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ROTER BRANDENBURGER/008: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 9/11


Roter Brandenburger - September 2011
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg


In dieser Ausgabe:
- 1. September: Weltfriedenstag - Antikriegstag
- Interview der Marxistischen Blätter mit M. Honecker
- Klar aber trübe
- Die Gründung einer FDJ-Gruppe
- Kompetenz
- Deutschland - ganz groß
- Krankes Gesundheitssystem
- Preisgekrönter Humbug
- Kommunismus (Teil I)
- Aus dem Septemberheft der Roten Kalenderblätter
- Geschichtskommentar des Monats
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- Leserbrief
- Roter Bücherwurm
- Impressum

Raute

Der 1. September
Weltfriedenstag - Antikriegstag

Nun jährte sich dieses Jahr der Überfall auf die Sowjetunion zum 70. Mal. Blutiger Meilenstein im Geschehen des zweiten Weltkrieges. Eines Krieges, dem über 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Im Ergebnis dieses Krieges änderte sich die politische Landschaft in Europa. Fortschrittliche Menschen fingen an, auch in einem Teil Deutschlands eine Gesellschaft aufzubauen, die frei von Kriegen und von Ausbeutung ist. Dieser Aufbau verlief nicht ohne Widersprüche und vor allem nicht ohne auf das schärfste von den nun entmachteten Kräften bekämpft zu werden. Ein Europa des Friedens wünschten sich die Menschen ("lieber trocken Brot, aber keinen Krieg"), aber der tobende kalte Krieg drohte in einen neuen Weltkrieg, und damit in eine atomare Auseinandersetzung überzugehen. Die daraus folgende Sicherung der durchlässigen Grenzen war ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der politischen Lage in der Welt. Frieden! "Von deutschem Boden soll nie mehr ein Krieg ausgehen!" Auf diese Formel einigten sich Erich Honecker und Helmut Kohl beim Staatsbesuch in der BRD im September 1987. Kein NVA-Soldat hat je in einem Krieg gekämpft. Auch von all diesen Tatsachen sollte das mediale Dauerfeuer zum diesjährigen 13. August ablenken.

Wie berechtigt die Annahme ist, dass das Bestehen der sozialistischen Länder ein Beitrag für den Frieden war, zeigen die Entwicklungen nach 1990. Deutsche Politiker zündeln am Balkan und deutsche Soldaten beteiligen sich am Krieg gegen Serbien. Heute stehen fast 7.000 Soldaten im Auslandseinsatz, ein großer Teil von ihnen im Krieg in Afghanistan. Fast 100 Soldaten verloren durch Kampfhandlungen, Unfälle oder Suizid ihr junges Leben. Die Zahl der dauerhaft physisch oder psychisch Geschädigten ist um ein vielfaches höher.

Der 1. September war in der DDR immer der Weltfriedenstag gewesen. Weltfriedenstag, da der Frieden erreicht und nun verteidigt werden musste. In der Bundesrepublik war der 1. September der Antikriegstag. Gegen Kriege, wie z.B. in Vietnam. Der 1. September sollte wieder Weltfriedenstag werden.

Aber gerade aus Potsdam kommen andere Signale. In Potsdam, Sinnbild des militaristischen Preußentums, wurde das Einsatzführungskommando der Bundeswehr für die Auslandseinsätze eingerichtet. Auch das Brandenburgische Institut für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS), eine Denkfabrik im Interesse "aller unserer Sicherheit", wurde bewusst in Potsdam angesiedelt. Warum die Repräsentanten der Rüstungsindustrie just Potsdam als Standort für das BIGS gewählt haben, ließ die brandenburgische Landesregierung Anfang September 2009 in einer Pressemitteilung wissen: Aus Sicht der "beteiligten Unternehmen" sei der "Standort Potsdam mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr und der Nähe zur Bundespolitik ideal für die Diskussion mit Multiplikatoren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Medien und Wissenschaft" (siehe Junge Welt vom 06.08.2011, Seiten 10/11). Passend dazu muss der preußisch-militaristische Geist in Potsdam wieder belebt werden. Die Landesregierung wird zukünftig in der Kopie des Stadtschlosses residieren, Preußenkönige allerorten, Hochzeit des Prinzen von Preußens und nicht zu letzt der Wiederaufbau der Garnisonkirche. Die Garnisonkirche, nicht nur durch den Tag von Potsdam, Symbol der Verbindung von Militarismus und Krieg mit Politik und Kirche.

Trotz des Fortschrittes der Wiederaufbauvorbereitungen wächst der Widerstand. Im Mai gründete sich eine Bürgerinitiative für ein Potsdam Ohne Garnisonkirche. Sie hat sich zur Aufgabe gestellt, über Hintergründe aufzuklären und Alternativen zu erarbeiten. Ziel soll es sein, den Preußischen Stadtumbau zu stoppen und eine Stadtplanung im Interesse der Potsdamer anzustoßen.

Weitere Informationen
www.ohne-garnisonkirche.de

Frank Novoce

Raute

Die DDR wurde in den härtesten internationalen Klassenkampf hinein geboren

Auszug aus dem Interview der Marxistischen Blätter mit Margot Honecker, per E-Mail zwischen Essen und Santiago de Chile.

MB: Der Erkenntnis, dass die DDR eine historische Errungenschaft war, wirkt sehr stark der Niedergang des realen Sozialismus entgegen. Da wirkt es wie eine Ausflucht, wenn in einem Atemzug von Leistungen und Fehlern des Sozialismus gesprochen wird, wie es fast zur stehenden Rede geworden ist. Braucht es nicht die Erörterung, welche Fehlentwicklungen beim erneuten Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft vermieden werden müssen? Das rührt an die Frage nach inneren und äußeren Faktoren für den Niedergang, welche Fehler die antisozialistischen Strategien des Imperialismus begünstigt haben.

MH: Ja, ich habe manchmal den Eindruck dass es riskant sein könnte, über die DDR zu reden und nicht mit der Formel zu beginnen, "wenn wir auch manche Fehler gemacht haben"; das gleiche trifft zu, wenn man auf die Dominanz der äußeren Faktoren hinweist, die zur Niederlage führten.

Auch wenn es eine Binsenweisheit ist, möchte ich sie wiederholen: keine Entwicklung vollzieht sich ohne Widersprüche. Beim Aufbau des Sozialismus wird Neuland betreten. Irrtümer und Fehler bleiben nicht aus, und hat man einen Gipfel erklommen, sieht man erst von oben die Umwege, die man hätte vermeiden können. Und auch das kommt mir in den Sinn, wenn wir über Fehler sprechen: sollten wir uns nicht manchmal daran erinnern, wie Marx und Engels an die "Fehler" der Pariser-Kommune herangegangen sind? Eine wirklich wissenschaftliche Gesellschaftsanalyse müsste die konkreten historischen Bedingungen, das ökonomische und politische Kräfteverhältnis in allen seinen Zusammenhängen untersuchen. Es besteht schon kein Zweifel mehr, dass "die imperialistischen Hauptmächte, die sich von der Gemeinsamkeit der im Kampf gegen den Faschismus entstandenen Antihitlerkoalition lossagten, schon kurz nach Beendigung des Krieges den Kampf gegen die Sowjetunion, gegen die in Folge der Befreiung aufkommenden Volksbewegungen, gegen die Gefahr der Ausbreitung des Sozialismus aufnahmen. Die USA und deren Verbündete vereinten ihre Aktivitäten auf ökonomischem, ideologischem, politischem Feld, die schließlich in den kalten Krieg mündeten. Sie haben nie ihre Absicht verheimlicht, die sozialistischen Länder von der Landkarte streichen zu wollen. Wenn nicht durch direkte Konfrontation, so durch die Unterminierung der sozialistischen Gesellschaft, vor allem durch die Zersetzung der marxistischen Parteien durch Einflussnahme mit der bürgerlichen Ideologie. Dem Revisionismus wurde mit dem XX. Parteitag der KPdSU und dem folgenden "Tauwetter" nicht nur ein Fenster geöffnet. Das hatte Folgen, die sich vor allem im Schwinden der internationalen Solidarität, der abnehmenden Geschlossenheit der kommunistischen Arbeiterbewegung zeigte. Schon im Jahre 1952 wurde das Ziel der "Vereinigung Europas" bis zum Ural verkündet. So wurde also die DDR mitten in eine der härtesten politischen Auseinandersetzungen des vorigen Jahrhunderts hinein "geboren". Muss man sich nicht all das vergegenwärtigen, wenn man über die Fehler spricht?

Aber du hast mich nach meiner Sicht auf die Fehler gefragt. Vorweg eine Bemerkung. Kann von "Fehlentwicklung" die Rede sein? Dieser Begriff impliziert für mich das unhistorische, unwissenschaftliche Gerede vom "untauglichen Modell", von den Fehlern als "systemeigen", womit das sozialistische System in Frage gestellt werden soll.

