des Nikaragua-Giebelwandgemäldes

Kontakttelefon: Christel Schemel Tel. 030 - 559 87 33

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Adieu, Märchenprinz

Ein aufschlußgebendes Buch über den wechselvollen Lebensweg des Malers und Grafikers Heinrich Vogeler

Was ist ein "weißer Rabe"? Das ist jemand, der zwar als Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aufwächst, dann aber - im Ergebnis eigener Lebenserfahrung und tieferer Einsicht - seiner Klasse den Rücken kehrt, um sich auf die Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten zu schlagen. Mit einem solchen "weißen Raben" macht uns Renate von Rosenbergs Buch "Adieu Märchenprinz", das der Donat-Verlag jetzt herausbrachte, bekannt. Es ist ein Roman und das Lebensbild eines großen Künstlers. Der am 12. Dezember 1872 geborene Maler und Grafiker Heinrich Vogeler erfährt eine Wandlung vom verwöhnten Söhnchen aus dem "gehobenen Bürgertum" und Kriegsfreiwilligen des Jahres 1914 zum radikalen Pazifisten und überzeugten Kommunisten. Neben Käthe Kollwitz, Otto Nagel, Max Lingner, Heinrich Zille und George Grosz zählt er zu den bedeutendsten Vertretern deutscher proletarischer Kunst.

Die Autorin läßt uns die Etappen seines Weges verfolgen: die tiefen Veränderungen im Fühlen und Denken während der gesellschaftlichen Umbrüche, deren Zeuge er war - seine erschreckenden Kriegserlebnisse, seinen hilflosen Versuch, mit einem Appell an das vermeintlich "christliche Gewissen" Wilhelm II. und seines Generals Ludendorff etwas zu bewirken, was ihm den Zwangsaufenthalt in einer Nervenheilanstalt einbringt. Bis 1924 gehörte Vogeler zur Künstlerkolonie Worpswede. Seine Werke waren damals noch stark vom Jugendstil geprägt und durch seine Freundschaft mit Rainer Maria Rilke geistig beeinflußt. Später wirkten auf ihn besonders Lew Tolstoi und Maxim Gorki ein. Immer wieder geriet Vogeler in den Strudel gesellschaftlicher Geschehnisse - als Mitglied eines Arbeiter-und-Soldaten-Rates, als Gründer einer Arbeitskommune und eines Heims der Roten Hilfe für Kinder verfolgter Genossen und Kriegswaisen. Seine Agitationsbilder gehören zu den stärksten Leistungen proletarisch-revolutionärer Kunst. Vogelers Werke "Bücherverbrennung in Berlin", "Konzentrationslager", "Folterkammer der SA" und "Einmauerung lebender Kommunisten in der Festung Hohenstein" sowie seine Illustrationen zu Johannes R. Bechers Versen in dem Buch "Das Dritte Reich" zeigen, wie der Antifaschismus mehr und mehr zu seinem Hauptthema wurde. Auch mit längeren Aufenthalten verbundene Reisen in die UdSSR sowie seine 1931 erfolgte Übersiedlung dorthin, sein Wirken für die Rote Hilfe und sein Beitrag zur Erziehung der sowjetischen Jugend bestimmten Vogelers letzten Lebensabschnitt. Sein 1940 entstandenes Gemälde "Mittagspause der Drescher" war zu DDR-Zeiten in der Berliner Nationalgalerie zu sehen.

Im Leben und Schaffen des Künstlers spielten Frauen immer wieder eine bedeutende Rolle. Glückliche Stunden und herbe Enttäuschungen in der Liebe - auch seinem ausgeprägten Individualismus geschuldet - prägten Vogelers Ehe mit der jungen Martha, die er nach seinen Vorstellungen "formen" zu können glaubte. Seine Freundschaft mit der Malerin Paula Modersohn-Becker, eine Beziehung zur Tänzerin Taka-Taka, die Liebe zur "Roten Marie", einer Bremer Kommunistin, und seine zweite Ehe mit Sonja Marchlewska beeinflußten Vogelers Schaffen zutiefst. Sie vermochten indes seine eigenwillige Künstlerpersönlichkeit nicht zu verändern. Heinrich Vogeler starb im 70. Lebensjahr in Kasachstan. In einem Brief an die Töchter formulierte er sein politisches Credo, das die Autorin an den Schluß ihres Buches stellte: "... Ihr seid die kommende Generation ... Haltet Euch immer vor Augen, daß meine ganzen Hoffnungen auf Euch ruhen ... Euer Leben wird in der zertrümmerten Welt stehen wie eine leuchtende Friedenswarte ..." Die Zeit sei entsetzlich schwer, aber es winke "ein glänzendes hohes Ziel ..."

Das Buch vom "weißen Raben" mit der bunten Palette ist ein wertvoller Beitrag des Donat-Verlags zum Verständnis eines großen Künstlers und der bewegten Epoche, in der er lebte.

Dr. Ernst Heinz


Renate von Rosenberg: Adieu Märchenprinz - Wandlung des Künstlers Heinrich Vogeler. Roman. Donat-Verlag, Bremen 2012. Mit Zeichnungen von Peter Dangschat. 240 Seiten, 9 Abbildungen, 14,80 Euro. ISBN 978-3-943425-10-9

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Solange das Feuer brennt

Der Mann, der sich mit seinen Arbeiten an uns wandte, ist in höchstem Maße sensibilisiert - durch das Unrecht, das seinem Vater und ihm als Angehörigen des MfS nach 1989/90 widerfuhr, durch die Schicksalsschläge, die ihn und seine Familie trafen, durch existentielle Belastungen, die ihn lange begleiteten, aber auch durch kraftspendende Solidarität und Hilfe anderer.

Mit dem Schreiben hat er einen Weg der Prüfung und Auseinandersetzung gefunden und stellt nun seine im Selbstverlag produzierten Erzählungen und Romane der Öffentlichkeit vor. Er steht auch anderen Autoren zur Seite.

Detlef Mauch (55) ist ein in Ribnitz-Damgarten beheimateter Autor. Sein ungewöhnlich ausgeprägtes Vermögen, sich in das Fühlen anderer hineinzuversetzen, ist mit einem beeindruckenden natürlichen literarischen und zeichnerischen Talent gepaart, das seine bisherigen Werke lesens- und nachdenkenswert macht.

In der Erzählung "Solange das Feuer brennt" (ISBN 978-3-9815554-5-5 / Preis 10 Euro) widerspiegelt sich eine Eigenheit, die wohl schon immer zu ihm gehörte: sein Geist des Aufbegehrens. Er unterwirft sich nicht. Er steht zu seiner Vergangenheit und hat doch so viele Fragen ... Einige davon stellt er seinem Vater und plötzlich wird, als sie eines Abends gemeinsam am offenen Feuer sitzen, alles wieder wachgerufen, was ihrer beider Leben ausmachte.

Das Feuer brennt lange, bis in die Nacht. Es wirft seinen Schein auf einen langen Weg mit Erfolgen und Niederlagen, Mut und Verzagen, Gemeinschaft und Vereinzelung. Am Ende aber bleiben der Stolz und die Überzeugung, einer guten Sache gedient zu haben. Sie sind nicht immer einer Meinung, auch nicht in der Beurteilung mancher politischen oder philosophischen Frage. Hier bleibt der Autor mitunter in einer eher naturbezogenen Sicht stecken, ohne den Fundus des Klassikerwissens zu Rate zu ziehen. - Doch das Buch ist ein offenes Bekenntnis zur DDR. Der Autor setzt damit nicht nur seinem Vater ein Denkmal, sondern ermutigt auch alle früheren Mitarbeiter des MfS, sich dem gegnerischen Kesseltreiben zu widersetzen. Es offenbart zudem das Innenleben eines Menschen, das reicher an Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Wertschätzung für andere nicht sein kann.

In "Keine Tränen, wenn ich weine", "Das zweite Leben" und "Vierzig Wochen und neunzig Tage" schildert er das Schicksal und die außergewöhnliche Biographie einer schwerbehinderten Frau, mit der er inzwischen verheiratet ist. Gemeinsam haben sie eine kleine Tochter. Sein neuestes Buch "Schau Mama, ich kann gehen" hat Detlef Mauch dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen gewidmet. Es ist ein berührendes Zeugnis vom Kampf zweier Menschen um gesellschaftliche Akzeptanz und Unterstützung und von der Kraft einer Liebe, die Unmögliches zu leisten imstande ist.

