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ROTER BRANDENBURGER/030: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 09/13


Roter Brandenburger - September 2013
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg




In dieser Ausgabe:
- Zum Doping in Deutschland
- Weltmacht EU? Teil 1
- Am 22. September Kommunisten wählen
- Der Schoß ist fruchtbar noch ...
- NSA-Schnüffelei
- Luis Arcadio Berrios Cataldo
- Kein Geld für den Aufbau der Potsdamer Garnisonkirche
- Kommunismus (Teil XXIII)
- Als Redakteur der "Schweriner Volkszeitung" bei der Bodenreform
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- Das Lichtbild dient der Aufklärung und Desorientierung
- Roter Bücherwurm
- Anzeigen / Impressum

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Zum Doping in Deutschland

Erklärung der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH) e.V. und des Freundeskreises der Sport-Senioren Berlin vom 15.08.2013

Endlich wurde der Wahrheit zum Durchbrach verholfen. Was schon lang bekannt war und in verschiedenen Publikationen veröffentlicht wurde, liegt nun auf dem Tisch:

In der BRD wurde über Jahrzehnte mit Wissen der Politik und mit staatlichen Geldern Doping zum Einsatz gebracht und Forschung betrieben. Die einseitige Verteufelung der DDR in Sachen Doping war Unrecht. Zu unrecht auch die politisch gewollten juristischen Urteile mit Gefängnis- und Geldstrafen gegen Ärzte, Trainer, Wissenschaftler und Funktionäre des DDR-Sports. In der BRD dagegen gingen bisher diejenigen straffrei aus, die fünf Todesfälle zu verantworten haben. Aber die Doping-Kampagne passte in den fortwährenden politischen Feldzug, die DDR zu delegitimieren und als "Unrechtsstaat" vorzuführen. Deshalb fordern wir:

Rehabilitierung von zu unrecht verurteilten Vertretern des DDR-Sports! Aufdeckung aller Wahrheiten über die Doping-Praxis in der BRD, einschließlich der Namensnennung von Verantwortlichen!

Juristische Konsequenzen wegen des Doping-Missbrauchs nach 1990!

Wir fordern in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz die Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips sowie Gleichheit vor dem Gesetz in Ost und West!

Hans Bauer (GRH)
Erhard Richter (Freundeskreis)

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Weltmacht EU?
- Teil 1 -

Die auf Weltmacht orientierte EU stärkte sich Mitte des Jahres mächtig gewaltig: Lettland gehört nun als 18. Land zur Eurozone und Kroatien wurde als 28. Staat EU-Mitglied. Dieser eigenartige Staatenverbund so echt demokratischer Monarchien und unglaublich demokratischer Republiken kommt mit den Füßen nicht auf den Boden. Von Krise zu Krise hastend schwebt er dahin. Dennoch finden sich immer wieder welche, die mitschweben wollen. Ohne Zweifel: viele Leute hat das reich gemacht. Jedoch um ein Vielfaches mehr Menschen arm, oft bitterarm. Von Nichts kommt Nichts. Also muss es doch Leute und Gründe geben, die diesen gegensätzlichen Prozess betreiben. Es lag von Anfang an auf der Hand: Großmächte und zig Kleinstaaten, führende Industrieländer und industriell weniger entwickelte, dazu mit enormen sozialen und kulturellen Unterschieden, einfach in einen Topf zu werfen, das musste nicht nur tiefe Probleme auslösen. Damit war auch eine Hierarchie vorgegeben und klar, die größeren Mächte werden das Sagen haben. Die übliche Folge solcher "nationalen" Hierarchien ist Nationalismus. Dessen Auftreten (bis hin zum Faschismus) erleben wir soeben in mehreren EU-Ländern. Nicht nur in den sozial besonders malträtierten Völkern, sondern auch in den "Führungsstaaten" Deutschland und Frankreich. Der Anteil derer, die hier wieder von Nationalstolz aufgeblasen sind, ist höher als registriert. Noch geben sie sich oft gutwillig und wollen die anderen nur lehren, eben so lernwillig und fleißig zu sein, wie es der Deutsche nun einmal stets von Geburt an ist. Doch Nationalismus ist ein Pulverfass. Aber die EU trägt ja den Friedensnobelpreis. Sie bekam ihn, weil ihre Mitgliedsstaaten einige Jahrzehnte lang keine Kriege untereinander geführt hatten. Man "übersah" dabei leider, dass sie währenddessen vollauf mit Kriegen außerhalb der EU beschäftigt waren. So erzeugt man riskante Illusionen.