Zu den Fehlern: Wir waren uns immer der Gefahr bewusst, dass der Gegner in der Lage war uns anzugreifen. Vielleicht haben wir das Kräfteverhältnis falsch eingeschätzt, unsere Kräfte überschätzt. Wir gingen davon aus, und nicht nur wir Kommunisten in der DDR, dass der Sozialismus mit einer verlässlichen Sowjetunion an der Spitze unumkehrbar sei. Wir unterschätzten, in welchem Maße die bürgerliche Ideologie große Teile der Bevölkerung erfasste und auch in die Partei eingedrungen war, die aus der westlichen Nachbarschaft und nun auch aus dem östlichen Freundesland einströmte. Die Politik der friedlichen Koexistenz, eine Notwendigkeit, solange zwei unterschiedliche Gesellschaftssysteme nebeneinander existieren, weckte Illusionen über "Klassenharmonie". Daraus lässt sich folgern, dass unsere theoretische, ideologische Arbeit nicht auf der Höhe der Zeit war. Vielleicht war es auch ein Versäumnis, dass wir nicht offensiv genug die revisionistischen Theorien bekämpft haben, vom "rein menschlichen, über den Klassen Stehenden" oder den Geschichtsrevisionismus, mit dem die Geschichte des Sozialismus seit der Oktoberrevolution entstellt wurde. Wobei uns hemmte, dass das in Jahrzehnten gewachsene Vertrauen in die SU zerstört werden könnte. Der Menschenrechtskampagne, die vom Westen mit dem in Helsinki beschlossenen Korb drei ausging, hätten wir offensiver begegnen sollen, indem wir von ihm die Wahrung von Menschrechten forderten, die er ständig verletzte. Ja, und wir hatten Probleme in der Wirtschaft. Auch die sozialistische Wirtschaft ist unweigerlich an den Weltmarkt gekoppelt, dessen Gesetze gelten auch hier noch. Wir waren für die Lieferung von Rohstoffen auf Gedeih und Verderben an die SU gekoppelt. Als die Erdölpreise auf dem Weltmarkt stiegen, erhöhte auch die SU gewissermaßen über Nacht die Preise.

Das Embargo, das die kapitalistischen Staaten hinsichtlich des Zugangs der sozialistischen Länder zu den Schlüsseltechnologien verhängten, hatte Folgen, die sich vor allem im Zurückbleiben der Arbeitsproduktivität bemerkbar machen mussten. Die DDR unternahm Anstrengungen; doch die unumgängliche Forcierung der Schlüsseltechnik bezahlten wir mit Rückständen bei Investitionen in anderen Wirtschaftsbereichen. Es gab Disproportionen in der Wirtschaft. Und je mehr Schwierigkeiten auftraten, umso bürokratischer wurden manche Leitungsmethoden; manche Vorschläge und Kritiken wurden beiseite geschoben.

Ein vorgezogener Parteitag der SED sollte sich mit der Weiterentwicklung auf allen gesellschaftlichen Gebieten befassen. Aus heutiger Sicht wäre er zu spät gekommen und aus meiner heutigen Sicht bestand unser größter Fehler darin, dass die uns bekannten und noch offen zu legenden Probleme der weiteren Entwicklung des Sozialismus nicht offen zur Diskussion gestellt wurden. Es gab doch eine gebildete Arbeiterklasse, eine kreative Intelligenz - manches Problem wäre lösbar gewesen. Und vor allem wäre auf diese Weise das Vertrauen zwischen Partei und Volk gefestigt worden.

Was einer weiteren Vervollkommnung des Sozialismus hemmend im Wege steht, muss immer wieder neu analysiert werden. Wobei nicht zu vergessen ist, dass sich keine Revolution, und darum handelt es sich bei der Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse, ohne den inneren und äußeren Widerstand der Reaktion vollzieht. Auch in der DDR gab es nicht nur Andersdenkende, auch im Sozialismus wirken vorsozialistische Bewusstseinsüberreste.

Bleibt die Frage offen, ob die DDR, wenn sie alles "richtig" gemacht hätte, noch existieren würde, wo doch das gesamte sozialistische Lager mit der SU verschwand. Da kommt man unweigerlich darauf zurück, dass die Großmächte mit ihrer Strategie der ökonomischen Erpressung durch das Wettrüsten, ihrer "Konterrevolution auf Filzlatschen", wie diese Politik des "Wandels durch Annäherung" treffend vom einstigen Außenminister der DDR, Otto Winzer, genannt wurde, den Ausschlag gegeben hat. Mit der Politik der Perestroika folgte der letzte Stoß, mit dem sie ihren zeitweiligen Erfolg krönten. In Moskau und Bonn fielen Entscheidungen über die DDR, und Washington konnte sicher sein, dass man dort wusste, was zu tun sei, um die DDR aus der Welt zu schaffen.

Ich meine, die wichtigste Erkenntnis aus diesem Abschnitt unserer Geschichte ist wohl die, dass ohne eine starke marxistisch-leninistische Partei, die eng mit den Massen verbunden ist, Fortschritte und Siege nicht zu erringen sind. Für jeden Neubeginn können Schlussfolgerungen nützlich sein. Wobei zu bedenken ist, dass die historischen Gegebenheiten sich immer wieder voneinander unterscheiden. Die Länder in Lateinamerika, die einen Neubeginn wagen, unterscheiden sich schon voneinander hinsichtlich ihrer ökonomischen und geschichtlichen Entwicklung, ihrer vorhandenen Klassenstrukturen. Zu den Besonderheiten kommt die Vielfalt ethnischer Gruppen und Religionen. Es wird immer Aufgabe bleiben, unter den jeweiligen konkreten Bedingungen einen Weg zu beschreiten, von dem man die Richtung kennt, aber nicht alles was einem auf diesem Weg begegnen kann, ist voraussehbar.

MB: Ist es bis nach Chile gedrungen, welch eine aufgeregte Debatte über Kommunismus in Deutschland aufgebrochen ist, nur weil Gesine Lötzsch, die Vorsitzende der Linkspartei, den Begriff in Anlehnung an Gedanken Rosa Luxemburgs gebraucht hat? Gesine Lötzsch hat das zu Recht dahingehend gewertet, wie verunsichert das Establishment doch ist, wenn es um Alternativen zum kapitalistischen System geht. Eine Debatte darüber, die auf einer begründeten Kapitalismuskritik fußt, wird regelrecht erstickt mit exzessiven Variationen der Totalitarismus-Doktrin, die Kommunismus mit dem Faschismus gleichsetzt. Die "Verbrechen im Namen des Kommunismus" werden zum alles beherrschenden Thema gemacht. Wie siehst du das aufgrund deiner Lebenserfahrung?

MH: Natürlich habe ich die Debatte verfolgt Der Gegner brachte seine "Totalitarismusdoktrin" sofort wieder zum Einsatz, einschließlich der "Stalinismusorgien". Dass und wie das politische Establishment darauf reagiert hat, hat wenig verwundert und auch nicht, dass sie es benutzen, die Linke und alles was links ist zu diffamieren. Und dass angesichts eines klaren Bekenntnisses zur Überwindung des Kapitalismus und des Gebrauchs des wissenschaftlichen Begriffs Kommunismus die Unterschiede, der in der Linken agierenden Ströme, der marxistisch orientierten und sozialdemokratisch orientierten, offen zutage treten, sollte nicht erstaunlich sein. Nicht gerade hilfreich für die Klärung von Meinungsverschiedenheiten finde ich die Haltung derer, die zwischen den "Lagern" manövrieren. Mit "Stalinismus" wird heute alles was links ist belegt. Man erinnert sich daran, dass der Gründungsparteitag der früheren PDS im Zeichen der Abrechnung mit dem "stalinistischen Modell" stand.

Unentschuldbares, was in der kommunistischen Bewegung geschah, entschuldigt kein aufrechter Kommunist. Aber wir müssen uns nicht bei denen entschuldigen, die einem System huldigen, das seine Blutspuren durch Jahrhunderte in der Geschichte der Menschheit hinterlassen hat. Wir sollten den Kampf führen gegen die totale Verunglimpfung der Geschichte seit der Oktoberrevolution. Wir haben nichts zu verschweigen, auch nicht dass mit Lenin und Stalin einer neuen Menschheitsepoche der Weg geebnet wurde. Wir haben keinen Grund, Zurückhaltung zu üben, wenn wir die epochale Leistung würdigen, dass erstmals auf deutschen Boden Sozialismus war, dank einer geeinten Arbeiterklasse. Klar ist derzeit, dass alles was links sein könnte, verteufelt wird und dabei mit der Doktrin operiert wird, die Faschismus und Kommunismus gleichsetzt, womit Faschismus rein gewaschen und Kommunismus verketzert werden soll. Die Wurzeln von Faschismus sind noch nicht beseitigt und werden so wiederbelebt.

ungekürzte Fassung unter: www.dkpbrandenburg.de

Raute

Klar aber trübe

Ob nun die Bundesrepublik ihre 200 Leopard-Panzer an Saudi-Arabien liefert, war beim Schreiben dieses Artikels immer noch nicht klar. Stattdessen hatten Bundespräsident und Bundeskanzlerin klar gestellt, dergleichen schwerwiegende politische, militärische und wirtschaftliche Entscheidungen seien topsecret, auch gegenüber dem Bundestag. Damit wurde jedoch etwas anderes klar, nämlich das Niveau bundesdeutscher Demokratie. Ob das der deutsche Bürger zur Kenntnis nimmt?...