Bruni Steiniger


Alle Bücher erhältlich im Direktbezug: Detlef Mauch, Körkwitzer Weg 54 a, 18311 Ribnitz-Damgarten, Tel. 0 38 21/70 64 52, E-Mail: mauch-ramona@t-online.de

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Brillant, aber anders

Das Alexandrow-Ensemble gastierte wieder in Berlin

Wenn die berühmte Truppe zum Konzert lädt, sind vollbesetzte Säle sicher. So auch am 14. Oktober im Berliner Admiralspalast, wo das "Akademische Ensemble für Gesang und Tanz namens A.W. Alexandrow" zwei Vorstellungen gab. Noch im Sommer vergangenen Jahres hatte Oberst Leonid Malew, der militärische Leiter des Ensembles, gegenüber der Moskauer ND-Korrespondentin zum Ausdruck gebracht, eigentlich über seinen mehrfach fehlgeschlagenen Herzenswunsch nicht reden zu wollen: "ein neues Konzert in Berlin, möglichst auf dem Gendarmenmarkt". Ob für einen Auftritt an geschichtsträchtiger Stelle in der Mitte Berlin nur Sponsoren fehlten, wie ND-Korrespondentin Irina Wolkowa die Eindrücke Oberst Malews damals wiedergab, ist nicht bekannt. Denkbar erscheint jedoch, daß die BRD-Regierung und die Senatoren des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit nur ungern an das triumphale Konzert des Ensembles der siegreichen Roten Armee erinnern würden, das 1946 inmitten der Ruinen des Gendarmenmarktes stattfand.

Wenn die lange erwartete Aufführung nun auch nicht vor historischer Kulisse stattfand, so muß dennoch zumindest erwähnt werden, was einige Zuschauer im Programm des Ensembles vermißten: Das Lied "Der Heilige Krieg", dessen Noten von Alexander Alexandrow (1883-1946), dem Gründer und Namensgeber des Gesangs- und Tanzensembles der Roten Armee, stammen.

"Wstawai, strana ogromnaja, swjaschtschennaja woina" - "Steh auf, du Riesenland, zum Heiligen Krieg" geht der 1941 von Wassili Lebedew-Kumatsch nach den Überfall der faschistischen deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion verfaßte Text. Das Lied, das seine Uraufführung einst vor dem Belorussischen Bahnhof in Moskau erlebte, als Freiwillige der Roten Armee an die Front verabschiedet wurden, erklang ab Herbst 1941 jeden Morgen im sowjetischen Rundfunk. Deshalb ist es noch heute eine der Attraktionen des Alexandrow-Programms, obwohl die gesellschaftlichen Veränderungen seit Auflösung der UdSSR auch an diesem Ensemble nicht spurlos vorübergegangen sind. In Rußland stehen Zuschauer wie eh und je bei den ersten Takten spontan auf und singen mit. Sollte es eine Geste des "guten Willens" sein, daß die künstlerische Leitung es nun beim Berliner Auftritt aus dem Programm herausnahm? Etwa als Beitrag zur "Stärkung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern", wie es in der Konzertankündigung hieß?

Im Saal jedenfalls warteten die russischen oder die des Russischen mächtigen deutschen Zuschauer geradezu darauf, die bekannteren Volksweisen von "Entlang der Wolga" über "Kalinka" bis "Katjuscha" leise oder inbrünstig mitsingen zu können. Gute Laune war unter dem auch altersmäßig gemischten Publikum während des mehr als zweistündigen Programms zu spüren, in dem das Ensemble seinen bunten Reigen aus Gesangs- und Tanzdarbietungen über die Bühne ziehen ließ. Leider bot der Admiralspalast den wunderbar feurigen und akrobatischen Tänzerinnen und Tänzern viel zu wenig Raum. Dennoch gelang es den 120 Mitwirkenden glänzend, das Versprechen auf der Website des Ensembles einzulösen, alle der Einladung Folgenden durch die Geschichte Rußlands zu führen, dem deutschen Publikum dabei "eine Entdeckungsreise" und den russischen Zuschauern ein "Wiedererleben der gemeinsamen Vergangenheit" zu bieten.

Igor Rajewski ist seit vier Jahren künstlerischer Leiter und Dirigent des Ensembles, das von Alexander Alexandrow schon 1928 als Chor mit zwölf Soldaten gegründet wurde und bald ähnlichen Weltruhm wie das Bolschoi-Ballett errang. Alexandrow hat 1944 übrigens auch die Hymne der Sowjetunion komponiert, die 2000 mit geändertem Text wieder in der Russischen Föderation eingeführt wurde.

Daß die heutigen Darbietungen des Ensembles auch die politischen Widersprüche in diesem Land und dieser Zeit widerspiegeln, zeigte sich gleich zu Beginn des Konzerts, als der Chor die BRD-Staatshymne in deutscher Sprache sang. Die Mehrheit im Saal stand beim Deutschlandlied nur zögerlich auf, einige wenige applaudierten. Als dann aber die russische Hymne erklang, erhoben sich auch jene, die zuvor sitzengeblieben waren, von ihren Plätzen. Für einen meiner Nachbarn war es die Achtungsbezeugung vor der konsequenten Haltung Moskaus zur Verhinderung eines NATO-Krieges gegen Syrien, während eine in der DDR aufgewachsene Zuschauerin, die sich von der Kohl-Republik vereinnahmt sieht, damit ein Gefühl innerer Befreiung verband. "Das ist die einzige Möglichkeit, hier unsere Haltung zu zeigen", sagte sie mir.

Jürgen Heiser

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Ein Klassentreffen der besonderen Art

Klassentreffen haben ja derzeit Hochkonjunktur. Hier soll allerdings von einer Begegnung berichtet werden, die in ihrer Art zweifellos Seltenheitswert besitzen dürfte. Am 13. Oktober kamen Schüler der seinerzeitigen Grundschule Kriebitzsch mit mir - ihrem damaligen Klassenleiter - in einem Meuselwitzer Hotel zusammen, um meinen 90. Geburtstag nachzufeiern. Ich war dort zwischen 1946 und 1949 als Neulehrer tätig und habe die damals 10- bis 11jährigen - heute sind sie 77 und 78 - unterrichtet. Obwohl die Zusammenkunft für mich nicht nur ein Höhepunkt meines Lebens, sondern zugleich auch recht strapaziös war, gelang es mir, aus diesem Kreis einen weiteren ständigen "RotFuchs"-Bezieher - den 58. von mir "Angeworbenen" - zu gewinnen!

Als ich im Verlauf des Treffens dann auch noch eine Geschichte aus meiner "Feder", die Teil eines demnächst im GNN-Verlag erscheinenden Buches sein wird, vorlas, bestellten gleich drei weitere "Ehemalige" den Titel. Er lautet: "DDR - unser Leben".

Mit fuchsroten Grüßen,
Helmuth Hellge

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Griff in die literarische Schatztruhe (2)

Einst erfolgreiche DDR-Schriftsteller dem Vergessen entreißen!

Fritz Erpenbeck, Jahrgang 1897, sparte sich nach seiner Maschinenschlosserlehre Geld für das Schauspielstudium, wurde Mime, Dramaturg, Theaterkritiker und schließlich Literat. Seine Bühnenlaufbahn führte ihn u. a. an das Berliner Lessing-Theater. Seit 1929 war er Journalist und ab 1931 Chefredakteur der ihrem Namen gerecht werdenden Zeitschrift "Roter Pfeffer". Seine Autorenlaufbahn begann er mit dem pathetischen Drama "Andreas Hofer". Erpenbeck schrieb politisch-satirische Stücke, Songs und Sketche. Sein Kriegstagebuch "Aber ich wollte nicht feige sein" (1934) galt als die beste Antikriegserzählung. Von 1933 bis 1935 gab er zusammen mit F.C. Weiskopf in Prag die Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (AIZ) heraus. Als deren Sonderkorrespondent reiste Erpenbeck 1935 nach Moskau, wo er dann zehn Jahre mit seiner Frau, der Schriftstellerin Hedda Zinner, lebte. Dort arbeitete er für die Zeitschriften "Das Wort" und "Internationale Literatur. Deutsche Blätter". In Moskau erschienen auch seine Erzählbände "Deutsche Schicksale" und "Kleines Mädchen im großen Krieg" sowie seine Romane "Gründer" (1940) und "Emigranten". Der zweite Titel kam 1965 in Berlin heraus. Im April 1945 zählten Erpenbeck und Zinner zu den ersten, die in das zerstörte Berlin zurückkehrten. Erpenbeck gründete die Monatsschrift "Theater der Zeit", deren Redaktion er zehn Jahre leitete, und zugleich den "Theaterdienst", der ebenfalls in seiner Regie lag. Als Theaterkritiker setzte er in der Nachkriegszeit Maßstäbe. Erpenbeck wurde 1959 zum Chefdramaturgen der Volksbühne berufen. Seine Sammelbände "Lebendiges Theater" und "Aus dem Theaterleben" (1959) sind Zeugnisse dieser Anfänge. Sie berichten von Erfolgen und Problemen der Schauspielkunst jener Jahre. Theater-Anekdoten wußte er unter dem Titel "Vorhang auf" zu erzählen. Der Autor wandte sich auch dem Genre der Kriminalliteratur zu und legte sechs Romane vor, darunter "Pension Boulanka", "Tödliche Bilanz", "Nadeln im Heu" und "Der Tote auf dem Thron".