Eine Auswahl von Kriegen unter der Beteiligung von EU-Staaten nach 1946
1946-1949 Griechischer Bürgerkrieg (Großbritannien) 1946-1954 Französischer Indochinakrieg
1950-1953 Koreakrieg (direkte Beteiligung an Kampfhandlungen: Belgien, Luxemburg, Frankreich, Griechenland, Niederlande, Vereinigtes Königreich;)
1954-1962 Algerienkrieg (Frankreich)
1955-1959 Zypriotischer Unabhängigkeitskrieg (Großbritannien)
1956 Suezkrise (Großbritannien und Frankreich)
1957-1958 Spanisch-Marokkanischer Konflikt
1957-1962 Niederländisch-Indonesischer Krieg um West-Neuguinea
1961-1974 Portugiesischer Kolonialkrieg
1968-1979 Bürgerkrieg im Baskenland (Spanien)
1969-1997 Nordirischer Bürgerkrieg (Großbritannien)
1982 Falkland-Krieg (Großbritannien gegen Argentinien)
seit 1988/1991Somalischer Bürgerkrieg (Deutschland)
1990-1991 Zweiter Golfkrieg gegen den Irak
1991-2001 Kriege zur Auslöschung Jugoslawiens
seit 2001 Krieg gegen Afghanistan
2002-2007 Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste (Frankreich)
2003-2011 Krieg gegen den Irak (Großbritannien, Italien. Polen, u.a)
2011 Krieg gegen Libyen
(Frankreich, Italien, Großbritannien.)


Inzwischen erleben immer mehr Euro-Bürger, mit Demokratie hat dieser Staatenverbund noch weniger zu tun als der eigene Nationalstaat. Zutage trat das besonders durch das Wirken der viel zitierten "Troika". Ganz Alltägliches wurde plötzlich deutlich sichtbar: Banken, Kreditgeber, Investoren bestimmen den Lauf aller wesentlichen Dinge und nicht etwa Regierungen oder Parlamente, einschließlich EU-Parlament. Letztere sind nämlich an "Sachzwänge" gebunden. Wer aber schafft erstens die Sachzwänge? Und wer hat zweitens die Mittel, um den Sachzwängen vielleicht wenigstens notdürftig zu entsprechen? Diese Konsequenz von "Sachzwängen" begreift leider fast niemand als Diktatur. Obgleich sie das Schicksal ganzer Völker, ja Kontinente bestimmt und nicht die Spur mit einfachsten demokratischen Regeln zu tun hat. Die Geister der Eurokraten, von Rechten bis "Linken", flattern nun herum, um diese Blöße der Euro-Demokratie zu decken. Es droht Gefahr, wenn die Menschen sehen, der finanzkapitalistische Kaiser hat nur ein demokratisches Negligee überm Leib seiner raffgierigen Majestät. In der EU sollen wir allerdings nun sogar lernen, Monarchen können prächtige Repräsentanten derartiger Demokratie sein.

Der Platz reicht nicht, um alle tiefen EU-Konflikte auch nur zu erwähnen. Bisher konnten die Eurokraten nicht einmal für die existenziellen Probleme der EU realistische Lösungen finden. Das wird auch angesichts des Lebenszweckes der EU sehr schwer werden.

Dazu mehr im Teil 2, in der nächsten RB-Ausgabe.

Hans Stahl

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Am 22. September - Kommunisten wählen

Erststimme DKP!

Im September stehen Bundestagswahlen an. Im kommenden Bundestag wird kein Mitglied der DKP sitzen - diese Vorhersage wagen wir. Trotzdem macht es Sinn, diesmal Kommunisten zu wählen. Denn so, wie die gesellschaftlichen Zustände in der BRD sind, darf es nicht bleiben. Dieses Land braucht Kommunistinnen und Kommunisten, die den Druck gegen Ausbeutung und Kapital aufbauen und verstärken, auf der Straße und in den Parlamenten. Wenn sich von außen nichts rührt wird sich innen nichts bewegen.

Außerparlamentarischer Kampf

Alles deutet daraufhin, dass nach der Bundestagswahl die Angriffe auf die sozialen, politischen und demokratischen Rechte massiv zugespitzt werden. Eine Agenda 2020 ist vorprogrammiert. Unsere Orientierung ist und bleibt der außerparlamentarische Kampf, denn wir machen weder uns noch Anderen Illusionen über Möglichkeiten und Spielräume des deutschen Parlamentarismus. Trotzdem sind wir der Auffassung, dass auch die DKP einen wahlpolitischen Platz hat und dass sie heute mehr denn je notwendig ist. Daher orientieren wir auf Eigenkandidaturen von Kommunisten in diesem Land. Und Kommunisten sind in einer Partei organisiert, der Kommunistischen Partei und das ist die DKP. Und die DKP kann man auch wählen.

Hat man eine Wahl bei der Wahl?

Wenn man die Umfragewerte zugrunde legt, treffen die, die zur Wahl gehen, nur eine Entscheidung: Wer - SPD, Die Grünen oder FDP - darf die Interessen des Kapitals als "Mitspieler" von CDU/CSU vertreten. Jede bürgerliche Partei kann mit jeder anderen koalieren. Wieder einmal sind die Herrschenden in diesem Land in der Lage, aus verschiedenen Variationen der bürgerlichen Herrschaft wählen zu können.

Kommunisten und Wahlen

Wir Kommunisten wissen, dass sich durch Wahlen in der bürgerlichen Gesellschaft nichts Grundlegendes ändern wird. Sie rütteln nicht an den Macht- und Ausbeutungsverhältnissen zwischen der herrschenden Kapitalistenklasse und den ausgebeuteten Lohnabhängigen. Sie kommen nicht wirklich demokratisch zustande. Angesichts der Medienmacht und des Geldeinsatzes der systemtragenden Klasse und ihrer Parteien kann man kaum von gleichberechtigten Wahlen reden.