Währenddessen bestücken die USA den saudischen Staat in ähnlicher Größenordnung mit modernsten Kampfflugzeugen. In dem Staat sind Parteien generell verboten. Nicht einmal pro forma gibt es Parlamentswahlen, also auch keine "Volksvertretung", vor der die Regierenden Entscheidungen geheim halten müssten. Dort herrscht der König. Und zwar absolut und im Interesse der Ölmultis. Verglichen mit Saudi-Arabien war Vorkriegs-Libyen eine Superdemokratie. Dennoch rüsten NATO-Staaten den saudischen Staat hoch, während sie gegen Libyen Krieg führen. Für die Freiheit des libyschen Volkes? Damit könnte zumindest dem denkwilligen Menschen noch etwas klar werden: In der bundesdeutschen Demokratie werden nicht nur der "obersten Volksvertretung" bedeutende Waffenlieferungen an autoritäre Regimes verheimlicht. Auch über die Kriegsziele unseres freiheitlich-demokratischen Militärbündnisses NATO wird das deutsche Volk systematisch belogen....

Wie soll unter solchen Verhältnissen in Deutschland klar werden, dass die Herrschenden gerade jetzt mit der finanzwirtschaftlichen Axt und der machtpolitischen Säge dem welken Baum bürgerlicher Demokratie in der EU energisch zu Leibe rücken? Bis zur Ermüdung ist in den Medien Tag für Tag von Griechenland die Rede. Da wird ein Exempel statuiert. Der "Eurozone" sind wirtschaftlich höchst unterschiedlich entwickelte Länder angeschlossen worden. Folgerichtig geben die Kapitalkräftigen zunehmend den Ton an. Mit jeder "Hilfe", mit jedem Kredit, gibt Griechenland Stück für Stück seine Souveränität auf. Mit jeder Investition wächst der Einfluss ausländischen Kapitals in dem gebeutelten Land. "Sozialabbau" wird zum Alltag der Griechen. Allerdings vollzieht sich hier keineswegs allein das Schicksal Griechenlands.....

Nach einem politischen Coup ohnegleichen, konnte das deutsch/westeuropäische Großkapital seine politische und militärische Macht nach 1989 unglaublich weit gen Osten ausdehnen. Dann erst setzte es dort seine wirtschaftliche und (un-)soziale Herrschaft durch. Im schon lange kapitalistischen "Westeuropa" läuft die Reihenfolge anders. Hier erobert das "deutsch/westeuropäische" Großkapital soeben die wirtschaftliche Herrschaft auch als Basis künftiger politischer, (un-)sozialer und militärischer Herrschaft. Griechenland ist der Probelauf für die Zukunft aller nichtdeutschen EU-Staaten. Die nächsten werden schon genannt. Von der erstrebten Mittelmeerunion und ihrem Zusammenhang mit dem "Nordafrikanischen Frühling" wird im Moment weniger gesprochen....

So weit, so klar. Tatsächlich unklar bleibt die reale Zukunft angesichts dieser imperialistischen Entwicklung Auf jeden Fall führt sie zur Vertiefung der sozialen Unterschiede und Gegensätze. Zugleich erleben wir längst ein herbes Anwachsen des Nationalismus in ganz Europa, auch in typisch faschistischer Gestalt. Ein explosives Gemenge wird gezüchtet - ob gewollt oder nicht. Und dazu die Irreführung über die militärischen Aggressionen gegen andere Länder, ergänzt von einer provokanten Haltung gegenüber China, Belarus und anderen Ländern, deren Demokratie nicht so geheimnisvoll flutscht wie die deutsche - nach Frieden und Freiheit sieht das alles nun wirklich nicht aus.

Hans Stahl

Raute

Die Gründung einer FDJ-Gruppe

Wir schrieben 1947. Der 2. Weltkrieg war mit den Hinterlassenschaften zerstörter Städte und Hirne vor zwei Jahren zu Ende gegangen. Die Ernte 1947 fiel nicht üppig aus. Das Abgabesoll für landwirtschaftliche Produkte war hoch. Aber an den langen Winterabenden ging der eine und andere schon einmal in die Kneipe, um einen Skat zu spielen und dabei ein Bier zu trinken.

Die erste Parteigruppe der SED im Dorf versammelte sich und wir jungen Leute wurden zum Zuhören und Mitwirken eingeladen. Die Gründung einer FDJ-Gruppe stand an. Wer hatte Erfahrung? Unter der Leitung ehemaliger HJ-Führer, die uns ja zur Genüge bekannt waren, fand sich keiner zum Mitmachen bereit. Erst im Frühling 1948 war die Zeit heran gereift. Ein Junglehrer, gerade 18 Jahre, namens Arno M., aus dem Kohlerevier Nachterstedt erschien auf dem Plan. Schnell wurden wir Freunde. Wir riefen die 13-17-jährigen Mädchen und Jungen im Dorf zusammen und berieten, wie wir unsere Freizeit besser, als bloß auf der Dorfstraße rumzulungern, gestalten könnten. Die Genossen der Parteigruppe der SED verhalfen uns zu einem kleinen beheizbaren Raum auf einem Hinterhof. Frisch durch uns selbst gemalert und mit ein paar alten Tischen und Stühlen möbliert, war die materielle Grundlage für das erste Treffen geschaffen. Viel gab es gegenseitig über das Erlebte zu erzählen. Das Vertrauen zueinander wuchs mit dem gegenseitigen Verstehen der schwierigen Situation, in der wir uns, zumeist mittellos, befanden. Arno hatte uns unbedarften Dörflern etwas voraus: eine kurze pädagogische und weltanschauliche Ausbildung in einem Lehrerausbildungsinstitut. Ich hörte in der Rathenower Einheitsschule im Fach Gegenwartskunde zum ersten Mal etwas von Marxismus-Leninismus. Mein Lehrer, Direktor der Schule, Herr (Gen.) Dannehl, verstand meine endlosen Fragen und versorgte mich mit einer kleinen Broschüre, aus der Reihe "Der Junge Marxist".

Im Herbst 1948 gründeten Arno und ich die FDJ-Dorfgruppe Göttlin mit 12 Jugendlichen. Wir meldeten uns beim Kreisvorstand (damals Genthin, Kreis Jerichow II) an und bekamen Hilfe aus der nahebei gelegenen MTS-Station Böhne. Unser erstes Ziel wurde vorgegeben: teilzunehmen am III. Parlament der FDJ Sommer 1949 in Leipzig. Wir ackerten, führten regelmäßig monatlich unsere Versammlungen durch, lernten die ersten Arbeiterlieder, sangen und tanzten nach eigener Akkordeonmusik. Aber die Trauben hingen zu hoch! Wir hatten uns nicht befähigt, wenigstens eine Prüfung für das Abzeichen "Für Gutes Wissen" abzulegen. Mit der Gründung der DDR 1949 steckten wir die Ziele unserer gesellschaftlichen Tätigkeit neu ab: Praktisch äußerte sich unsere Arbeit im Sammeln von Unterschriften für die Ächtung der Atomwaffen. Über ein Drittel der Dorfbewohner unterschrieb den Stockholmer Appell. Mit der Vorbereitung auf das 1. Deutschlandtreffen in Berlin 1950 hatten wir alle Hände voll zu tun: Jeder wollte mindestens im Blauhemd fahren und eine Fahne brauchten wir auch! Und: es mussten wenigstens 3 Jugendfreunde der Gruppe mit dem Abzeichen "Für Gutes Wissen" nach Berlin fahren. Mit Begeisterung waren wir bei der Vorbereitung. Die Aufgabe schmiedete uns zusammen. Fahne und Blauhemden nähten wir mit eigenen Händen und waren stolz auf uns, als wir mit unserer Fahne "FDJ-Dorfgruppe Göttlin" unter dem Symbol der aufgehenden Sonne mit dem goldenen Strahlenkranz durch die damals im Aufbau befindliche ehemalige Stalinallee Berlins demonstrierten. In der Tasche die Marschverpflegung: harte Knackwurst, ein paar Scheiben Weißbrot und zu trinken; denn die Demo dauerte von früh um 9.00 Uhr bis Nachmittag. Keiner lief trotz einsetzenden Gewitterregens davon. Vorn auf der großen Tribüne warteten unsere Regierungsspitzen, Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl, Walter Ulbricht und weitere, der Zentralrat der FDJ, die Vertreter der befreundeten Länder und Jugendorganisationen. Mit übervollem Herzen und der Freude auf die angekündigten 3. Weltfestspiele im folgenden Jahr in Berlin, an denen wir natürlich erst recht teilnehmen wollten, ging es nach 7 erlebnisreichen Tagen zurück an die Arbeit.