Fritz Erpenbeck starb am 7. Januar 1975 und wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof bestattet. Die Straße in Berlin-Niederschönhausen, in der er wohnte, benannte die Stadt nach ihm. Drei Jahre später wurde aus dem Nachlaß der Roman "Der Tüchtige" veröffentlicht, den sein 1942 geborener Sohn John, ebenfalls ein profilierter Autor, bearbeitet hatte. Auch John Erpenbecks Tochter Jenny - geboren 1967 - die Enkelin Fritz Erpenbecks und Hedda Zinners - wies sich als erfolgreiche Schriftstellerin aus. Ihre Bücher sind bisher in sechzehn Sprachen erschienen und wurden mehrfach ausgezeichnet.

Der Arbeiterschriftsteller Hasso Grabner (geb. 1911) stammte aus Leipzig, absolvierte eine Buchhändlerausbildung und begann früh zu schreiben. Wegen antifaschistischen Widerstandes wurde er neun Jahre ins Zuchthaus Waldheim geworfen und anschließend in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. 1942 zwang man ihn in das als Himmelfahrtskommando berüchtigte Strafbataillon 999. Nach 1945 war Grabner an leitender Stelle im Braunkohlenkombinat "Schwarze Pumpe" tätig. Nachts schrieb er Artikel, Sketche und "lyrische Versuche". Er war Rundfunkintendant, Wirtschaftsfunktionär und seit 1958 freischaffender Schriftsteller. Der Lyriker, Erzähler, Hörspiel- und Fernsehautor lebte zuletzt in Werder bei Potsdam. Hasso Grabner verstarb mit 64 Jahren am 3. April 1976. Er war mit der Schriftstellerin Dr. Sigrid Grabner verheiratet, die u. a. eine Gandhi-Biographie, den Roman "Christine. Rebellin auf Schwedens Thron" und den Erinnerungsband "Jahrgang 42. Meine Leben zwischen den Zeiten" vorlegte. - Hasso Grabner blieben nur zwei knappe Jahrzehnte, in denen er zunächst drei Lyrikbände veröffentlichte: "Fünfzehn Schritte gradaus" (1958) enthielt die Gedichte des Häftlings und 999ers. Zu seinem Schaffen gehören sechs Erzählungen und das Kinderbuch "Anka und der große Bär" (1969). Herausragend waren die Romane "Geheimsache Norsk Hydro" (1966), "Die Zelle" (1969), "Makedonisches Duell" und "Kopfsteinpflaster" (beide 1973). Darin berührte der Autor "heiße Eisen" seiner Zeit. Zu seinem Werkverzeichnis zählen Hörspiele, die beiden Fernsehspiele "Wer verschenkt schon einen Sieg?" (1961) und "Sacco und Vanzetti" (1963) sowie sein 1961 herausgekommener Spielfilm "Die Entscheidung des Dr. Arendt".

Dieter Fechner

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Helm ab zum Gebet!

Vor einiger Zeit predigte ein Feldgeistlicher der Bundeswehr im Rundfunk. Es war der Gipfel der Verlogenheit und Heuchelei. Ich habe seine Worte etwas verändert, um der Wahrheit näher zu kommen.

Ja, meine Arbeit ist für die Soldatinnen und Soldaten besonders wichtig. Dabei kommt es mir zunächst darauf an, den Kameradinnen und Kameraden eines klarzumachen: Jesus, unser Herr, kam nicht mit Waffen daher, sondern als Heiland des Friedens, als Friedensführer und Friedensstifter. Und genau so müssen die Soldatinnen und Soldaten ihre Aufgabe als eine friedensstiftende Mission betrachten. Natürlich ist das gefährlich, denn bei dieser Friedensarbeit wird nun mal auch geschossen. Aber, das müssen die Soldatinnen und Soldaten wissen, sie handeln nach dem Willen Gottes, deshalb sollen sie erhobenen Hauptes in den mörderischen Friedenskampf gehen. Und sie sollen ihr Haupt, so will es Gott, mit einem Stahlhelm bedecken, damit in dieses nichts hineingeht und nichts herauskommt.

Es gibt für mich viele Aufgaben bei der geistlichen Betreuung der Kameradinnen und Kameraden. Manche von ihnen sehen vielleicht Afrika oder Afghanistan das erste Mal, erleben dieses schreckliche Elend. Da muß ich ihnen den Trost des Herrn vermitteln, ihre Seele stärken: Alles ist Gottes Wille, und es gab nun einmal immer reiche und arme Länder, Satte und Hungernde. Gewiß, in der armen Welt stirbt alle fünf Sekunden ein Kind hungers; aber wird das nicht wenigstens zum Teil in der westlichen christlichen Wertewelt gutgemacht? Gerade zu Weihnachten erfreuen uns dort doch unzählige leuchtende Kinderaugen, die angesichts der fürsorglichen Geschenke, der Computer, Mopeds, Superhandys, Lagerfeldkleidung und Bankkonten heller strahlen als der Weihnachtsbaum.

Gewiß, manche Soldatinnen und Soldaten werden unter dem stählernen Heiligenschein doch ein wenig nachdenklich sein, wenn sie ausgemergelte schwarze Körper sehen, all den Dreck und das Ungeziefer, die verschimmelten Behausungen, in denen nicht einmal eine klapprige Katze ihr Dasein fristen möchte. Sie werden traurig darüber sein, daß zwölfköpfige schwarze Familien in ein schwitziges Loch gepfercht sind, mit dürren Fingern nach den wenigen Reisklumpen im Blechnapf haschen, die sie mit einer Gier in ihre Münder stopfen, die schon an Verfressenheit erinnert. Das zu erleben ist hart für die Soldatinnen und Soldaten, gerade zu Weihnachten, dem Fest des Friedens, der Liebe und der Geschenke. Aber da kann ich sie daran erinnern, daß alles einen Sinn hat vor dem Auge des Herrn, der alles sieht, und die Kameradinnen und Kameraden sollen vor ihrem inneren Auge die Lieben daheim erblicken, wie sie beim Gänsebraten beten für den Frieden, für das Wohl der Ihren draußen in der Welt.

Ja, ich muß den Soldatinnen und Soldaten erklären, daß es dort viel Schönes und Bewahrenswertes gibt, das Gott uns geschenkt hat und das sie nun verteidigen und schützen müssen. Das ist die Aufgabe, die Gott den Frauen und Männern im Waffenrock zugedacht hat. Sie sind sozusagen Gesandte Gottes, weil Gott selbst und sein Sohn Jesus, unser Herr, ja ohne Waffen daherkamen, als Friedensstifter. Nein, sie selbst rührten niemals eine Waffe an, keine Maschinenpistole, keine Landmine, keine Streumunition, keine Urangranate - Ölzweig und Palmwedel waren und sind ihre einzigen Waffen. Deshalb müssen ja die Soldatinnen und Soldaten die eigenen Waffen pflegen und putzen, damit sie stets einsatzbereit sind, besonders für den Fall, wenn Hungernde, wie in Somalia, zu Rebellen, schlimmer noch, zu Piraten werden, und das nur deshalb, weil westliche Flotten vor ihren Küsten viele Fische fangen, die ja daheim für die christliche Festtafel unter dem Tannenbaum dringend benötigt werden. So gibt es viele wichtige Dinge, die ich den Soldatinnen und Soldaten erklären muß zur Vorbereitung auf ihre kriegerische Friedensstiftung. Und damit es wirklich hineingeht in ihr Haupt, bitte ich sie dann auch immer, den stählernen Hut abzunehmen: Helm ab zum Gebet! Für Kanzlerin, Gott und Ölkonzerne!

Manfred Kubowsky

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Archie und die Altersarmut

Von 1945 bis in die 50er Jahre und auch danach kann Archie - damals Jüngling und Oberschüler - nur an ganz arme alte Tanten zurückdenken, die es von seiner Geburtsstadt Breslau über Bautzen oder Prag nach Sachsen und Thüringen verschlagen hatte. Sie fristeten fast alle ein elendes Dasein, lebten von Kartoffeln und Quark, Brot und Marmelade, was auch nicht immer vorhanden war. Archie erinnert sich genau, wie er mit dem quietschenden Rad und knurrendem Magen umherfuhr, um Gärten und Felder nach Eßbarem abzusuchen.