Mit Hilfe der bürgerlichen Parteien ist die BRD im letzten Jahrzehnt verstärkt zu einer neoliberalen Republik geworden. So konnte die BRD zum Gewinner der Krise werden. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer. Millionen von Niedriglöhnern und Hartz-IV-Empfängern stehen Profiteuren gegenüber, die immer reicher und dreister werden. Dazu kommt bei der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung ein immenser Reallohnverlust und eine immer stärkere Verarmung trotz Arbeit.

Resignation?

Doch diese soziale Ausgliederung von Millionen prekär Arbeitender reicht in Deutschland nicht für offene Empörung. Viele Menschen in diesem Land verharren in Verweigerung oder Resignation. Unsere Erkenntnis ist: dieses politische System ist nicht alternativlos und das Ende der Geschichte nicht 1989 eingeleitet wurde. Wir sind es, die es in der Hand haben, die Geschichte zu verändern und zu gestalten. Nicht wählen gehen, stärkt jedoch gerade diese Parteien, die an diesem System nicht wirklich etwas verändern möchten und schönt ihr Wahlergebnis, wenn es dann heißt die Mehrheit der Wähler/Bevölkerung hätte entschieden.

Zweitstimme der Partei Die Linke geben!

Wir sehen uns in kritischer Solidarität mit der Partei "Die Linke". Wer die Partei Die Linke als konsequente und glaubwürdige Partei gegen Sozialabbau und Krieg stärken will, muss gleichzeitig für eine starke DKP kämpfen. Denn nur so kann Druck von links aufgebaut und die Orientierung an kurzfristigen Wahlerfolgen, Parlamentssitzen und der SPD gehemmt werden. Die DKP ruft bundesweit auf, mit der Zweitstimme der Partei Die Linke zu wählen. Wir brauchen eine parlamentarische Linke, die, wenn sie will und wenn sie muss, zumindest eine Stimme gegen Krieg und Heuchelei ist. Die DKP tritt mit Direktkandidaturen an. Dort, wo die DKP Direktkandidaten stellt, rufen wir auf, die DKP mit der Erststimme zu wählen. Unsere wahlpolitischen Prüfsteine für Direktkandidaten ist ihre konsequente Position gegen Militarisierung, Kriegseinsätze und Privatisierung.

Erststimme DKP, Zweitstimme Die Linke.

In Brandenburg rufen wir deshalb zur Bundestagswahl am 22. September zur Stimmabgabe für Kommunisten auf. In vier Wahlkreisen kämpfen wir sicher nicht für den Einzug in den Bundestag, jedoch für jede Stimme die einen Systemwechsel fordert.

Mario Berrios
Landesvorsitzender

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Der Schoß ist fruchtbar noch ...

Fährt man durch das wahlplakatierte Brandenburg fällt auf, dass die Häufigkeit der verschiedenen Parteien stark variiert. Während z.B. in Rathenow Plakate der NPD und der REP's im Wechsel hängen, findet man dort die der Partei Die Linke weniger häufig. In Potsdam sind die Plakate der Erstgenannten weniger zu sehen (immer noch zu viele).

Mal davon abgesehen, dass die rechten Plakate ziemlich offen nationalistisch und auch volksverhetzend sind (Maria statt Scharia; Guten Heimflug). Es zeigt sich doch, dass gerade in Gegenden, die wirtschaftlich abgehängt sind, die braunen Rattenfänger erfolgreich sein können.

Das sieht man ebenfalls, wenn die gleichen Rattenfänger die, berechtigten und unberechtigten, Vorbehalte und die latent fremdenfeindlichen Vorurteile gegen Asylbewerber nutzen, um ihre nationalistischen und fremdenfeindlichen Ansichten zu verbreiten. Um so erfreulicher ist es, wenn sich diesem Treiben breit aufgestellte antifaschistische Bündnisse entgegenstellen.

In Wahlkampfzeiten ist dies natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien. Wer über "Wutbürger" gegen Asylbewerber berichtet, muss nicht über prekäre Beschäftigung, Wuchermieten und schlechte Bildung berichten. Lieber berichtet der Reporter Ulli Zelle, sonst für Sylvesterpartys und allerlei andere Events verantwortlich, Abend für Abend von den "spannenden" Vorgängen rund um das Asylbewerberheim in Berlin-Hellerdorf.

Da bekommen dann auch Bewohner Platz am Mikrofon, die sich darüber beschweren, dass die Asylbewerber ohne Arbeit alles geschenkt bekämen, während er doch für sein Geld hart arbeiten müsse. Auf die Frage der Reporterin, dass dies doch Neid sei, antwortete der Interviewte mit: "Ja". Darauf folgte dann... kein Kommentar - weiter im Text.

"Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch." (B. Brecht)

Frank Novoce

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NSA-Schnüffelei gegen Völkerrecht und nationale Gesetzgebung
[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Wir trauern um unseren Genossen Luis Arcadio Berrios Cataldo

1. April 1943 in Ovalle (Chile) - 7. August 2013, Berlin

Geboren im Norden Chiles als jüngster von acht Geschwistern einer Bergarbeiterfamilie war Luis früh mit den Kämpfen der Arbeiterbewegung der Region - aus denen die Kommunistische Partei Chiles hervorging - im Kontakt. Mit Unterstützung der Familie war er der einzige Sohn, der seine Schule beenden und die Universität besuchen konnte.