Das unbeschwerte Herangehen einer jungen Generation, anerkannt als Mitglied des WBDJ durch die Jugend der ganzen Welt, ließ uns das Leben meistern. Die Kraft wuchs in uns selber. Der Staat war in unserer Hand und auf unserer Seite. Er förderte uns und verlangte Leistung. Wer wollte zog mit uns! Die Gruppe hatte eine gesunde Basis und, obwohl ihre Gründer, neuen höheren Aufgaben folgend, bald wegzogen, arbeitete sie weiter.

Helmut Braunschweig

Raute

Kompetenz

Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Kreativität Bildungsminister der Brandenburger Landesregierung Bildungsreformen ausdenken und durchzusetzen versuchen. Sie scheinen zu besitzen, was Edmund Stoiber mal "Kompetenzkompetenz" nannte, aber kaum Voraussetzungen, ihr Amt sachkundig wahrzunehmen. Fünf Minister in einundzwanzig Jahren (Zahlenangaben wie beim Lotto ohne Gewähr) lassen ahnen, wie es um die Bildung im Lande bestellt ist. Jetzt leitet jedenfalls eine promovierte Ärztin das Bildungsministerium, ihren Ursprung hat sie in Baden-Württemberg. Und sie geht heftig zu Werke. Zunächst stellte sie fest, dass die "Lesekompetenz" bei Kindern verbessert werden muss, die verstehen nicht, was sie sich mühsam erlesen. Und deshalb wurde eine 2002 abgeschlossene Vereinbarung zwischen Bildungsministerium und Bibliotheksverband erneuert. Ja, das brauchen Kinder! Frau Münch erkannte nämlich, dass Kinder aus bildungsfernen Haushalten Bibliotheken meiden. Ob sie sich Gedanken darum macht, wie Bildungsferne entsteht, war bisher nicht so recht zu erkennen. Aber sie weiß, dass man Mädchen mit Romanen gewinnen könne, in denen Liebe und Herz ... Genau, das ist die Lesekompetenz, die für die Frau der heutigen Zeit erstrebenswert ist. Wenn Kinder mit Schlafsäcken in die Schule gehen, dann stehen »Lesenächte« bevor und solche findet die Ärztin(!) besonders attraktiv. Im Übrigen hoffte sie, dass in den Ferien gelesen werde. Lassen wir sie hoffen. Sie hofft offenbar auch, dass es gut geht, wenn künftig die Förderschulen geschlossen und förderbedürftige Kinder in die allgemeinen Schulen integriert werden, ohne dass Sonderpädagogen sich ihnen zuwenden können. Die absehbaren Folgen: Vergrößerung der ohnehin zu großen Klassen, Leistungsabfall bei allen Kindern, zwangsläufige Bildungsferne, überforderte Lehrerinnen und Lehrer. Die Schule verliert Bildungs- und Erziehungsfunktion, weil eine Ministerin reformieren will und vor allem sparen muss. Das seit 1990 systematisch verrottende Bildungssystem im Land Brandenburg als Ursache für zunehmende Bildungsdefizite zu erkennen, scheint den ministeriellen Apparaten und ihren Vorstehern nicht möglich zu sein. Zu bedauern sind solchem Unsinn ausgelieferte Kinder, meint    Till


Anmerkung: Die Tinte dieses Artikels war noch nicht getrocknet, als am 6. August verlautbarte, die Förderschulen im Land Brandenburg würden nun doch nicht bis 2019 geschlossen, wie von der Bildungsministerin im April verkündet. Ein weiteres Indiz für konzeptionelle Bildungspolitik.

Raute

Deutschland - ganz groß

Der 13.8.2011 ist vorbei und wir erlebten gerade eine Verdichtung der Hasstiraden gegen die vor 21 Jahren verblichene DDR. Doch auch heutigen Staaten gegenüber äußert sich die BRD, als wäre sie der Sittenrichter auf Erden, ob es um Belarus, Russland, Libyen oder allzu viele andere geht. Nun aber kam herbe UNO-Kritik an der Besser-Wessi-Republik. Diese Kritik wurde hier nicht nur äußerst sparsam publik gemacht, sondern auch noch selbstgefällig zurückgewiesen. Es gibt nämlich einen UN-Ausschuss der unter anderem überwacht, wie der internationale Vertrag über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte von den Staaten eingehalten wird. Von der BRD wurde der Vertrag 1973 ratifiziert. In seinem fünften Bericht, Mitte 2011 veröffentlicht, kritisierte das UN-Gremium u. a. das deutsche Hartz-IV-System, weil es keinen angemessenen Lebensstandard ermögliche und zudem Arbeitslose gewissermaßen zwinge, jegliche Arbeit auszuführen. Dreizehn Prozent aller Deutschen lebt unter der Armutsgrenze. Etwa 2,5 Millionen Kinder sind davon betroffen. Jeder vierte Schüler geht ohne Frühstück in die Schule. Dabei vermerkt der Bericht nicht einmal, dass die Zahl der in Deutschland lebenden Kinder in den vergangenen zehn Jahren im Westgebiet um 10 Prozent und in der Ostzone der BRD gar um 29 Prozent zurückging. Allerdings benennt der Bericht wörtlich die Diskriminierung der Ostdeutschen im sozialen Bereich. So ist die Arbeitslosigkeit in der Ostzone doppelt so hoch wie in den westdeutschen Ländern, obgleich die staatliche Einheit Deutschlands seit zwei Jahrzehnten besteht. Neben zahlreichen weiteren Vertragsverstößen kritisiert das UN-Gremium besonders, dass die von ihm in früheren Berichten als notwendig benannten Veränderungen unterlassen wurden. Kein Wunder, hat die BRD doch genug damit zu tun, China zu kritisieren, wo in nur drei Jahrzehnten mehr als 600 Millionen Menschen aus der Armut herausgeführt wurden. Dafür haben die Deutschen Reisefreiheit, Publikationsfreiheit und viele unglaubliche Freiheiten, sofern es ihr Einkommen erlaubt. Und um die Menschenrechte der Einkommenssatten dreht sich in der Bundesrepublik alles.

Brigitte Müller

Raute

Krankes Gesundheitssystem

Die Solidarität verlässt das sinkende Schiff!

Die neue Reform von Gesundheitsminister Rössler trägt weiter dazu bei, Solidarität als Prinzip aus unserem Gesundheitssystem zu verdrängen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di nennt das Gesetz völlig zu Recht "Patientenausplünderungsgesetz".

Unser Gesundheitssystem war früher paritätisch und solidarisch angelegt. Das bedeutete zum einen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichen Teilen zur Finanzierung des Gesundheitssystems beitrugen, und zum anderen, dass die Starken den Schwachen halfen, der Gesunde für den Kranken zahlte.

Die Kosten stiegen aber immer weiter, z.B. wegen der stagnierenden Löhne. Außerdem wurde der Verwaltungsapparat der Krankenkassen enorm aufgebläht; die Kosten für Mitarbeiter sind von 1991 bis 2004 um 72% gestiegen, d.h. von 4,7 Milliarden auf 8,1 Milliarden! Auch die Pharmaindustrie nimmt sich ein großes Stück vom Kuchen, da sie ja Preise für neue Medikamente frei festlegen kann.

Immer wieder gab und gibt es in regelmäßigen Abständen Reformen bzw. Reförmchen, aber die Kosten stiegen und steigen immer weiter.

Allerdings nicht gleichmäßig, denn die Arbeitgeber setzten sich mit dem Argument durch, dass erhöhte Lohnnebenkosten die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft in Frage stellen würden. Der Arbeitgeber-Verband berief sich darauf, dass Betriebe ins Ausland verlegt werden müssten, um Kosten zu sparen und dass dadurch Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet würden.

Da die gestiegenen Kosten aber bezahlt werden müssen, bleiben sie an den Arbeitnehmern hängen, die im Vergleich zu den Arbeitgebern auf politischer Ebene keine starke Lobby haben.

Den Höhepunkt dieser Entwicklung finden wir in der neuen Gesundheitspolitik der aktuellen Bundesregierung: Die Arbeitgeberbeiträge sollen bei 15,5 % stehen bleiben, während die Arbeitnehmerbeiträge noch einmal steigen werden. Als so genannte Zusatzbeiträge sollen auch alle zukünftigen Steigerungen allein auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden.

Dieses wäre schon einen republikweiten Aufschrei wert. Doch das Gesundheitssystem hat noch mehr zu bieten.

Mit der Einführung des Gesundheitsfonds wollte man angeblich eine neue, stabile wirtschaftliche Grundlage für die Krankenkassen schaffen. Aber das Gegenteil war der Fall: Weitere Beitragserhöhungen und ein ständig wachsender Verwaltungsapparat sind nur einige Folgen dieser Reform.