Die Altersarmut dieser Frauen war dadurch bedingt, daß sie früher allesamt keinen Beruf erlernt hatten, "nur" einkaufen gingen, den Haushalt führten und Kinder großzogen. Später mußten sie in den Rüstungsbetrieben der mit Hitler liierten Großkapitalisten für kargen Lohn schuften, gemeinsam mit nach Deutschland verschleppten Ausländern, die als Fremdarbeiter bezeichnet wurden. Ihre Männer waren vermißt, verschollen oder gefallen - natürlich immer für "Führer, Volk und Vaterland" auf dem "Felde der Ehre".

Die armen alten Frauen gingen später auf den abgeernteten Flächen Ähren lesen und liegengebliebene Kartoffeln sammeln. Das, was sie zusammengesucht hatten, schleppten sie mit wackligen Knien und schmerzendem Rücken in ihre bescheidenen Quartiere. Meist trugen sie auch noch Holz auf dem Buckel, das sie zum Kochen brauchten. Die Belastungen waren wirklich ernorm.

Mit der Zeit besserte sich die Lage hierzulande und anderswo. Doch in jener schweren Nachkriegszeit nahm Archie viele alte Leute wahr, die verelendet, abgerissen und ohne Hoffnung dahinstarben. Das waren keineswegs nur Menschen, die ihre Heimat hatten verlassen müssen, sondern auch Alteingesessene, die sich als Knechte und Mägde für Großbauern krummgeschuftet hatten, um am Ende als Dorfarmut verspottet zu werden.

An solche frühen Erlebnisse wird Archie erinnert, wenn er an die Absurdität der Rente mit 67 oder gar 70 denkt. Vor ein paar Jahren wollte man die Menschen noch zur Frühberentung mit 60 überreden, damit sie nicht den Jüngeren die immer knappere Arbeit wegnähmen. Das war genauso absurd.

Wenn es um Arbeit geht, vor allem um deren Bezahlung, scheinen die Regierungen im Dienste des Kapitals - gleich welcher parteipolitischen Farbe - total den Verstand verloren zu haben.

Als die DEFA aufgelöst wurde, flog Archie mit 56 aus dem Beruf. Er machte sich dann mit Bewerbungen ohne Ende regelrecht zum armen Affen. Währenddessen saßen die reichen Affen auf der anderen Seite des Tisches. In Sätzen, die mit Häme gespickt waren, nannten sie ihn "überqualifiziert". Auch sei er als Dramaturg und Lektor ein "Ideologieträger des kommunistischen Regimes" gewesen, einer aus der "falschen Elite".

Archie erwiderte darauf, daß es in seinen Augen nur gute oder schlechte Dramaturgie gäbe. Die zweite Art könne man ja heutzutage allenthalben am Bildschirm erleben. Manchmal fehle allerdings auch jegliche Dramaturgie, so daß in den blutigen Fließbandkrimis am Ende offen bleibe, wer eigentlich wen und warum erschossen oder erstochen habe. Hier war dann das Vorstellungsgespräch meist beendet. Verlage, bei denen Archie anfragte, führten nur selten persönliche Gespräche mit ihm. Da wurde ihm bereits am Telefon bedeutet, weder ein Buchhaus noch ein Theater der BRD dürften an seinem Mittun interessiert sein.

Als er merkte, daß die Willkür Methode hatte, gab er es auf, sich lächerlich zu machen. Sicher hätte er gern bis 67 oder gar 70 gearbeitet, wenn er seine beruflichen Fähigkeiten hätte einsetzen können, um nicht bei einer so knappen Rente zu landen, wie er sie jetzt bezieht. Sie schließt Konzert- und Theaterbesuche fast gänzlich aus und gestattet es ihm kaum noch, sich in ein Restaurant zu setzen. Auch Einkaufen ist für seinesgleichen nur bei den Billig-Milliardären ALDI und Lidl angesagt. Reisen kann er - wenn überhaupt - nur noch pauschal. Weit schlechter ergeht es unzähligen früheren DDR-Bürgern, was in der reichen BRD keinen schert.

Jahrgänge, denen es aber objektiv gar nicht möglich sein wird, eine "durchgängige Erwerbsbiographie", wie das heute heißt, nachzuweisen - darunter auch Archies Kinder -, sind noch viel ärger dran.

All das hat Archie vom Gefühl her noch nicht bewältigen können. So tauchen in seinen Alpträumen oft Situationen auf, in denen er als unerwünschter Outsider stigmatisiert oder als Emigrant im eigenen Land betrachtet wird. Auch die eingangs erwähnten armen alten Frauen sieht er bisweilen im Schlaf, nur daß sie jetzt in Mülltonnen wühlen, im Abfall nach Pfandflaschen suchen oder zur "Tafel" schleichen. Bei einigen Eskimo-Stämmen wurden solche unnützen Esser einfach auf eine Eisscholle gesetzt. Rente mit 67 - das ist gewissermaßen die Eisscholle dieser Ära.

Manfred Hocke

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Leserbriefe an RotFuchs

Hallo, liebe "RotFüchse"! Ich habe eine Bitte an Euch: Würdet Ihr mir, einem Schüler ohne eigenes Einkommen, einen seit langem gehegten Wunsch erfüllen? Ich hätte so gerne eine DDR-Fahne aus Polyester. Ich weiß, daß es so etwas in Berlin bei Mondos Arts in der Schreinerstraße für etwa fünf Euro gibt. Leider kommen gepfefferte Versandkosten hinzu. Mein Geld geht immer für Lernmittel, Fotokopien u. ä. weg, was Vorrang hat. Da meine Familie leider erwerbslos ist, kann sie mir nur wenig geben. So würde ich mich riesig freuen, wenn mir jemand vom "RotFuchs" meinen Wunsch erfüllen könnte.

Raymond Zöllner, Grubenstraße 21, 37276 Meinhard


14 Tage vor der Kanzlerin waren wir in Griechenland - auf Rhodos. Da das Land zum Zentrum der europäischen Kapitalismuskrise geworden ist, habe ich das Hotelpersonal dazu befragt.

Der erste Schock trat zu Saisonbeginn ein, als die Buchungen im Ergebnis der Griechenland diffamierenden Polemik um 60% zurückgingen. Die Leute fürchteten um ihre Arbeitsplätze. Im Sommer normalisierte sich dann allmählich die Situation. Ab Januar 2013 wird der schwerste Schlag erwartet: Den Hotelangestellten werden die sonst als Überbrückung gezahlten Arbeitslosengelder von 300 Euro monatlich bis einschließlich April gestrichen. "Wir hoffen, daß wir irgendwie durchkommen", sagte mir die Frau an der Rezeption in fließendem Deutsch.
Nachdem ich einige Nächte schlecht geschlafen hatte, erlebte ich auf Rhodos doch noch etwas sehr Erfreuliches. In einem Pelzgeschäft lernte ich Theo kennen. Als Flüchtlingskind der Bürgerkriegsjahre wuchs er in einem Heim in Radebeul auf und wurde bei Brühl-Pelz in Leipzig zum Kürschner ausgebildet. Noch heute spricht er voller Dankbarkeit von der solidarischen Hilfe der DDR. Vom "RotFuchs" hatte er bereits gehört. So bat er mich, alle Leser zu grüßen. Ich kann nur sagen: Griechen wehrt Euch, laßt Euch von den Friedensnobelpreisträgern der EU nicht erdrosseln!

Joachim Spitzner, Leipzig


Vor gut einem Jahr nahmen wir von unserem treuen Mitstreiter Horst Zimmermann Abschied. Obwohl hochbetagt, blieb das Gründungsmitglied der RF-Regionalgruppe Cottbus bis zuletzt aktiv. Als Kriegsgefangener hatte er sich auf einer sowjetischen Antifa-Schule das politische Rüstzeug für sein späteres Wirken in der DDR erworben. Er wurde Ingenieur-Ökonom und war in leitenden Industriepositionen tätig. Sein tiefes Verständnis des Marxismus-Leninismus ließ ihn auch 1989/90 nicht wanken. Für Horst Zimmermann, der zur Kommunistischen Plattform der PDL gehörte, gilt das Wort: Der Mensch lebt eigentlich zweimal - einmal im tatsächlichen Leben und einmal in der Erinnerung anderer. Unsere Regionalgruppe hält sein Andenken in Ehren.