Die Kampftradition einer Arbeiterfamilie und die Zugehörigkeit fast aller seiner Verwandten zur Kommunistischen Partei Chiles haben seine Kindheit und Jugend geprägt. Der Sturz Batistas und die kubanische Revolution prägten entscheidend seinen weiteren Weg und brachten ihn dazu, sich in der revolutionären Linken zu organisieren. Untergrundtätigkeiten bestimmten ab Mitte der 60er Jahre sein Leben.

1969 heiratete er Maria Cristina Miranda Miranda. 1970 wurde sein Sohn Luis Ernesto und 1971 sein Sohn Mario Francisco geboren. Sein Beruf als Bauingenieur führt ihn 1972 in den Norden Chiles in den Bergbau.

Am 11. September 1973, dem Tag des faschistischen Putsches unter General Pinochet wurde Luis in Antonfagasta festgenommen und im Gefängnis verhört und gefoltert, ohne dass seine Familie wusste, wo er sich aufhielt. Nach einer Woche kam er frei und wurde wenige Tage später erneut verhaftet. Ein Oberst trat für seine Freilassung ein, da er ihn aus dem Bergbau kannte. Luis kam frei und der Oberst wurde daraufhin erschossen. Luis ging in den Untergrund nach Santiago de Chile. Nach Hausdurchsuchungen folgte die Familie auch dort hin. Nach der Verhaftung seiner Frau, Maria, und ihrer Mutter und ihrer Entlassung floh die Familie - auf Anraten des Bruders, Lincuyán Yalù Berrios Cadaldo, der für die Kommunistische Partei Kader ins Ausland bringen sollte - aus Chile.

Weihnachten 1973 führte die Flucht nach Deutschland ins niedersächsische Hannover. Luis war sofort aktiv in der Chile Solidarität, der Kinderhilfe Chile und der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba. 1976 verschwand sein Bruder mit 15 weiteren Genossen des Zentralkomitees der Partei. Erst 36 Jahre später wurden die Überreste in der Wüste verscharrt gefunden.

1978 wurde Luis Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei und 1980 - als Konsequenz des antifaschistischen Kampfe der Chile Solidarität wurde er Mitglied der VVN-BdA und arbeitete viele Jahre als hauptamtlicher Funktionär, zunächst als stellvertretender, dann als Vorsitzender der VVN Hannover.

Trotz der Niederlage des Sozialismus und vor dem Hintergrund seiner Geschichte blieb Luis weiterhin in der kommunistischen Partei aktiv, und nach seinem Umzug im Oktober 2004 auch in der DKP Berlin. Aufgrund seiner schweren Erkrankung konnte Luis diese Aktivität nicht mehr in dem Maße wahrnehmen, wie er es selbst als seine politisch moralische Verpflichtung seinem Bruder und den ermordeten Genossinnen und Genossen ansah. Darüber war er untröstlich.

Wir Gedenken seiner. Hoch lebe die internationale Solidarität. Wir verlieren mit ihm einen tapferen Internationalisten und Kommunisten.

Die Trauerfeier findet auf dem Zentralfriedhof Lichtenberg, am 30. August, 10 Uhr statt. Anstatt Blumen, wird um eine Spende für die AG Cuba-Solidarität, der DKP gebeten.

DKP Landesvorstände Berlin und Brandenburg
DKP Friedrichshain-Kreuzberg
DKP Hannover

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Bundeskanzlerin Angela Merkel: Kein Geld für den Aufbau der Potsdamer Garnisonkirche

Petition der Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche:

Der Staatsminister für Kultur Bernd Neumann hat angekündigt, für den Aufbau der Potsdamer Garnisonkirche 12 Mio aus "seinem" Etat zur Verfügung zu stellen. Das ist ein falsches Zeichen. Die Potsdamer Garnisonkirche gilt bis heute im In- und Ausland als "Geburtsstätte des Dritten Reiches". Der symbolische Handschlag zwischen Hitler und Hindenburg machte am "Tag von Potsdam" den Weg frei für das Ermächtigungsgesetz.

Die Stadt Potsdam, das Land Brandenburg und die Evangelische Kirche haben öffentlich erklärt, dass sie keine Mittel für den Aufbau der Garnisonkirche zur Verfügung stellen.

Der Aufbau aus öffentlichen Mitteln wird durch die Bevölkerung abgelehnt. Vor einigen Monaten belegte die Forderung "Kein städtisches Geld für den Aufbau der Garnisonkirche" mit einer Rekordpunktzahl den Spitzenplatz auf der "Liste der Bürgerinnen und Bürger" im Potsdamer Bürgerhaushalt.

In Potsdam gibt es genug Kirchen mit vielen freien Plätzen.

Bislang wurde von den Wiederaufbaubefürwortern aus Kirche und Parteien immer wieder versichert, dass der Aufbau aus Spenden erfolgen soll. Das war die Grundlage für die Zustimmung der Potsdamer Stadtverordneten. Eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln ist ein politischer Wortbruch.