Unter dem Aspekt der Rentabilität werden die Versicherten von den Krankenkassen jetzt auch anders bewertet. Während die Krankenkassen vor der Einführung des Gesundheitsfonds vor allem an jungen gesunden Mitgliedern Interesse hatten, weil die zahlen, aber keine Kosten verursachen, sind jetzt auch Menschen mit bestimmten Krankheiten sehr willkommen.

Der Grund dafür ist der "Risikostrukturausgleich" des Gesundheitsfonds: Mit seiner Einführung wurde eine Liste von 80 Krankheiten heraus gegeben. Haben Kassenmitglieder eine dieser 80 Krankheiten, erhält die Krankenkasse extra Geld.

Nun ging die Hatz nach Kranken los. Die Mitarbeiter der Krankenkassen stürmten in die Arztpraxen, um die Ärzte darauf zu schulen, die "richtigen" Krankheiten zu diagnostizieren, nämlich die, mit denen die Kasse den größten Reibach macht.

Ich möchte das Ganze an einem Beispiel verdeutlichen. Für die Diagnose "Nierenfunktionsstörung" bekommt die Kasse keinen zusätzlichen Cent, wird aber "Dialysestatus" als Diagnose gestellt, bekommt die Kasse 4.080,54 Euro zusätzlich. Den Kassen gefällt natürlich die zweite Diagnose besser... Fakt ist: Ein Häkchen an der richtigen Stelle und der Geldhahn fließt!

Diese Entwicklung könnte dahin führen, dass z.B. Nierenfunktionsstörungen gar nicht mehr behandelt werden, sondern lieber gewartet wird, bis das Organ die Funktion komplett einstellt und der Mensch zur Dialyse muss. Denn das gibt erstens zusätzliches Geld für die Kassen und außerdem muss die Dialyse-Behandlung regelmäßig wiederholt werden, so dass der Geldstrom stetig fließt.

Natürlich müssen sich auch die Ärzte den neuen Spielregeln anpassen. Die Ärzte haben nur zwei Möglichkeiten: Mitspielen und Verdienen oder weiterhin das Wohl des Patienten in den Mittelpunkt stellen und mit der pauschalen Bezahlung pro Patient leben.

In einem solchen System der Kosten-Erstattung ist der Patient nur noch Nebensache!

Daniel Fromm


Weiterführende Informationen:
Bürgerinitiative
Bürgerschulterschluss e.V.
Patient informiert sich!
www.patient-informiert-sich.de

Buchtipp:

Renate Hartwig

"Der verkaufte Patient" &
"Krank in Deutschland - Ein Tatsachenreport"

Raute

Preisgekrönter Humbug

Da fuhren wir nach Österreich, um ein paar Tage der bundesdeutschen Politkomik zu entfliehen und gerieten an den Rand des Salzburger Festspielstrudels. Ein Ereignis eher für so genannte Promis, die sich zeigen, ihre Garderobe, ihre geweißten Gebisse. Locken wedelten, Parfüms dufteten. Aber von diesem Zirkus blieben wir nahezu unberührt, genossen saubere Luft, üppigen Wald und von den Gipfeln strömendes Wasser. Saftiges Grün auf der Alm, pralle Euter an den braunen Kühen und zur Jause duftendes Brot und deftiger, würziger Speck erfreuten uns. Und dann flatterte da auf dem Tisch die "Kronen-Zeitung", sehr ähnlich der deutschen Zeitung mit den großen Buchstaben. Sie teilte uns mit, dass "der Mann ohne Schatten" mit dem Namen Joachim Gauck als "Symbol des deutschen Widerstandes" die "Festspiel-Rede", die Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele halten wird. Weil Gauck ein "Erz-Demokrat" ist, wurde das Angebot an den Schweizer Soziologen Jean Ziegler, diese Rede zu halten, zurückgezogen. Bevor Gauck seinen Auftritt hatte, schwatzte er mit der "Kronen-Zeitung". Gefragt, was er davon halte, dass Ziegler ausgeladen wurde, erklärte der "Mitgestalter der deutschen Wiedervereinigung" außerordentlich bescheiden und kompetent: "[...] aufgrund meiner Herkunft und mit 50 jähriger Diktaturerfahrung stehe ich dem Westen und der freiheitlichen Gesellschaftsordnung positiver gegenüber als er [Ziegler]." Doch, die Unverschämtheit ist beachtlich, wenn man weiß, welche Diktaturerfahrung ausgerechnet dieser maßlos arrogante Gauck machen durfte. Immerhin gab er zu "einmal durfte ich während des Eisernen Vorhangs zu einer Konferenz nach Österreich." Ein Reisekader also war er - Bürger der DDR konnten mit diesem Begriff etwas sehr Konkretes verbinden. Aber: Erstaunlich wenig berichtete die Zeitung dann ein paar Tage später vom "Jubel für Gauck", der ausgebrochen war, nachdem er gefaselt hatte. "Als gebrannte Kinder werden wir Europäer künftig lieber das Schwarzbrot der Realpolitik essen, als zum Zuckerbrot der Ideologen zu greifen." Dieser schien der bedeutungsvollste Satz "seiner mit Spannung erwarteten Rede" gewesen zu sein, denn es folgte nur noch der Bericht über stehende Ovationen für den, der "in der DDR aufgewachsen, [...] als maßgeblicher Kämpfer für die Wiedervereinigung Deutschlands [... nun] preisgekrönter Publizist und Politiker ist."(*) Das war's: Der hochgestapelte deutsche Exportschlager in Sachen Demokratie und Freiheit sah sich die Festspieleröffnung an, ließ sich ein sicher fürstliches Honorar überweisen und reiste komfortabel nach Hause. Dem biederen Österreicher jagte ein Diktaturschauer über den Rücken und dem Erholung suchenden Deutschen ein Peinlichkeitsschauer, ob des Dummgequatsches eines ehemaligen Pfarrers. Um Salzburg herum regnete es fortan.

Dass Jean Ziegler ausgeladen wurde, lag daran, dass er kompromisslos und ehrlich ist und gegen die immer größer werdende Kluft zwischen Reich und Arm streitet. Er hätte in Salzburg die angeklagt, die sich in den Sesseln des Großen Festspielhauses herumlümmeln und für eine Eintrittskarte schlappe dreihundert Euro auf den Tisch legen - wobei die Karten für die Eröffnungsveranstaltung mit dem deutschen Gaukler wesentlich teurer gewesen sein dürften. Ziegler hätte ihnen sagen wollen: "Die Hoffnung liegt im Kampf der Völker der südlichen Hemisphäre, von Ägypten und Syrien bis Bolivien, und im geduldigen, mühsamen Aufbau der Radikal-Opposition in den westlichen Herrschaftsländern. Kurz: in der aktiven, unermüdlichen, solidarischen, demokratischen Organisation der revolutionären Gegengewalt. Es gibt ein Leben vor dem Tod. Der Tag wird kommen, wo Menschen in Frieden, Gerechtigkeit, Vernunft und Freiheit, befreit von der Angst vor materieller Not, zusammen leben werden."(**) Solche Worte gehören nicht ins Festspielhaus. Das Verschließen von Augen und Ohren verhindert jedoch die Wahrheit nicht. Till


* Alle Zitate siehe Kronen-Zeitung, Salzburg, 25. Juli 2011, S. 18f., 28. Juli 2011, S. 36f.

** Zitiert nach ND, 27. Juli 2011.


Sehr verehrte Damen und Herren, alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. 37.000 Menschen verhungern jeden Tag und fast eine Milliarde sind permanent schwerstens unterernährt. Und derselbe World-Food-Report der FAO, der alljährlich diese Opferzahlen gibt, sagt, dass die Weltlandwirtschaft in der heutigen Phase ihrer Entwicklung problemlos das Doppelte der Weltbevölkerung normal ernähren könnte. Schlussfolgerung: Es gibt keinen objektiven Mangel, also keine Fatalität für das tägliche Massaker des Hungers, das in eisiger Normalität vor sich geht. Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.

Komplette Rede www.dkpbrandenburg.de

Raute

Kommunismus (Teil I)

Nachdem das Großkapital mit seinen Gehilfen im Kalten Krieg den Sieg über die Sowjetunion und die sozialistischen Staaten Europas erstritten hatte, leitete es folgerichtig wieder eine Periode des finsteren Antikommunismus ein. Sieger wie Verführte übersehen, dass dem Sieg nachhaltige Erfolge der Besiegten voraus gingen. Bereits fünf Jahre nach der Revolution vertrieben die sowjetischen Völker die Truppen der imperialistischen Interventionsmächte aus ihrem Land. Neunzehn Jahre danach war die Sowjetmacht so stark, dass sie die Aggression Deutschlands und seiner Verbündeten von 1941 in knapp vier Jahren mit der Eroberung Berlins beantworten konnte. Sie brach das US-Kernwaffenmonopol, leistete die Pionierarbeit beim Aufbruch ins Weltall. Sie hinderte die kapitalistischen Kolonialisten, den erfolgreichen Widerstand gegen ihr mörderisches Kolonialsystem zu erdrosseln. Sie wurde zu einer Weltmacht, die die Siege der Revolutionäre in China, Vietnam, Kuba und anderen Ländern gegen den Einsatz der Massenvernichtungsmittel der USA und ihrer imperialistischen Kumpane abzudecken vermochte. Siege kommen und gehen. Die heutige Arroganz der Antikommunisten müsste jeden denkfähigen Menschen recht bizarr anmuten. Doch Perioden des Antikommunismus sind erfahrungsgemäß Zeiten verminderter Denkwilligkeit.