Sebastian Zachow-Vierrath, Cottbus


Auch wenn es mich gesundheitlich tüchtig erwischt hat, lese ich den "RotFuchs" wie bisher und will Euch - auf Grund der Umstände zeitlich etwas verzögert - meine Meinung zur Behandlung von "Topas" durch Dietmar Bartsch (August-RF) sagen. Zunächst möchte ich Rainer ganz herzlich grüßen. Das Leben der Kundschafter und jener Genossen, welche zu ihnen Kontakt hielten, war bedauerlicherweise nicht nur von Erfolgen, sondern auch von Enttäuschungen geprägt. Einige wurden verraten und mit ihren Familien schweren Belastungen ausgesetzt. Jene hatten Glück, deren Führungsoffiziere solidarisch handelten. Gabriele Gast und viele andere mußten Haft- und Geldstrafen auf sich nehmen. Auch uns traf es. Erst wurde der Klarname meines Mannes preisgegeben, dann erhielt er vom Karlsruher Gericht eine Geldstrafe und die Androhung von sechs Monaten Beugehaft wegen Aussageverweigerung. Da wir uns beide einig waren, um keinen Preis Verrat zu üben, blieb nur der Gang ins Gefängnis. Am Tag des Haftantritts erfuhr mein Mann von seiner Krebserkrankung. Unser Rechtsanwalt, der PDL-Landtagsabgeordnete Klaus Bartl - ein wahrer Linksanwalt! - hat uns solidarisch begleitet. Die "Quadratur des Kreises" gelang: Mein Mann sagte aus, ohne jemanden zu verraten.
Auch wir erlebten leider einige "Bartschs". Andererseits erfuhren wir von der Basis viel Unterstützung. Aus eigenem Erleben empfinde ich Hochachtung vor allen Kundschaftern, die Haft riskieren, Strafen einkalkulieren und familiäre Belastungen ertragen mußten.
Unser "zweites Leben" dauerte mehr als zwei Jahrzehnte. Angesichts der Niederlage sind wir weder verbittert noch deprimiert. Es war nicht viel, vielleicht auch nicht genug, aber wir haben mit dazu beigetragen, den Frieden zu erhalten und manche politische Entscheidung zu beeinflussen.

Gisela Birkner, Limbach-Oberfrohna


Zum Leitartikel "Nägel mit Köpfen" möchte ich Klaus Steiniger gratulieren. Der Beitrag ist von großer Bedeutung für das Zustandekommen einer einheitlichen Front der Linkskräfte. Er hat recht: Es besteht keine revolutionäre Situation, solange das System ein Mindestmaß an Lebensunterhalt sichern kann - egal, mit welchen Mitteln. Hinzu kommen ein Propaganda-Tsunami an Desinformationen und die Gehirnwäsche der Medien. Sie machen aus intelligenten, zum Denken fähigen Menschen gehorsame Zombies. Die USA und die BRD sind dabei die Vorreiter.
Höchste Wachsamkeit ist geboten, um zu verhindern, daß ein möglicherweise entstehendes Machtvakuum vom Faschismus ausgefüllt wird.

Dr. Vera Butler, Melbourne


Der Oktober-Leitartikel Klaus Steinigers hat mich persönlich berührt, weil ich einen weiteren Weg als die meisten von Euch, liebe Genossen, hinter mir habe. Deshalb ist die Öffnung, für die der "RotFuchs" so überzeugend plädiert, wichtig und richtig. Für mich, einen vom Jahrgang 1937, der wesentlich durch die Adenauer-Ära geprägt wurde, bringt der "RotFuchs" mit seinen Berichten über das Alltagsleben in der DDR und anderen Artikeln wichtigen Nachhilfeunterricht. Meinen politischen Standort habe ich inzwischen in der PDL gefunden.
Mit Dank und solidarischen Grüßen

Dr. Manfred Lotze, Hamburg


Im Oktober sprach Dr. Peter Kirchner, ehemals Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin, bei uns zum Thema "Neonazismus und Antisemitismus". Die Veranstaltung der RF-Regionalgruppe war durch profunde Sachkenntnis des Referenten und dessen objektive Bewertung der vielschichtigen Problematik von großem Nutzen. Erörtert wurden u. a. das Bemühen der DDR, den Antisemitismus auszumerzen und zugleich Israels Politik gegenüber den Palästinensern zurückzuweisen; die nahtlose Übernahme berüchtigter Antisemiten wie Dr. Hans Globke in politische Führungspositionen der frühen BRD; die seit Jahrzehnten andauernde Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung durch Israels Regierende; Tel Avivs Siedlungspolitik im Westjordanland und Teilen Jerusalems; die bedingungslose Verteidigung seiner Politik durch offizielle Kreise und Medien der BRD; die Diffamierung berechtigter Kritik an Israel, nicht zuletzt durch den Zentralrat der Juden in Deutschland.
Dr. Kirchner sei für sein überzeugendes Auftreten gedankt.

Dr. Gerhard Ferchland, Bernau


Seit Eintritt in das Rentenalter befasse ich mich mit der Zeit nach 1945 in BRD und DDR. Ich habe jetzt ein anderes Bild über diese Periode als noch vor fünf Jahren. Per Zufall hörte ich dieser Tage eine Kindersendung auf NDR-Info. Ich bin fassungslos, daß man 22 Jahre nach Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands Kindern im Alter von sieben bis dreizehn Jahren ein solches DDR-"Bild" vermittelt. Warum tun die Medien so etwas?

Johann Weber, Ruhstorf (Niederbayern)


Der flotte Sprücheklopfer, SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verlangt von seiner Partei "mehr Beinfreiheit". Freilich, ein Kapitalisten-Lakai und Hartz-IV-Einpeitscher wie er hat sie nötig.

Günther Röska, Leipzig


33 Genossinnen und Genossen, die ehrenamtlich das Erscheinen unserer Zeitschrift gewährleisten und sicherstellen, daß sie immer pünktlich in den Briefkästen der RF-Leser liegt, folgten einer Einladung des Ehepaars Ingrid und Siegfried Beuster aus Parstein. In der Bölkendorfer Gaststätte "Bauernstübchen" wurde das Geschenk der Gastgeber - ein frisch gegrilltes 40-kg-Schwein, das zuvor drei Tage in Rotwein gelegen hatte, mit Genuß verzehrt. Siegfried Beuster war zu DDR-Zeiten LPG-Vorsitzender. Das großzügige Angebot löste beim RF-Vertriebskollektiv Begeisterung aus. Wir danken unseren Gastgebern für diese Geste der Freundschaft.

Klaus Baunack, Berlin


Horst Joachimi hat ein Buch unter dem Titel "Unschuldig schuldig oder die langen Schatten der Geschichte" geschrieben. Das Drama beginnt bereits 1939, als der Vater durch eine Kriegsverletzung sein Leben verliert. Die Mutter stirbt 1944 an Tuberkulose, und die Kinder - Christin und Franzi - werden infolge der durch die Hitlerbarbarei ausgelösten Vertreibung aus der Tschechoslowakei für lange Zeit getrennt. Christin verschlägt es als gerade Achtjährige nach Mecklenburg, während ihr Bruder bei tschechischen Pflegeeltern in Böhmen bleibt. Da ich Zeitzeuge von acht Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und über einem Dezennium des 21. Jahrhunderts bin, den Beginn des Zweiten Weltkrieges bereits bewußt erlebte, um dann seit 1942 selbst durch dessen Hölle gehen zu müssen, hat mich dieses Buch sehr beeindruckt. Es weist eindeutig nach, was Richard von Weizsäcker in zwei historischen Reden zum Ausdruck brachte: "Alles begann am 30. Januar 1933" und "Der 8. Mai ist für das deutsche Volk der Tag der Befreiung".

Dr. Lothar Poppe, Leipzig


Dem Urteilsvermögen von Dr. Steiniger vertrauend glaube ich gerne, daß sich die Melbourne Peace Memorial Unitarian Church durch Aktionen gegen Ausbeutung und Krieg hervortut, wie er in seinem Beitrag "Das weite Herz der Unitarier" berichtete. Es sei aber davor gewarnt, diese hervorragende Grundhaltung auf die deutschen Unitarier zu übertragen. Ich bin ein "Freireligiöser" ohne Anbindung an eine Kirche oder Sekte und stieß bei meiner Suche nach Gleichgesinnten schon früh auf die Unitarier. Dabei erfuhr ich: Herbert Böhme, Erster Sprecher der Unitarier seit 1947, war auch Gründer einer Deutschen Unitarier-Jugend, die sich 1952 mit der Reichsjugend und dem Vaterländischen Jugendbund zur rechtsextremen Wiking-Jugend - der Bewahrerin des "Erbes" der Hitlerjugend - zusammenschloß. Ihn löste ein "Geistiger Rat" ab, dessen Leitung das frühere NSDAP-Mitglied Friedrich Schöll übernahm.