Alle bisherigen Versuche, den Wiederaufbau der Garnisonkirche aus Spendenmitteln zu finanzieren, sind gescheitert. Nach 1990 versuchte zunächst die "Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel" aus Iserlohn, Spenden zu sammeln. Tatsächlich gelang es ihr nach eigenen Aussagen, Spendenzusagen über einige Mio DM ein zu werben. Allerdings isolierte sich die TPG durch ihre Positionierung gegen feministische Theologie, gegen die Segnung gleichgeschlechtlicher Ehen und gegen die Beratung von Kriegsdienstverweigerern. Bis heute ist Max Klaar auch im "Verband deutscher Soldaten" aktiv und vertritt Positionen, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft. So bezeichnet Klaar die Angriffskriege Nazideutschlands gegen Polen und die Sowjetunion als "Präventivkriege" und die preußische Monarchie als "vorbildlichen Rechtsstaat". Schließlich nahmen Vertreter der Kirche die Spendensammlung selbst in die Hand und gründeten eine Stiftung und eine Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Seitdem ist die Spendenbereitschaft fast völlig zum Erliegen gekommen. Bis heute verbrauchen die Aufbaubefürworter mehr Geld, als sie durch private Spenden einnehmen.

Daran konnten weder symbolische Grundsteinlegungen, noch ein prominenter "Ruf aus Potsdam" etwas ändern.

Wenn jetzt der erste Bauabschnitt aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, schlägt die Bundesregierung damit einen Weg ein, der zwangsläufig dazu führen wird, dass der Aufbau der Garnisonkirche vollständig aus öffentlichen Mitteln finanziert werden muss. Bereits derzeit werden die Kosten auf über 100 Mio geschätzt.

Wir fordern Sie auf, die Zweckentfremdung öffentlicher Mittel für den Aufbau eines Kirchturms zu unterbinden, der von der Bevölkerung nicht gewünscht ist. Wir benötigen kein Symbol der preußischen Militärmonarchie und kein Postkartenmotiv für alte und neue Nazis. Stattdessen fordern wir einen demokratischen, aufgeklärten und verantwortungsvollen Umgang mit dem Ort, an dem einst die Potsdamer Garnisonkirche stand.

Sollte die Bundesregierung wirklich Kulturmittel übrig haben, können diese in den Erhalt von Denkmalen und den Schutz authentischer Bausubstanz investiert werden. Der Bedarf ist - nicht nur in Potsdam - groß.

(Siehe RB O7-08/ 13, Anm.d.R.)


Hier kann online unterschrieben werden:
http://www.change.org/de/Petitionen/bundeskanzlerin-angela-merkel-kein-geld-f%C3%BCrden-aufbau-der-potsdamer-garnisonkirche#share

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Kommunismus (Teil XXIII und Schluss)

Gewöhnt man sich an die Killerdrohnen, die alle Staatsgrenzen und Rechtlichkeit missachtend fortwährend Menschen ermorden? Gewöhnt man sich an die global verteilten illegalen Gefangenen- und Folterstätten einer als Hort der Freiheit angehimmelten Macht? Wird die völlig neue Dimension von Menschenüberwachung, von der wir jüngst erfuhren, zum alltäglichen Vorgang? Werden die mit widerlichen Lügen "begründeten" Kriege unserer Zeit zum Gewohnheitsrecht "demokratischer" Staaten? Sind Millionenfache Arbeitslosigkeit und zunehmende Armut in "führenden Ländern" der Welt ebenso zur Lebensregel geworden wie der Millionenfache Hungertod in kolonialisierten und abhängigen Ländern? Es ist tatsächlich unglaublich: Während wir all das erleben, läuft in der Bundesrepublik eine Medienkampagne, die ganze Geherationen Deutscher anprangert, weil sie die mörderischen Anfangssignale des Hitlerfaschismus nicht durchschauten und sich nicht rechtzeitig dessen Aggressionen und dem Holocaust entgegenstellten. Sind die heutigen mörderischen Signale nicht heftig genug, um wach zu werden und Ausweitung von Barbarei zu verhindern? Es wird offensichtlich völlig unterschätzt, dass den heutigen Akteuren dem Ausplünderung anderer Völker, von Umstürzen und Kriegen, längst vielfach mächtigere Mittel der Überwachung, des Tötens und zur Vernichtung ganzer Völker zur Verfügung stehen, als damals den Faschisten. Geradezu verdrängt aber wird die eindeutige Tatsache, dass schließlich das imperialistische System jeweils die Basis des Faschismus bildete - ob in Deutschland oder Japan, in Italien, Spanien, in Südafrika oder Chile usw. Auch spielten ("demokratische"!) imperialistische Staaten mehrfach eine niederträchtige Rolle bei der Installation faschistischer Regimes in abhängigen Lehren und Konsequenzen aus der Vergangenheit gezogen werden. Ganz im Gegenteil, die Wahrheit wird auf den Kopf gestellt Der Antikommunismus blieb wie eh und je Staatsdoktrin. Der Jugend wird eine realitätsfremde fun-Ideologie eingetrichtert. Und die sozialen Zwänge sorgen dafür, dass dennoch genug bewaffnete Söldner für "deutsche Weltgeltung" sowie "Neofaschisten", Rockerbanden, Motorradgangs und NS-Untergründe zur inneren Abschreckung wirksam bleiben.