Inzwischen begann ein neues Jahrhundert. Schon pflügt eine neue kommunistisch regierte Weltmacht das Feld der Geschichte. Während die USA Mühe haben, ihre ekelhafte, aber traditionelle Herrschaft über den amerikanischen Kontinent aufrecht zu erhalten. Nationaldemokratische, soziale und sozialistische Bewegungen und Staaten prägen zunehmend die Geschehnisse in Asien, Afrika und Amerika. Und die Anhänger der finanzkapitalistischen EU haben keine stabile Basis für die Anmaßung, mit der sie in die Welt hinein gockeln. Man hat vergessen, dass die Wurzeln des Kommunismus genau in dem System wachsen, welches das westeuropäische Finanzkapital soeben zusammenpfercht. Und man begreift nicht, dass die aggressive Globalisierung der US-Herrschaft gerade die Kräfte mobilisiert, die schließlich das Gegenteil bewirken. Es sind diese Realitäten, auf die die Regierenden von Washington und Berlin so peinlich aufgeblasen und mit chauvinistischem Antikommunismus reagieren. Wohin das führt, sollte man nach allen Erfahrungen mit dem Faschismus in zahlreichen kapitalistischen Ländern eigentlich wissen...

Es gehört sich selbstverständlich nicht, die heutige Schwäche des Kommunismus in Europa allein auf Sieg und Kraft des herrschenden Finanzkapitals zurückzuführen. Unsere Niederlage liegt gut zwei Jahrzehnte zurück. Dennoch ist immer noch keine Übereinstimmung erreicht, welches die realen sozialen und politischen Kräfte der Gegenwart sind, die jetzt die Veränderung der Gesellschaftsverhältnisse tatsächlich vorantreiben. Schlimmer noch, es agieren allen ernstes Kommunisten und Kommunistische Parteien, die Staaten für demokratisch halten, die gerade Aggressionskriege führen! Und bei allem Willen zu kommunistischer Selbstkritik: Kommunisten, die für unsere gegenwärtige theoretische Rückständigkeit Stalin verantwortlich machen, sollten wir nun wirklich nicht als Gleichgesinnte akzeptieren. Nur ausgehend vom Klassenstandpunkt Unterdrückter und Ausgebeuteter lassen sich Lage, Notwendigkeiten und Entwicklungstendenzen richtig beurteilen.

Das ist jedoch Voraussetzung, um Einfluss auf gesellschaftliche Bewegungen zu gewinnen.    H. St.

Raute

Aus dem Septemberheft der Roten Kalenderblätter

1970, zum 25. Jahrestag der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus, erschien im Berliner Dietz-Verlag das Buch "Die Schulze-Boysen/Harnack-Organisation im antifaschistischen Widerstand". Die Autoren, Karl Heinz Biernat und Luise Kraushaar, berichten in mehr als 50 Lebensbildern über den heldenhaften Kampf solcher Antifaschisten wie Harro Schulze-Boysen. In der Todeszelle verabschiedete er sich im Dezember 1942 von seinen Kampfgefährten mit den Worten: "Der Stunde Ernst will fragen: Hat es sich gelohnt? An dir ist's nun zu sagen: Doch es war die rechte Front!" Wer im Kampf gegen den Rechtsradikalismus nach Vorbildern sucht, wird sie bei Harro Schulze-Boysen und seinen Genossen finden.

Ulla Ermen schreibt im Augustheft über unseren Philosophen Hans Heinz Holz und den ersten Band seines Alterswerkes: "Von Hegel zu Marx - Aufhebung und Verwirklichung der Revolution". In seiner "Algebra der Revolution" erleben wir ein Stück Philosophiegeschichte als schöpferischen Prozess. Man wird der Autorin Recht geben, wenn sie Hans Heinz Holz zu den profiliertesten Denkern unserer Zeit zählt. Im Sinne von Marx, Engels und Lenin verbindet er wissenschaftliches Arbeiten mit politischem Engagement - ob als Mitglied der DKP, Professor in Marburg und Groningen oder als Buchautor und Herausgeber internationaler Zeitschriften für marxistische Philosophie und Politik. Dass er unser Parteiprogramm wesentlich mitgestaltet hat, zählt zu seinen besonderen Verdiensten als Wissenschaftler und Revolutionär in den Reihen der DKP.

Der demokratischen Bodenreform sind in unserem Septemberheft zwei Beiträge gewidmet. Wilhelm Pieck würdigte diesen historischen Schritt in der Geschichte unseres Landes unmittelbar nach dem Ende des Krieges in seiner Berliner Rede am 19. September 1945 mit den Worten: "Der Bauer wird zum freien Herrn auf seiner Scholle und zur kräftigsten Stütze der Demokratie im Dorfe." Und unser Genosse Leonhard Helmschrott, der zu dieser Zeit Redakteur bei der "Schweriner Volkszeitung" war, berichtet in seinen Erinnerungen an die Bodenreform in Mecklenburg-Vorpommern: "Die vielen Briefe von Neubauern, die in bewegenden Worten ihr Glück schilderten, jetzt Bodenbesitzer zu sein, füllten ganze Wäschekörbe."

Prof. Kurt Tiedke setzt sich in seinem Beitrag über den Beschluss des Parteivorstandes der SED vom 19. September 1947 "Über die Grundrechte des deutschen Volkes" mit den so genannten "Aufarbeitern der SED-Geschichte" auseinander. Es waren die in der SED vereinigten Kommunisten und Sozialdemokraten, die mit diesem Beschluss das Recht des deutschen Volkes auf ein einheitliches, friedliches und demokratisches Deutschland vertreten, während Adenauer und Schumacher mit Unterstützung der imperialistische Westmächten Deutschland gespalten haben.

Im Geschichtskommentar haben unsere Berliner Genossinnen und Genossen mit ihrem Wahlprogramm zu den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September das Wort. Wir stimmen ein in ihren Ruf: "Wählt Kommunistinnen und Kommunisten - gebt Eure Stimme der DKP"

Prof. Dr. Erich Kundel

Raute

Geschichtskommentar des Monats

"Deutschland im Aufschwung - den Wohlstand von morgen sichern", so lautet der Titel des Jahreswirtschaftsberichts der Bundesregierung 2011. Ein Blick auf die Gewinne deutscher Banken und Konzerne scheint Merkel & Co Recht zu geben:

- Die Commerzbank, die 2008 noch mit 18 Mrd. Euro Staatszuschüssen gerettet wurde, fuhr 2010 einen Gewinn von über 1 Mrd. Euro ein. Zwischendurch stieg sie durch den Kauf der Dresdner Bank zum zweitgrößten Finanzinstitut Deutschlands auf.

- BMW hat im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn verbucht. Der Überschuss stieg 2010 auf 3,23 Mrd. Euro. BMW schlägt der Hauptversammlung vor, die Dividende für die Aktionäre von 30 Cent im Vorjahr auf 1,30 Euro für 2010 zu erhöhen.

- Siemens konnte seinen Reingewinn 2010 gegenüber dem Vorjahr auf 63% auf 4,1 Mrd. Euro steigern Ein Rekord!

- Die Deutsche Bank erwartet für 2011 einen Rekordgewinn von 10 Mrd. Euro...

Ziel der herrschenden Banken und Großkonzerne ist die Sicherung ihrer Profite. Die Regierungen - Berliner Senat wie Bundesregierung - vertreten deren Interessen. Ihnen fällt die Aufgabe zu, Bedingungen zu schaffen und zu erhalten, um steigende Profite zu erzielen. Diese Entwicklung vollzieht sich in Berlin wie in der gesamten Bundesrepublik. Und sie wird fortgesetzt, solange ihr kein ernsthafter Widerstand weiter Teile der Bevölkerung entgegengesetzt wird.

Wir Kommunistinnen und Kommunisten haben keinerlei Illusionen darüber, was Wahlen derzeitig bewirken können. Die Voraussetzungen eines erfolgreichen Abwehrkampfes für soziale und demokratische Rechte werden nicht im Berliner Abgeordnetenhaus geschaffen, sondern in den Betrieben, in den Kiezen, Schulen und Universitäten.

Nicht zu wählen heißt aber die Kräfte zu begünstigen, die die Interessen des deutschen Kapitals vertreten. In unserem Wahlprogramm stellen wir vor, in welchen Bereichen der Stadtpolitik wir eingreifen wollen und formulieren Forderungen. Wir erheben dabei nicht den Anspruch, dass wir diese Forderungen selbst entwickelt hätten.