Herbert Eckhoff, Geislingen


Zweifelsohne befinden wir uns derzeit hierzulande in einer bisher noch nie dagewesenen Blütezeit biographischer Publikationen. Seit 1990 sind über 1200 DDR-Autobiographien im Buchhandel erschienen. Wesentlich mehr dürften, zwar noch nicht gedruckt, aber schon vorhanden sein. Aus der Reihe der Generaldirektoren von 125 zentralgeleiteten und 120 bezirksgeleiteten Kombinaten haben bisher ganze zwei so etwas wie eine Autobiographie geschrieben. Dabei handelt es sich um eine Arbeit von Herbert Richter (Gaskombinat Schwarze Pumpe) und ein Material von Heinz Schwarz (Chemiekombinat Bitterfeld).
Immerhin umfaßte die Gesamtheit der oberen Führungskräfte in den Kombinaten (Generaldirektoren, Fachdirektoren und Betriebsdirektoren) rund 2400 Personen, denen es offensichtlich seit 1990 in trauter Eintracht die Sprache verschlagen hat. Viele leiteten erfolgreich Unternehmen von Weltruf mit international anerkannten Spitzenerzeugnissen. Man fragt sich unwillkürlich: Warum lassen sie das unkommentiert stehen, was herrschende Medien und Politiker über die DDR-Wirtschaft zu wissen glauben und verbreiten? Bereits zwei Schülergenerationen wachsen mit dem aberwitzigen Siegerwissen auf, die DDR sei pleite gewesen, ihre Führungskräfte hätten sich allesamt als inkompetent erwiesen. ... Wer läßt sich derart widerstandslos seiner in den meisten Fällen über Jahrzehnte unter Entbehrungen und bei täglich 12- bis 14stündigen Arbeitszeiten erworbenen Lebensleistung berauben?

Harald Müller, Dresden


Das ND veröffentlichte am 4. Oktober eine Rezension zum Film "Der Turm". Darin schrieb sein Feuilleton-Chef Hans-Dieter Schütt: "Es war dies eine DDR-Frage ... weswegen der Film unabweislich ein Film über das gelähmte, zerbleichte, verödende Leben in jenem Staat ist."
Eine derart diskriminierende Pauschalverurteilung ist einer "sozialistischen" Tageszeitung unwürdig, auch wenn sie sich auf einer Gratwanderung zwischen Ausgrenzung und Akzeptanz befinden mag und hart um Abonnenten zu kämpfen hat.
Deshalb möchte ich H.-D. Schütt mit einigen Fakten entgegnen: 1963 hatten von den Bauern in jenem "zerbleichten" Staat 18,1% (Bäuerinnen 8,5%) eine abgeschlossene Berufsausbildung. 1989 waren es 94,1% (Bäuerinnen 92,0%). Ende der 70er Jahre veranschlagte man für die Neueinrichtung eines Krippenplatzes rund 10 000 Mark, für seine Unterhaltung 3600 Mark. 72,7% des Bedarfs konnten gedeckt werden. Erziehung und Betreuung der Kinder in diesem "gelähmten", "zerbleichten", "verödenden" Staat waren kostenlos. Die Eltern hatten lediglich einen Teil der Kinderspeisung zu bezahlen. Bis auf wenige Ausnahmen konnten alle Studierenden dies kostenfrei tun und erhielten überdies ein Stipendium, das sie - im Unterschied zum BAföG - nicht zurückzahlen mußten.

Gerda Huberty, Neundorf


Im Oktober sahen sich Politiker, Leute der Wirtschaft und durch PISA-Bildungseinrichtungen gegangene Wissenschaftler der BRD gemüßigt, beim Verunglimpfen der DDR noch einmal kräftig nachzulegen. Die Kanzlerin und der Bundespräsident schwadronierten über ihren persönlichen Beitrag zum Untergang dieses Staates. Der Drogerieketten-Eigner Rossmann schwärmte von seinen Aktionen zur kostenlosen Verteilung des Magazins "Der Spiegel" an die Leipziger "Helden", denen "bei so viel Wärme" dieses bundesdeutschen Kapitalisten die Tränen kamen. Und selbst Prof. Dr. Müller-Enbergs findet es bis heute unbegreiflich, daß Mitarbeiter des MfS ihr Wissen nicht auf dem Alexanderplatz ausbreiteten.
Bei alldem sitzen die bundesdeutschen Eliten doch im Glashaus, weshalb sie nicht mit Steinen werfen sollten. Sie sind außerstande, auch nur ein Großprojekt innerhalb des Zeit- und Finanzrahmens fertigzustellen. Kein einziger vernünftiger Ansatz zur Lösung der Finanzkrise, der Bildungsmisere oder des Problems wachsender Armut zeichnet sich ab. Doch die Bevölkerung nimmt das alles kommentarlos hin. So wie 1986, als die "Bürgerrechtler" sich über Rauchwolken aus der "Schwarzen Pumpe" erregten, während Tausende Tonnen toter Fische rheinabwärts trieben.

Manfred Kleinpeter, Berlin


Einige Bemerkungen zu der Frage, ob in den volkseigenen Betrieben der DDR immer alles "paletti" war. Tatsächlich lag manches im argen: Das ständige Hineinregieren bestimmter Parteisekretäre und Beauftragter des ZK in ökonomische Abläufe der Kombinate, das Bedrängen von Betriebskollektiven, permanent Schreiben an den Generalsekretär über Planerfüllungen zu verfassen, die oftmals ungenügend erlebte Praxis der materiellen Interessiertheit der Werktätigen im Bemühen um eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität als Kern sozialistischer Existenz überhaupt, die rüden Umgangsformen Günter Mittags und anderer gegenüber Kombinatsdirektoren in Vorbereitung der Leipziger Messen wirkten sich sehr negativ aus. Führende Partei- und Staatsfunktionäre gingen offenbar davon aus, daß der Sozialismus allein durch die ihm zugrunde liegende Ideologie unerschütterlich sei. In der Tat ist die marxistische Theorie das weltanschauliche Fundament dieser einzig richtigen Gesellschaftsordnung, doch deren Erhalt wird vor allem durch wirtschaftliche Stabilität gesichert.
Tausende Mosaiksteinchen waren es, welche die DDR zu Fall brachten - diesen einzigartigen kleinen Staat mit hervorragenden Leistungen in Wissenschaft, Kultur und Bildung. Die Ursachen seines Untergangs müssen rückhaltlos analysiert werden, was keineswegs eine Abwertung der DDR in ihrer Gesamtheit darstellt.

Wolfgang Schröder, Schöneiche


Unlängst verbreiteten die Medien die schier unfaßbare Nachricht, daß der Oberst der Bundeswehr Georg Klein zum Abteilungsleiter in deren neuem Bundesamt für Personalmanagement berufen und zum Brigadegeneral ernannt werde. Bekanntlich war dieser Offizier für die Tötung von 142 Menschen, überwiegend Zivilisten, am 4. September 2009 verantwortlich.
In einem unbeantwortet gebliebenen Brief an Großinquisitor Joachim Gauck, z. Z Bellevue, erinnerte ich an dessen Hamburger Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr. Dort hatte Gauck erklärt: "Wenn wir zum letzten Mittel der militärischen Gewalt greifen, müssen wir dies gut begründen." Daß Oberst Kleins Befehlsgebung "nicht gut begründet" - im Klartext also ein Kriegsverbrechen - war, beweist allein die Tatsache, daß den Hinterbliebenen der Kundus-Opfer jeweils 5000 Dollar "Entschädigung" (!) zugesagt wurden.

Heinz Behrendt, Plauen/Vogtland


25 Leipziger nahmen im August in Malá ‚pa am 90. Antifaschistischen Riesengebirgstreffen - einer beeindruckenden Manifestation des proletarischen Internationalismus - teil.
Den Genossen der KSCM des Kreises Trutnov, welche die Kundgebung am Vormittag als auch das Treffen deutscher und tschechischer Freunde am Abend organisierten, gilt unser besonderer Dank. Diesen sprach Genossin Gerda Uhlig bei der Übergabe einer Geldspende der Leipziger Teilnehmer aus.

Barbara Dittrich, Leipzig


Meine Frau und ich haben einiges an Bildung in der DDR genossen, doch so einen ins Schwarze treffenden Beitrag wie Ulrich Guhls Artikel "Über Heimatgefühl und Heimatlosigkeit", der genau unsere Empfindungen widerspiegelt, haben wir noch nie gelesen. Einfach Spitze!
Wir sind froh, daß wir den größten Teil unseres Arbeitslebens in der DDR verbringen und von ihr das geistige Rüstzeug erwerben konnten. Die BRD ist nicht mehr unser Land, nur die deutsche Sprache blieb uns - mit Abstrichen - noch erhalten.

Adelheid und Johannes Hahn, Berlin


Es ist mir ein Bedürfnis, Herrn Guhl und dem "RotFuchs"-Team für die Veröffentlichung des Beitrags "Über Heimatgefühl und Heimatlosigkeit" meine Anerkennung auszusprechen. Besser kann man die eigene Denkweise und Stimmungslage 22 Jahre nach dem Anschluß der DDR an die BRD nicht darstellen.
Ich bin davon überzeugt, daß viele "RotFuchs"-Leser Herrn Guhls Argumente bei Debatten im persönlichen Umfeld als Gesprächsgrundlage verwenden werden.