Wer gegen diese Entwicklungen politisch Front macht, wer gesellschaftliche Alternativen anstrebt, wird als Radikaler, Extremist, Terrorist, Stalinist, Kommunist - jedenfalls als übler Bösewicht abgestempelt. Und die Kräfte, die dieses Ganovenspiel betreiben, sind dieselben, die ganzen Generationen Deutscher eine Kollektivschuld am Hitlerfaschismus unterstellen. Sie tun das nämlich, um von den tatsächlich Schuldigen abzulenken und um das Ganovenspiel mit neu gemischten Karten unendlich fortzusetzen. Es war die große Revolutionärin Rosa Luxemburg, die bereits am Anfang des vergangenen Jahrhunderts die weise Erkenntnis verkündete: Sozialismus oder Barbarei!

Antikommunistische Soldateska ermordete sie. Heute, rund hundert Jahre später schämen sich so genannte Linke nicht, die aufrechte Kommunistin politisch regelrecht zu missbrauchen, um Anpassung an die imperialistische Wirklichkeit zu bewirken. Als Rosa Luxemburg mahnte, wusste man noch nicht, welche Schrecken der Menschheit tatsächlich zwischen 1933 und 1945 bevorstehen würde. Auch nicht, was Kalter Krieg unter der existenziellen Bedrohung mit Massenvernichtungsmitteln bedeutete. Was nunmehr, nach hundertzwanzigjährigen Mordzügen des zum Imperialismus mutierten Kapitalismus, der Menschheit droht, macht Rosa Luxemburgs Mahnung nicht einfach weiter aktuell, sondern zwingend notwendig. Antikommunismus bedeutet, der Menschheit die Zukunft zu nehmen.

H.St.

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AUS DEM GESCHICHTSBUCH

Unser Genosse Leonhard Helmschrott - ein Pionier der Bodenreform in Mecklenburg-Vorpommern

Der Kampf um soziale Gerechtigkeit auf dem Lande, die Befreiung der Landarbeiter und der bäuerlichen Bevölkerung von feudaler Abhängigkeit und kapitalistischer Ausbeutung - das war sein Lebensinhalt. Leonhard Helmschrott, am 5. Juni 1921 als Sohn eines Bauern in Untertürheim bei Augsburg geboren, nahm unmittelbar nach dem Sieg über den Faschismus aktiven Anteil an der großen Bauernbefreiung im Osten Deutschlands. 1948 zählte er zu den Mitbegründern der Deutschen Bauernpartei. Chefredakteur des Zentralorgans "Bauernecho" war er von 1948 bis 1989. Als ältester Chefredakteur einer deutschen Tageszeitung und Mitglied des Staatsrates von 1986 bis 1990 hatte er maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung der Landwirtschaft in der DDR.

Mit seinen journalistischen Beiträgen hat er alle Etappen der Herausbildung einer sozialistischen Agrarstruktur in der DDR kommentiert und zugleich inspiriert. Nach seinen eigenen Worten hat ihn der Aufbruch auf dem Lande in den Tagen und Wochen der demokratischen Bodenreform am nachhaltigsten beeindruckt. Über seine Erlebnisse mit Landarbeitern und Umsiedlern bei der Aufteilung des Großgrundbesitzes in den Dörfern Mecklenburgs hat er vor zwei Jahren für das Septemberheft der "Roten Kalenderblätter" den folgenden Beitrag geschrieben. Es war dies übrigens sein letzter Artikel in seinem langjährigen Journalistenleben. Schon" einen Monat später haben wir uns von ihm für immer verabschiedet. Leonhard Helmschrott ist am 28. Oktober 2011 im Alter von 90 Jahren gestorben.

Prof. Dr. Erich Kundel

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Als Redakteur der "Schweriner Volkszeitung" bei der Bodenreform

Gerade in der Redaktion der "Schweriner Volkszeitung" angekommen, ging es schon hinaus ins brodelnde Leben der Bodenreform. Es war nicht einfach, in die Dörfer zu gelangen. Per Anhalter und zu Fuß mußten oft große Strecken bewältigt werden. Aber, was man erlebte, das war überwältigend. Oft bisher unscheinbar lebende Landarbeiter wuchsen in diesen Wochen, oft in Tagen, zu dörflichen Persönlichkeiten heran, die das bisher vom "Herrn Grafen" bestimmte Leben in die eigene Hand nahmen. Viele Jahre scheinbarer Stillstand verwandelte sich in diesen Tagen zu freiheitlichem selbstbewußtem Leben derer von unten. Ein neues Dorf war im Entstehen begriffen. Mir war das Glück beschieden, dabei zu sein.

Mein Auftrag lautete zunächst - Seehof. Ich sollte das Leben in und nach der Bodenreform beschreiben. Kurz vor Seehof diskutierten auf einem Acker mehrere Menschen. Ich gesellte mich dazu. Auf dem Ackerboden saß ein älterer Mann, die Ellbogen auf die herangezogenen Knie gestützt, die Hände vor dem Gesicht und mit dem Kopf schüttelnd, als könne er ein unglaubliches Glück nicht verstehen. Eine Frau lag ausgestreckt auf dem Acker und rief: "Ein Leben lang waren wir auf diesem Boden Knechte, jetzt gehört er uns!" Ich half ihr auf. Sie sagte: "Sind sie von der Presse?" Ich erwiderte: "Ja. Volkszeitung". Da fiel sie mir um den Hals und weinte vor Freude. Ich nahm sie in meine Arme, als wäre sie meine Mutter.