Im Gegenteil: Wir betonen, dass diese Forderungen von Kräften des Widerstandes in dieser Stadt in Kämpfen aufgestellt wurden. Deswegen sagen wir auch: Es wird von der Entwicklung dieses Widerstandes abhängen, ob diese Forderungen auch nur ansatzweise umgesetzt werden können.

Wir sagen aber auch: Die DKP im Abgeordnetenhaus, das heißt eine konsequente Stimme im Abgeordnetenhaus im Interesse der Arbeiter und Angestellten, der Erwerbslosen, Rentner und Jugendlichen - eine Stimme gegen den Krieg, Nationalismus und Rassismus. Deshalb rufen wir dazu auf:

Wählt Kommunistinnen und Kommunisten - gebt Eure Stimme der DKP!

(Aus dem Wahlprogramm der DKP für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus)


*


Unterstützt den Wahlkampf der DKP in Berlin

Der Wahlkampf braucht Helfer!

Am 18. September 2011 sind in Berlin Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen. Die Berliner Landesorganisation hat in den letzten Jahren mit einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit, mit der Konzentration auf Schwerpunkte und Bündnisarbeit ihre Position zu den Problemen in der Stadt sichtbarer gemacht. Der mehr als fünfjährige Kampf um das Berliner Wasser, die Aktivitäten gegen das Berliner S-Bahn-Chaos oder antifaschistische Aktionen sind wichtige Beispiele.

Unsere Arbeit zahlt sich langsam aber sicher aus. Die Mitgliederentwicklung weist nach oben. Das Interesse an der Zusammenarbeit mit uns ist deutlich größer geworden. Gemessen an dem was in der Stadt nötig ist, sind wir aber immer noch zu schwach. Wir wollen den Wahlkampf nutzen, unsere Positionen inhaltlich und im Bündnisspektrum zu festigen. Wir treten mit einer Landesliste an, auf der Genossen mit Ost- und Westbiographie, Arbeiter, Gewerkschafter, Erwerbslose, SDAJler, türkische und chilenische Genossen und Genossinnen kandidieren. Im Mittelpunkt des Wahlkampfes steht der Kampf gegen die Privatisierungspolitik im Wohnungsbau, im Gesundheits- und Bildungswesen. Angesichts zunehmender Übergriffe von Neonazis und der Kandidatur eine Reihe rechtspopulistischer Parteien sowie der NPD wird Antifaschismus ein wichtiges Thema in Wort und Tat sein. Der Wahlkampf wird ein Kraftakt. Wir wenden uns daher an Dich/Euch, mit der Bitte um Unterstützung. Es gibt verschiedene Möglichkeiten sich einzubringen.

Weitere Informationen erhaltet Ihr unter www.dkp-berlin.info.

Raute

Brandenburger Nachrichten in Rot

Arbeitslosigkeit

(Frankfurt/Oder) Für Brandenburg wurden Ende Juli offiziell 140.530 Arbeitslose gemeldet, darunter 15.296 im Alter zwischen 14 und 25 Jahren sowie 49.927 über Fünfzigjährige. Dem sollen nahezu 10.000 unbesetzte Arbeitsstellen gegenüberstehen, sodass demzufolge mindestens 130.000 Brandenburger in gesellschaftlich erzwungener Arbeitslosigkeit leben. Die Kreise Uckermark (16,7 % Arbeitslosenanteil) und Oberspreewald-Lausitz (14,6 %) sind am meisten mit dieser Gesellschaftsseuche gestraft. Mit 7 % gelten hier Potsdam-Mittelmark und mit 7,1 % Dahme-Spreewald als gut. Den leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vormonat begründet die Obrigkeit mit der "Sommersaison". Nach deren Lesart werden Hoffnungen auf Besserung infolge der chinesischen Konjunktur und der US-Haushaltskrise eingetrübt. In Deutschland sind traditionell meist Ausländer und Artfremde an allem schuld.


Zielrechenzentrum

(Strausberg) Ein Neubau für das Bundeswehrrechenzentrum in Strausberg im Investitionsumfang von 18 Millionen Euro wurde Ende Juli übergeben. Er ist Teil des Projektes "Herkules", welches umfangreiche Investitionen in modernste Technologien umfasst, mit denen "die Bundeswehr ihren immer umfangreicher werdenden Aufgaben gewachsen bleibt" (Zitat Pressemitteilung). Das neue Strausberger Objekt ist das dritte "Zielrechenzentrum der Bundeswehr" in der Bundesrepublik, die beiden anderen sind in Bonn und Wilhelmshaven tätig. Friedensfreunde in Strausberg hoffen, es möge nicht zum Ziel der von "Auslandseinsätzen" deutscher Krieger betroffenen Völker werden. In einer Stadt leben selbstverständlich auch Dummköpfe, die glauben, die fürs Militär investierten 18 Millionen bescheren Strausberg einen "Wirtschaftsaufschwung".


Oberhirte

(Berlin) Das Erzbistum Berlin mit seinen 64.000 Brandenburger, 13.000 Vorpommerschen und 313.000 Berliner Katholiken, hat einen neuen Oberhirten. Der Pabst, als Stellvertreter Gottes auf Erden, ernannte den bisherigen Kölner Weihbischof Rainer Maria Woelki zum Erzbischof. Fast alle Medien beschreiben den als besonders konservativ, unter anderem weil er sein Studium an einer OPUS-DEI-Intitution absolvierte und in der "Militärseelsorge" arbeitete. Ihm gilt die Erwartung, er werde sich für den Wiederaufbau des katholischen Einflusses in einem Gebiet energisch einsetzen, in dem bisher der Kirche eine große Bevölkerungsmehrheit fernbleibt.


Rechter Rat

(Berlin) Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe ist vom Bundes-Stasi-Beauftragten Jahn öffentlich über die MAZ zur Reue aufgerufen worden. Als Konsistorialpräsident der evangelischen Kirche in der DDR habe sich Stolpe zwar "sehr für das, was wir in der DDR-Opposition wollten, eingesetzt". Durch seine "Einbindung im System" habe er jedoch auch Oppositionelle entmündigt. Jahns Verlangen steht im Zusammenhang mit dem Wirken der Enquetekommission des Potsdamer Landtages, die angebliche Nachsicht bei der Verfolgung DDR-Staatsnaher nach 1990 "aufarbeiten" soll.


Viadrina

(Frankfurt/Oder) Die Viadrina (lat. "An der Oder gelegen") in Frankfurt/Oder nennt sich auch "Europa Universität". Sie hat zwar nur drei Fakultäten, nämlich Jura, Kultur und Wirtschaft, dafür jedoch Studierende aus 84 Herkunftsländern. Das Gros der in diesem Jahr dort 6.300 Studierenden bilden Deutsche (77%) und Polen (17%). Die deutsche Stiftungs-Uni an der polnischen Grenze wurde 1991 eröffnet. Am gleichen Ort schloss 180 Jahre zuvor eine gleichnamige Forschungs- und Bildungsstätte nach dreihundertjährigem Wirken. An der hatten einst Ulrich von Hutten, Thomas Müntzer sowie auch Alexander und Wilhelm von Humboldt studiert.


Verpressung

(Neuhardenberg) Laut Bürgerinitiative "CO2ntra" will der Vattenfall-Konzern ab 2015 Millionen Tonnen CO2 unter Teile der Kreise MOL und LOS verpressen lassen. Angefallen in den Braunkohlekraftwerken des Konzerns, birgt die CO2-Speicherung in den Salzwasser führenden, porösen Schichten unter Landwirtschaftsflächen, Naturschutzgebieten sowie Städten und Gemeinden unübersichtliche Gefahren mit sich. Die Initiative richtet sich seit zwei Jahren gegen die Vorbereitungen dieser Speicherungen und will nun eine klare Positionierung von Ministerpräsident Platzeck (SPD) und Wirtschaftsminister Christophers (Linkspartei) erreichen.

Raute

Leserbrief

Zum heutigen Tage verbinde ich die Frage "Heute schon die junge Welt gelesen?" mit dem Versand des Titelblatts. Ich denke, angesichts des Blödsinns, der Lügen und Verdrehungen, die uns aus Anlass des 13. August 1961 in den Staats- und Privat-Medien geboten werden, kann und muss auf diese Art Danke gesagt werden. "Apropos: Laut UN-Schätzungen haben im Jahr 2008 ungefähr 36.000 Menschen beim Versuch, über das Mittelmeer von Afrika nach Europa überzusetzen, das Leben verloren. Hätte die Empörung von Politikern und Öffentlichkeit über die Mauertoten tatsächlich ethische Substanz, müsste die Debatte um die Behandlungen der Flüchtlinge an Außengrenzen der EU einen zumindest ähnlichen Erregungsgrad erreichen und Aktionismus entfalten. Hier gibt es allerdings nicht einmal eine Diskussion. Dafür darf die NATO im Namen der "Menschenrechte" mit ein paar Bömblein(*) die Clanstrukturen in Libyen mächtig durcheinander wirbeln. Man kann deswegen nicht behaupten, dass die Gründe, dem antifaschistischen Schutzwall ein großes und dankbares Bussi aufzudrücken, täglich weniger würden." (Reinhard Jellen: Über die Berliner Mauer, jW 13.08.2011)

*) "16.951 Missionen, darunter 6.387 Angriffsflüge auf militärische Stellungen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, hat die NATO in den vier Monaten seit Beginn ihrer Operation "Unified Protector" Ende März durchgeführt." So fein säuberlich in der "Flug Revue" vom September 2011 aufgeschrieben, kommentarlos, versteht sich. Das ist laut offizieller NATO-Lesart ja auch gar kein Krieg. Es dient ausschließlich dem Schutz der Menschenrechte. Die Definition der Menschenrechte stammt dabei natürlich aus dem NATO-Hauptquartier.