Volkhard Stöbel, Gotha


Ich danke Ulrich Guhl für seine sehr persönlichen Überlegungen zum 7. und 3. Oktober. Er sprach das aus, was auch ich fühle. Mich bedrückt besonders das verlorengegangene Menschliche, das der frühere DDR-Bürger erleben konnte. All das ist dem ständigen Streß im Beruf und dem Ringen mit einer ausufernden Bürokratie zum Opfer gefallen. Der tägliche Überlebenskampf, unablässig steigende Preise und weiter anwachsende Hartz-IV-Heerscharen sind oftmals Auslöser von Burnout und Depressionen, durch die viele aufstecken und scheitern. So etwas gab es in "Cornelias kleiner großer DDR" nicht. Da fühlte sich niemand alleingelassen.

Wolfgang Mey, Berlin


Im Beitrag "Zur Formel von den zwei deutschen Diktaturen" teile ich das inhaltliche Anliegen des Autors Horst Jablonski.
Mir scheint jedoch, der Gegensatz zwischen der Diktatur des Proletariats in der DDR und der faschistischen Diktatur müßte noch deutlicher herausgearbeitet werden. Der Faschismus - ob in Deutschland, Italien, Spanien, Chile oder anderswo - stellt immer eine Herrschaftsform dar, zu der das Kapital dann greift, wenn es mit bürgerlich-demokratischen Mitteln nicht mehr regieren kann. Faschismus ist die häßlichste Form kapitalistischer Machtausübung. Auch die Hitler-Diktatur war kompakter Antikommunismus, terroristische Gewalt, Rassismus, Chauvinismus und Militarisierung sämtlicher Sphären der Gesellschaft.
Der Versuch, Feuer und Wasser gleichzusetzen, ist nichts anderes als Angst vor einer wahren Demokratie des Volkes, der wir in der DDR schon recht nahe gekommen waren.
Aus den verschiedensten Gründen blieben wir in dieser Runde der Geschichte die Unterlegenen. Doch Aufgeben kommt nicht in Frage, auch wenn es bis zum nächsten Anlauf lange dauern dürfte.

Generalmajor a. D. Heinz Bilan, Leipzig


Herr Gauck behauptete im ZDF, Kohl habe 1990 in Gestalt der DDR eine "Schrottimmobilie" übernommen. Als ich in unserem "freiheitlich-demokratischen" Fernsehen eine solche Fehlinterpretation des Geschichtsprozesses erlebte, habe ich sofort ausgeschaltet. Niemand wird doch ernsthaft annehmen, daß Kapitalisten eine "Schrottimmobilie" zu erwerben trachteten. In Wirklichkeit hat sich die Alt-BRD am DDR-Vermögen in der Größenordnung bis zu einer Billion D-Mark bereichert. Brecht läßt seinen Galilei sagen: "Wer die Wahrheit nicht weiß, ist ein Dummkopf. Wer die Wahrheit weiß und sie eine Lüge nennt, ist ein Verbrecher."

Otto Semmler, Erfurt


Die meisten Autoren und Leser des RF sind noch nicht in der Realität der imperialistischen BRD angekommen. Die Zeitschrift sollte aber ein Forum von Sozialisten und Kommunisten für das Hier und Heute sein.
Zeigt Euch offen für die Probleme der Jugend, dann seid Ihr eine kommunistische Zeitschrift!

Gerd Butz, Waldau


Das Sängerfest des Deutschen Chorverbandes, das im Juni in Frankfurt am Main stattfand, war ein tolles Erlebnis. 400 Chöre aus dem In- und Ausland nahmen daran teil. Die drei Auftritte unseres Konzertchors Berliner Pädagogen stießen auf großes Interesse.
Allerdings war Frankfurt - nach Bremen 2007 - auch das zweite von mir erlebte Sängertreffen, das nicht ohne politischen Eklat abging. Dieser ereignete sich bei der Festveranstaltung in der Jahrhunderthalle. Unter dem Motto "Gesungene Geschichte" sollte das Programm von mehreren Teilnehmerchören bestritten werden. Daß der Bundespräsident ein Grußwort an die Anwesenden richten würde, registrierte ich im Programmheft mehr am Rande. Gauck ließ sich zu einer "Würdigung des Anteils der Sänger an den politischen Ereignissen im Herbst 1989" hinreißen. Doch dieser Exkurs ereignete sich außerhalb des Protokolls und war selbst seinem Homepage-Team offenbar zu dick aufgetragen, weshalb er im Internet verschwiegen wurde.

Horst Birkholz, Berlin


Bei uns geschah Folgendes: Linke Leipziger woll-ten im August 2011 Ernst Thälmann dort ehren, wo er einst eine Rede gehalten hatte: auf dem früheren Volkmarsdorfer Platz. Doch der war nicht zu finden, obwohl er im Telefonbuch für 2012/13 als Thälmann-Platz ausgewiesen wurde. Weder die Postfrau noch Anwohner konnten Auskunft geben. Mitglieder der Linkspartei, die sich über das Verschwinden des Platzes wunderten, legten dennoch am Jahrestag der Ermordung des KPD-Vorsitzenden dort Blumen nieder.
Erst am 27. Januar 2012 erfuhren wir aus dem Amtsblatt, daß eine Umbenennung erfolgt sei. Ausdrücklich wurde angemerkt, daß man dagegen noch Widerspruch einlegen könne. Einige von uns taten das auch. Wir bekamen zur Antwort, unser Schritt habe aufschiebende Wirkung. Doch nur zwei Monate später folgte dann eine schroffe Zurückweisung unserer Eingabe unter Hinweis auf eine von den Grünen durchgesetzte Umbenennung. Statt eines Thälmann-Platzes haben wir jetzt eine Konrad-Adenauer-Allee.

Margot Wölk, Leipzig


Seit vielen Jahren sind wir Leser des RF. Manfred Hocke hatte uns auf die Zeitschrift hingewiesen. Die Archie-Artikel dürfen im RF einfach nicht fehlen. Besonders bewegt hat mich sein Beitrag im September-RF "Archie und der Dresdner Banker". Der war nämlich mein Onkel, Archies Frau ist also meine Cousine. Wie er die Familie in die politischen Geschehnisse eingebunden hat, ist sehr gelungen und entspricht der Wahrheit.

P. S.: Wir schreiben diese Zeilen am 7. Oktober - unserem Republikgeburtstag. Beide waren wir nach dem Studium in Dresden seit 1958 mit Leib und Seele Pädagogen. 1992 wurden wir wegen herausgehobener Funktionen und Staatsnähe entlassen sowie mit Berufsverbot belegt.

Ursula und Christian Roscher, Olbersdorf/Oberlausitz


Vielen Dank an Manfred Hocke für seine immer gern gelesenen Berichte, die - humorvoll verpackt - oftmals an eigene Erlebnisse erinnern. Egal, was und wie, es sind Geschichten mit politischem Tiefgang, die auf lustige Art und Weise den "gelernten DDR-Bürger" erkennen lassen.
Als Nachbar im Kiez kann ich bestätigen, daß er nicht nur in seinen Stories die Vergangenheit beschreibt, sondern auch trotz gesundheitlicher Probleme linksorientierte Mitbürger seines Stadtbezirks Berlin-Treptow in deren politischen Bemühungen unterstützt, wo er nur kann. Dafür sei ihm herzlich gedankt.

RA Harry Schröder, Berlin


Im Oktober-RF wird in einem Artikel Udo Hammel-becks der Einfluß anthropogener CO²-Emissionen auf das Klima angezweifelt. Der Text enthält allerdings eine Aussage, die so nicht zutrifft. Dort wird gesagt, von den derzeitigen 0,0375% CO²-Gehalt in der Atmosphäre seien nur 4% auf menschlichen Einfluß zurückzuführen. Tatsächlich ist es so, daß von den jährlichen weltweiten CO²-Emissionen etwa 4% durch Menschen verursacht werden. Die restlichen 96% bilden den natürlichen CO²-Kreislauf. Sie werden auf natürlichem Wege emittiert und auch wieder absorbiert. Die anthropogenen Emissionen, die seit Beginn der Industrialisierung ständig ansteigen, kommen Jahr für Jahr dazu.
Menschlicher Einfluß, genauer gesagt, die durch Industrialisierung vermehrte Verbrennung von Kohle und Erdöl ist aber nicht für 4%, sondern für 34% des CO²-Gehalts in der Luft verantwortlich. Da unstrittig ist, daß CO² die Rückstrahlung des Sonnenlichts (einschließlich Wärmestrahlung) verringert, dürfte es also an einem Einfluß auf das Klima keinen Zweifel geben.