Einige Tage darauf ging es nach Brüssewitz. Mich empfing ein alter Mann. Er sprach mit Feuereifer über Erlebnisse, die ihn bewegten. Ich konnte ihn nicht verstehen, er sprach plattdeutsch. Das kannte ich nicht. Da öffnete sich die Tür. Sein Sohn trat herein. Wir gingen auf die Felder. Pfähle steckten in der Erde. Einer der Umstehenden, jetzt Neubauer, trat hinzu und sagte: "Diesen Pfahl habe ich und mein jetziger Nachbar gesteckt. Wo ich jetzt steh ist mein Acker." Bald gesellten sich andere Neubauern hinzu. Ich hatte Mühe, alles aufzuschreiben, was sich in ihrem Leben verändert hatte.

In Dambeck, Altmedeln und mehreren anderen Dörfern, wo ich war, vollzog sich Ähnliches. Das alte Mecklenburg war in wenigen Wochen zu einem Land geworden, das man zu einem der fortschrittlichen Landstriche zählen durfte. Neue Eigentumsverhältnisse, neue Menschen, große Pläne waren entstanden. Der vom Landadel geduckte, schüchterne, gesellschaftlich gleichgültige Landarbeiter, landlose Umsiedler und Kriegsflüchtlinge stiegen auf zu Menschen, die ihr Leben selbstbewußt gestalten.

Es gab auch sonderbare Ereignisse. Bei einer Reportage saß ich einem älteren Mann gegenüber. Er erzählte voll Überschwang von kolossalen Ereignissen, die er spüre. Seine Augen waren starr auf mich gerichtet. Allmählich empfand ich Unbehagen, immer diese starren Augen. Er spürte wahrscheinlich mein Unbehagen und sagte mir, daß er seit seinem 20. Lebensjahr blind sei. Aber er spüre und höre auch, daß die Bodenreform ein Ereignis sei, auf das er schon lange gewartet habe. Ich fragte ihn, ob ich ihm irgendwie helfen könne. "Ja", sagte er, "besorgen sie mir Blindenschrift." In fieberhafter Arbeit gelang es der Reaktion, seinen Wunsch zu erfüllen - es war das "Manifest der Kommunistischen Partei" von Marx und Engels.

In der Redaktion der "Schweriner Volkszeitung" gab es in den Wochen der Bodenreform Arbeit fast Tag und Nacht. Die vielen Briefe von Neubauern, die in bewegenden Worten ihr Glück schilderten, jetzt Bodenbesitzer zu sein, füllten ganze Wäschekörbe. Es gab nichts Spannenderes zu lesen, als die Briefe dieser Menschen. Der Redakteur Müller, der das Nazi-KZ überlebt hatte, suchte noch immer seine Frau. Sie war im Frauen-KZ Ravensbrück eingekerkert gewesen. Da kam ein Brief über die Bodenreform bei Ravensbrück, unterzeichnet mit dem Namen Müller. Einige Tage später konnte er seine Frau in die Arme schließen.

Vielerorts gab es verbrannte Erde. Die Bodenreform hatte viele Hindernisse zu überwinden. Die neuen Herren des Bodens mußten nicht selten vorübergehend in halbverfallenen Gebäuden, ja sogar in Erdbunkern hausen. Manchmal traten Fälle von Typhus auf. Aber die Bodenreform war durch nichts aufzuhalten. Und wir mußten den Bauern helfen.

Besonders schwierig war es dort, wo SS und Wehrmacht oft die letzten Häuser zerstört, nutzlose Schützengräben ausgehoben hatten und zerschossenes Kriegsgerät herumlag. Die geflüchteten feudalen Besitzer machten manchmal sogar die landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte unbrauchbar. Das wenige Vieh mußte verlost werden. Wer Vieh bekam, durfte glücklich sein. Wer leer ausging, oft Kinder zu versorgen hatte, wußte nicht, wo er für die Familie das Nötigste herkriegen soll. Und es konnte das Vieh auch nicht geschlachtet werden, das man per Los bekommen hatte. Hinzu kam, daß vor allem alte Leute und besonders Frauen Schwerstarbeit verrichten mußten. Die Jugend war im Krieg gefallen oder noch in Gefangenschaft.

Ich war von Beruf Bauer. Ich empfand allergrößten Respekt vor der Arbeit dieser Menschen. Diese Leistung in Worte zu gießen, war Ehrenpflicht jedes Journalisten. Wenn ich die Wochen der Bodenreform zu meinen größten Erlebnissen zählen darf, dann insbesondere wegen der Begegnungen mit diesen Menschen. Ich werde nie ihre Leiden, ihre Schwerstarbeit, ihren Mut vergessen.

Mein Dank gilt an dieser Stelle den Pionieren der Bodenreform in Mecklenburg-Vorpommern - Kurt Bürger, Berhard Quandt, Ernst Goldenbaum und vielen anderen. Sie sind die Wegbegleiter dieser Menschen gewesen.