Wir sagen an dieser Stelle einfach mal: Danke

für 28 Jahre Friedenssicherung in Europa
für 28 Jahre ohne Beteiligung deutscher Soldaten an Kriegseinsätzen
für 28 Jahre ohne Hartz IV und Erwerbslosigkeit
für 28 Jahre ohne Obdachlosigkeit, Suppenküchen und "Tafeln"
für 28 Jahre Versorgung mit Krippen- und Kindergartenplätzen
für 28 Jahre ohne Neonaziplakate "GAS geben" in der deutschen Hauptstadt
für 28 Jahre Geschichtswissenschaft statt Guidoknoppgeschichten
für 28 Jahre Club Cola und FKK
für 28 Jahre ohne Hedgefonds und Private-Equity-Heuschrecken
für 28 Jahre ohne Praxisgebühr und Zwei-Klassen-Medizin
für 28 Jahre Hohenschönhausen ohne Hubertus Knabe
für 28 Jahre Bildung für alle


In der Erklärung der Vorsitzenden der PDL, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, zum 13. August 1961 heißt es: "Die Toten und Verletzten an der Berliner Mauer. Die Einschränkung der Reisefreiheit und die Trennung zahlloser Familien haben sich tief in das Bewusstsein der Menschen eingebrannt. Das war ein nicht akzeptables Unrecht."

Wer zählt eigentlich die Opfer an der Mauer zwischen Mexiko und den USA oder in Palästina? Wer wird sich dafür verantworten müssen? Wer wird sich dafür entschuldigen?

fragt Euch Roland
13.08.2011


*


Werber Gabriel

"Ich wünsche mir, dass wir nicht jedem Straftäter mehr Resozialisierungschancen geben, als jemandem, der mal in der SED war", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel. Als Angebot sollte das verstanden werden. Dass er damit jene gemeint haben könnte, die für ihre Arbeit nach wie vor Ostlöhne erhalten, Strafrentner, abgewickelte Wissenschaftler, ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, Verantwortungsträger der DDR - um nur wenige zu nennen, wäre ein absoluter Fehlschluss. Gerichtet war das Geschwätz an Mitglieder der Partei DIE LINKE - und es scheint so, als bliebe sein Werben nicht erfolglos, denkt sich Till

Raute

Der rote Bücherwurm empfiehlt

Werner Paulsen - Westreisen

Zum Reiseverkehr von Bürgern der DDR nach NATO-Staaten und Berlin (West)

Bis heute stellt sich das Thema Reisen und Reisefreiheit als das größte Problem dar bei der Verteidigung der DDR. Warum durften die Bürger der DDR nicht einfach in ein westliches Ausland reisen? Warum gab es so strenge Regelungen? Welche Menschen durften in den Westen reisen, und das sogar regelmäßig? Werner Paulsen, ehemaliger Professor für Kriminologie, blickt sehr genau und detailliert auf die Zusammenhänge zwischen den "politischen, staatsrechtlichen und sicherheitsrelevanten" Bedingungen, die verantwortlich waren für die strengen Reiseregelungen für das westliche kapitalistische Ausland.

Paulsen führt die Reisegründe und die Personenkategorien auf. Im Auftrag der DDR fanden regelmäßig Reisen von Diplomaten und Wirtschaftsvertretern statt. Auch kirchlichen Würdenträgern stellte die Deutsche Demokratische Republik keine Hindernisse auf ihre Wege in den Westen. Die DDR pflegte Kontakte aus kultur- und partnerschaftlichen Gründen, förderte den Tourismus. Private Reisen in die NATO-Staaten und Berlin-West wurden anfänglich nur Rentnern gestattet, aber mit der Zeit mehr und mehr ausgeweitet.

Hinter den Einschränkungen im Reiseverkehr standen nicht Willkür, sondern politische und wirtschaftliche Ursachen. "Die Staaten des NATO-Bündnisses beharrten mehr als zwanzig Jahre darauf, die staatliche Existenz der DDR nicht zu respektieren. Vor allem wegen der beharrlichen Weigerung zur Respektierung der DDR-Staatsbürgerschaft durch die Bundesrepublik und andere NATO-Staaten erfolgten Genehmigungen derartiger Reisen deutlich zurückhaltend. Diese Umstände wurzelten im Kalten Krieg, der in der Nachkriegsentwicklung bereits seit 1948 viele zwischenstaatliche Beziehungen störte." Im Grunde war ja jeder DDR-Bürger potentieller Bürger der BRD. So steht im Artikel 116, Absatz 1 des Grundgesetzes, "Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist ... wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling ... oder Abkömmling in dem Gebiete des deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat". Das kommt nicht nur einer Aberkennung der DDR-Staatsbürgerschaft gleich, es verstieß sogar gegen die Regeln des Völkerrechts. Die Einschränkungen im privaten Reiseverkehr verdankten die DDR-Bürger vor allem Westberlin, dessen "anomale Lage" (Chruschtschow - 18.1.1961 in Wien) für subversive Aktionen gegen die Deutsche Demokratische Republik missbraucht wurde. Trotz Grundlagenvertrag und UNO-Beitritt der DDR und der BRD in den Siebziger Jahren behandelten die westlichen Alliierten und die Bundesrepublik die Mauer nicht als Grenze zwischen zwei souveränen Staaten und zwei Systemen, sondern nach wie vor als innerdeutsche Grenze.

Im zweiten Teil geht Paulsen ein auf die Zusammenarbeit zwischen den westlichen Grenzkontrollen und den Geheimdiensten. Jeder Reisende aus der DDR wurde von den westlichen Geheimdiensten registriert und viele geworben. Doch nur sehr wenige der Angesprochenen haben sich zu einer solchen Zusammenarbeit bereit erklärt. Einrichtungen wie der "Allied Travel Office" leisteten den Geheimdiensten dabei hilfreiche Dienste. Gegründet wurde diese Organisation von den Westmächten schon 1945. "Ursprünglich bestand die Funktion dieser Einrichtung in der Ausstellung von Interzonenpässen." Nachdem es entgegen den Potsdamer Beschlüssen zur Gründung der Bundesrepublik kam, wurde diese von den USA, Großbritannien und Frankreich als einzige deutsche Regierung betrachtet, die "berechtigt ist als Vertreter des deutschen Volkes in Internationalen Angelegenheiten zu sprechen." Der NATO diente den Alliierten zur Überwachung des Reiseverkehrs von Ost nach West. Später übergab man diese Hoheit der BRD, die sich dadurch berechtigt glaubte, nicht nur Pässe für Reisen in die BRD auszustellen, sondern auch in andere Staaten des westlichen Europas.

Gerade jetzt kommt dieses Buch wie gerufen. Fünfzig Jahre Mauer. Ein Anlass für Politik und Medien in ganz besonderer Weise über den Niedergang der DDR und ihr unmenschliches System zu triumphieren, das seine Bürger gefangen hielt. Es steht außer Zweifel, dass die Mauer viel Leid über die Menschen gebracht hat, doch sie verhinderte sinnloseres Blutvergießen durch Krieg. Sie war der Preis für ein friedliches Mit- und Füreinander der Völker Europas und gebot einer rücksichtslosen Hetze und Revanchepolitik sowie einem Ausbluten der DDR durch die wirtschaftlich stärkere BRD Einhalt.

Ulla Ermen

Werner Paulsen "Westreisen - Zum Reiseverkehr von Bürgern der DDR nach NATO-Staaten und Berlin (West)"
Verlag Wiljo Heinen ISBN 978-3-939828-78-5, 10,00 Euro

Raute

IMPRESSUM

Herausgeber: Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Landesvorstand Brandenburg
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Fax/Anrufbeantworter: 033231/60661 V.i.S.d.P: Brigitte Müller

Layout: Jana Berg
Druck: Peter Müller

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Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften sinngemäß zu kürzen.
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Redaktionsschluss für Nr. 10/2011: 10. September 2011


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Quelle:
Roter Brandenburger 9/2011, 16. Jahrgang
Herausgeber: Deutsche Kommunistische Partei (DKP), Landesvorstand
Brandenburg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2011