Gernot Linhart, Gießen


Dem Beitrag "Wurde 1989 die Macht verspielt?" im Oktober-RF kann ich Wort für Wort zustimmen. Mir ist es oft ähnlich ergangen. Denke ich jedoch an die 50er Jahre zurück, dann habe ich ganz andere Erinnerungen. So gehörte ich beim Lehrgang für Viehwirtschaftsberater 1951 in Plauen zu jenen, welche kritische Meinungen an der öffentlichen Wandtafel darlegten. Der Lehrer für Gesellschaftswissenschaft diskutierte dann mit uns im Unterricht darüber. Ein anderes Beispiel: In den 60er Jahren verursachten Wildschweine auf den Weiden unserer LPG enorme Schäden. Beschwerden beim Rat des Kreises blieben wirkungslos. Auf einer Kreisparteiaktivtagung schilderte ich den Vorgang und verglich das Verhalten uns gegenüber mit der Behandlung von leibeigenen Bauern zu Zeiten August des Starken. Ich erhielt lebhaften Beifall, doch der Ratsvorsitzende drohte mir anschließend Konsequenzen an, während der Rat des Bezirks geeignete Maßnahmen ergriff, um der Wildschweinplage ein Ende zu setzen.
Zweifellos gab es in der führenden Partei nicht wenige Funktionäre, deren Denken und Handeln vor allem der eigenen Karriere galten. Dadurch hatten es Betriebsleiter bisweilen schwer, bei der Durchsetzung notwendiger Maßnahmen Unterstützung zu bekommen.
Trotz aller Fehler, an denen wir im Bemühen um den Aufbau des Sozialismus auch manchmal selbst beteiligt waren, ist festzustellen: 40 Jahre Frieden sowie eine vorbildliche soziale Betreuung aller Bürger - das war die DDR. Darüber müssen wir Alten den Jüngeren immer wieder berichten.

Werner Döring, Hohnstein


Die Frage, ob 1989 die Macht in der DDR verspielt wurde, müssen wir leider mit Ja beantworten. Unsere Erkenntnisse dazu kommen allerdings zu spät.
Beeindruckt haben mich die Konkretheit und Klarheit der Aussage sowie die inhaltliche Darstellung Günter Glantes. Er hat wesentliche Ursachen benannt, die zum Sieg der Konterrevolution führten.

Manfred Reinsch, Bautzen


Zu Günter Glantes Beitrag im RF 177: Es ist gut, daß dieses Thema in unserer Zeitschrift freimütig diskutiert wird. Niemand, der sich bisher dazu geäußert hat, kann indes für sich in Anspruch nehmen, bereits eine umfassende Antwort parat zu haben. Dazu ist die Problematik zu vielschichtig. Ich stimme mit Genossen Glante weitgehend überein. Allerdings will sich mir nicht erschließen, warum Genossen, die vor 1989 oder in jenem Jahr nicht mit ihrer Partei in Konflikt gerieten, eine falsche Vorstellung von Parteidisziplin gehabt haben sollen. Die Forderung, Fehler einzugestehen, ist unbedingt richtig. Wogegen man sich aber wehren muß, ist eine Tendenz, die Geschichte der DDR als bloße Aneinanderreihung von Fehlern sehen zu wollen. Tucholsky soll gesagt haben: "Man fällt nicht über seine Fehler. Man fällt über seine Feinde, die diese Fehler ausnutzen."

Helmut Timm, Groß Nemerow


Am 11. Juni wurde mir von offizieller Seite mitgeteilt, daß ich künftig als bloßer Radiohörer - ich besitze seit 20 Jahren keinen Fernseher - monatlich 17,98 € statt bisher vierteljährlich 17,28 € zu zahlen hätte. Ich habe dagegen Widerspruch eingelegt und von der Rundfunkkommission der Länder erklärt bekommen, alles habe seine Richtigkeit. Ich wende mich aber dagegen, daß ich etwas bezahlen soll, was ich gar nicht in Anspruch nehme.
Im Brief der erwähnten Kommission wurde der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Paul Kirchhof zitiert "daß eine Typisierung des Beitragstatbestandes verfassungsrechtlich zulässig" sei. Wenn er der Meinung ist, daß man für andere zahlen oder mehr zahlen soll, kann er das doch für mich und weitere Betroffene tun.

Helmut Liebach, Leipzig


Der Beitrag von Klaus Wolff (Oktober-RF) erin-nerte mich an einen sonnigen Septembertag, als sich unsere 12. Klassen an der Aktion "Max braucht Wasser" beteiligten. Wir fuhren von Pößneck nach Unterwellenborn, arbeiteten mit Hacke und Schaufel am Graben, der die Max-Hütte mit der Saale verbinden sollte. Während eines Meetings am frühen Nachmittag hörten wir Otto Grotewohl. Seine Rede war ebenso kurz wie eindrucksvoll. Da die Hüttenkumpel entweder die Schicht antreten mußten oder nach geleisteter Arbeit heimfuhren, bestand das Publikum überwiegend aus uns Oberschülern.

Dr. Wolfgang Schmitt, Berlin


Campingurlaub war in der DDR weit verbreitet, zumal das Angebot an Ferienplätzen nicht ausreichte und die Preise niedrig gehalten wurden. Um diese Art Urlaub auch weiterhin zu sichern, gründete man nach 1990 auf vielen Campingplätzen Vereine. Diese pachteten die Objekte von der Treuhand und betrieben sie in eigener Regie. Das traf auch auf unseren Campingplatz D 61 am Hölzernen See im damaligen Kreis Königs Wusterhausen zu. Anfang der 90er Jahre ersetzten viele Camper ihre Zelte durch Wohnwagen. Um diese zu schützen, sorgte man für stabile Schutzdächer in Serie.
2007 verkaufte die Treuhand unseren Campingplatz, wo das Zusammenleben noch sehr stark von der Solidarität innerhalb der DDR-Wohngemeinschaften geprägt war, meistbietend. Ein Immobilienhändler erhielt den Zuschlag. Seit dieser Zeit fordert das Bauamt, die alten Schutzdächer zu entfernen und durch jetzt handelsübliche zu ersetzen. Preis: zwi-schen 1500 und 6000 €. Begreiflicherweise leisten die Camper Widerstand und richteten eine Eingabe ans Bauamt - ohne Ergebnis. Ende September wurden sie vom Betreiber aufgefordert, bis zum 20. Dezember die alten Schutzdächer abzubauen oder den Platz zu räumen.
Die so Überfahrenen stellen fest, daß sie der Verwaltung und dem Eigentümer machtlos ausgesetzt sind. Niemand hilft ihnen. So haben viele Betroffene entschieden, das Campingleben aufzugeben.

Dr. Manfred Graichen, Berlin


Durch Zufall bin ich im Internet auf einen besonders bösartigen Artikel über unseren "RotFuchs" gesto-ßen. Am 7. Oktober (!) habe ich dem Verfasser im zugehörigen Forum u. a. folgendes geantwortet: "Leider kann ich an dieser Stelle meine Meinung zum Autor der Kampfschrift und zu seinen Ergüssen nicht so zum Ausdruck bringen, wie ich es gerne täte, da ich gegen die Nutzungsbedingungen dieses Forums verstoßen würde und gegebenenfalls wegen Beleidigung dran wäre. Mir stellt sich folgende Frage: Warum arbeitet sich Herr H. an diesem Thema mit solcher Bösartigkeit ab, wenn es sich doch angeblich um ein so unbedeutendes und armseliges Grüppchen handelt? Es zwingt ihn ja keiner, die Zeitschrift zu lesen. ... Im krassen Gegensatz zur ,RotFuchs'-Informationsfülle beschränkt sich die ,Ausarbeitung' des Möchtegern-Autors auf völlig Belangloses. ... Einen guten Aspekt hat die ganze Sache aber dennoch. Es ist schön, daß auch an dieser Stelle auf unsere Zeitschrift aufmerksam gemacht wird. Vielen Dank dafür! Eigentlich freut und amüsiert es mich sogar, wie sich Herr H. über den 'RotFuchs', dessen Unterstützer und Leser echauffiert und dabei Gift und Galle spuckt. Das ist so, als wenn ein Mops den Mond anbellt. Der 'RotFuchs' wird weiter erscheinen und vielen pro-gressiven Menschen als Informationsquelle dienen, ob es Herrn H. gefällt oder nicht.
So 'grau' und 'zauselig', wie uns der Autor sieht, bin ich übrigens mit meinen 33 Jahren noch nicht, obwohl ich seit 22 Jahren zu Adenauers Globke-Republik gehöre.
Hoch lebe der 'RotFuchs'!"

Torsten Trentzsch, Meißen

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RotFuchs Nr. 179, 15. Jahrgang, Dezember 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2013