Leonhard Helmschrott

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Brandenburger Nachrichten in Rot
[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Das Lichtbild dient der Aufklärung und Desorientierung
[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Der rote Bücherwurm empfiehlt

Joachim Gauck, der richtige Mann?

von Klaus Blessing und Manfred Manteuffel

Es ist erschreckend, immer wieder miterleben zu müssen, wie öffentliche Ereignisse und Persönlichkeiten in unserer Gesellschaft als Sensationen vermarktet werden. Mit sachlichen Berichten kann in der BRD wohl keiner das große Geld machen. Wer übertrifft wen im bunten Medienspektakel? Das ist hier die Frage! Vor einem Jahr wurde Christian Wulff mit Hilfe der Medien und einer großen Schar moralisch Entrüsteter aus dem hohen Amt des Bundespräsidenten gejagt. Nur wenige Wochen später wird sein Nachfolger, Joachim Gauck, zum Medienstar. Kein Bundespräsident fand bisher so viel öffentliche Beachtung und konnte sich einer so großen Beliebtheit erfreuen wie der ehemalige Pfarrer aus Rostock.

Wer ist Joachim Gauck? In welchem Verhältnis stehen "die Lobhudeleien, die Begeisterungen, die ihm zugeschriebenen Eigenschaften zu seiner wahren Existenz?" Wie ist es möglich, daß eine Person mit so vielen Defiziten Präsident der Bundesrepublik werden kann? Warum dieser Mann gerade jetzt? Die Autoren Klaus Blessing und Manfred Manteuffel blicken hinter die Kulissen. Das kürzlich veröffentlichte Werk mit dem bescheidenen Untertitel "Kritische Anmerkungen anhand von Reden, Dokumenten und Zeitzeugenaussagen" enthält viele wertvolle Informationen. Es basiert auf gründlichen Recherchen und eröffnet dem Leser interessante und neue Blickwinkel, auch auf die Arbeit des Ministeriums für Staatsicherheit der DDR. - Ein aufschlußreicher Diskurs über eine fragwürdige Person in einem fragwürdigen System.

Der ehemalige Pfarrer aus Rostock, der sich gerne mit dem Mäntelchen des Bürgerrechtlers schmückt, hat in seinem Leben stets die Gunst der Stunde erkannt und zum eigenen Vorteil genutzt. Selbst in den Verhandlungen mit Referenten für Kirchenfragen der Staatssicherheit hatte er neben kirchlichen Problemen vor allem seine persönlichen Interessen im Auge. 1991 wird Gauck in die Volkskammer der noch existierenden DDR gewählt. Schließlich erhält er durch Kohl und Weiszäcker das Amt des "Sonderbeauftragten der Behörde für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR". Dieses Amt mißbrauchte er, um sich an der sozialistischen DDR und ihren Sicherheitsorganen zu rächen, obwohl ihn das MfS bei der Familienzusammenführung hilfreich unterstützte. Selbstgerecht und "gottgleich griff er in Tausende Schicksale verhängnisvoll ein". Dabei wird "gemäß Bundespräsidialamt vom Amtsinhaber politische Neutralität und Abbau von Vorurteilen verlangt." Christliches Verzeihen gehört nicht zu den Eigenschaften Joachim Gaucks. Deshalb wurde er auch mit dem Beinamen "der Großinquisitor" gekrönt. Die gleichnamige Erzählung im Roman "Die Brüder Karamasow" von Dostojewski spielt auf die Verkehrung christlicher Lehren durch die Machtinstitution Kirche an. Die Erzählung handelt in Sevilla zur Zeit der grausamen Ketzerverfolgungen. "Der Großinquisitor" schickt Jesus, der nach den Menschen auf der Erde hat sehen wollen, wieder fort mit den Worten: "Störe uns nie wieder!"

Joachim Gauck leidet an Selbstüberschätzung und ist auf dem rechten Auge blind. Er kann reden ohne wirklich zur Sache zu kommen. Vorgänger wie Christian Wulff gaben sich in ihren Ansprachen noch sozial, indem sie die Verlierer der kapitalistischen Gesellschaft in ihre Reden mit einbezogen. Gauck interessiert sich nicht für die Probleme der Menschen. "Die dringend erforderliche Kompetenz des Bundespräsidenten kommt aber nicht durch Beschwörung der Vergangenheit, sondern aus der Fähigkeit, drängende Fragen der Gegenwart zu thematisieren." Peinlich wird es, wenn er sich auf das philosophische Glatteis begibt und über Begriffe wie Freiheit fabuliert. Nach Weiszäcker ist er der größte Pharisäer unter den elf bundesdeutschen Präsidenten. Gauck lügt, bis sich die Balken biegen und kaum jemand merkt das. Die Politik der Bundesrepublik rückt immer mehr nach rechts, außenpolitisch unterstützt sie Kriege in aller Welt. In diesen Trend paßt ein Präsident wie Gauck, der revanchistische Ansichten vertritt über die deutschen Ostgrenzen und der Meinung ist, daß es "für unsere glücksüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen ist, daß es wieder deutsche Gefallene gibt."

Ulla Ermen


Klaus Blessing/Manfred Manteuffel Joachim Gauck - Der richtige Mann? Edition Berolina, Berlin 2013 190 Seiten - 9,90 EURO

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Roter Brandenburger 09/2013, 18. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2013